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Kapitel 5: Erste Eindrücke
ОглавлениеEine halbe Stunde später kam Nicole Sanders mit Pumuckel in die Burg zurück. Einer der beiden Angestellten, der mit Domek zusammen die Koffer in ihre Gemächer getragen hatte, hatte sie bei der Tour begleitet und ihr einen sicheren Pfad in der Nähe der Burg gezeigt. Andres, so hieß der junge Mann, führte sie dann noch in ihre Gemächer, da sie nicht wusste, wo sie lagen.
Als Nicole durch den Haupteingang in das Haupthaus der Burg trat, blieb sie wie vom Donner gerührt stehen. Die Vorhalle war hoch, die Wände in Weiß getüncht, die Holzbalken dunkelbraun lasiert. An einigen Stellen war nicht weiß übergestrichen worden, sonder ein altes Fresko war freigelegt und restauriert worden. Neben der Haupttreppe und an verschiedenen anderen Positionen standen Ritterrüstungen und Körperpanzerungen der unterschiedlichsten Epochen. An der linken Wand hing von kurz unter der Decke bis einem Meter über dem Boden und fast über die ganze Breite der Wand ein riesiger Gobelin. Nicole erkannte, dass auch er vor kurzem restauriert worden sein musste.
Sie stieg mit Andres die Treppe zum Westflügel hinauf. Überall hingen Waffen vergangener Zeiten: Streitäxte, Morgensterne, Schwerter und Dolche. Eine Armbrust und verschiedene Bögen mit Pfeilen und Köcher. Nahe der Treppe kam ein langer und breiter Korridor. Auf der einen Seite waren Fenster, die zum Innenhof lagen. Auf der anderen waren in unregelmäßigen Abständen Türen, die offensichtlich zu verschiedenen Zimmern führten. Zwischen den Türen hingen Gemälde, Zeugnisse der Herrschaft vergangener Zeiten.
Nicole hatte das Gefühl, in ein anderes Jahrhundert eingetaucht zu sein.
„Andres, wo kann ich eigentlich Pumuckel füttern? Ich meine, wo kann ich seinen Fressnapf hinstellen, ohne das es stört?“
„In der Küche, Frau Sanders. Die Küche ist groß und er wird dort bestimmt nicht stören. Wir essen übrigens in zwanzig Minuten im Gemeinschaftszimmer neben der Küche. Ich hole Sie ab, wenn Sie möchten.“
„Sehr gern.“
Sie waren vor der vierten Tür dieses Korridors stehen geblieben und Andres öffnete die Tür. „Der Schlüssel steckt innen. Es steht Ihnen völlig frei abzuschließen, wenn Sie Ihre Gemächer verlassen, aber es wird nicht nötig sein. Wir erwarten erst zum Sommerfest weitere Gäste und sind hier im Allgemeinen unter uns.“
Nicole betrat den Raum und vergaß, was sie dem Mann antworten wollte.
„Das Schlafzimmer ist links und das Bad ist gleich mit angeschlossen.“
„Hhm? Danke“, hauchte Nicole.
Sie betrat den Wohnbereich ihres neuen Domizils. Eine cremefarbene Couch, daneben ein Sessel und ein gepolsterter Fußhocker mit gleicher Farbe. Der Couchtisch war aus dunklem Mahagoni, ebenso die kleine Schrankwand, in der der Fernseher und die Ministereoanlage integriert waren. An der rechten Seite stand eine kleine Kommode, ebenfalls aus Mahagoni.
Der Fußboden war aus Parkett. Unter dem Couchtisch lag ein cremefarbener Flokati, passend zur Couch. Zwischen den beiden hohen Fenstern, die von luftigen weißen Gardinen mit cremefarbenen Vorhängen behangen waren, stand ein kleiner Sekretär mit einem Stuhl aus Mahagoni und cremefarbener Polsterung.
Der Sekretär war ebenfalls aus Mahagoni. Briefbögen und Kuverts lagen in den Fächern, ebenso einige Schreibgeräte, unter anderem ein Füllfederhalter von Mont Blanc.
Nicole ächzte. „Das ist wunderschön!“, hauchte sie und drehte sich zur Tür um. Andres war schon gegangen und hatte die Tür hinter sich geschlossen. Pumuckel, dessen Leine lose über seinen Rücken lag, nahm schnüffelnd die Inspektion der Räume auf.
Nicole ging zu der weiß lackierten Tür auf der linken Seite und öffnete sie langsam. Wieder schaffte sie es nur, ein Stöhnen von sich zu geben.
In der Mitte des Raumes stand ein großes Himmelbett. Der Metallrahmen war weiß lackiert und mit goldfarbenen Ornamenten abgesetzt. Der Himmel bestand aus durchscheinendem dunkelblauem Stoff und die Bettwäsche war ebenfalls dunkelblau, mit Silber verziert. Der Kleiderschrank war wie das Bett weiß mit Gold abgesetzt und hatte viel Stauraum. In der linken hinteren Ecke stand ein mannshoher Spiegel, ebenfalls mit weißem Rahmen. Das große Fenster hatte eine bodenlange Gardine und eine Übergardine, die in dunkelblau gehalten war.
Nicole wusste nicht, wie lange sie dagestanden und fassungslos gestarrt hatte. „Ich muss mich ja noch frisch machen!“, rief sie und öffnete schnell die Reisetasche, die auf dem Bett lag, holte ihren Kulturbeutel und ein frisches T-Shirt heraus. Dann sprintete sie zu der Tür, von der sie annahm, dass sie sie ins Badezimmer führen würde und öffnete sie.
„Ich muss träumen!“
Cremefarbene Fliesen aus hochwertigem Marmor bedeckten den Boden und die Wände. Die Wanne war mit terrakotta-farbenen Mosaikfliesen in verschiedenen Tönungen bedeckt. Die kleine Dusche war ebenerdig und das Handwaschbecken höhenverstellbar. Alle Armaturen waren in Porzellanweiß mit goldenen Beschlägen. Ein kleines, weißes Rattanregal beherbergte einige Handtücher verschiedener Größen und eine kleine Auswahl an Dusch- und Badezusätzen.
„Ich bin im Himmel!“
Schnell riss sie sich von dem Anblick los, zog ihr Poloshirt aus, nahm ihr Halstuch ab und öffnete ihren Kulturbeutel. Mit unglaublicher Geschwindigkeit wusch sie sich über der Badewanne, nahm eines der frischen und unheimlich weichen Handtücher und trocknete sich ab. Mit einer einzigen flüssigen Bewegung zog sie ihr weißes T-Shirt mit den blauen tropfenförmigen Applikationen an und bürstete die Haare, während sie zu einem der Koffer ging. Schnell öffnete sie ihn, nahm ein paar T-Shirts heraus und legte sie einfach auf das Bett. Darunter kamen mehrere Halstücher verschiedener Größen, Formen und Farben zum Vorschein. Nicole wählte ein einfaches weißes aus Seide und faltete es rasch zusammen, während sie zurück ins Badezimmer ging. Vor dem Spiegel über dem Waschbecken legte sie sich das Tuch um den Hals und verharrte einen Moment. Nachdenklich fiel ihr Blick auf die Narbe, die sich rings um ihren Hals zeigte. Nicole schüttelte kurz die Erinnerungen weg und knotete das Tuch zu.
Sie bemerkte, dass sie vielleicht noch ihre Blase erleichtern sollte, bevor sie Pumuckels Fressnapf und die anderen Utensilien aus der Reisetasche hervorholen sollte.
Gerade hatte sie alles, was sie für ihren Hund brauchte beisammen, als es klopfte.
„Ich komme!“, rief Nicole und schnappte sich die Leine von dem Hund. Sie wollte erstmal auf Nummer Sicher gehen und ihn in der Burg angeleint lassen, bis er sich eingewöhnt hatte. Sie öffnete die Tür und bekam große Augen vor Überraschung.
Nicht Andres stand wie erwartet vor der Tür, sondern der Herr des Hauses, Adolar Cerný. Er hatte sich ebenfalls umgezogen, trug jetzt eine ausgewaschene Jeans und ein dunkelrotes T-Shirt, das die Muskeln seiner Oberarme gut zur Geltung brachte.
„Ich dachte mir, ich hole Sie am ersten Abend persönlich zum Essen ab und kann Ihnen vielleicht noch Fragen beantworten, wenn Sie welche haben.“ Er lächelte und ignorierte Pumuckels leichtes Knurren.
„Hunderte!“, platzte es aus Nicole heraus.
Er lachte leicht. „Kommen Sie, ich nehme Ihnen das Futter für Pumuckel ab.“ Ehe Nicole protestieren konnte, hatte er schon den Futtersack und die Näpfe in den Händen.
„Gefallen Ihnen die Räume?“
„Gefallen ist kaum der richtige Ausdruck. Ich bin begeistert! Aber ….“ Nicole blieb am Rand der Treppe stehen. Adolar Cerný war schon eine Stufe weiter unten und drehte sich um. Stirn runzelnd blickte er ihr auf gleicher Höhe in die Augen.
„Was aber?“, wollte er wissen.
„Ich bin Ihre Angestellte. Und ich bekomme märchenhafte Räume, in denen ich wohnen darf. Das … ich will nicht undankbar klingen, aber, …. Sollte ich nicht eher bei den anderen Angestellten wohnen?“ Es war Nicole irgendwie unangenehm, den Punkt zur Sprache zu bringen. Aber von Anfang an war ihr aufgefallen, dass die Cernýs einen lockeren Umgang mit ihren Angestellten pflegten und sich überhaupt nicht wie snobistische Adelige benahmen.
Vielleicht hatte sie auch eine falsche Vorstellung von Adligen!
„Frau Sanders, seien Sie versichert, dass alles seine Richtigkeit hat. Außerdem sind sämtliche Räume der anderen Angestellten belegt. Die einzige Möglichkeit wäre noch bei der Köchin, aber das möchte ich Ihnen nicht antun. Zum Einen ist es nur ein einziger Raum und zum Zweiten schnarcht die Gute wie ein ganzes Sägewerk.“
>Sie ist wirklich bescheiden<, dachte er und sein Blick blieb kurz an ihrem Hals hängen, um den jetzt ein weißes Seidenhalstuch geknotet war. Unterhalb des Tuches sah er eine kleine Narbe, mittig und oberhalb des Scheitelpunktes der Schlüsselbeine. >Ein Luftröhrenschnitt?<
„Was haben Sie noch auf dem Herzen?“
Nicole lief rot an. „Wie haben Sie das mit Pumuckel gemacht?“
Adolar lächelte Nicole schief an. „Ah! Ich habe mich schon gefragt, wann Sie mich darauf ansprechen wollen.“ Er drehte sich wieder um und ging die Treppe weiter hinunter. Nicole folgte ihm, Pumuckel an der kurzen Leine haltend.
„Ich habe mit Pumuckel mental kommuniziert, auch wenn Sie es mir nicht glauben sollten.“
„Sie glauben gar nicht, was ich alles glaube!“
Erstaunt sah Adolar Nicole von der Seite an. „Wie darf ich das verstehen?“
„Ähm, ich bin nicht gerade gläubig im religiösen Sinn. Aber ich glaube, dass es mehr Dinge in unserer real existierenden Welt gibt, als die Wissenschaft zu erklären vermag. Warum soll es nicht auch Telepathie geben? Solange es keinen Gegenbeweis gibt, räume ich die Möglichkeit der Existenz verschiedener Phänomene ein.“
Adolar schürzte die Lippen. „Erstaunlich.“
Nicole konnte mit der Antwort nicht viel anfangen, fragte aber auch nicht nach, weil sie jetzt die riesige Küche der Burg betraten.
Eine kleine Frau mit einem unglaublichen Körperumfang drapierte gerade den Braten auf einem Tablett und ein schmal gebauter Mann mittleren Alters schüttete dampfende Kartoffeln in eine Schüssel.
„Guten Abend, Adolar!“, zwitscherte die Köchin und Nicole fiel die Kinnlade herunter. Die Köchin schien sehr vertraut mit dem Grafen umzugehen.
„Hallo Magda! Hhm, das duftet ja wieder mal köstlich. Ich hoffe, du hast dazu reichlich Gemüse gemacht.“
„Aber natürlich! Obwohl du vielleicht ein wenig mehr Fett essen solltest, du hast zu wenig auf den Rippen!“
Der Graf stellte die Näpfe und den Futtersack neben der großen Tiefkühltruhe ab, ging zur Köchin und umarmte sie von hinten. Was ein wenig skurril aussah, da die Leibesfülle der Köchin eine komplette Umarmung kaum ermöglichte.
„Meine Süße, du hast für uns beide genug auf den Rippen. Aber ich will dich auch gar nicht anders haben!“ Er holte mit seiner rechten Hand aus und versetzte der älteren Frau eine freundschaftlichen, aber durchaus kräftigen Klaps auf das ausladende Hinterteil.
Nicole fand diese intime Vertraulichkeit aus irgendeinem Grund bizarr und merkte, dass sie schon wieder rot angelaufen war.
„Magda, das ist Nicole Sanders. Sie ist unser Gast für die nächsten drei Monate und bringt die Bibliothek auf Vordermann. Frau Sanders, das ist Magda. Sie ist eine Perle.“
Während Adolar die beiden Frauen einander vorstellten, wischte sich die Köchin die Hände an einem Handtuch ab, warf dieses einfach auf die Arbeitsfläche, ging unbekümmert auf Nicole zu und umarmte sie.
„Jesus, Mädchen! Sie sind viel zu dünn! Das wird sich ändern.“
„Freut mich auch, Sie kennen zu lernen“, quetschte Nicole hervor und versuchte wieder Luft zu bekommen.
Pumuckel hatte sich auf seine Hinterläufe gesetzt und blickte neugierig zu seinem Menschen empor. Dieser andere Mensch roch gut, nicht nur weil der schmackhafte Duft von Fleisch an ihm haftete. Dieser Mensch roch einfach nach Mensch.
„Und wer bist du, Schnuckelchen?“ Die Köchin wendete sich jetzt Pumuckel zu.
„Pumuckel ist noch nicht vertraut mit der Umgebung. Vielleicht ….“ Aber da hatte Magda schon den Kopf des Wolfshundes in den Händen und herzte und knuddelte ihn mit all ihrer Liebe.
„… sollten Sie ihn erstmal Gelegenheit geben, Sie kennen zu lernen“, murmelte Nicole, um ihren Satz zu beenden.
„Kann Pumuckel hier in der Küche seine Mahlzeiten einnehmen?“, fragte Adolar Cerný.
„Natürlich. Am Besten da in der Ecke neben der Tiefkühltruhe. Ist Ihnen das auch Recht, Herzchen?“ Die Frage war an Nicole gerichtet.
„Ja. Danke. Hervorragend.“ Nicole stellte die Packung mit dem Knabberzeug ab und nahm Adolar die beiden Näpfe aus der Hand. In einem Napf füllte sie klares kaltes Wasser und stellte es Pumuckel an besagter Stelle hin. Dann öffnete sie den Futtersack und schaufelte drei Handvoll in den zweiten Napf.
„In dem Wasserkocher ist noch Wasser, Kindchen. Vor einer Stunde hatte ich mir einen Tee gemacht und der Rest müsste noch leicht warm sein.“ Magda reichte Nicole den Wasserkocher.
„Danke, Magda. Das ist wirklich sehr aufmerksam.“
„Meine Söhne haben Hunde und wenn ich zu Besuch bin, kümmere ich mich immer um die lieben Kleinen.“
>Cerný hat Recht. Sie ist eine Perle.<
Nicole sah sich in der Küche um. Die Arbeitsplatten waren aus strapazierfähigem, leicht zu reinigendem Material, die Schränke und Regale in modernem, aber unaufdringlichem Design. Es gab zwei große und einen kleineren Backofen sowie mehrere Kochfelder mit Gas und Ceran. Eine große Spüle mit Doppelbecken und einen Geschirrspüler, in dem das Geschirr einer Fußballmannschaft hineingepasst hätte. Drei Kühlschränke und eine große Tiefkühltruhe.
„Keine Mikrowelle?“
„Ich hasse diese Dinger“, erklärte Adolar.
„Wo kann ich das Futter für Pumuckel abstellen?“, fragte Nicole.
„Die Vorratskammer ist dort!“ Magda zeigte auf eine Tür, die Nicole erst jetzt wahrnahm. An ihr hingen Schürzen und Handtücher.
Nachdem Nicole in der geräumigen und hervorragend gefüllten Vorratskammer Pumuckels Fressalien verstaut hatte, wusch sie sich noch einmal kurz die Hände. Adolar ergriff die Bratenplatte. „Ladies first“, sagte er und winkte mit dem Kopf zur Tür. Magda band ihre Schürze ab und warf sie über den Rand der Spüle, griff Nicoles Arm und führte sie einfach hinaus.
„Machen Sie sich um Ihren Hund keine Sorgen. Der ist hier gut aufgehoben.“ Magda hatte Nicoles besorgten Blick in Richtung Pumuckel bemerkt. Sich ihrem Schicksal fügend folgte sie der Köchin und sie gelangten in das Gemeinschaftsesszimmer, von dem Andres gesprochen hatte.
In alten Zeiten musste das die Gesindeküche gewesen sein. Jetzt war es ein großer Raum, mehrere Tische waren zu einer Tafel zusammengestellt worden und einfache, aber bequeme Holzstühle standen um die reichhaltig gedeckte Tafel herum. Ungefähr zwanzig Menschen, Männer und Frauen verschiedenen Alters, standen um die Tafel herum und starrten hungrig auf das dampfende Essen, das überall auf den Tischen verteilt war.
„Das ist Nicole Sanders. Sie ist unser Neuzugang. Stellt euch ihr am besten selbst vor. Setzt euch, Leute!“, sagte Adolar und stellte das Tablett mit dem Braten an eine freie Stelle.
Nicole sah, dass an einer anderen Stelle ebenfalls ein Tablett mit Braten stand, aber auch drei Schüsseln mit Kartoffel, fünf Schüsseln mit diversen Gemüse und sechs Terrinen mit Sauce.
„Schlaraffenland!“, platzte es aus Nicole heraus. Einige der Anwesenden kicherten.
Jannik war zu Nicole geeilt und rückte ihr den Stuhl zurecht. Adolar bemerkte es und runzelte kurz die Stirn. Der junge Mann ignorierte ihn.
Als sie saßen – Jannik hatte sich neben Nicole gesetzt – erfassten sich alle an den Händen und senkten den Kopf zum Gebet.
„Herr, wir danken dir für deine Gaben und nehmen sie in Demut an. Amen.“ Adolar Cernýs Stimme war ruhig und sanft, seine Augen geschlossen.
>Irgendwie passt das alles nicht in mein Weltbild! Ich muss meine Gehirnschubladen gründlich aufräumen.< Nicole bemerkte Janniks Grinsen nicht. >Ein Graf, der mit seinen Dienern speist, lässig in Jeans und T-Shirt herumläuft und die Köchin beinahe intim herzt!< Nicole schüttelte sich die Gedanken aus dem Kopf und langte tüchtig zu. Sie hatte einen Bärenhunger und die Speisen sahen und rochen sehr lecker.
Und sie schmeckten auch, wie sie aussahen und rochen.
„Magda, Sie sind ein Genie! Das ist absolut … unbeschreiblich!“ Nicole wollte eigentlich `oberaffengeil´ sagen, besann sich aber noch rechtzeitig und wählte das salonfähigere Wort.
„Danke, Herzchen!“ Magda freute sich sichtlich über das Kompliment.
Während des Essens stellten sich die anderen anwesenden Nicole vor. Domek, Andres und Magda kannte sie nun schon. Es gab noch die beiden Gärtner, Peter und Paul – Nicole musste bei der Namensverbindung sich ein weiteres Mal das Grinsen verkneifen -, vier Zimmermädchen namens Regina, Natascha, Sonja und Regula und vier Hausdiener, Antonin, Bratislav, Viktor und Daniel.
Tomek war für die Autos und die Garage zuständig, fungierte auch als Chauffeur. Stanislav Nummer Eins hatte seinen Zuständigkeitsbereich in der Instandhaltung aller elektrischen Geräte und Leitungen sowie für die Wasserinstallationen. Stanislav Nummer Zwei war Hilfskoch, der Mann, der vorhin die Kartoffeln in eine Schüssel gekippte hatte. Irka und Jarmila halfen ebenfalls in der Küche.
Kornel war der Jäger. Das angrenzende Waldgebiet bis zum Dorf gehörte noch zur Burg und Kornel war dafür verantwortlich.
„Sie sollten Ihren Hund im Wald immer an der Leine halten, Frau Sanders“, riet der Jäger ihr. Nicole nickte nur, dass sie nicht mit vollem Mund antworten wollte. „Bleiben Sie möglichst auf den Pfaden. In letzter Zeit habe ich etwas tiefer im Wald die Spur eines Braunbären gesehen.“
„Ein Bär?“ Adolar horchte auf. Sein Jagdtrieb meldete sich und er versuchte ihn zu unterdrücken.
Jannik bemerkte es. „Wie nah ist er?“, fragte er Kornel und beobachtete Adolar intensiv.
„Eher am Rand unseres Gebietes. Bisher hat er keine Bewegung in Richtung Burg oder Dorf gezeigt. Aber ich halte die Augen offen.“
„In Richtung Hexenstuhl?“, wollte Adolar wissen.
„Nein, die andere Seite“, antwortete Kornel.
„Hexenstuhl?“ Nicole war neugierig.
„Eine Anlage mit Dolmen, drei Kilometer nordwestlich von hier. Die Bezeichnung Hexenstuhl stammt noch aus dem Mittelalter, als die Menschen dieser Gegend noch sehr stark abergläubisch waren.“ Adolar steckte sich grünen Spargel in den Mund und genoss den Geschmack.
„Woher können Sie eigentlich so gut tschechisch?“, fragte Jannik.
Nicole schluckte schnell den Bissen herunter, da sie nicht mit vollem Mund antworten wollte. „Meine Oma mütterlicherseits kam aus Brünn. Der Liebe wegen ist sie dann nach Deutschland gezogen.“
„Das ist aber auch der einzige gute Grund, das schöne Tschechien zu verlassen“, meinte Magda gutgelaunt und grinste.
Nicole lächelte die Frau an. Sie mochte die unverblümte Art der Köchin.
„Und Ihre Oma hat Ihnen tschechisch beigebracht?“ Jannik versuchte, die Konversation am Laufen zu halten. Er mochte die heisere, leicht raue Stimme der Deutschen neben ihm.
„Ja. Sie hat mir auch viel von ihrer Heimat erzählt. Omi hatte bis zu ihrem Tod Heimweh, aber sie hat Tschechien nie wieder betreten. Sie sagte einmal, wenn man sich für etwas entschieden hat, soll man dem, was man hinter sich gelassen hat, nicht nachtrauern.“
„Die Dame war eine weise Frau.“ Adolar hatte aufmerksam zugehört. „Waren Sie schon mal hier?“
„Nein, leider noch nie. Aber ich bin sehr froh hier zu sein. Und sehr neugierig auf das Land meiner Oma.“
„Damit fangen wir morgen gleich an. Jedenfalls mit der näheren Umgebung.“ Jannik nuschelte etwas, da er nicht ganz runter geschluckt hatte.
Fragend sah Nicole Jannik an.
„Was mein Cousin meint, ist, dass wir beide Ihnen am Wochenende die Burg und die nähere Umgebung zeigen werden, damit sie sich zurechtfinden, wenn er und ich innerhalb der Woche in Prag im Büro sind.“ Adolar funkelte Jannik leicht an, was dieser mit einer fragend hochgezogenen Braue quittierte. >Nimm ´doch bitte das nächste Mal das ganze Stück Fleisch in den Mund. Frau Sanders findet es bestimmt toll, wenn sie Bröckchen von deinem Essen ins Gesicht bekommt!<, tadelte Adolar.
Jannik verschluckte sich vor Schreck und hustete. Einem Reflex nachkommend klopfte Nicole dem Mann dreimal auf den Rücken, bis sie ihrem Faux-Pass bemerkte. „Entschuldigung, Herr Cerný. Zuhause musste ich das immer bei meinem kleinen Bruder machen. Angewohnheit.“
„Schon gut. Hat doch geholfen! Und Sie müssen hier nicht so überaus förmlich und leisetreterisch sein. Wenn wir hier auf der Burg nicht gerade einen Empfang geben oder Gäste aus aller Welt erwarten, geht es hier eher familiär zu.“
Jannik lächelte sie offen an und seine braunen Augen strahlten.
>Leisetreterisch? Erfindest du jetzt auch schon neue Wörter?<
>Das nennt man Small-Talk, du Bremser!<
>Für mich sieht das nach einer billigen Anmache aus!<
>Solltest du auch mal probieren, Opa!<
Adolar hatte sein Weinglas gerade an die Lippen gesetzt, als Jannik diesen Gedanken schickte. Bei der Betitelung `Opa´ verschluckte sich Adolar und er presste sich rasch die Serviette vor dem Mund. Er hatte schon Angst, dass Nicole aufspringen und ihm auf dem Rücken klopfen würde, aber er sah, dass sie ihn lediglich mit besorgtem Blick ansah.
>Verschlucken muss wohl auch in der Familie liegen<, dachte sie sich und schob sich erneut eine Gabel mit Zuchinistückchen in den Mund.
Nachdem Adolar sich wieder gefangen hatte und er Janniks breites Grinsen zu ignorieren versuchte, wendete er sich wieder an Nicole.
„Es war für Magda übrigens sehr hilfreich, dass Sie uns gemailt haben, was Sie nicht essen. Die Liste war ja erstaunlich kurz.“
Verwirrt blickte Nicole zu Adolar. „Wieso?“
„Die meisten Frauen würden doch heutzutage auf fettreduzierte und fleischlose Nahrung bestehen. Sie haben lediglich geschrieben >Bitte keine Innereien und keine Haselnüsse<. Das ist leicht.“
„Nun, Innereien mag ich einfach nicht und gegen Haselnüsse bin ich allergisch. Das einzige Nahrungsmittel, gegen das ich allergisch bin. Dem Himmel sei Dank!“
Nun war es an Adolar, verwirrt zu Nicole zu blicken. „Warum `dem Himmel sei Dank´?“
„Stellen Sie sich bitte mal vor, ich reagiere allergisch auf irgendetwas, was Magda zaubert. Das wäre einfach nicht gerecht!“
„Ach, Kindchen! Sie sind Gold wert!“, zwitscherte Magda und tupfte sich eine Träne mit der Serviette ab.
Nicole freute sich, Magda eine Freude bereitet zu haben und lächelte breit. Kurz sah sie zu ihrem neuen Arbeitgeber hinüber und registrierte, dass er sie mit leicht gerunzelter Stirn beobachtete.
>Ob ich was Falsches gesagt oder getan habe?<, fragte sie sich und konzentrierte sich wieder auf ihren Teller.
Adolar fiel auf, dass der goldene Ring um Nicoles Pupille leicht pulsierte, wenn sie lachte. Es gefiel ihm. Und weil es ihm gefiel, verwirrte es ihn.
„Haben Sie Lust, nach dem Essen noch einen Blick in die Bibliothek zu werfen?“ Adolar versuchte sich selbst abzulenken.
„Sehr gern, Herr Cerný!“
Nicole Sanders stand mit offenem Mund in der Bibliothek und bekam keinen Laut heraus. Schriftrollen, Bücher und sogar einige kleine Gemälde standen hier ziemlich wahllos herum.
„Ist es so chaotisch, wie Sie es sich vorgestellt haben?“, fragte Adolar Cerný in ihren versteiften Rücken.
„Gnähmpfarghpüh-hm.“
„Häh?“ Jannik blickte in das schöne Gesicht der Deutschen und sah vor Schreck geweitete Augen.
„Das übersetze ich lieber nicht!“, erwiderte Nicole. Ihre Stimme schien noch heiserer zu sein als sonst.
„Schlimmer!“, schloss Adolar mit einem resignierenden Seufzer.
„Hat sich keiner Ihrer Vorfahren jemals die Mühe gemacht, irgendeine Art von System hier herein zu bringen?“ Nicole war völlig konsterniert.
Jannik konnte sich einen Seitenblick mit erhobener Augenbraue in Richtung seines Mentors nicht verkneifen.
„Offensichtlich nicht!“ Adolar war froh, dass die Frau mit dem Rücken zu ihm stand, sodass sie nicht sehen konnte, dass er hochrot angelaufen war.
>Wenn ich in drei Monaten ein Regal schaffe, bin ich gut!<, dachte Nicole und schob resolut die Rolleiter an eines der Regale. Dann erklomm sie die Stufen und nahm vorsichtig einen verschlissenen Band heraus.
Der Einband muss einmal senf-gelb gewesen sein mit roten Lettern. Davon war nicht viel übrig. Sachte pustete sie ein wenig Staub herunter und öffnete vorsichtig den Buchdeckel.
„Eine Erstausgabe von 1897 von Bram Stokers Dracula. Wie kann man ….“ Nicole verkniff sich die Bemerkungen, die ihr einfielen und seufzte stattdessen. Vorsichtig stellte sie das Buch an seinen Platz zurück und ließ ihren Blick über die verschiedenen Buchrücken gleiten.
„Ich weiß nicht, was noch zu retten ist und was nicht. Ich werde Umzugskartons, Luftpolsterfolie und jede Menge Seidenpapier benötigen.“ Nicole hatte eigentlich mehr zu sich selbst als zu den beiden Cernýs gesprochen.
„Das werden wir am Montag in Ostrava besorgen.“ Adolars Stimme riss sie aus ihren Gedankengängen. „Ich möchte Ihnen etwas zeigen, Frau Sanders.“
Nicole stieg die Rollleiter wieder herunter und gesellte sich neben dem Grafen und seinem Cousin. Adolar hatte vor einigen Tagen den kleinen Tisch in der Bibliothek frei geräumt und breitete jetzt ein altes Dokument darauf aus.
„Was halten Sie davon, Frau Sanders?“
>Ein Test!<, schoss es ihr durch den Kopf und sie nahm das Dokument in Augenschein.
Das Pergament war alt, aber in sehr gutem Zustand. Die Schrift war schwarz mit Gold, Rot und Grün unterlegt. Die Zeichen waren gleichmäßig und doch erkannte Nicole einige kleine Schreibfehler, die man versucht hatte zu korrigieren. „Darf ich?“ Nicole blickte Adolar kurz in die grauen Augen.
„Sicher!“
Vorsichtig nahm sie das Dokument aus seinen Händen und hielt es gegen das Licht. Es war kein Wasserzeichen zu erkennen und das Pergament fühlte sich auch sehr dick an. Sachte schnupperte sie an dem Schriftstück, konnte nichts erkennen, was auf ein neueres Datum schließen ließ.
„Das Papier ist schon mal alt und auch die Tinte sieht echt aus“, sagte sie ruhig und begann zu entziffern, was auf dem Dokument stand.
„Die meisten würden erst einmal lesen, was in dem Dokument steht, bevor sie das Papier untersuchen“, wandte Adolar ein.
Nicole bedachte Adolar mit einem Lächeln. „Ich bin nicht die meisten!“
>Ich glaube, ich habe mich verliebt!< Jannik seufzte in die Gedanken von Adolar hinein, was dieser mit einem schiefen Seitenblick zur Kenntnis nahm.
Nicole stöhnte kurz, als sie den Inhalt las und blickte Adolar mit großen Augen an. „Eine zeitgenössische Kopie der Krönungsurkunde von Vratislav dem II. von 1085! Wo haben Sie die denn her?“
Adolar lächelte. „Das ist das Original!“
Mit sehr spitzen Fingern hielt Nicole das Dokument tschechischer Geschichte von sich. „Unfassbar!“, flüsterte sie ehrfurchtsvoll. „Es ist wirklich echt!“ Sie bestaunte das Siegel Heinrich des IV., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
„Ja, ist es. Mein Urahn erkannte wohl den Wert des Dokumentes und hat es von Anfang an versiegelt und verschlossen gelagert.“
Nicole erkannte den Namen Cerný als einer der Zeugen der Krönung. Vorsichtig rollte sie das Dokument wieder zusammen und übergab es ihrem Arbeitgeber.
„Ihr Geschlecht ist wirklich alt, Herr Cerný!“
Jannik musste sich rasch umdrehen. Er konnte oder wollte nicht anders, als die Doppeldeutigkeit in dem Satz zu hören, die aber von Nicole gar nicht so gemeint war.
„Habe ich Ihren Test bestanden?“ Nicole hatte Janniks Belustigung nicht bemerkt.
Überrascht zog Adolar seine linke Augenbraue hoch, dann schmunzelte er anerkennend. „Ja, haben Sie. Sondra hat nicht übertrieben, als sie Ihre Fähigkeiten anpries!“
Nicole schlug sich die flache Hand gegen die Stirn. „Himmel! Ich wollte doch Sondra anrufen!“
Adolar zuckte zusammen. Er wusste, dass Sondra im Moment definitiv unerreichbar sein würde. Er selbst wartete auf einen Anruf von ihr, um sie aus Polen abholen zu können, sobald sie wieder auftauchen würde.
„Bitte, sag´ Nic nicht, dass ich verschwunden bin. Sie weiß nichts von Vilgard und dem allem. Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen um mich macht. Nic hat schon viel in ihrem Leben durchleben müssen. Sage ihr nichts!“
Adolar hatte, die bittende, gehetzt klingende Stimme Sondras im Ohr, als er vor ein paar Tagen mit ihr telefoniert hatte.
>Adolar, sagst du ihr, dass ihre Freundin vermisst wird?< Janniks Gedanken lösten ihn aus seiner Starre.
>Nein. Im Moment noch nicht.<
„Also, was meinen Sie? Wie lange werden Sie brauchen, um eine Übersicht zu haben?“
Nicole starrte Adolar ungläubig an. Ihr Blick sagte: >Du machst wohl Witze?<, aber ihre Zunge bemühte sich, das Ganze ein wenig höflicher auszudrücken.
„Ich werde mir erst einmal ein Programm erarbeiten, mit dem ich hier ein System reinbringe. Dann sortiere ich die Schriftstücke und Bücher nach verschiedenen Kategorien und katalogisiere sie gleichzeitig.“
„Welche Kategorien?“, wollte Jannik wissen. Nicole schien einen analytischen Verstand zu haben und das machte ihn neugierig.
„Kategorien wie: >Ist noch in Ordnung<, >muss dringend restauriert werden<, >kann vielleicht noch restauriert werden< und >unrettbar verloren<!“ Nicoles heisere Stimme unterstrich ihre trockenen Worte noch und ihre dunkelblauen Augen blickten anklagend in die von Adolar und Jannik.
>Die hat Schneid, oder?< Jannik konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen.
>Ich habe sie nicht hergeholt, damit wir nett plaudern. Wenn sie ihre Arbeit versteht, werde ich ihre Frechheiten ertragen.<
Jannik kicherte und Nicole blinzelte ihn verwundert an. „Ähm, mir ist nur etwas eingefallen. Entschuldigung.“
Warnend blickte Adolar seinen Blutsverwandten an.
„Sie sind mir übrigens noch eine Antwort schuldig, Herr Cerný.“
Überrascht wendete sich Adolar wieder Nicole zu. „Ach ja?“
„Die Frage, wie Sie das mit Pumuckel gemacht haben. Sie sagten lediglich, dass Sie mental Kontakt mit ihm aufgenommen haben. Aber wie?“
„Oh. Das!“ Adolar ging in Richtung Tür und bedeutete Jannik und Nicole, ihn zu begleiten. Mit einem letzten Seufzer blickte Nicole zu den Regalen und ging in den Hauptkorridor. „Mögen Sie noch einen Sherry oder etwas anderes zum Abend?“
„Nein danke. Ich trinke selten Alkohol und heute ist mir nicht danach. Ich habe eine Million Fragen im Kopf und werde sie nachher noch aufschreiben, damit ich Sie Ihnen nach und nach stellen kann. Aber die eine Frage hätte ich gerne noch beantwortet.“
Adolar erkannte, dass Nicole eine durchaus störrische und eigensinnige Frau war. >Oh je!<
„Höhere Tierarten wie Hunde und Katzen benutzen eine Art Bildersprache in Gedanken. Ich kann sozusagen in Piktogrammen mit Ihnen kommunizieren.“
>Sie muss mich doch für total bescheuert halten!<
„Interessant. Gibt es Unterschiede bei den einzelnen Rassen? Ich meine, ist ein Wolfshund wie Pumuckel schwieriger als ein Yorkshire?“
Verblüfft sah Adolar Nicole an. Auch Jannik war stehen geblieben und starrte sie mit offenem Mund an. >Will sie mich verarschen oder meint sie die Frage ernst?<, fragte Adolar Jannik.
>Sie meint es ernst, Addi. Sie verarscht dich nicht.<
Sanft ließ Adolar seine Gedanken in Nicoles Gedanken gleiten, wollte herausfinden, was sie dachte. Und stieß auf eine Barriere.
Verblüfft zog er sich zurück. „Es gibt Unterschiede. Pumuckel zum Beispiel stammt aus einer Ahnenreihe von Jagdhunden. Diese sind mental stark ausgeprägt. Yorkshire hingegen haben einen IQ von 30, wenn man das mit einem Menschen vergleichen würde.“
„Hhm!“, machte Nicole und ging zur Küche, um Pumuckel zu holen.
„Das war´s? Mehr wollen Sie nicht wissen oder dazu sagen?“ Adolar stand mit seinem kostbaren Dokument in den Händen am Fuß der Treppe und wirkte ein wenig hilflos.
Nicole konnte sich ein schelmisches Lächeln nicht verkneifen. „Ich sagte bereits, dass Sie nicht glauben werden, an was ich alles glaube.“
Sie pfiff leise zwischen den Zähnen und Pumuckel kam angetrabt. Kurz blickte er missbilligend – so schien es zumindest – zu den Cernýs, dann gesellte er sich dicht neben seinen Menschen.
„Gute Nacht und vielen Dank für den wundervollen Empfang, Herr Cerný.“ Ihre Augen aus Lapislazuli blickten Adolar warm an. Dann blickte sie ein wenig lockerer zu Jannik. „Gute Nacht, Herr Cerný.“
„Gute Nacht, Nicole. Und bitte nennen Sie mich Jan oder Jannik.“ Der Vampir mit dem Gesicht eines Renaissance-Engel lächelte, als Nicole bestätigend mit dem Kopf nickte.
Adolar stand noch immer am Fuß der Treppe und sah seiner neuen Angestellten auf Zeit Stirn runzelnd nach. Erst der kräftige Schlag Janniks auf seiner Schulter ließ ihn wieder in die Gegenwart zurückkehren.
„Das hast du nicht erwartet, oder Alter?“
„Nein, Jan. Kein bisschen. Und ich weiß nicht, was ich von ihr halten soll.“
Gönnerhaft nickend schmunzelte Jannik. „Gut, dass auch du noch überrascht werden kannst. Sie ist schließlich die Antwort auf deine Träume.“
Entsetzt blickte Adolar seinen Blutsverwandten an. „Nein! Ist sie nicht! Das ist nur Zufall. Und wenn es eine Verbindung zu meinen Träumen gibt, dann nur die, dass sie mir hilft das verdammte Buch zu finden!“
Schulter zuckend ging Jannik Adolar hinterher die Treppe hinauf. „Wenn du es sagst!“