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In der Unterneustadt

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In der Umgebung wohnen viele Kinder in seinem Alter. Schnell finden sie sich, um gemeinsam zu spielen und Unsinn zu treiben. Auf dem Grundstück seines Freundes Hans-Lothar steht eine große Eibe. Dort treffen sich die Jungen immer zum Spielen. Ab Herbst 1939 befindet sich Deutschland in der Anfangszeit des Zweiten Weltkrieges. Die Jungen sind natürlich sehr stolz auf die Erfolge der deutschen Soldaten und spielen deren Siege nach. So ist die Eibe mal Panzerturm, aus dem die kleinen Panzerkommandeure ›den Feind‹ besiegen oder Flugzeugkanzel, von wo aus die Minipiloten das Land erkunden.

Gibt es mal keine Erfolge nachzuspielen, treffen sich Christian, Hans-Lothar, Hilmar, Wolfgang, Rolf, Marie und Anna am Zugang der Drahtbrücke. Gemeinsam ziehen sie in eine Nachbarstraße im Blücherviertel.


Die ›Sternstraßenkinder‹ (Foto: W. Tilcher)

Damit keine Langeweile aufkommt, liefert man sich ›Straßenkämpfe‹ mit den dort wohnenden Kindern. Diese verteidigen natürlich ihr Revier. Kommt es dabei mal zu kleineren Verletzungen, öffnen Anna und Marie ihre Brottaschen und verarzten die tapferen Krieger mit dem mitgebrachten Pflaster.

Die wichtigste Waffe dabei ist die selbstgebaute Zwille, die jeder Junge in der Hosentasche trägt. Die von Christian erfordert eines Tages zwei Todesopfer, als er damit auf die Nachbarhühner schießt. Nicht nur die Mutter seines Freundes Hans-Lothar ist stocksauer über seine Treffsicherheit, auch Christians Mutter ist nicht begeistert. Sie muss die Hühner teuer bezahlen. Christian bedauert nur, dass sie dafür die Hühner nicht mitnehmen dürfen. Sie hätten bestimmt prima geschmeckt.

Seine Treffsicherheit bringt ihm auch einmal zwei Ohrfeigen ein: Zusammen mit Wolfgang und Rolf beschießt er einige Wassersportler auf dem Fluss. Plötzlich dreht einer der Paddler bei und kommt auf den Bootssteg zu. Die Jungen nehmen die Beine in die Hand und rennen in unterschiedlichen Richtungen davon. Während sich seine Freunde aber zu Hause unter dem Küchentisch verstecken, rennt Christian ins Blücherviertel. Dort wartet er eine gefühlte Ewigkeit, bevor er sich zurücktraut. Doch der Paddler beweist viel Ausdauer und wartet noch immer auf ihn. Er verpasst Christian eine heftige Ohrfeige. Das sieht die Vermieterin und stellt den Mann zur Rede. Nachdem dieser ihr erzählt, was die Jungen angestellt haben, bekommt Christian seine zweite Ohrfeige von ihr.

Ihren Meister finden die Kinder aus der Sternstraße in einem Parkaufseher der Karlsaue. Sie verdienen sich ein bisschen Taschengeld mit dem Sammeln von Kastanien für die winterliche Tierfütterung. Hängen diese aber noch an den Bäumen, versuchen sie, mit Stöcken nachzuhelfen, dass sie herunterfallen. Dabei erwischt sie der Aufseher, denn das ist verboten. Zunächst wollen sie fortlaufen, lassen das aber lieber, als sie sehen, dass der Mann einen großen Schäferhund dabei hat. Da erscheint ihnen ein Schlag mit dem Stock auf das Hinterteil wesentlich ungefährlicher.

Wenn das Wetter schön ist, fahren Christian, Mama und Oma oftmals auf den Flugplatz nach Waldau. In einem alten Henschelbus mit einer riesigen Motorhaube fahren sie dann raus zum Flugfeld. Dort bestaunt Christian die startenden und landenden Flugzeuge. Zwar steckt die Flugzeugtechnik noch in den Kinderschuhen, aber Kassel hat einen großen Anteil an dieser Entwicklung. In der Stadt gibt es die Fieseler Werke, die den ›Fieseler Storch‹ bauen. Das ist ein Flugzeug, das man als Kurier- und Sanitätsflugzeug einsetzt. ›Storch‹ heißt es, weil es ein hochbeiniges Fahrgestell hat. Der ›Storch‹ kann ganz langsam fliegen, deshalb braucht er nur eine 50 Meter lange Startbahn. Zum Landen reichen sogar 20 Meter. Bei Gegenwind kann er in der Luft stehen oder sogar rückwärts fliegen. Die gezeigten Flugvorführungen sind natürlich sehr spannend für den kleinen Jungen.

Manchmal treffen sich die drei auch mit Tante Minna und den drei kleinen Kusinen in der Aue.

Christian mit zwei seiner Kusinen (Foto: priv.)

Dort spazieren sie dann durch den Tierpark. Besonders gern mag Christian die kleinen Affen, die sich gelenkig von Baum zu Baum schwingen. Schwierig wird es nur, wenn man in eines der Cafés einkehrt. Christian muss dann immer die schwierige Entscheidung treffen, nimmt er ein Eis oder eine Limonade. Für beides zusammen ist die Mama zu sparsam.

Besonders aufregend wird es im Frühjahr und im Herbst. Dann findet auf der Leister‘schen Wiese die Volksmesse statt. Für 20 Pfennig darf Christian Karussell fahren. Außerdem gibt es Mohrenköpfe und Zuckerstangen. Es ist doch schön, Kind zu sein.

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