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Heulen und Schreien
Оглавление2. Liebeskummer-Phase: Heulen und Schreien
Verzweiflung
Weinen reinigt die Seele.
Verzweiflung.
Heulen reinigt das Herz.
Verzweiflung.
Wie wild
purzeln Gedanken
durch den Kopf.
Geliebt.
Belogen.
Betrogen.
Weggeworfen.
Vergessen.
Weinen reinigt die Seele.
Verzweiflung.
Heulen reinigt das Herz.
Verzweiflung.
Erst kamen sie leise, die Tränen. Das Wasser trat mir in die Augen, immer stärker, als würde eine Flutwelle durch meine Augen rollen. Ich weiß, das hört sich sehr theatralisch an. Aber genauso fühlte ich mich in diesem Moment. Wie in einem Theater. Und das Stück, das soeben aufgeführt wurde, war eine Schmierentragödie mit mir in der Hauptrolle. Wenn ich nicht so traurig gewesen wäre, hätte ich bei der Vorstellung eigentlich lachen müssen. Doch die Heul- und Schreiphase ist ausgesprochen humorlos.
Nun, ich heulte und schluchzte und schluchzte und heulte. Ich wunderte mich, woher all das Wasser kam. Natürlich habe ich auch während der anderen Phasen immer wieder geweint. Aber nie mehr so lang und heftig wie in der Heul- und Schreiphase, in der sich Fassungslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Schmerz, Ärger, Neid, Einsamkeit und jede Menge kaum gekannter negativer Eigenschaften in meinem Herzen, Bauch und Gehirn ein ungebetenes Stelldichein gaben.
Mit dem Schreien musste ich mich (leider) etwas zurückhalten. (Mein Gehirn funktionierte noch!) Ich wohne in einer Mietswohnung, die Vermieter bewohnen die Wohnung genau unter mir. Es wäre also nicht empfehlenswert gewesen, meinen Schmerz laut hinauszuschreien, so sehr mir auch in diesem Augenblick danach war. Meine Vermieter hätten dafür wenig Verständnis gehabt.
Mir war nach Schreien zumute. Da ich mitten in der Stadt wohne, wollte ich – gerade in meinem Zustand – nicht erst in den Wald fahren. Wirklich fahrtüchtig war ich in der Situation ohnehin nicht. So stellte ich mir eben vor, wie ich im Wald stand und schrie. Sollten meine Leser einmal das Bedürfnis haben zu schreien und die Möglichkeit haben, in die Nähe eines Waldes oder einer unbewohnten Gegend zu kommen, dann rate ich: Tun Sie’s! Gehen Sie in den Wald und schreien Sie. Lauthals und ohne Hemmungen. Die Füchse und Rehe werden damit zurechtkommen. Schlimmer als ein Silvesterfeuerwerk wird das Schreien für die Tiere auch nicht sein.
Es gibt sogar Therapien, in denen Patienten zum Schreien geraten wird. Schreien wirkt ungemein befreiend. In meinem Bekanntenkreis habe ich tatsächlich von jemandem gehört, der es regelmäßig praktiziert und so im Alltag zu mehr Gelassenheit finden konnte. Nur „erwischen“ lassen sollte man sich beim „Herumschreien“ vielleicht nicht unbedingt. Man weiß nie, wohin man dann eventuell gebracht wird …
Aber es gibt nichts Heilsameres, als sich den Schmerz von der Seele zu schreien. Ich tat es stumm. Doch ich formte die Lippen wie zu einem stummen Schrei, verzog das Gesicht zu einer wilden Grimasse und schluchzte heftig, aber ziemlich lautlos. Genau: wegen der Mietswohnung.
Das Heulen und Schluchzen begleitete mich den Rest dieses Höllentages und die ganze darauf folgende Nacht.
Am nächsten Morgen musste ich zu einem Fortbildungskurs. Ich konnte kaum aus meinen verschwollenen Augen schauen. Ober- und Unterlider konnte ich kaum auseinander- und somit meine Augen kaum offen- halten. Ein eiskalter Waschlappen auf die Augen gedrückt, sollte Kühlung und Linderung verschaffen. Aber viel Erfolg hatte ich damit nicht, es sei denn ich hätte die Kühlung stundenlang praktiziert. Egal. Sollte mir doch ruhig jeder ansehen, dass ich die ganze Nacht geheult hatte. Es war mir egal.
Liebeskummer-Phase Heulen und Schreien:
Lebensfreude = 1
Selbstwertgefühl = 1
Traurigkeit = 10
Wut = 10
Sehnsucht = 10
Schmerz = 10