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2. Dezember

Die Hektik vor Weihnachten ist unerträglich. Erstens glauben alle Lehrer, sie müssten möglichst knapp vor Weihnachten noch mindestens eine Klassenarbeit schreiben. Zumindest ist das bei meinen Lehrern so. Lasse hat, seit er zur Schule geht, noch nie eine Klassenarbeit geschrieben. Okay, im ersten Schuljahr schreibt man noch nicht so viele Klassenarbeiten wie im fünften Schuljahr. Aber irgend so ein blödes Diktat oder einen Rechentest könnten die ihm in der Adventszeit ja auch aufbrummen.

Der zweite Grund, warum ich im Dezember in schlimme Hektik verfalle, ist, dass mir nie etwas einfällt, was ich den anderen zu Weihnachten schenken kann. Dieses Jahr hab ich mir vorgenommen, nicht am Vormittag des 24. Dezembers noch schnell zum Bäcker zu laufen und jedem aus der Familie ein furchtbar teures Schokoladenherz mit der Aufschrift „Frohe Weihnachten“ zu kaufen. Aber was um alles in der Welt könnte man Mama, Papa und Lasse schenken?

Lasse freut sich eigentlich über alles, was er auspacken kann. Dem könnte ich auch seine Thomas-Eisenbahn einen Tag vor Weihnachten klauen und in Geschenkpapier einpacken. Der würde sich freuen wie ein Kleinkind, wenn er es auspackt.

Worüber freuen sich Mamas? Schmuck? In einem Jahr hat Papa Mama ein kleines Kästchen geschenkt, darin war eine total kitschige Halskette. Da haben die Augen von Mama genauso geleuchtet wie die Steinchen an der Kette. Ob das mal eine gute Idee wäre?

Und was schenkt man Papas? Irgendwas mit Computer. Oder Socken. Papa bekommt von Mama fast immer Socken zu Weihnachten. Und immer noch was anderes dazu. Einmal eine Armbanduhr, die ich aber danach nie an seinem Handgelenk gesehen habe. Einmal eine Sporttasche für seine Volleyball-Spiele. Aber das ist ja alles zu teuer für mich.

Lasse kommt in mein Zimmer geplatzt: „Weißt du, was ich Mama schenke? Eine Halskette! Sie freut sich doch immer so, wenn Papa ihr Schmuck schenkt! Und Papa bekommt von mir ein Fernglas, damit er immer die Verbrecher beobachten kann!“

Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf: „Schmuck und ein Fernglas? Woher hast du denn das ganze Geld?“

Lasse winkt ab: „Das hat gar nichts gekostet. Für Mamas Kette habe einen alten Schnürsenkel genommen und habe ein paar Muscheln mit Loch aus dem letzten Urlaub aufgefädelt. Und für das Fernglas habe ich zwei Klopapierrollen aneinandergeklebt, an einen Wollfaden geknotet und angemalt.“

„Du bildest dir aber nicht ein, dass Papa deine Klorollen mit auf die Arbeit nimmt, oder?“

„Klar! Er muss doch die Verbrecher fangen! Und dazu braucht er ein Fernglas!“

Dieser Junge hat seinen Verstand im Kindergarten gelassen. „Pech nur, Lasse, wenn du ihm das obergeniale Fernglas erst zu Weihnachten schenkst. Dann kann er die Verbrecher mit deiner galaktischen Bastelarbeit doch gar nicht vorher einfangen!“

Lasse schlägt sich mit der flachen Hand auf den Mund: „Das stimmt. Daran habe ich gar nicht gedacht. Was mache ich denn jetzt?“

Jetzt leg ich mein lässiges Agent-Benjamin-Lächeln auf: „Keine Panik, kleiner Bruder. Ich werde Papa helfen, die Gangster zu fangen.“

„Was? Echt? Wie denn?“

„Mit meinen detektivischen Methoden.“

„Boah! Cool, Ben! Darf ich mitmachen? Ich wollte auch schon immer mal echte Gangster fangen!“

„Das ist viel zu gefährlich für Erstklässler.“

„Stimmt gar nicht! Ich habe schon ein Fernglas, damit kann ich die Gangster beobachten. Und wenn du willst, kann ich dir auch eins basteln! Und ich habe einen Block, da kann man alles aufschreiben, was man herausfindet. Ich habe sogar einen zweiten Block, den kriegst du zu Weihnachten, aber das darfst du jetzt noch nicht wissen, sonst …“ Wieder schlägt er sich mit seiner Hand auf den Mund. „Au Backe. Hast du das etwa gehört?“

Ich kann mir nicht verkneifen, die Augen zu rollen. „Keine Angst“, sage ich nur, „ich habe nix mitgekriegt. Du weißt doch: Ich höre dir sowieso nie zu.“

Lasse atmet erleichtert aus: „Ein Glück.“ Dann grinst er wieder fröhlich: „So, und jetzt kann unsere geheime Jagd beginnen. Ich bin dabei. Auf mich kannst du dich verlassen.“

Hätte ich doch nichts gesagt. Hätte ich doch bloß nichts gesagt!

Ben und Lasse - Schmuggler unterm Kirchendach

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