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3. Das Credo – Bekenntnis einer Kirche

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Sei es, wie es sei. Oder ist. Oder sein will. Die Bibel bildet nun mal die wichtigste Grundlage des christlichen Glaubens. Und wenn Sie sich das letzte Kapitel so einigermaßen draufgeschafft haben, dann sind Sie jetzt schon ganz schön weit vorne. Glückwunsch! Aber noch sind wir nicht fertig. Da kommt noch ein bisschen was. Versprochen.

Die Bibel, so wichtig sie auch sein mag, ist aber natürlich beileibe nicht die einzige Grundlage für den christlichen Glauben. Da gibt es neben den biblischen Schriften z.B. auch noch die Bekenntnisse der Kirche. Davon gibt es übrigens mehr, als man jetzt vielleicht meinen möchte. Aber das bekannteste, und darum soll es hier gehen, ist wohl das Glaubensbekenntnis, das bis heute in jedem Gottesdienst heruntergeleiert wird. Und es ist wohl auch das wichtigste.

Und wenn ich hier sage, dass es Sonntag für Sonntag heruntergeleiert wird, dann liegt das einfach daran, dass es so ist. Woher ich das weiß? Weil ich mir dieses Geleiere in meiner Zeit als Pastor eben jahrelang Sonntag für Sonntag anhören musste. Und selbst sogar vor- und angeleiert habe. Es war entsetzlich. Mit echtem Bekenntnis, mit bekennendem Pathos, inniger Hingabe und flammenden Herzen hatte das nämlich meistens nur herzlich wenig bis gar nichts zu tun. Und heute ist mir das peinlich. Ehrlich. Weil ich das mitgemacht habe, obwohl ich immer ein schlechtes Gefühl dabei hatte. Ich dachte eben, ich müsste das so machen, weil es zum Job dazugehörte. Und mal ganz ehrlich, wie fühlen Sie sich denn, wenn Sie es gezwungenermaßen allsonntäglich aufsagen müssen? Mal vorausgesetzt, dass Sie jeden Sonntag in den Gottesdienst gehen. Oder wenigstens ab und zu mal. Tun Sie doch, oder? Ich sage Ihnen, wie Sie sich fühlen. Wie viele von Ihnen sich wahrscheinlich fühlen. Warten Sie. Unangenehm berührt? Ist es das? Genötigt? Trifft es das? Die meisten von Ihnen – oder doch zumindest diejenigen, die nicht so ganz fromm und leichtgläubig sind - sprechen es gezwungenermaßen mit, weil die Gottesdienstordnung es gerade vorsieht. Seien Sie doch ehrlich! Ich verpetze Sie auch nicht. Ich kenne Sie ja gar nicht. Also, Sie leiern es doch auch nur herunter, völlig unabhängig davon, ob Sie nun gerade Ihren Glauben in eben dieser Form bekennen möchten oder nicht. Sie tun es, weil die Pastorin oder ihr männlicher Kollege sagt: „Wir wollen jetzt gemeinsam unseren christlichen Glauben bekennen.“ Und dann leiert er los. Und weil Sie sich genötigt fühlen, leiern mit. Ob Sie wollen oder nicht. Es fragt Sie ja auch niemand, ob Sie wollen oder nicht. Sie müssen. Augen zu, Verstand aus und durch. Bestenfalls schweigen Sie vielleicht und bewegen nur die Lippen. Damit es keiner merkt.

Das Glaubensbekenntnis. In meinen Augen ist das wirklich eine echte intellektuelle Herausforderung. Ganz ehrlich. Aber nur, weil es einem vielleicht ein paar Schwierigkeiten macht, heißt das ja nicht, dass man sich nicht mal damit beschäftigen könnte, oder? Und wir sind ja gemeinsam angetreten, um genau das zu tun. Und weil meine Frau das so wollte. Also, los!

Wo kommt dieser merkwürdige Text eigentlich her und wer hat sich das alles nur ausgedacht? Und wozu? Wie kam es dazu, dass die Christen auf der ganzen Welt ihren Glauben in fast identischer Weise bekennen? Schauen wir mal.

Das Wort „Credo“, so heißt unser Glaubensbekenntnis eigentlich, ist lateinisch und heißt: Ich glaube. Macht soweit ja auch durchaus Sinn. Die noch recht junge Kirche gab sich wahrscheinlich im 5. nachchristlichen Jahrhundert in Gallien ein Bekenntnis, das alle wichtigen und zentralen Glaubenssätze beinhalten sollte, weil da doch ein recht großes Durcheinander herrschte. Die einen glaubten dies, die anderen glaubten das. Für die einen war Jesus nur Mensch, für andere nur Gott, wieder für andere war er wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich. Völliges Chaos. Das ging so nicht weiter, befanden die Kirchenfürsten der frühen Christenheit. Neben dem Vaterunser sollte es künftig mit einem einheitlichen Bekenntnis einen weiteren, verbindlichen Text geben, der alle Christen in aller Welt miteinander verbindet. Oder gleichschaltet. Das kann man ja so oder so sehen. Und dann redete man sich die Köpfe heiß. Wie sollte man denn jemandem erklären, dass Jesus sowohl Gott, als auch Mensch ist? Wie sollte man den Menschen weismachen, dass Jesus wirklich von den Toten auferstanden war? Wie sollte man bloß? Und dann kam so ein erster Text zustande. Aber der war es noch nicht. Denn, wie so oft, hatte dieser erste Versuch nicht die erhoffte einigende Wirkung. Die Christen haben schon immer gern eifrig um die reine und wahre Glaubenslehre gerungen und sich so manches Mal dabei gekloppt wie die Kesselflicker. Das Glaubensbekenntnis geht in seiner vorliegenden Form auf ältere Taufbekenntnisse zurück, was hier aber nicht weiter wichtig ist. Wichtig ist nur, dass auch dieser Text nicht in der Bibel steht und auch nicht vom Himmel gefallen ist, sondern von der Kirche verfasst wurde.

Und da war es nun. Das Glaubensbekenntnis. Es wird übrigens auch das Apostolische Glaubensbekenntnis genannt, weil sich die frühen Bischöfe als Nachfolger der Apostel, der Jünger Jesu, verstanden. Das verlieh dem neuen Bekenntnis sicher auch eine gewisse Autorität. Sicher ist sicher. Und bis heute hat sich das kaum verändert. Das Glaubensbekenntnis übrigens auch nicht. Die Sprache hier und da ein wenig entstaubt, aber nur ganz vorsichtig - denn Staub konserviert ja bekanntlich auch -, aber inhaltlich hat sich eigentlich nichts geändert. Ganz schön hartnäckig also.

Und alle, die den Text jetzt spontan nicht so richtig draufhaben, können es hier noch einmal nachlesen:

Das Apostolische Glaubensbekenntnis

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn.

Empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche (katholische) Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

Die Evangelischen Christen, also die Protestanten, die so heißen, weil sie während der Friedensverhandlungen nach dem sogenannten Dreißigjährigen Krieg in Münster immer etwas zu meckern hatten, bekennen, dass sie an die heilige christliche Kirche glauben. Die Katholiken hingegen beschränken sich da auf die heilige katholische Kirche. Sie rechtfertigen das immer mit dem Hinweis darauf, dass katholisch ja so etwas wie allumfassend heißt. Die heilige, allumfassende Kirche also. Hört sich zunächst ganz gut an, hat aber seinen Haken in der Ausschließlichkeit. Für die Katholische Kirche ist die Evangelische Kirche nämlich gar keine richtige Kirche, sondern höchstens eine verwirrte und verirrte Glaubensgemeinschaft, die schon irgendwann wieder in den Schoß der heiligen Mutter Kirche zurückkehren wird. Daher kann und darf die Evangelische Kirche – und alle anderen natürlich auch nicht - allerdings keinen Anspruch auf den Besitz der göttlichen Wahrheit erheben. Das kann und darf nur die heilige Römisch-Katholische Kirche. Sagt sie. Die Kirche. Die allumfassende. Aber sonst ist in beiden Kirchen der Text identisch.

So, nun lesen Sie es ruhig noch mal. Das Glaubensbekenntnis. Und wenn Sie damit fertig sind, dann lesen Sie es am besten noch mal. Laaaangweilig! Gäähn. Denken Sie jetzt vielleicht. Ich weiß. Aber machen Sie es ruhig. Da müssen Sie jetzt durch. Bitte! Streichen Sie mal alle Stellen an, mit denen Sie nicht so richtig klarkommen, die Sie nicht verstehen, wo sie sich innerlich schütteln oder auch heimlich lachen müssen. Seien Sie mal ganz ehrlich. Sich selbst, aber auch dem Text gegenüber. Und? Wie viele Stellen haben Sie nicht unterstrichen? Sind da überhaupt Stellen, die Sie nicht markiert haben? Bei mir wären wohl die meisten, nein, wahrscheinlich sogar alle, angestrichen.

Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die einzelnen Aussagen des Glaubensbekenntnisses muten dem modernen und aufgeklärten Menschen schon eine ganze Menge zu. Ehrlich.

Wo fangen wir an? Also, zunächst fällt mal auf, dass es im Grunde drei Abschnitte hat. Das ist nicht etwa zufällig so. Nein, nein. Das ist schon so beabsichtigt. Denn im ersten Abschnitt geht es um Gott, den Vater. Im zweiten um Jesus Christus, den Sohn, und letztlich im dritten Teil um den Heiligen Geist, und wie er in der Welt und für die Menschen wirkt. Nicht weiter kompliziert. Sollte man meinen. (Hinter vorgehaltener Hand flüstere ich Ihnen schon mal zu, dass das ganze Geheimnis in der Zahl drei liegt.)

Dann ist da im dritten Abschnitts des Glaubensbekenntnisses aber auch noch kurz die Rede von der heiligen christlichen Kirche. Der Ekklesiologie. So heißt das im Fachjargon. Ist aber nicht weiter wichtig. Hängt aber auch noch irgendwie alles mit dem Heiligen Geist zusammen. Da wollen wir mal gucken, was das überhaupt ist, die Kirche. Ist ja ein relativ komisches Gebilde, wenn man es recht betrachtet. Da gibt es die Kirche als sichtbare und verfasste Organisation und dann gibt es sie auch noch als Gemeinschaft der Heiligen. Auch das mit der Gemeinschaft der Heiligen werden wir uns noch mal so ansehen, dass jeder für sich selbst entscheiden kann, ob er eigentlich dazu gehören möchte. Entscheiden kann man sich ja sowieso erst, wenn man eine Ahnung davon hat, wofür oder wogegen man sich entscheidet. Und dafür muss man das eben auch verstehen. Da geben Sie mir hoffentlich recht.

Und was es mit der Vergebung der Sünden auf sich hat, was Sünde überhaupt ist, wird sicherlich auch noch mal ganz spannend. Und dann sind da letztlich noch die Aussagen, die sich mit den sogenannten letzten Dingen, mit der Auferstehung der Toten und dem ewigen Leben, befassen. Der sogenannten Eschatologie. Aber versuchen Sie bloß nicht, sich diese ganzen Begriffe zu merken. Die braucht kein Mensch. Die letzten Dinge. Auch nicht so ganz simpel, aber, wie ich glaube, extrem wichtig. Viel wichtiger, als Sie zunächst für möglich halten werden oder bisher geglaubt haben. Aber glauben Sie mir, das wird Ihnen wichtig, wenn wir das erst mal beackert haben. Das kriegen wir schon hin. Zusammen. Sie müssen nur dabeibleiben.

Aber warum wird Gott denn nun eigentlich der Vater genannt? Was hat es mit dem Sohn auf sich, und was, zum Himmel, soll das mit dem Heiligen Geist? Warum das alles? Na, wegen der Trinität! Klar. Hääh? Wie bitte? Wegen der was? Wegen der Trinität. Auf Deutsch: wegen der Dreifaltigkeit. Schon mal gehört? Nein? Macht nichts. Ist auch ziemlich kompliziert. Ich versuche es trotzdem mal. (Mit Falten hat das aber übrigens gar nix zu tun. Dreifaltigkeit ist auch nicht mehr als Einfältigkeit. Das ist keine Frage der Quantität. Das hat gar nichts miteinander zu tun. Ich sage das nur, damit Sie da jetzt nicht aufs falsche Pferd springen und sich innerlich womöglich vergaloppieren.)

Jetzt wäre vielleicht mal eine Pause ganz schön. Ich hole mir jetzt jedenfalls erstmal einen Kaffee. Wenn Ihnen der Kopf raucht, wundert mich das nicht. Ich habe ja gesagt, es ist nicht nur ein Lachbuch. Es ist auch ein Sachbuch. Beschweren Sie sich also bei meiner Frau. Die wollte, dass ich das schreibe. Ich wäre lieber schwimmen gegangen. Ich habe damit nichts zu tun. Gar nichts. Aber ich kann ihr eben nichts abschlagen.

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