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Ostersonntag

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Fühle mich irgendwie schlaff im Körper. Könnte die ganze Zeit im Bett liegen, lesen und dösen. Warum tue ich es nicht? Ich habe so etwas in mir, das sagt, das geht nicht, das ist Abschlaffen, ein „sich gehen lassen“. Das tut man nicht, ruft mein verstorbener Vater aus der Vergangenheit. Das ist Passivität. Der Müdigkeit nachzugeben ist der erst Schritt auf dem Weg ins Grab. Stillstand ist das Gegenteil von Bewegung - ist Tod.

Tja, was soll ich mit solchen Gedanken anfangen? Was ist mit Lesen? Bewegung ist Leben. Geistige Bewegung also auch, he, he. Ein Lob auf die Selbstüberzeugung. Ich gehe also wieder ins Bett, greife an meine Seite und hole mir das Buch von Lion Feuchtwanger - Jean Jaques Rousseau. Die letzten Monate des Freiheitsdenkers, in Intrigen verstrickt und von Habgier, Kleingeistigkeit, Egozentrik und Dummheiten des Plebs bedrängt. Wie das Dumpfe das Helle immer wieder zu Fall bringt. Und immer wieder die immensen Verstrickungen von jedem mit allem, so dass am Schluss keine Eindeutigkeiten zugewiesen werden können.

Die französische Revolution. Der Pöbel gewinnt langsam die Oberhand und überlässt seine Handlungen den über Jahrhunderten aufgespeicherten Emotionen von Unterdrückung und Ungerechtig-keit. Selbst jene, die an den tragenden Geist des Ganzen dachten und mitgewirkt hatten an der Entstehung der Idee von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, wurden Opfer ihrer eigenen Ideale. Die Schafe fressen ihre Schäfer und glotzen danach blöd in den sonnigen Himmel... “War was? Ist was?“

Wenn die Gleichheit dahingehend interpretiert wird, dass bitte schön alle so einfältig, gewaltsam, nichts habend oder was auch immer sein sollen und jedwede Individualität verräterisch ist, wo soll dann die Freiheit herkommen? Kann es Freiheit in Verbindung mit dieser Art von Gleichheit überhaupt geben?

Nun ja, was ist geblieben von der großen Idee der menschlichen Freiheit? Schauen wir uns nur um in der Welt. Wer hat die Macht, wer regiert wen? Wer besitzt was? Und wer schaut immer noch mit blinden Augen zu und macht sein Kreuz auf dem demokratischen Zettel bei dem, der am lautesten bellt und die buntesten Versprechungen macht?

Und wenn der Wind sich dreht und Gewalt und Verleumdung gesellschaftliche Akzeptanz erhalten, wie wird es dann hier in unserer demokratischen Freiheit aussehen? Wird sie edel ihr Haupt erheben und allen Anfeindungen trotzen? Also, ich sehe da schwarz.

Apropos Schwarzsehen. Heute Morgen, bei den ersten Zeilen im Buch, brauchte ich eine Weile, um klar sehen zu können. Nicht nur die Freiheit, auch das Augenlicht kann man verlieren. Was will mir die Natur damit sagen? Ist es an der Zeit, die Schärfe in der Wahrnehmung zu verlieren? Einen Blick für das Ganze zu entwickeln, der nicht mehr so sehr vom scharf wahrgenommenen Detail geprägt ist, sondern von den Schatten des Zusammenhalts?

Langsam senkt sich das Buch auf meine Brust und ich falle durch ein beruhigendes Dösen in einen wohltuenden Stillstand der Gedanken. Nicht mehr nur den Nagel fixieren, sondern auch das Mauerwerk im Blick haben!

Schau an, rauscht es noch kurz vorm Einschlafen durch meinen Kopf, im Stillstand kann auch Bewegung sein.

Osterhasen küsst man nicht

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