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1.4 Verändertes SchlafverhaltenSchlafverhalten

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Während der PubertätPubertät ändert sich bei den Jugendlichen der Schlaf-Wach-Rhythmus ganz erheblich. Diese Veränderungen führen dazu, dass, wie gesagt, der übliche frühe Beginn der Schul- und Ausbildungszeiten oft durch Müdigkeit und Passivität geprägt ist (vgl. Scheidt et al. 2000). Der Grund dafür liegt vor allem im nächtlichen Schlafdefizit, das wiederum von einem späteren Zubettgehen als in der Kindheit herrührt. Jungen sind davon häufiger betroffen als Mädchen, außerdem nimmt es in der AdoleszenzAdoleszenz stetig zu (ebd.).

Speziell zu Beginn der PubertätPubertät, etwa im Alter von zehn bis elf Jahren und noch vor den ersten sichtbaren physischen Veränderungen (vgl. Sadeh et al. 2009), verschiebt sich das SchlafverhaltenSchlafverhalten schubartig. Zunächst geschieht dies etwa um durchschnittlich 50 Minuten Richtung Mitternacht. Dazu reduziert sich die durchschnittliche Schlafdauer um 40 Minuten, später dann um bis zu zwei Stunden (vgl. Hansen et al. 2005). Nächtliche Aufwachphasen betreffen in dieser Zeit vor allem Jungen, weniger Mädchen. Es ist anzunehmen, dass sich die pubertätsrelevanten neuronalen EntwicklungenEntwicklung in psychischer wie physischer Hinsicht früher an der Schlaforganisation als an körperlichen Veränderungen diagnostizieren lassen. Unregelmäßiges Schlafverhalten, wie z.B.

 Einschlafschwierigkeiten und langes Wachliegen,

 morgendliche Aufwachprobleme sowie

 überlanges Ausschlafen bis in den Nachmittag an Wochenenden,

ist eine erste Beobachtung, die vor allem Eltern machen und beurteilen können sollten. Dieses veränderte SchlafverhaltenSchlafverhalten ist in der Phase der PubertätPubertät jedoch kontraproduktiv: Wo wegen der großen physischen Veränderung eigentlich Erholung und Schlaf notwendig wären (vgl. Randler et al. 2009), wird nächtliches Aufbleiben als erwachsen empfunden. Neben diversen, kontrollierbaren Gründen für spätabendliches Agieren (späte Hausaufgaben und Lernphasen sowie Internetkonsum) gibt es einen rein biologischen Grund für das mangelnde Müdigkeitsgefühl.

Das HormonHormon Melatonin, auch „DunkelhormonDunkelhormon“ (vgl. 1.2.4) genannt, wird bei Lichtmangel bzw. einsetzender Dunkelheit ausgeschüttet. Es sendet das Signal zum Müdewerden an den Körper. Der Spiegel erhöht sich individuell unterschiedlich nachts bis auf das Zwei- bis Dreifache. Während der PubertätPubertät geschieht dieser Vorgang individuell deutlich verzögert (vgl. Carskadon et al. 1998), das Einsetzen von Müdigkeit erfolgt verspätet.1

Im in der Regel gegen 8 Uhr morgens beginnenden Schulunterricht wirkt nun die innere Uhr gegen das vorgegebene Programm, für die Jugendlichen ist es subjektiv beurteilt noch nachts bzw. sehr früh morgens vor dem eigentlichen Aufstehen. Vergleichbar ist der körperliche Zustand zu dieser Zeit mit dem Jetlag-GefühlGefühle eines Flugreisenden nach Asien. Mangelnde LeistungsfähigkeitLeistungsfähigkeit, lange Reaktionszeiten, Lustlosigkeit (Drake et al. 2003), Launenhaftigkeit, HyperaktivitätHyperaktivität, Nervosität, Konzentrationsmangel und gedankliche innere Emigration, passives Verhalten, kurze Einschlafphasen sind die Folge, was dann wiederum zu schlechteren schulischen Leistungen und Leistungsnachweisen führen kann (vgl. Randazzo et al. 1998; Wolfson/Carskadon 1998). Negativ beeinflusst werden durch das sich aufbauende Schlafdefizit die nachschulischen Zeiten am Nachmittag bzw. Abend. Vorbereitungen aller Art auf den kommenden Tag werden deshalb zunehmend erschwert (vgl. Mercer et al. 1998), es kommt zu einem buchstäblichen Teufelskreis mit der Tendenz einer psychisch-physischen Abwärtsspirale. Sie äußert sich in der Regel durch Mangelzeiten an Schlaf im Lauf der Woche und ausgiebigen kompensativen Schlafphasen an den Wochenenden.

Der Schlafbedarf ändert sich in der Lebensspanne deutlich, der ideale Schlafbedarf bei Pubertierenden liegt bei etwa 9,5 Stunden. Die zumeist unter der Woche nur erreichten sechs Stunden hingegen sind eindeutig zu wenig:

Abb. 9

Verschobener Biorhythmus bei TeenagernTeenager

Die Konsequenzen für die Organisation und Struktur von Schule und Unterricht liegen buchstäblich auf der Hand: Biologische EntwicklungenEntwicklung und erhöhte schulische wie gesellschaftliche Anforderungen, inklusive des sozialen peer-Drucks, bedingen sich gegenseitig sowie, möglichweise verstärkend, ungünstige Schlafgewohnheiten. Eltern, Lehrkräfte sowie Bildungsverantwortliche spielen eine ganz erhebliche Rolle bei dem nötigen Umstrukturierungsprozess, der vor allem zunächst zeitlichen Reorganisation schulischer Abläufe. Schlafbedürfnisse gilt es zu priorisieren, da sie sich positiv wie negativ auf Lernprozesse und -erfolge auswirken, so auch beim (Fremd-)Sprachenlernen. Ganz konkret benötigen TeenagerTeenager während der PubertätPubertät Hilfe bei ihrer zeitlichen Strukturierung und Priorisierung des Tagesablaufs. Genügende Pausenzeiten und leistbare Aufgaben entlasten. Letztlich können auch Ärzte pubertierenden Jugendlichen helfen, bewusst eine gesunde Einstellung zu Schlaf zu entwickeln.

Solche Konsequenzen umfassen die Ganztagsschule (vgl. Hansen et al. 2005) sowie einen um das Schlafverzögerungsquantum verschobenen, um ca. eine Stunde später beginnenden Unterricht (vgl. Roenneberg et al. 2004), sowie in der Folge auch später am Vormittag stattfindende Leistungstests. Bis hin zur methodischen Ebene wirken sich die nötigen Anpassungen aus – rezeptive, musische, körperlich langsam aktivierende Aufgaben in Gruppen mit inhaltlich noch geringem Schwierigkeitsgrad sollten vor anspruchsvollen kreativen und kognitiven Aktivitäten stattfinden.

Im häuslichen Umfeld und unter elterlichem Einfluss sind einige Voraussetzungen günstigstenfalls schlaf- und somit (sprach)lernleistungsförderlich: Ruhige, stressfreie und medienarme abendliche Atmosphäre mit routinierten Abläufen, etwas abgedunkelten Räumlichkeiten bzw. geringen Anteilen an Computerspielen, Videokonsum oder auch intensivem Lernen. Bläuliche Lichtquellen bei Smartphones, Tablets und PCs sowie NikotinNikotin, Alkohol und Koffein wirken kontraproduktiv beim Einschlafen bzw. schlafstörend.

Sogenannte Lichtduschen am Vormittag, u.a. durch das partielle Verlegen des Lernortes nach draußen, und sportliche Betätigungen am Frühabend sowie leichtes Abendessen hingegen beeinflussen das SchlafverhaltenSchlafverhalten positiv. Ein kurzer Nachmittagsschlaf (maximal 30 Minuten) und möglichst äquivalentes Schlafverhalten am Wochenende, natürlich mit den altersgemäßen Ausnahmen, sind gleichermaßen positiv zu bewerten.

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