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3. Dezember

Ich greife in die Hosentasche, tu so, als holte ich etwas heraus und lege das unsichtbare Geschenk auf die Theke. Die Verkäuferin schaut mich fragend an. Ich wende mich Lasse zu: „Halt dir mal kurz die Ohren zu.“

Lasse gehorcht. Er hält sich die Ohren zu und fängt an, laut vor sich hin zu singen: „Aaaaalle Jahre wiiiedeeeer kommt dahas Christuskiiiiiind …!“

Ich beuge mich zur Verkäuferin vor und flüstere: „Ich hab nichts für ihn. Aber das darf er nicht wissen.“

Sie lächelt und nickt. Dann tippt sie an ihrer Kasse herum und nennt mir den Preis für die beiden Artikel, die ich gekauft habe. Ich gebe ihr das Geld. Sie packt die beiden Teile in eine Tüte.

Lasse hat noch Augen und Ohren zu und singt erbärmlich laut: „… auf die Erde niiiiiiedeeheer, wo wihir Menschen siiind!“

„Lasse, du kannst aufhören.“ Sofort stoppt Lasse, dreht sich um, schaut auf die Theke, dann auf meine Tüte, dann auf die Verkäuferin. „Na? Krieg ich was Schönes?“

Die Verkäuferin schmunzelt. „Du wirst überrascht sein.“

Lasse knufft mich in den Arm. „Cool, Ben! Ich freu mich schon auf Weihnachten!“ Er schaut die Verkäuferin an. „Sie sich auch?“

„Ja.“ Sie will sich schon dem nächsten Kunden zuwenden.

„Ich weiß, wie Sie heißen!“, ruft Lasse.

Ich will ihn beiseiteschieben. „Komm jetzt, Lasse.“

Die Frau schaut Lasse interessiert an. „Na, wie denn?“

„Frau Mirelli!“

Sie nickt anerkennend. „Sehr gut.“

„Sie haben aber das Au vergessen!“

„Was hab ich vergessen?“

„Das Au! Auf ihrem Schild steht nur Frmirelli. Aber es soll Frau Mirelli heißen. Also fehlt da ein Au.“

Frau Mirelli lacht. „Ach so! Ja, da hast du recht. Aber vor Weihnachten kann ich kein Au gebrauchen.“ Sie lacht noch einmal. Die Kunden hinter uns in der Schlange lachen auch ein bisschen. Frau Mirelli gibt mir die Tüte. „Ich wünsche euch beiden frohe Weihnachten.“

„Halt!“ Lasse stellt sich ganz nah an die Theke und hebt seinen Finger. „Sie haben schon wieder was vergessen!“

„Was denn noch?“

„Sie haben alle gefragt, ob sie sonst noch einen Wunsch haben. Nur uns nicht.“

„Oh, Entschuldigung.“ Frau Mirelli grinst fröhlich, legt ihre Hände aufeinander und sagt ihren Spruch wie ein Nikolausgedicht auf: „Habt ihr sonst noch einen Wunsch?“

„Ja! Ich möchte mich sooo gerne mal etwas näher in dem Lager da hinten in der Ecke umschauen. Der Mann mit dem Schnurrbart hat es uns verboten. Aber ich wünsche es mir so sehr!“

Frau Mirelli kann sich ein breites Grinsen nur schwer verkneifen. „Wenn es nicht schon so spät wäre, dann würde ich mit dir mal ins Lager gehen. Aber wir haben jetzt Feierabend und schließen den Laden. Wenn du morgen etwas früher wiederkommst, dann hab ich vielleicht Zeit.“

„Echt?“ Lasse strahlt. „Cool.“

„Komm schon.“ Ich gehe auf die Rolltreppe zu.

„Die ist nett, was?“, sagt Lasse fröhlich. „Und sie hat einen lustigen Namen. Mirelli. Klingt wie Mirabelle. Das ist so ein Obst, das wächst bei Oma im Garten.“

„Ich weiß, was Mirabellen sind, Lasse.“

Lasse wechselt das Thema und zieht mich plötzlich in eine andere Richtung: „Komm, Ben, wir fahren Aufzug!“

„Lasse, wir müssen nach Hause.“

„Ja. Mit dem Aufzug geht es viel schneller! Und Rolltreppe sind wir vorhin schon gefahren!“

Ich wehre mich nicht weiter. Hat ja sowieso keinen Zweck. Wenn sich mein Bruder was in den Kopf gesetzt hat, dann gibt er nicht eher nach, bis er hat, was er will. Wir stehen vor dem Aufzug. Lasse drückt den Knopf. Es dauert lange, bis sich die Tür endlich öffnet.

„Das wird cool!“ Lasse steigt ein. „Und los geht‘s!“ Lasse drückt einen Knopf, die Tür schließt sich. Ich habe nicht gesehen, welchen Knopf er gedrückt hat, aber der Aufzug setzt sich immerhin schon mal in Bewegung. Er fährt sehr lange. „Wären wir mit der Rolltreppe gefahren, dann wären wir schon gleich zu Hause“, sage ich genervt.

„Stimmt doch gar nicht“, lacht Lasse. „Die Rolltreppe fährt überhaupt nicht bis zu uns nach Hause!“

Endlich öffnet sich die Tür. Wir verlassen den Aufzug und kommen in einen langen Gang mit vielen Türen auf beiden Seiten. „Wo sind wir hier?“, frage ich. „Keine Ahnung“, sagt Lasse.

Ben und Lasse - Stille Nacht, unheimliche Nacht

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