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2.1.1 Eltern und Erziehungsberechtigte

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Noch in der Kindheit die absoluten Orientierungsfixpunkte, ab Beginn der PubertätPubertät scheinbar und zunehmend „entthront“ – so ändert sich, zugespitzt ausgedrückt, die Rolle der Eltern und Erziehungsberechtigten. Während der ersten Lebensjahre standen die Eltern uneingeschränkt im Mittelpunkt, im Kindergartenalter sowie in der Grundschule nahmen der Einfluss und die Vorbildwirkung der Erzieherinnen und Lehrkräfte deutlich zu, ohne die Leitposition zu stark zu beeinflussen. Am Ende richten Kinder ihre AufmerksamkeitAufmerksamkeit auf Gleichaltrige und ihre eigene Stellung innerhalb dieser Gruppe. Die Eltern werden bewusst zu Gunsten des Einflusses der AltersgenossenAltersgenossen in den Hintergrund geschoben.

Als Vorbilder in Bezug auf kommunikative Mittel, wie Wortwahl, Register, Stil etc., werden Eltern ebenfalls durch peers ersetzt, die diese Rolle übernehmen. Paradox, aber zutreffend: Pubertierende Jugendliche erwarten nicht, dass Eltern sich nun auf das Sprachniveau der gleichaltrigen Freunde begeben, dies wird in der Regel eher als peinlich empfunden (vgl. 2.2.2).

Als Kommunikationspartner sind Eltern dennoch weiter wichtig, nur die Inhalte der Gespräche ändern sich. Auf Ablehnung stoßen – eine Parallele zur mangelnden jugendlichen Akzeptanz von unterrichtlichem Befehlston – eindringliche Bitten, Aufforderungen, verbale Einbahnstraßen ohne partnerschaftliche Replikmöglichkeit. Dies erkennen Eltern nicht immer und fühlen sich persönlich in der ehemals so engen Beziehung herabgesetzt. Dies und die Enttäuschung, dass die gewohnte familiäre Idylle mit den klaren Hierarchien sich nun ändert, führt schnell zu Auseinandersetzungen, die ausufern können: Streitigkeiten, verbale Provokationen, Grenzüberschreitungen, letztlich Wut und Tränen bei allen Beteiligten, das ist ein Teufelskreis hauptsächlich von Fehlkommunikation, den es zu unterbrechen gilt.

Die eigene Einstellung, die verantwortliche Haltung den Kindern gegenüber und das eigene, auch verbale Verhalten neu zu überprüfen, fällt verständlicherweise schwer. Dabei geraten Eltern häufig in typische kommunikative Verhaltensmuster, die diesen Prozess zusätzlich belasten:

1 Überstarke Bindung wirkt kontraproduktiv. Die scheinbare Ablösung der eigenen Kinder durch übertriebene, sich mit den Problemen der Kinder identifizierende „Wir“-Formulierungen zu kompensieren und sich damit auf die gleiche Stufe zu begeben, verunsichert die Jugendlichen. Starke Kontrolle und Einschränkungen der Unabhängigkeitsbestrebungen sind ebenfalls ungünstig, um Kommunikation und Kontakt aufrechtzuerhalten.

2 Elterliche unterschwellige Projektionen eigener Wünsche sind schwer zu entdecken. Jugendliche jedoch spüren sie schnell, denn unter dem Deckmäntelchen von liberalem Loslassen wird übergroßes Interesse durch ständiges Nachfragen und unterschwellige Botschaften transportiert. Schuld und schlechtes Gewissen sind das Resultat, deren ursächliche EntwicklungEntwicklung Jugendliche zurückverfolgen können. Eine unbeschwerte Kommunikation mit den Eltern ist dann kaum möglich.

3 Überfordernd wirken letztlich Desinteresse, Gleichgültigkeit und zu früh und zu viel übertragene Selbstständigkeit. Der gesuchte Rat als willkommener partnerschaftlicher Kommunikationsanlass entfällt hierbei.

Patentrezepte für eine gelungene Kommunikation zwischen Eltern und pubertierenden Jugendlichen gibt es nicht. Wesentliche Aspekte gelungener Ansätze sind jedoch partnerschaftlich ausgerichtete Gespräche, inhaltlich relevante Diskussionen auf Augenhöhe ohne „Verlierer“, sichere, souveräne Gelassenheit und Aushalten von Provokationen, permanentes, verlässliches und nachhaltiges Ernstnehmen der Anliegen der großen Kinder sowie elterliches Bewusstsein des Dilemmas der Jugendlichen zwischen Kontaktwunsch und Abgrenzung.

Sprachen lernen in der Pubertät

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