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Kapitel 5

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Zornig saß Robert in seinem Auto und raste los. Als wenn er nicht schon aggressiv genug wäre, so hörte er währenddessen laute Heavy Metall Musik, die ihn immer mehr zum Rasen animierte. Sarah sollte verlobt sein. Da hatte sie sich aber sehr schnell über ihn hinweggetröstet. Und dann noch mit diesem Lackaffen. Oder war das gar nicht ihr Verlobter gewesen und sie hatten ihn nur mächtig verarscht? So eine Schlampe. Kaum, dass sie ihn abserviert hatte ließ sie sich schon vom nächsten vögeln.

Er steigerte sich immer weiter in seinen Zorn auf Sarah und ihren angeblich Neuen. Und dann noch dieser Heini von Trainer. Eine Lachnummer. Hatte nichts auf dem Kasten und wagte es ihm zu drohen. Wäre er mit ihm alleine gewesen hätte er im schon gezeigt was es heißt ihm zu drohen. Er steuerte seinen Wagen direkt auf den Parkplatz seiner ehemaligen Stammkneipe. Hier war er schon seit einer Weile nicht mehr gewesen. Und das nur weil Sarah der Laden hier nicht fein genug gewesen war, so seine Einbildung. Alleine bei dem Gedanken ballte er seine Fäuste, während er auf die offene Tür der Wirtschaft zusteuerte. Schon in der Nähe konnte man den Gestank von Zigarettenrauch und Alkohol wahrnehmen. Und als ob es sich dabei um das beste Parfüm der Welt handelte, nahm Robert einen tiefen Atemzug davon in sich auf bevor er eintrat.

Drinnen war es relativ dunkel. Nur die ein- oder andere schummrige Lampe hing von der Decke und hätte eher die Bezeichnung einer Funzel verdient. Am einen Ende des Raumes befand sich eine dreckig aussehende Theke. Hinter der stand wie immer der Wirt, ein Mann mit ungepflegt wirkendem Bart und Halbglatze, und spülte die Gläser. Am anderen Ende stand der übermächtig wirkende Billardtisch, der eigentlich immer von ein paar Leuten belagert war. Wenn nicht daran gespielt wurde, dann missbrauchten ihn einige der Gäste als Stehtisch und stellten dort ihre Getränke ab. Das konnte man dem guten Stück allerdings auch ansehen. Der grüne Stoffbezug hatte schon so manchen Fleck, der vermutlich noch nicht einmal den Versuch einer Reinigung verspürt hatte. Von irgendwoher erklang Musik, aber aufgrund des Lärmpegels konnte man noch nicht einmal erkennen um welchen Song es sich dabei handelte. Alles in allem wirkte das hier wie eine schmutzige, dunkle Spelunke in der sich das Publikum allerdings sehr wohl zu fühlen schien.

Robert betrat den Raum und sofort hatte man das Gefühl, dass die Menge sich teilte, als er durch sie hindurchschritt. Selbst hier war der Muskelprotz nicht sehr beliebt und als Besserwisser und aggressiv bekannt. Er stellte sich an die Theke, wo er sich ein Bier und einen Schnaps bestellte. Das hatte er jetzt bitter nötig. Dem ersten Bier folgte ein zweites, drittes und unzählige mehr. Auch einige Schnäpse nahmen den gleichen Weg. Eine der anwesenden Frauen hatte ihn schon seit geraumer Zeit im Visier und sogar die Tatsache, dass er sich hier regelrecht mit Alkohol zuschüttete ohne überhaupt zu schwanken schien ihr zu gefallen. Irgendwann ging sie auf ihn zu und sprach ihn an. „Hallo du. Ich hab dich ja hier schon lange nicht mehr gesehen.“ Mit ihren Locken erinnerte sie Robert sofort an Sarah, auch wenn diese Blondine hier noch wesentlich blonder war und aufreizender herumlief als seine Ex. „Was gibt’s den du blonder Engel.“, grinste er sie an und prostete ihr zu. „Möchtest du mich nicht auf ein Bier einladen. Ich könnte mich auch sehr dankbar zeigen.“ Sie strich mit ihrem grellrotlackierten Fingernagel über seinen Bizeps. Karl, der Wirt den alle hier nur Charly nannten, hatte von seinem Standort hinter dem Tresen die Szene beobachtet und schüttelte mit dem Kopf. Er kannte Cindy und ihre Vorliebe für Männer wie Robert nur zu gut. Nicht selten hatte das hier in seiner Kneipe für mächtigen Ärger gesorgt und das war das Letzte was er heute Abend noch wollte. Er war müde und hoffte nicht zu spät ins Bett zu kommen. Aber es sah nicht danach aus, dass sich sein Wunsch heute erfüllen sollte. Als Robert zur Toilette ging sprach er Cindy an. „Lass es Mädchen. Der Typ ist nicht gut für dich. Sieh lieber zu, dass du nach Hause gehst bevor du noch was Dummes tust.“ Er meinte es nur gut aber Cindy reagierte wie gewohnt trotzig und unbelehrbar. Jetzt erst recht war ihre Devise und als Robert zurückkam gab sie so richtig Gas. Doch dessen Stimmung schwankte schnell und irgendwann sah er in Cindy Sarahs Gesicht. Die Art wie sie ihn anmachte provozierte ihn nur noch und lies seine Wut aufs Neue aufkochen. „Was ist los du kleines Flittchen. Soll ich dich gleich hier auf dem Tresen flachlegen oder was? Das ist es doch was du willst oder nicht.“ Grob griff er ihr unter den kurzen Rock und drückte sie gegen den Tresen. Mit einem Schmerzensschrei protestierte Cindy lautstark. „Ey du Arsch. Du tust mir weh du blöder Wichser.“ Sofort standen ein paar Männer parat um ihr zur Seite zu stehen. Sicher, Cindy benahm sich oftmals wie ein Flittchen und schon so einige der Anwesenden hatten sie im Bett oder anderswo gehabt. Aber sie war eine von ihnen und Robert war das nicht, auch wenn er das meinte oder wollte. Niemand, der nicht dazugehörte hatte das Recht so mit ihr zu reden. Charly versuchte noch die Situation zu retten. Bei der letzten Schlägerei in seiner Kneipe war so einiges zu Bruch gegangen und darauf hatte er heute weiß Gott keine Lust. Doch der Alkoholpegel war zu dieser Zeit schon ziemlich hoch und es dauerte nicht lange, da flogen schon die Fetzen. Die ersten Gläser zerbarsten und einer der wenigen Tische brach unter der Last einer der Männer zusammen die Robert auf ihn zugeschleudert hatte. Robert war ohnehin schon sehr kräftig. Doch die Wut in ihm verlieh ihm beinahe unmenschliche Kräfte und es brauchte einige Männer um ihn dann irgendwann in den Griff zu bekommen. Charly stellte sich vor den, von vier Männern Festgehaltenen, und wollte ihm gerade Hausverbot erteilen als Robert sich losriss und im Handumdrehen ein Messer aus seiner Hosentasche hervorzauberte. Ohne lange zu überlegen stach er ein paar Mal blindlings zu und traf dabei Charly in der Brust. Zwei der Männer, die versuchten ihm das Messer zu entreißen erlitten dabei mehrere, wenn auch weniger gefährliche, Schnittverletzungen an den Händen und Unterarmen. Überall war Blut und in dem Tumult entriss sich Robert vollends und flüchtete zur Tür hinaus. Einer der Männer lief noch kurz hinterher, überlegte es sich allerdings und ließ es klugerweise ihm weiter zu folgen.

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Grinsend saß Sarah in ihrem Auto und fuhr nach Hause. Auch wenn der Abend, dank der Begegnung mit Robert, zunächst schlecht begonnen hatte, so hatte sie sich doch sehr über das unerwartete Wiedersehen mit Alexander Lorenz gefreut. Hatte sie doch gestern noch gedacht, dass das nie passieren würde. Und nun hatte er sich sogar als ihr Held und Retter entpuppt. Sie musste über sich selbst lachen bei diesem Gedanken. Sie benahm sich wie ein kleines Mädchen, das vom edlen Ritter auf dem weißen Pferd träumt. Ein Ritter mit beinahe schwarzen Augen und dunklen Haaren, der die Prinzessin namens Sarah mit auf sein Schloss nimmt. „Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.“, alberte sie leise vor sich hin. Sie konnte machen was sie wollte. Dieser Mann rief in ihr das kleine Kind wieder wach, egal wie erwachsen und realistisch sie mit ihren dreiunddreißig Jahren doch eigentlich sein wollte. Sie parkte vor ihrem Haus und lief fröhlich die Treppe nach oben. Robert und sein unentschuldbares Verhalten blendete sie völlig aus. Sie hatte nur noch Gedanken für Alexander. Ihren Traummann. Nur für einen kurzen Moment, als sie vorsichtig auf ihr Handy blickte und beinahe wieder eine der bösen SMS von Robert erwartete, ließ sie sich ihre frohe Stimmung nehmen. Doch ihr Display zeigte keinen Eingang an und sie hoffte wieder einmal, dass er es nun wirklich und endgültig aufgegeben hatte. Allerdings sagte ihr der gesunde Menschenverstand, dass das wohl nicht der Fall sein würde. Wahrscheinlich war Robert nur noch nicht dazugekommen ihre Nerven erneut zu traktieren. Vielleicht musste er noch ein paar Gläser trinken, um dann stark genug zu sein für seine „liebevollen“ an sie gerichteten Nachrichten und Anrufe.

Sie würde sie einfach ignorieren wenn sie kamen. Heute wollte sie nicht mehr an ihren schwierigen Ex-Freund erinnert werden. Schließlich hatten sich Jo und Alexander heute so gut verstanden und sich um Sarah gesorgt, dass sie ausgemacht hatten abwechselnd auf sie aufzupassen wenn sie vorhatte im Sportstudio zu trainieren. Das gewährleistete ihr immerhin, dass sie Alexander nun öfters zu sehen bekam und wer konnte schon wissen wie es dann weitergeht….

Sarah schnappte sich, nach einer ausgiebigen Dusche, einen Liebesroman und ging zu Bett. Sie hatte schon lange nicht mehr das Bedürfnis gehabt so etwas zu lesen. Aber heute war ihr danach. Und sie musste sich unbedingt ablenken, sonst drohte sie zu platzen. Allerdings kam sie nicht sehr weit. Ungefähr auf Seite zweiundzwanzig sank ihre Hand nach unten und der Roman fiel ihr aus den Händen, während sie in einen unruhigen Schlaf fiel.

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Noch lange nach diesem Vorfall konnte Alexander Sarahs erschrockenen Blick nicht vergessen. Die Panik in ihrem Gesicht, als ihr Ex-Freund sie bedrängte. Wie konnte so ein Typ es wagen sie derart grob zu behandeln. Im Gegensatz zu einigen anderen im Raum hatte Alexander keine Angst vor diesem Kerl gehabt. Das lag wohl daran, dass Alexander einer der wenigen Menschen war die das wahre „Böse“ kennengelernt hatten. Dieser Muskelprotz war nur groß und kräftig gebaut. Zu dumm um wirklich gefährlich zu sein. Das war kein Gegner für ihn. Er wusste sich zu wehren bei solch einem Menschen. Das hatte er gelernt und glücklicherweise nur selten anwenden müssen. Aber gegen das wirklich Böse half seine Erfahrung in den diversen Verteidigungskampfsportarten nicht. Das Böse konnte zunächst ganz harmlos daherkommen und so ziemlich jede Gestalt annehmen. Und wenn es das Gesicht im eigenen Spiegelbild war…..

Immer tiefer drohten seine Gedanken in diese Tiefe des Grauens, dass er einst erlebt hatte, hinab zu gleiten. Er war vor wenigen Minuten zu Hause angekommen und hatte seine verschwitzten Sportsachen in die Waschmaschine geworfen. Nun saß er, seinen neuen kleinen Freund Rusty kraulend, auf seiner Couch und drohte in seinen bösen Erinnerungen und Ängsten zu versinken. Rusty schien das zu bemerkten und jaulte ihn mit einem fragenden Blick, wie ihn nur ein Hund zustande bringen konnte, an. Alexander zwang sich zurück in die Gegenwart und schüttelte leicht seinen Kopf. Lächelnd blickte er auf Rusty hinab. „Du hast ja Recht mein Kleiner. Ich sollte endlich damit aufhören an früher zu denken und in die Zukunft schauen. Was denkst du denn so über Sarah? Du magst sie doch auch oder? Ich habe nur Angst davor, dass ihr das Gleiche passieren könnte wie damals….“

Rusty hörte ihm aufmerksam zu. Seine Ohren waren gespitzt und abwechselnd neigte er seinen Kopf von rechts nach links. Einen besseren und verschwiegeneren Zuhörer hätte Alexander kaum finden können.

Der Feind mit deinem Gesicht

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