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Kapitel 2
ОглавлениеBarbara, 26. September
Barbara stolperte auf dem Weg in die Küche über eine Umzugskiste. „Verflucht nochmal!“ Sie rieb sich ihr Schienbein. 46 m². Sechsundvierzig. Vorher hatte sie ein Haus gehabt. Ein ganzes Haus. Ein großes Haus, 260 m², mit einem noch größeren Garten. Vorne und hinten. Aus ihrer Küche hatte sie in den Garten sehen und gehen können. Jetzt hatte sie vorne einen Grünstreifen, auf dem die Hunde der Nachbarschaft kackten, und einen Baum, der ihr das Licht nahm, und hinten raus sah sie auf andere Häuser und in andere Leben. Aber es war partout keine andere Wohnung zu bekommen gewesen in Dortmund. Der Flüchtlingsstrom und vor allem die Zwangsräumung eines Hochhauskomplexes wegen Brandschutzmängeln hatten laut Aussage einer Dame von der Wohnungsbaugesellschaft zu einer enormen Wohnungsknappheit geführt. „Da nützt Ihnen auch kein gutes Gehalt, Frau Kommissarin. Es sei denn, Sie kennen den Faber. Sie wissen schon, der vom Dortmunder Tatort. Wenn Sie mir mit dem ein Date vermitteln könnten ...“ Dabei hatte sie verschmitzt gelächelt. Barbara war kurz davor gewesen, ihre Knarre rauszuholen, besann sich aber auf ihre guten Vorsätze, immer freundlich zu sein. Sieben Wochen später kam dieses Wohnungsangebot. Gut eine Woche, bevor sie ihren Dienst in Dortmund anfangen sollte. Das war wirklich knapp gewesen. Sie hatte mit gepackten Kartons auf Abruf gestanden, ihr kleiner Bruder Daniel war mit seinem LKW vorbei gekommen und seit gestern wohnte sie hier. Glücklicherweise konnte sie die Küche übernehmen. Außerdem war die Wohnung noch frisch renoviert worden. In fünf Tagen sollte sie ihren Dienst antreten. Ob sie es irgendwann bereuen würde, in die Großstadt geflüchtet zu sein? Aber in Altena konnte sie nicht mehr atmen. Trotz des vielen Grüns um sie herum. Nach der Trennung war sie erstmal übergangsweise wieder auf den Hof der Eltern gezogen und ihre Mutter hatte ihr ständig in den Ohren gelegen, dass sie selbst daran schuld sei, dass ihr Mann fremdgegangen sei. „Eine gute Frau, mein Kind, kommt ihrem Mann entgegen.“
Dabei war es ja nicht so, dass sie keinen Sex mehr gehabt hatten. Aber Sören brauchte immer schon Bestätigung und das nicht nur von einer Frau. Ihre Mutter fand das offenbar normal: „Die Männer sind so. Schau dir doch unseren Gockel an. So sind sie alle. Und verlassen deswegen die Hühner ihren Hahn?“ Barbara konnte manchmal nicht fassen, dass diese Person wirklich ihre Mutter war. Sie waren Universen voneinander entfernt. Was Werte anging, Gefühle, Menschlichkeit. Sie musste als Kind vertauscht worden sein.
Barbara merkte, wie ihr die Tränen kamen. Nein, bitte nicht heulen. Nicht heulen. Die Welt ist schön, alles ist gut. Du hast einen neuen tollen Job, eine wunderschöne Wohnung. Du bist 33 Jahre und gesund. Sie fing an zu heulen und warf sich auf die Matratze. Ihr Bett war noch nicht aufgebaut. „Niemand mag mich, ich bin hässlich, schon in der Schule war ich eine Außenseiterin ... ich werde als überarbeitete, hässliche, alte, mürrische Frau …“, weiter kam sie nicht, denn das Telefon klingelte. „Allenstein?“, dabei schniefte sie noch ein wenig.
„Frau Allenstein, alles okay mit Ihnen? Hier ist Markus Beilage. Ihr neuer Kollege.“
„Ja, alles okay, ein bisschen Schnupfen. Ich packe hier gerade noch alles aus, wissen Sie. Der Staub und so …“
„Aha. Ja ja, kenn ich, ich hab auch eine Hausstauballergie. Also, weswegen ich Sie eigentlich anrufe ...“
„Ich fange doch erst Sonntag an oder hab ich mich vertan?“
„Nein, nein, Sonntag. Aber, Frau Allenstein, wir haben schon heute eine Leiche. Und Ihr Vorgänger, den haben wir letzte Woche bereits in den Ruhestand verabschiedet und der Kollege …“
„Also gut, soll ich kommen?“
„Ja, bitte.“
„Kann mich jemand abholen? Mein Privatwagen steht zwei Blocks weiter. Ich hab gestern einfach keinen Parkplatz in der Nähe gefunden.“
„Aber natürlich. Ab der nächsten Woche können Sie, wenn Sie im Präsidium sind, auch versuchen, einen Wagen aus dem Fuhrpark zu ordern. Aber jetzt komme ich zu Ihnen. Wo wohnen Sie?" Barbara nannte ihm ihre Adresse.
„Alles klar, ich bin in 15 Minuten bei Ihnen.“
15 Minuten. Oje. Sie lief ins Badezimmer. Sie sah furchtbar aus. Die Wimperntusche war verschmiert. Sie sah an sich hinunter, ihre Kleidung war dreckig und verstaubt. Schnell wusch sie sich das Gesicht, legte wenigstens noch eine getönte Creme auf, zog einen grünen Pulli und eine Jeans aus der Kiste. Dann schnappte sie sich ihren großgemusterten bunten Mantel und ihren grünen Lieblingsschal. Eigentlich nichts für die Polizeiarbeit, aber egal. In dem Moment, als sie auf der Straße stand, trudelte auch schon der Streifenwagen ein. Es regnete in Strömen.
„Hi, kommse schnell ins Auto, Frau Kollegin.“
Sie fuhren auf die B1 und gerieten umgehend in einen Stau.
„Gewöhnen Sie sich dran. Hier ist Dauerstau, Frau Allenstein. Am besten meiden Sie diese Straße.“
„Wo müssen wir überhaupt hin?“
„In den Stadtteil Schüren zur Freie-Vogel-Straße.“
„Was ist denn das für ein ulkiger Name?“
Kollege Beilage lachte. „Tja, hier gibt’s auch komische Vögel, nicht nur im Sauerland.“ Sollte das jetzt ein Witz sein oder eine Beleidigung?
Von der B 1 ging es auf die nächste Schnellstraße. Barbara registrierte ein Schild, B 236 Richtung Schwerte. Kaum drauf, fuhren sie gleich wieder die nächste Ausfahrt rechts runter.
„Wo ist denn die Leiche gefunden worden?“
„In einem Seniorenheim oder sowas Ähnlichem. Da hamse vor ein paar Jahren so ne Wohnanlage gebaut, auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Freie Vogel & Unverhofft, um nochmal auf Ihre Frage von vorhin zurückzukommen.“ Der Kollege grinste. „Wegen der Zeche heißt auch die Straße so. Das war wohl eine der ältesten Zechen in Dortmund, gibt’s aber schon lange nicht mehr. Das Ganze wurde völlig neu angelegt.“ Blöder Kerl! Das mit dem Zechennamen hätte er ihr vorhin ja gleich vernünftig erklären können. „Und? Wissen wir schon Näheres über die Leiche?“, fragte sie unwirsch. „Eine Altenpflegerin aus dem Haus Unverhofft ist im angrenzenden Teich gefunden worden.“
Sie bogen in ein parkähnliches Gelände ein. Rechts lag ein Café, geradeaus mehrere zusammenhängende Wohnhäuser und hinter dem Café, auf der rechten Seite, erblickte sie einen Teich. Dort warteten schon zwei Streifenbeamte.
Barbara Allenstein ging auf die Kollegen zu. Den Schal hielt sie sich zum Schutz über den Kopf. „Guten Tag, Barbara Allenstein, ich bin die Neue.“ Dabei kicherte sie albern und sie wusste selbst nicht warum. Manchmal musste sie unkontrolliert kichern und hasste sich dafür. Die Kollegen sahen sie verwundert an.
„Möchten Sie zuerst mit dem Zeugen sprechen, der die Leiche gefunden hat?“ Barbara schaute auf die Uhr und schüttelte den Kopf. Sie wurde professionell: „Also, hier ist die Leiche? Wann kommen die Spusi und der Gerichtsmediziner?“
„Sie sind unterwegs. Stecken auf der B1 im Stau.“
„Die soll man doch meiden, wie der Teufel das Weihwasser, hab ich gehört!“, dabei kicherte sie schon wieder. Verdammt. Wie sollte sie so nur jemand ernst nehmen. Wenn sie nervös war, war sie nicht sie selbst. „Unsicherheit“, hatte ihr großer Bruder Torsten immer gemeint.
„Okay, dann schau ich mir mal die Leiche an.“ Auf diesem Gebiet war sie nicht unsicher, mit Leichen kannte sie sich aus. Barbara registrierte eine Wunde an der linken Schläfe. Die nassen Haare hingen der Leiche ins Gesicht. Barbara fielen die bunte Hose und die Schuhe mit Strass auf. Irgendwie irritierte sie das, denn sie hatte eine andere Vorstellung von einer Altenpflegerin. Ist halt Ruhrgebiet, dachte sie dann. Da laufen die Leute einfach anders herum.
„Ist die Leiche so gefunden worden?“ Barbara sah die beiden Streifenpolizisten mit einem prüfenden Blick an.
„Ne, so ein Vollhonk hat sie rausgezogen und einfach auf den Rücken gedreht“, antwortete die junge Polizistin.
Barbara wunderte sich über den Ausdruck: Vollhonk?
„Ich hab ihn schon angezählt deswegen.“
Angezählt, na, die örtliche Amtssprache war noch ziemlich gewöhnungsbedürftig.
Der ältere Polizist mischte sich ein: „Er wollte doch nur nachschauen, ob die Person möglicherweise noch lebt.“
„Verstehe“, sagte Barbara. „Wo ist er jetzt? Name?“
„Von der Forst. Er wollte im Café da hinten auf Sie warten. Er hatte eine ältere Dame dabei. Die lief hier rum und hat gegebenenfalls auch etwas gesehen. Machte aber einen verwirrten Eindruck. Ob Sie aus der was rauskriegen?“
„Danke Ihnen, Sie bleiben dann bitte hier, Herr Beilage, bis die Spusi da ist. Geben Sie mir bitte Bescheid. Ich schau derweil schon mal nach den zwei bekannten Zeugen.“
Ihr Kollege sah sie missmutig an. Hatte sie was falsch gemacht oder gesagt?
Von außen sah das Café wie ein Maschinengebäude aus der Gründerzeit aus. Davon gab es in Altena auch genug, allerdings leer stehende. Als sie die Tür öffnete, flutete ihr wohlige Wärme, leise angenehme Musik und eine heimelige freundliche Atmosphäre entgegen. Zum Wohlfühlen, dachte sie. „Guten Tag,“ sagte sie laut. „Gibt es hier einen Herrn von der Forst?“
Eine Bedienung kam auf sie zu. „Herr von der Forst muss jeden Moment wieder hier sein, er hat Frau Körner, eine ältere Dame aus dem Seniorenheim, eben wieder zurückgebracht. Sie war nicht sonderlich bei sich, könnte man sagen.“
In dem Moment schlug die Tür auf und ein Mann kam schnellen Schrittes herein. Er war ungefähr in ihrem Alter. Hatte ein freundliches Lächeln und steuerte direkt auf sie zu.
„Ach, da sind Sie ja schon. Ich hab eben …“
„Ich hörte schon davon“, unterbrach ihn Barbara. „Guten Tag, Barbara Allenstein, ermittelnde Kommissarin. Wo können wir uns setzen?“ Sie fanden einen kleinen Tisch in der Ecke.
„Dann erzählen Sie mal. Wer sind Sie und wie haben Sie die Tote entdeckt? Meine Kollegin war übrigens nicht begeistert, dass Sie die Leiche bewegt haben.“
„Ich hab da gar nicht nachgedacht. Dachte nur, vielleicht lebt sie noch.“ Dann erzählte er, dass er im Seniorenheim die Fenster putzte und wie er die Leiche gefunden hatte. „Mehr kann ich Ihnen nicht dazu sagen. Frau Körner lief auch noch draußen im Park rum. Sie war ganz verwirrt und viel zu dünn angezogen. Wird wohl leider dement. Deswegen hab ich sie besser vorhin ins Heim zurückgebracht.“
„Okay, meinen Sie, sie hat vielleicht was beobachtet?“
„Ich glaube eher nicht. Sie können ja mal versuchen, sie zu fragen. Ganz oft ist sie auch völlig klar und normal. Nur manchmal … Aber ich hab das Gefühl gehabt, dass sie die Leiche nicht einmal richtig registriert hat.“
„Na, gut. Vielen Dank. Haben Sie sonst noch irgendwas gesehen? Irgendetwas oder irgendjemanden beobachtet?”
„Nein, nichts, Frau Kommissarin. Da war niemand außer Frau Körner. Niemand, der weggelaufen oder mir entgegengekommen wäre oder so, falls Sie an so etwas denken?“
„Okay, dann geben Sie mir jetzt bitte Ihre Telefonnummer für den Fall, dass ich noch weitere Fragen habe.“
Er reichte ihr seine Visitenkarte. Barbara steckte sie in die Manteltasche.
„Und hier ist meine Karte. Melden Sie sich, sobald Ihnen noch was einfällt. Könnten Sie so freundlich sein und mir zeigen, wie ich zur Heimleitung komme? Sie kennen sich doch sicherlich hier aus.“
„Aber gerne doch, ich bring Sie hin, bevor Sie sich in den Gängen verlaufen. Die Leiterin heißt Sommerfeld. Sie weiß schon Bescheid, weil ich ihr vorhin Frau Körner überreicht habe.“ Lucas von der Forst öffnete Barbara die Tür.
Ein wirklich nettes Lächeln, dachte sie.
Er begleitete sie am Park vorbei durch den Eingangsbereich, mehrere Gänge entlang und dann klopfte er an eine Tür: „Frau Sommerfeld, hier ist eine Kommissarin für Sie.“
„Soll sofort reinkommen. Ich bin noch so geschockt.“
„Ich würde dann jetzt gehen, oder brauchen Sie mich noch?“
„Sie können gerne nach Hause gehen, Herr von der Forst, es sei denn, Sie wollen heute noch die Fenster putzen.“
„Nee, nee, das machen wir nächste Woche. Das hab ich vorhin schon abgeklärt mit Frau Sommerfeld.“
Barbara betrat das Büro der Heimleitung. Frau Sommerfeld kam mit hängenden Schultern auf sie zu. Sie war etwas rundlich und wirkte, als ob sie ein Stückchen Kuchen zu schätzen wusste. Eine gepflegte Erscheinung, dachte Barbara. Man sah der Heimleiterin an, dass sie sehr auf ihr Äußeres achtete.
„Setzten Sie sich Frau …“, sie bot Barbara einen Stuhl gegenüber ihrem mit Papieren überhäuften Schreibtisch an.
„Allenstein, ermittelnde Kommissarin, Kripo Dortmund.“
„Frau Allenstein, ich kann das gar nicht fassen. Wer ermordet denn eine Altenpflegerin?“ Frau Sommerfeld ließ sich hinter ihrem Schreibtisch in den Sessel fallen und hielt ihre Hände vors Gesicht. „Die Doris war jetzt nicht das, was man einen Sonnenschein nennen konnte, aber einen Grund sie zu ermorden … Nein. Den gab es nicht. Ich begreife das nicht. Sie hatte doch auch nix bei sich … Keine Handtasche oder so … Ich verstehe das nicht … oh mein Gott!“
„Frau Sommerfeld, jetzt beruhigen Sie sich, wir fangen ja gerade erst an mit den Ermittlungen. Sie sagen, Frau Wurzbach war kein Sonnenschein. Was meinen Sie damit?“
„Naja, man soll ja nicht schlecht über Tote reden.“
„Aber?“
„Nun, es gibt freundlichere Mitmenschen unter uns. Manchmal war sie ganz schön zickig. Ach, wie soll ich sagen, den älteren Menschen gegenüber, und auch ihren Kolleginnen und mir gegenüber fehlte es öfter mal an Respekt. Aber Sie kennen ja den Arbeitskräftemangel im Pflegebereich. Da ist man über jede Kraft, die man kriegen kann, heilfroh. Und ihre Arbeitszeugnisse waren einwandfrei, wirklich.“
„Hatte sie denn Feinde? Oder Streit mit jemandem.“
„Streit, mhmmm, ja jetzt, wo Sie es sagen ... Erst kürzlich hat es einen furchtbaren Streit mit unserem Fensterputzer gegeben. Der Herr, der sie hierhin begleitet hat. Eigentlich ein ganz Netter, der Herr von der Forst, und total zuverlässig. Aber die Doris hat gemeint, es kommt immer was weg, wenn er da ist. Wissen Sie, hier sind in letzter Zeit Wertgegenstände der älteren Bewohner verschwunden. Es gehen aber so viele Leute hier ein und aus, das könnten auch andere gewesen sein. Doris hat trotzdem rumerzählt, es passiert immer, wenn er Fenster putzt. Herr von der Forst war ganz außer sich, als er von den Beschuldigungen gehört hat. Verständlich. Wenn er in Verruf gerät, ist das für seine Firma schädigend.“
„Ah, interessant und sonst? War sie verheiratet, hatte sie Kinder?“
„Soviel ich weiß, war sie geschieden und hat zwei Mädchen. Schon erwachsen. Zu denen hatte sie ein gutes Verhältnis, sagte sie immer. Ich weiß nicht viel von dem Privatleben meiner Mitarbeiterinnen. Ehrlich gesagt geht mich das auch nichts an.“
„Frau Sommerfeld, da gab es noch eine Zeugin. Eine ältere Dame. Frau … mir fällt der Name gerade nicht ein.“
„Frau Körner meinen Sie? Die ist vorhin sofort eingeschlafen. Vielleicht versuchen Sie es lieber morgen? Aber ob sie Ihnen helfen kann? Manchmal ist sie schon sehr vergesslich.“
„Gut, Frau Sommerfeld. Dann danke ich Ihnen. Wo hatte die Verstorbene denn ihre persönlichen Gegenstände?“
„Alle Mitarbeiterinnen haben abschließbare Spinde.“
„Kann ich den von Frau Wurzbach einsehen? Es wird nötig sein, dass wir Zugang zu ihrer Wohnung bekommen. Dazu brauche ich ihre Schlüssel.“ „Aber natürlich, sofort, kommen Sie.“
Barbara wartete, bis Frau Sommerfeld den Spind geöffnet hatte. Sie entnahm ihm eine Handtasche, ein billiges Plastikmodell, das geschmacklich zur Kleidung der Gefundenen passte, und kramte darin herum. Sie fand ein Handy, eine Geldbörse und einen Schlüsselbund. „Das reicht für heute. Den Schrankinhalt schauen wir uns später genauer an. Bitte überlassen Sie mir die Spindschlüssel, damit die Spurensicherung hier nochmal nachschauen kann. Vielen Dank, Frau Sommerfeld.“
Barbara verließ das Gebäude und sah, dass bereits weitere Kollegen eingetroffen waren. Der Wagen der Spurensicherung stand am Wegesrand. Auch einige Neugierige hatten sich eingefunden. Sie stellte sich kurz der Spusi vor und bat ihren Kollegen, sie ins Präsidium zu bringen. „Herr Beilage …“
„Sagen Sie ruhig Markus. Wir sind hier nicht so förmlich.“
„Okay Markus, sind Sie, äh bist du so nett und bestellst den Fensterputzer morgen um 9 Uhr ins Präsidium. Hier ist seine Visitenkarte. Und ich heiße übrigens Barbara.“
„Wird erledigt, Chefin.“ Hatte sie da einen Unterton gehört oder sah sie Gespenster?
Im Präsidium angelangt inspizierte sie kurz ihren neuen Schreibtisch und legte den Schlüsselbund der Ermordeten in die oberste Schublade. Markus überreichte sie den Schlüssel für den Spind. „Gibst du ihn der Spusi. Sie sollen mal schauen, was sie da noch so finden und gibt es vielleicht einen Wagen, den ich nutzen kann, Markus?“
„Leider nein, aber unten ist ne Streife, die fährt dich.“
Dann verließ er wortlos das Zimmer. Das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte, verfestigte sich. Besonders freundlich war das nicht. Es klang schon so ein bisschen wie: Sieh zu, dass du klarkommst.
Als Barbara in ihrer Wohnung ankam, schlüpfte sie gleich unter die Dusche und legte sich auf ihre Matratze. Die Klamotten weiter auspacken, konnte sie auch morgen machen, dachte sie.