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Morgenlicht

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7:25 - Früh aufgestanden. Eine unwillkürliche körperliche Funktion drängt nach Vollzug. Die Prostata wünscht einen guten Morgen und erinnert un sanft ans Alter. Die Organe beginnen ein Eigenleben jenseits der bisher geltenden Konventionen. Ein Alarmsignal der Blase, die sich anfühlt, als würde sie sofort platzen, wenn sie nicht augenblicklich entleert wird.

7:27 - Im Bad eingetroffen.

7:32 - Ein Rinnsal minimalster Flüssigkeit quält sich in die Schüssel. Wozu der ganze Aufwand mit dem Dringlichkeitsappell? Beim anschließenden Händewaschen das morgendliche Reinigungsritual gleich mit erledigt. Nicht ein Bewohner des gemeinsamen, ehelichen Haushaltes ist zu sehen, zu hören, zu spüren. Ehe ich mich versehe, ist die Körperreinigung auch schon beendet. Reduziert auf seine ursprünglichen Funktionen (reduced to the max): Hände waschen, Gesicht nur mit Wasser, Zahnpflege intensiv! Ich reinige die Zähne nur morgens. Hat mir mal ein Zahnarzt gesagt. Das reicht. Die Karies bildenden Substanzen beginnen erst nach 24 Stunden ihre Arbeit. Man propagiere das häufige Putzen nur, damit sich die Gesellschaft wenigstens einmal am Tag die Zähne putzt.

7:45 - Da ich schon auf bin, beschließe ich, es auch zu bleiben. Ich gehe in die Küche und bereite den Tisch für alle. Kaffee und Ei nur für mich, damit die anderen Familienmitglieder, Frau und Sohn, später alles frisch genießen können. Dann: Musik - Respighi - und ein Entschluss: Heute keine drei Dinge gleichzeitig, sondern nur zwei: Musik und Essen (ohne Zeitung)...

Und es ist wunderbar: Alte Tänze und Arien für Laute und "La Colomba", die Taube.

Der Blick aus dem Fenster: Graues Ambiente für einen frisch heraufziehenden Tag. Eine leichte Traurigkeit versüßt die Situation des Alleinseins in der Küche. Nur ich und der beginnende Morgen ...

8:00 ... und so sitze ich da, mit mir und der Welt zufrieden, den Geschmack des gestern gemachten Gelees verfolgend, eine Tasse Cappuccino in der Hand, ein Lächeln auf den Lippen - als Bogey, der siebzehn Jahre alte Sohn, in der Tür erscheint. Den Schlaf noch in den Augen, nimmt er die Situation wahr, umarmt mich kurz, geht zum Herd, schiebt das noch warme Wasser vom Eierkochen auf die entsprechende Platte, dreht sich um und sagt im Hinausgehen: "Wie schön, morgens in die Küche zu kommen und da sitzt jemand, trinkt Kaffee, hört Musik und lächelt." Noch völlig verschlafen zieht er, ebenfalls lächelnd, seines Weges ins frei gewordene Bad.

8:15 - Der Deckel vom Eierkochtopf beginnt, leise zu rumpeln und in ein Summen überzugehen, das langsam die Musik übertönt. Ein anderes Leben beginnt sich mit dem eigenen zu entfalten, zu mischen, eine neue Situation erschaffend, einen neuen Augenblick generierend, neue Möglichkeiten eröffnend.

8:20 - Wie schön, denke ich, du brauchst nur zu sein ... und der Augenblick teilt sich dir mit und entfaltet Wirkung ... Ein Lächeln pflanzt sich fort, ohne Worte.

Ein Gefühl von Dankbarkeit durchzieht meinen Körper, meine Seele, meinen Geist ... Wie schön, hier und in dieser Situation einfach nur zu sein.

Osterhasen küsst man nicht

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