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I. Stückschuld, Gattungsschuld, Vorratsschuld

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Fall 16:

V ist Autoreifenhändlerin. S bestellt bei ihr vier Reifen, die er für einen seiner Mietwagen benötigt. V übergibt vier Reifen aus ihrem Lager an eine Transportfirma mit dem Auftrag, die Reifen an S zu liefern. Noch am selben Abend erhält V einen unerwarteten Anruf des gestressten Fahrschulinhabers F, der unbedingt vier Reifen für seinen Fahrschulwagen benötige, da er andernfalls die gesamten Fahrstunden am morgigen Tag ausfallen lassen müsse. In seiner dringlichen Lage sei er sogar bereit, für die vier Reifen den Preis von fünf Reifen zu zahlen. V freut sich über dieses Angebot und sieht außerdem die Chance, einen dauerhaften Neukunden zu akquirieren. Sie willigt ein, ruft bei der Transportfirma an und schafft es, die Lieferung noch an die Adresse des F umzuleiten. Als S die Reifen am kommenden Tag nicht erhält, ist er empört, weil er die Buchung einer Kundin stornieren muss. Hat S einen Anspruch gegen V auf Lieferung von vier Reifen? Lösung Rn 180 f und 194

Fall 17:

K lässt sich bei Autoteilehändlerin A über die coolsten Autoreifen informieren. A empfiehlt ihr „Ultraspezial-Tires“, von denen es weltweit nur 1.000 Stück gibt. A hat nur vier dieser Reifen auf Lager, was sie K aber nicht mitteilt. K ist begeistert, kauft und bezahlt sofort vier neue Reifen „Ultraspezial-Tires“ für 2.500 Euro und vereinbart mit A, dass die Reifen zu K nach Hause geliefert werden. K möchte sie an ihren Porsche montieren. Die von A mit der Auslieferung beauftragte Mitarbeiterin M montiert die vier Reifen aber lieber an ihren eigenen Porsche und nimmt mit dem Wagen an einem lokalen 24-Stunden-Rennen teil. Die vier Reifen sind danach völlig glatt und haben keinen Grip mehr. Als K dies erfährt, verlangt sie von A weiterhin Lieferung der Reifen. A wendet ein, sie habe keine Reifen mehr und in der Nachbarwerkstatt müsse sie für vier Stück 2.700 Euro zahlen – das sei ja absurd.

Kann K von A Lieferung von vier neuen „Ultraspezial-Tires“ verlangen?

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Welchen Inhalt schuldrechtliche Pflichten (und Rechte) haben, hängt maßgeblich davon ab, worauf sich ein Schuldverhältnis konkret bezieht. Dafür ist die Unterscheidung von Stückschuld und Gattungsschuld maßgeblich. Die Differenzierung ist kein akademisches Glasperlenspiel: Sie hat vielmehr häufig weitreichende Konsequenzen, etwa bei der Unmöglichkeit und bei Schadensersatzansprüchen.[1] In der Systematik des BGB ist die Stückschuld der Regelfall. Das zeigt sich daran, dass das Gesetz Besonderheiten der Gattungsschuld nur in einzelnen Normen aufgreift (beispielsweise in den §§ 243 und 300 Abs. 2). Für die Differenzierung der Schuldarten kommt es entscheidend darauf an, was die Parteien des Schuldverhältnisses vereinbart haben. Das ist durch Auslegung (§§ 133, 157) zu ermitteln.

BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil

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