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Der Böhme im bayerischen Volksspott

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Und nun ohne böse Absicht etliche altbayerische Neckereien und Reimereien über den Böhmen.

Wenn der böhmische Reichsgenosse – Tscheche, Deutschböhme, ja sogar Grenzbayer, »Vürsamböhm« genannt , wurden meist in einen Topf geworfen – dabei etwas schlecht wegkommt, so hat das seinen Grund darin, dass man in früheren Zeiten unter den Deutschen alles herumziehende Volk als »Böhm« gezeichnet hat, wie man heute etwa Zigeuner sagen würde. »Einen Böhm und einen Spatzen findet man überall«, heißt es in Bayern. Das Volk verallgemeinert eben, wo es nur kann.

Das derbste aber verbreitetste Spottwort ist »Sauböhm«. Weit verbreitet ist auch der »Böhmak«. Da die Böhmen als Dickschädel gelten, heiß man sie oft auch »Kiesböhm«; sie sollen einen Schädel haben so hart wie Kies; man schimpft auch einen Dickschädel im Wald schlechthin einen »Böhmak«, weshalb es wohl auch in dem Sprüchlein heißt:

»A Böhm' und a Stier ia oa Viah.«

Die bayerischen Wäldler rechnen den Böhmen auch nicht zu den Menschen; man kann an einem Marterl im Wald lesen: »Hier unter diesem Baum hat der Blitz zwei Menschenleben und einen Böhm' erschlagen.«

Wegen der Vorliebe für das Zwetschgenmus, das in Böhmen »Powidl« heißt, werden die Böhmen auch »Powidlböhm« genannt; »povidaln« tun die Tschechen und Leute, die halb deutsch, halb tschechisch reden; auch ein Wäldler, der undeutlich spricht, »povidalt was zusammen«.

Von einem, den man den Tschechen in der Rede anmerkt, sagt man, er »böhmelt« oder »dem schlagt der Böhm' aufs G'nack (Genick).« Als ich einmal einem alten Weib im Bayerischen von meiner Herkunft erzählte, meinte sie: »Schlogt dir owa nix vüra!« Auch »Zegaböhm« hört man im Wald, was von »Zöger«, einem geflochtenen Handkorb kommt, den die Böhmerwäldler früher gerne trugen; das forderte den Spott der Bayern heraus, die nur Rucksäcke und Kitzen kennen. Aus Böhmen brachten die Bayern auch die schweren Holzschuhe mit, die heute noch weit ins Bayern hinein »Böhmschuah« heißen.

In früheren Jahrhunderten waren die Böhmen als Ketzer verschrien, wovon unsere alten Schwänkeschreiber gar viel zu erzählen wissen (vgl. den schönen Aufsatz »Der Tscheche im deutschen Volksspott« von Albert Wesselski im 13. Jahrgang der Prager »Deutschen Arbeit«.) Hans Sachs beispielsweise fabelte in seiner »Vexation der vierundzwanzig Länder und Völker«:

»Die Beham zeit man Ketzerei und heimlich mausens auch dabei.«

Heute noch sagt man im bayerischen Wald: »Der ist eiskalt im Glauben wie ein Böhm'«. Einmal soll da ein Pfarrherr von der Kanzel herunter seinen gutbayerischen Schäflein gepredigt haben: »Leutel, geht's mir nit zu weit ins Böhm' hinein, da werdets ihr abgläubig!« Bei uns ist wiederum die Glaubensstärke der Bayern sprichwörtlich, die in der einen Hand den Rosenkranz und in der andern das lange Messer halten!

Der andere Vorwurf des alten Dichters scheint vor allem auf das herumziehende Volk zurückzugehen: »Trau, schau, wem, nur keinem Böhm«, »Der Böhm hat eine falsche Seite«, »Das Verstellen ist die böhmische Krankheit«, »Böhm bleibt Böhm, wenn du ihn auch neunmal im Schmalz brat'st« usw. Hierher gehört auch der Reim, der die Tschechisch-Kenntnisse der Bayern festhält:

»Potschkat (warten) heißt laufen und gralowat (stehlen) heißt kaufen.«

Sprichwörtlich ist, dass vor dem Böhmen nicht einmal der Nagel an der Wand sicher sei, und Böhme und Nagel werden nun im Volkswitz in vielfache Zusammenhänge gebracht. Selbst der Herrgott am Kreuze, erzählt das Volk, halte in Bayern die Finger ausgestreckt, in Böhmen aber schließe er sie zu einer Faust zusammen, damit ihm die Nägel nicht gestohlen würden.

Sehr beliebt ist der Böhme bei den Bayern dagegen als Musikant! Wenn man über eine Wurzel stolpert, so liege da ein böhmischer Musikant begraben, behauptet die bayerische Volksweisheit. Aber auch der alte Vorwurf kehrt wieder: Wenn in Böhmen ein Kind nach der Geburt die Finger ausstreckt, so wird es ein Dieb, zieht es aber die Finger zusammen, so wird ein Musikant aus ihm.

Von unserem festen Gottvertrauen aber – ich spreche als Böhmerwäldler, die seit Jahrhunderten die nächsten Nachbarn der Tschechen sind, - zeugt das Sprüchlein: »Unser Herrgott verlässt keine Deutschen, wenn er nur ein wenig böhmisch kann!«

Mei Ruah möcht i'ham

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