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Kapitel 1

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Vor dem alten Weingut, einer gemütlichen, kleinen Ferienpension weitab vom Dorf, mitten in den mit Reben und Obstbäumen bewachsenen Hügeln, hielt ein Taxi. Der Fahrer stieg aus, ging um den Wagen, öffnete die hintere Tür und half einem alten, vornehm gekleideten Herrn beim Aussteigen.

„Geh'n se mal ruhig ins Haus, ich bring Ihnen das Gepäck rein.“

Während der alte Herr, sich auf seinen Stock stützend, über den Hof auf das Wohnhaus zuging, öffnete sich dort die Tür, und eine junge, dralle Frau kam heraus. Maria Bichler lief dem neuen Gast entgegen.

„Hallo Herr Martens, ist das schön, Sie wiederzusehen, und diesmal zu einer für Sie so ungewohnten Jahreszeit. Wir waren alle hier vielleicht erstaunt, als wir Ihren Brief erhielten, in dem Sie Ihre heutige Ankunft mitteilten.“

Mit ehrlich empfundener Freude legte sie ihre Arme um seine Schultern und küsste ihn auf beide Wangen. Freundlich lächelnd begrüßte auch er die junge Frau:

„Danke Maria, es tut gut, so lieb begrüßt zu werden. Wenigstens eine Frau, die sich freut, wenn sie mich sieht.“

„Aber Herr Martens, das stimmt doch nicht, SIE mögen doch alle. Wenn Mutter Sie gleich sieht, wird sie sich auch sehr freuen, und wenn Oma noch lebte, wäre es bei der genau so. Ich bin doch schon die dritte Generation der Frauen vom Weingut Birkköpfel, die in Sie verliebt waren und sind“, sagte sie lachend, während sie ihn in den Arm nahm und ins Haus geleitete.

Der Taxifahrer folgte ihnen und stellte die Koffer in der Diele ab. Martens bezahlte ihn und gab ein großzügiges Trinkgeld.

„Danke Herr Martens, spendabel wie immer.“

„Schon gut Herr Scheurer, Sie sind ja auch erstklassig wie immer gefahren. Grüßen Sie mir ihre Familie recht herzlich.“

Während Maria den Gast zu seinem Zimmer geleitete, ging Scheurer hinaus. Auf dem Weg zu seinem Fahrzeug traf er Alfons Bichler, Marias Mann, der aus den Weinbergen kam, wo er einige Rebstöcke, die sich gelöst hatten, wieder an die dafür vorgesehenen Drahtgeflechte gebunden hatte. Sie begrüßten sich und beredeten die letzten Dorfneuigkeiten. Dann sagte Scheurer:

„Du Alfons, wie lange kommt der alte Martens eigentlich schon zu Euch? Ich fahre ihn bald zwanzig Jahre, und vorher ließ er sich von meinem Vater fahren. Immer den gleichen Weg. Vom Bahnhof zum Blumenladen, dann mit einem riesigen Blumenstrauß auf den Friedhof. Wo er das Grab seiner Frau besucht und dann hier hinauf zu Eurem Haus. Ein bis zwei Wochen später kommt dann sein Anruf, und wir machen die gleiche Tour rückwärts.“

Alfons Bichler überlegte, und nach einiger Zeit sagte er:„ Er kam zu uns in dem Jahr, als er seine Frau hier kennenlernte, und das war lange, bevor ich auf die Welt kam. Ich glaube, ganz genau weiß das nur meine Mutter, die ja immer seine Vertraute war. Aber er kam all die Jahre immer im Juli, wenn unsere Herzkirschen geerntet werden; nur heuer kommt er zum ersten Mal im Winter.“

Herzkirschen

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