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1.2.1 Pruning – gezielte Optimierung

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Schon bald nach der Geburt ist die Höchstzahl der Nervenzellen im Gehirn erreicht (ca. 60 Milliarden). Es fehlen nun noch größtenteils die verbindenden Synapsen. Die Zahl der in den ersten Lebensjahren entstehenden Synapsen erreicht mehrere Billionen und bildet mit den Zellen ein dichtes Netzwerk (vgl. Böttger 2016: 63). Es repräsentiert anatomisch die ungeheure Lernfähigkeit dieser frühen Altersspanne, die die Aufnahme von unzähligen Eindrücken und Impulsen ermöglicht. Dies geht zu Lasten von Konzentrationsfähigkeit und präziser Handlungseffizienz, die erst mit der EntwicklungEntwicklung in der PubertätPubertät erreicht werden können. Im Alter von etwa zehn Jahren wird die steile Synapsenentwicklung eingebremst. Die Atrophie ungenutzter ZellverbindungenZellverbindungen, die gegenüber der bisherigen Entwicklung nicht auffallend war und jetzt ein Gleichgewicht erreicht hat, nimmt schlagartig zu: Die Dysbalance kehrt sich um, die Entwicklung schaltet nun von Quantität auf Qualität und zwar nutzungsabhängig.

Use it or lose it heißt das neue Prinzip der HirnentwicklungHirnentwicklung, also Benützen oder Verlieren von neuronalen Verbindungen – Letzteres wird auch Pruning (engl., von Zurückschneiden, Stutzen) genannt. 30000 Nervenverbindungen werden pro Sekunde während der PubertätPubertät rückgebaut, umgerechnet also über 2,5 Milliarden täglich.

Dies geht einher mit einer Zunahme des Zellkörpervolumens. Bis zum Ende der AdoleszenzAdoleszenz sind es 50 Prozent aller seit Erreichen des Maximums bestehenden Synapsen. Das bedeutet einen massiven Substanzverlust (vgl. Abb. 4), jedoch zu Gunsten qualitativer Verbindungen, die nutzungsabhängig bestehen bleiben.

Wenngleich die Synapsendichte im Frontalhirn, dem Entscheidungszentrum hinter der Stirn (vgl. 1.2.2), nach der PubertätPubertät abgenommen hat, ist das Volumen des Gehirngewebes jedoch gleich geblieben (Blakemore 2006: 163).

Abb. 4

Volumenänderung im Gehirn

Der Optimierungsprozess war lange unbekannt, wurde noch länger unterschätzt und sogenannte „pubertäre“, nicht immer rational erklärbare Verhaltensweisen Jugendlicher wurden ihm zugeordnet. Jedoch handelt es sich dabei um eine Erhöhung der Hirnleistungsfähigkeit durch die Entfernung überflüssiger und energieverbrauchender Leitungsmuster (vgl. Abb. 5). Parallel verstärken sich die synaptischen Verbindungen, über die häufig und intensiv elektrische Impulse übertragen werden.

Abb. 5

Synaptische Verbindungen vom 10. Lebensjahr (links) bis zum Ende der PubertätPubertät (rechts)

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