Читать книгу Hoffnungsschimmer - Heidi Dahlsen - Страница 6
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ОглавлениеAls Christine nach Hause kommt, staunt sie, denn Ollis Firmenwagen steht in der Einfahrt.
„Papi ist schon da“, ruft Bertram begeistert.
Die Jungs können es kaum erwarten, dass Christines Auto endlich zum Stehen kommt. Schnell schnallen sie sich ab und laufen um die Wette zum Haus.
„Papa, wo bist du?“, ruft Richard.
„Papa, spielst du mit uns Fußball?“, fragt Bertram.
Olli kommt ihnen entgegen, hält seine Arme auf und lacht überglücklich, als beide auf ihn zustürmen und ihn liebevoll umarmen. „Hallo, meine Süßen. Jetzt ist Mittagsruhe. Ihr legt euch ein kleines Stündchen hin. Ich habe mir den Rest des Tages freigenommen, sodass wir nachher, wenn Daniel aus der Schule kommt, gemeinsam etwas unternehmen können.“
Christine stutzt. „Was ist los? Wo ist dein Auto?“
„Markus muss in der Druckerei eine große Palette mit Broschüren abholen, dafür habe ich ihm meinen Kombi gegeben.“ Olli zieht sie in seine Arme. „Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass es nicht so weitergehen kann mit dem Stress. Die Familie sollte an erster Stelle stehen. Zurzeit scheint es, als wollten wir uns totarbeiten. Christine, wir müssen etwas ändern.“
„Welch weise Worte aus deinem Mund und das zur Mittagsstunde.“ Sie ist hocherfreut. Diese Worte tun ihrer Seele gut.
„Ich bringe die kleinen Racker ins Bett und dann setzen wir uns gemütlich in den Garten“, legt er fest.
„Okay, ich räume die Einkäufe weg und dann habe ich auch Zeit. Ich muss ebenfalls unbedingt mit dir reden.“ Olli schaut sie erstaunt an. „Es ist nichts passiert“, beschwichtigt sie ihn. „Keine Sorge, nur so … na ja.“
Christine schnappt sich die gekühlte Flasche mit Eistee und zwei Gläser und setzt sich in einen der Gartenstühle. Olli liegt bereits auf der Hollywoodschaukel, die hin und her schwingt.
„Ist das gemütlich“, sagt er schläfrig. „Mittagspausen werde ich in Zukunft ebenfalls einlegen.“
„Was ist los?“ Christine ist nun doch beunruhigt. „Ist deine Firma pleite? Oder willst du Markus die ganze Arbeit allein machen lassen?“
„Seit längerem grüble ich darüber nach, wie wir Beruf und Familie besser unter einen Hut bekommen können. Ich habe es so satt, die Kleinen morgens anzutreiben, damit ich schnell ins Büro komme und abends bin ich meistens erst wieder zuhause, wenn sie schon schlafen. Die traurigen Blicke der Kinder, wenn ich an den Wochenenden arbeiten muss, kann ich auch nicht mehr ertragen. Das ist nicht das Leben, das ich mir mit euch erträumt habe.“
„Ich auch nicht“, sagt Christine.
„Aber erzähl mir bitte erst mal, was dich bedrückt“, fordert er sie auf.
Christines Gedanken überschlagen sich. Sie ist erfreut, dass Olli die Notbremse ziehen und dem Stress entgegenwirken will. Das kommt ihrer Nachwuchsplanung sehr entgegen. Ihm scheint es wirklich sehr ernst zu sein mit einem gemeinsamen Kind. Die Worte ihres Arztes kommen ihr in den Sinn. Sie seufzt.
Olli rückt ein Stück zur Seite und klopft auf den Platz neben sich. „Komm zu mir, dann fällt es dir leichter, darüber zu sprechen. Du weißt doch, dass du mir alles sagen kannst.“
Sie geht zu ihm und setzt sich neben ihn auf die Hollywoodschaukel. „Ich mache es kurz. Ich freue mich sehr über deine geplanten Änderungen, die kommen uns sicher zugute. Also, ich war heute bei meinem Gynäkologen und es sieht gar nicht rosig aus für deinen weiteren Kinderwunsch.“
Olli schaut sie erstaunt und besorgt an. „Was sagt er?“
Christine berichtet ihm, was sie bereits Lydia erzählte.
„Gut, dann wissen wir wenigstens aus medizinischer Sicht schon mal Bescheid“, sagt er. „Deine Gesundheit geht auf jeden Fall vor. Mein Wunsch ist nur ein Wunsch, weil die Vorstellung, mit dir ein gemeinsames Kind zu bekommen, unsagbar schön ist. Aber es muss nicht sein. Zu unserer Familie gehören jetzt vier Kinder, die uns viel Freude bereiten.“
„Ich weiß, ich wollte nur, dass wir alles richtig machen. Es ist eine große Entscheidung und die Voraussetzungen sollten gut sein.“
„Da gebe ich dir recht, die Voraussetzungen sollten stimmen. Okay, wir lassen uns Zeit damit.“
„Ich hoffe, dass du das jetzt nicht nur so sagst, damit ich kein schlechtes Gewissen bekomme.“
„Christine, du kennst mich doch. Ich liebe dich und daran wird sich nichts ändern.“ Sie schauen sich liebevoll in die Augen.
„Mama, ich bin da und habe riesengroßen Hunger“, hören sie Daniel schon von weitem rufen. Er stellt sein Fahrrad ab und kommt angerannt.
Olli grinst. „Wenn wir schon mal in Ruhe miteinander reden wollen ... Bleib du hier, ruh dich aus. Ich mache ihm das Essen fertig und später dann …“
„… wolltet ihr Fußball spielen“, erinnert ihn Christine.
„Vielleicht sollten wir uns e-Mails schreiben, dann kann jeder lesen, wenn er Zeit hat und antworten, wenn gerade mal kein Kind beschäftigt werden will. Das ist scheinbar die moderne Form der Kommunikation zwischen Familienmitgliedern.“
Hocherfreut sind beide, weil Tilly auch gerade aus der Schule kommt. „Die letzten beiden Stunden sind ausgefallen“, sagt sie zur Begrüßung und schaut erstaunt erst auf Olli und dann zu ihrer Mama. „Ist etwas passiert, weil ihr schon da seid?“
„Familiäre Krisensitzung“, antwortet Olli verschmitzt. „Mach dir keine Sorgen, es ist alles gut … na ja, bald.“
„Okay, ich esse mit Daniel und kümmere mich um die Kleinen, wenn sie ausgeschlafen haben. Dann könnt ihr in Ruhe beraten.“
„Danke, Tilly. Das ist lieb von dir“, sagt Christine.
„Danke für dein Angebot“, sagt Olli zu Tilly, „aber ich habe mir heute frei genommen und werde die Jungs beschäftigen, sodass du auch mal entspannen kannst.“
„Gut, dann fahre ich zu Oma und wenn sie mich auch nicht braucht, reite ich mal wieder. Dazu bin ich schon lange nicht mehr gekommen.“
„Mach das.“ Olli lächelt sie an. Dann wendet er sich Christine zu. „Meine liebe Christine …“, beginnt er wie immer, als ob er eine Ansprache halten will.
„Mach es nicht so spannend“, wirft sie ein.
„Ist ja schon gut. Also, ich habe mir gedacht, dass es so nicht mehr weitergehen kann.“
„Oliver Wagner!!! Komm endlich auf den Punkt, sonst lasse ich dich mal schmoren.“
„Ist ja schon gut. Ich liebe dich so sehr und will nur die Spannung etwas erhöhen. Dich glücklich zu sehen, ist eine meiner größten Freuden.“
„Olli!!!“
„Also, meine liebe Christine, Markus wird in Eigenverantwortung die Werbeagentur übernehmen.“
„Aber Olli, das hat dir doch Spaß gemacht.“
„Ja, wird es auch weiterhin, wenn ich Markus über die Schulter schaue und kluge Ratschläge gebe. Hi, hi, hi … das kann ich ja besonders gut. Nein, Spaß bei Seite, alles ist gut. Also … wir besprechen weiterhin alle Aufträge, nur, dass ich eine weitere Geschäftsidee umsetze. Und dies wird mich weniger Zeit kosten und mir ermöglichen, mich meiner Familie zu widmen. Ich werde in der Hängematte liegen und ganz nebenbei meine Gedanken kreisen lassen, man könnte es auch Gehirnjogging nennen. Meine Ideen umsetzen und die Entwürfe ausarbeiten werden andere. Und, wenn alles gut geht und sich meine Geistesblitze auszahlen, dann klingelt die Kasse bald von ganz alleine. Ich lehne mich zurück und werde diese Klänge genießen.“
„Hoffentlich bekommst du kein Ohrensausen oder sogar einen Tinnitus“, wirft Christine ein, die sich unter seinen Erläuterungen nicht viel vorstellen kann.
„Markus ist jedenfalls begeistert. Er stärkt mir den Rücken und ist auch einverstanden, dass wir die anfänglichen finanziellen Verluste gemeinsam tragen und mit dem, was er erarbeitet, ausgleichen. Das mag für dich verwirrend klingen.“
„Ja, schon. Ich habe Vertrauen zu euch und weiß, dass deine Ideen Gold wert sind. Ich unterstütze dich, so gut ich kann.“
„Super, dann lass mich mal abhängen und bring mir später das Abendessen. Wenn jemand nach mir fragt, dann sag, dass ich hart arbeite und nicht gestört werden möchte.“ Er strahlt sie an.
Sie lacht laut. „Das könnte dir so passen. Erst mal möchte ich noch etwas Genaueres erfahren.“
„Betriebsgeheimnisse“, flüstert er und schaut sie schelmisch an.
„Meine Betriebsgeheimnisse erfährst du immer zuerst“, antwortet sie gespielt enttäuscht.
„Du bist ja auch bald mein angetrautes Weib und da versteht sich das von selbst. Klar, dass ich dich berate oder soll ich dich etwa orientierungslos ins Unglück rennen lassen?“
Christine greift instinktiv zu ihrer Kette, die Olli ihr Weihnachten geschenkt hatte. Die beiden Eheringe scheinen genau so ungeduldig wie sie beide auf den Tag ihrer Bestimmung zu warten. Seitdem klimpern sie leise bei jeder Bewegung und blitzen im Sonnenlicht.
„Nur noch vier Wochen“, sagt Olli, „dann bin ich geschieden. Ich hoffe, dass Sybille kein Theater mehr macht. Notfalls gebe ich ihr in allem, was sie mir vorwirft, recht. Hauptsache, ich bin endlich frei.“
„Ich fiebere ja auch schon dem Tag entgegen“, sagt sie. „Aber nun sag mir doch bitte, welche neue Idee du in deiner Agentur umsetzen willst.“
„Ja klar, also …“
„Hausaufgaben habe ich gemacht“, unterbricht ihn Daniel, der mit leuchtenden Augen zu ihnen kommt. Die Vorfreude auf einen gemeinsamen Nachmittag mit Olli kann er nicht verbergen. „Und von Tilly soll ich euch ausrichten, dass Bertram und Richard nicht geschlafen haben, weil du gesagt hast, wir spielen jetzt Fußball. Die kommen auch gleich. Ich hole schon mal den Ball.“
Olli schaut Christine amüsiert an.
Sie seufzt. „Immer wieder das gleiche. Wenn es spannend wird, spielst du mit den Jungs Fußball.“
„Ich erzähle dir später alles. Ich lade dich zu einem romantischen Abend ein mit Lagerfeuer und Rotwein und dann … dann erzähle ich dir alles. Versprochen.“
„Ja, wenn nicht schon wieder etwas dazwischen kommt. Ich werde Lydia fragen, ob sie daran teilnehmen möchte. Sie würde die Kinder gern mal wieder sehen.“
„Okay, frag sie. Erst machen wir alle ein tolles Lagerfeuer und die Romantik verschieben wir, bis wir dann endlich allein sind. Also … auch wie immer.“
Er grinst und Christine seufzt.
„Das Neuste von Lydia habe ich dir noch gar nicht verraten. Sie ist verliebt, nur weiß ich noch gar nicht in wen, denn ich musste bei ihr überstürzt aufbrechen, sonst wäre ich zu spät in die Kita gekommen. Sie meinte, es wäre unser Kinderarzt, bei dem sie mit Bertram war, wegen des Ausschlags an seinen Händen. Der Arzt wird es sicher nicht sein, denn der ist bereits über sechzig.“
„Da saß bestimmt ein junger Papa mit im Wartezimmer“, meint Olli. „Lydia will es nur spannend machen.“
„Nein, dazu ist es ihr viel zu ernst. Und außerdem, spannend macht es hier immer nur einer und der sitzt gerade neben mir. Ich hatte auch vermutet, dass es ein Papa sei, aber sie meinte, dass der Arzt umwerfend wäre.“
„Vielleicht hat sie einen Vaterkomplex.“
„Quatsch. Lass mal, das bekomme ich schon noch raus.“
Drei lachende Jungen stürmen aus dem Haus in Richtung Wiese. Olli muss zusehen, dass er hinterherkommt.
Tilly setzt sich zu ihrer Mama. „Alles in Ordnung?“
Christine nickt. „Ich glaube schon. Wenn mich meine Vorahnung nicht täuscht, dann kommen große Dinge auf uns zu, aber dieses Mal nur angenehme. Andere lasse ich nicht mehr zu.“
„Ich hoffe es für uns alle“, sagt Tilly. „Ich lege mich jetzt etwas hin. Ich bin sehr müde.“
„Ja, mach das. Ruh dich aus. Die Pferde laufen nicht weg. Ich genieße jetzt das Alleinsein in unserem Garten. Auch würde ich gern nur das Vogelgezwitscher genießen, aber Jungs können eben nur mit Geschrei Fußball spielen. Lassen wir sie, sie mussten lange genug ihren Papa entbehren und auf Spielvergnügen mit ihm verzichten.“