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Rüdiger kann sein Glück kaum fassen, als Jenny ihn am Vormittag des Heiligabends anruft und um Abholung bittet. Überglücklich reibt er sich die Hände und macht sich sogleich auf den Weg.

Als er zwei Stunden später an Juttas Wohnungstür klingelt, hat er seine Gesichtszüge kaum noch unter Kontrolle.

Da sie ihm nicht die Genugtuung geben will, vor ihm in Tränen auszubrechen, sagt sie, bevor er sich überhaupt äußern kann: „Jenny ist fertig und kommt gleich.“

Er muss auch gar nicht lange warten. Jenny begrüßt ihn kurz und hält ihm ihre Reisetasche hin. Ohne sich von ihrer Mutter zu verabschieden, geht sie mit ihrem Vater die Treppe runter.

Kaum sind sie losgefahren, fragt er: „Was ist passiert?“

„Nichts“, antwortet sie und schaut aus dem Fenster.

Ihre Gedanken jagen wie wild durch den Kopf. Sie ist maßlos traurig darüber, dass ausgerechnet heute Heiligabend ist. Sie kann sich nicht erinnern, sich jemals so sehr darauf gefreut zu haben. Ihr Pferd Lumpi, der Reiterhof, das Märchenspiel … Seit Wochen hat sie dafür geübt und keine Probe verpasst.

Ihr Leben hätte doch endlich schön werden können. Verärgert kneift sie ihre Augen zusammen. Sie hatte sich alles so schön ausgemalt. Andy ist der Prinz und sie seine Prinzessin. Warum mussten alle ausgerechnet Annika zur Prinzessin wählen?

Die können mir alle gestohlen bleiben“, denkt sie wütend.

Ihr Vater rüttelt sie am Arm. „Jenny. Hörst du mir überhaupt zu?“

„Äh, ja, nein. Was ist denn?“

„Jetzt steht es endgültig fest, dass du bei mir wohnst, oder?“, fragt er.

„Ja, ja. Wo sollte ich denn sonst hin?“

„Da bin ich aber erleichtert. Das habe ich gewusst, dass du es in diesem Kaff nicht lange aushältst. Oma und Opa freuen sich auch schon, dass du Weihnachten nun doch mit uns feierst. Wir konnten gar nicht verstehen, warum du das eigentlich nicht wolltest.“

Jenny denkt an ihre Mutter. Ihr Herz zieht sich zusammen. Wut verdrängt jedoch den Schmerz, als ihr wieder bewusst wird, dass ihre Mutter schwanger ist. Sie kann das einfach nicht begreifen. Mit der Trennung ihrer Eltern hat sie sich in der Zwischenzeit abgefunden, auch damit, dass Markus bei ihnen eingezogen ist. Der ist eigentlich ganz in Ordnung, und mit Janek versteht sie sich auch gut.

„Willst du mir nicht endlich sagen, was los war?“, fragt ihr Vater schon wieder. „Ich merke doch, dass dich etwas bedrückt.“

Jenny schüttelt den Kopf.

„Das hätte ich dir vorher sagen können, dass du bei deiner Mutter fehl am Platz bist“, sagt er.

„Wie meinst du das?“, fragt sie und beginnt zu zweifeln.

„Seitdem deine Mutter frisch verliebt ist, hat sie doch bestimmt andere Interessen, als sich um dich zu kümmern. Bei uns stehst du im Mittelpunkt. Du wirst sehen, dass du dich ganz schnell wieder einlebst.“

Vor ihrem inneren Auge lässt sie die letzten Monate Revue passieren. Ihr ist nur noch zum Heulen zumute. Diese Blöße will sie sich aber vor ihrem Vater nicht geben und schluckt die Tränen hinunter. Sie schließt die Augen, damit ihr Vater denkt, sie wäre eingeschlafen und sie nicht mehr mit seinen Fragen und Bemerkungen nervt. Hinter ihrer Stirn arbeiten die Gedanken fieberhaft. Egal, wie sehr sie sich bemüht, an irgendetwas anderes zu denken, sie findet sich ständig in der Scheune des Reiterhofes wieder. Sie sieht die wunderschöne Kulisse der Weihnachtsgeschichte, den riesigen Weihnachtsbaum und die kleine Kutsche mit den Zwergen Richard und Bertram darin.

Große Verzweiflung und Traurigkeit packt sie.

Ein Hauch Zufriedenheit

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