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Оглавление[62][63]3 Grundbegriffe der Kommunikationswissenschaft
Auch die Kommunikationswissenschaft kommt ohne eigenes Begriffsinventar nicht aus. Zwar sind viele ihrer Begriffe der Alltagssprache entnommen oder umgekehrt aus dem Fach in die Alltagssprache eingeflossen. Gleichwohl bedient sich die Disziplin oftmals einer Fachsprache, die für Fachfremde mitunter nicht gleich verständlich ist. Dies gilt übrigens auch für die Begrifflichkeit zahlreicher Berufe. Welcher Durchschnittsbürger weiß schon, was im grafischen Gewerbe mit »Hurenkind« gemeint ist, was in der Medizin »intubieren« heißt, was im Tunnelbau der »Kalottenvortrieb« ist oder in der Luftfahrt »abschmieren« bedeutet?
Fachbegriffe stellen folglich nichts anderes als Verallgemeinerungen konkreter Phänomene dar. Ihre Funktion besteht darin, v. a. komplexe Sachverhalte nach Möglichkeit vereinfacht – jedoch möglichst nicht verkürzt – zu beschreiben. Daher zeichnet sich die Fach- oder Wissenschaftssprache durch genau definierte Begriffe oder, wo kompakte Definitionen nicht möglich sind, zumindest durch konkrete Begriffsbeschreibungen aus. Es liegt auch im Wesen der Wissenschaft, dass ständig neue Fachbegriffe »generiert«, d. h. aus neuen Erkenntnissen hergeleitet, entwickelt und gebildet werden. Dabei kommt es oftmals zu Fremdwortbildungen und zu Übernahmen aus dem Englischen bzw. Amerikanischen, »zumal ein großer Teil der kommunikationswissenschaftlichen Fachliteratur aus diesem Sprachraum stammt und die internationale Wissenschaftskommunikation (Kongresse und Fachzeitschriften) zur Verbreitung dieser Fachsprache erheblich beigetragen hat« (Bentele/Beck 1994, S. 16). Auch ist nicht zu übersehen, dass die Kommunikationswissenschaft Begriffe aus anderen Fächern, v. a. aus sozialwissenschaftlichen Disziplinen wie der Soziologie, der Psychologie, der Politikwissenschaft, der (Sozio-)Linguistik oder den Wirtschaftswissenschaften und der Informatik entlehnt bzw. übernimmt.
Es ist nicht möglich, nachfolgend alle Fachbegriffe der Kommunikationswissenschaft detailliert aufzuführen und inhaltlich zu klären (schließlich soll hier kein Fachwörterbuch der Kommunikationswissenschaft geschrieben werden). Vielmehr seien einige zentrale Begriffe herausgehoben, deren Kenntnis für das Verständnis des Fachgegenstandes wichtig sind, zumal schon die Fachbezeichnung »Kommunikationswissenschaft« nicht selten zu Missverständnissen führen kann. Als derart zentrale Begriffe erweisen sich die Termini Kommunikation, Publizistik, (klassische) Massenkommunikation sowie computervermittelte Kommunikation. Dem interdisziplinären Charakter des Faches folgend werden dabei neben kommunikationswissenschaftlichen Aspekten auch soziologische, psychologische sowie teils auch (sozio-)linguistische Aspekte angesprochen. Zahlreiche andere Fachbegriffe erfahren ihre Klärung jeweils innerhalb der einzelnen Abschnitte.
[64]3.1 Kommunikation
Kommunikation ist ein sowohl fach- wie auch alltagssprachlich verwendeter Begriff mit zahlreichen Bedeutungsgehalten. Bezogen auf soziale, also gesellschaftliche Kommunikation ist er im deutschen Sprachraum über den Begriff Massenkommunikation »bekannt, ja modisch geworden« (Merten 1977, S. 141). Massenkommunikation wiederum ist die in den 1960er-Jahren aus dem Amerikanischen übernommene Bezeichnung für mass communication. Zweifellos erfuhr der in jüngerer Zeit inflationär verwendete Begriff Kommunikation seine inhaltliche Prägung durch die Kommunikationswissenschaft. Für die deutschsprachige Kommunikationswissenschaft ist von der Übernahme der beiden aus dem Amerikanischen stammenden Begriffe der Impuls ausgegangen, sich neben medienvermittelter Kommunikation auch mit dem komplexen Phänomen zwischenmenschlicher Kommunikation zu befassen.
3.1.1 Unterscheidung von Kommunikation
In einer bereits 1977 durchgeführten Analyse von 160 Begriffsbestimmungen über Kommunikation nahm der Münsteraner Kommunikationswissenschaftler Klaus Merten eine hierarchische Unterscheidung von Kommunikation vor. Dabei differenzierte er zwischen subanimalischer, animalischer, Human- und Massenkommunikation (Merten 1977, S. 94ff):
• Mit subanimalischer Kommunikation ist die Kommunikation zwischen Organismen gemeint. Dabei geht es um technische oder naturwissenschaftliche Erscheinungen von Kommunikation wie etwa die reziproke Einwirkung zweier magnetischer Substanzen aufeinander oder die Entstehung einer Verbindung aus zwei Molekülen.
• Animalische Kommunikation meint Kommunikation zwischen Lebewesen, sei es zwischen Tieren oder zwischen Menschen und Tieren.
• Mit der Bezeichnung Humankommunikation ist ausschließlich Kommunikation unter Menschen angesprochen. Ihr besonderes Kennzeichen ist die Verfügbarkeit eines sprachlichen Kanals über und neben anderen – nonverbalen – Kommunikationskanälen.
• Massenkommunikation ist Merten zufolge eine besondere Form der Humankommunikation, deren Kennzeichen u. a. darin besteht, dass sie auf technische Medien angewiesen (also indirekt) ist, in aller Regel einseitig abläuft und sich an die Öffentlichkeit richtet.
Zu ergänzen ist diese Systematisierung um die
• Computervermittelte Kommunikation: Dabei handelt es sich um einen aus der Multimedia-Kommunikation hergeleiteten Begriff. Gemeint sind neue Kommunikationsformen, die durch das Verschmelzen von Telekommunikation, Computerisierung und herkömmlichen elektronischen Massenmedien möglich geworden sind. Die (teilöffentliche) Kommunikation in und mittels sozialer Netzwerke wie Facebook oder auch Twitter sind Beispiele dafür.
Summa summarum kann man der hier dargestellten Differenzierung zufolge also zwischen Kommunikation im weiteren sowie im engeren Sinne unterscheiden. Kommunikation im weiteren Sinne meint alle Prozesse der Informationsübertragung und bezieht technische, biologische, psychische, physische und soziale Informationsvermittlungssysteme ein. Unter Kommunikation im engeren Sinn versteht man einen Vorgang der Verständigung und der Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen (vgl. Maletzke 1963, S. 18). Kommunikation zwischen Menschen schließlich stellt – soziologisch [65]betrachtet – eine Form sozialen Handelns dar, das mit subjektivem Sinn verbunden sowie auf das Denken, Fühlen und Handeln anderer Menschen bezogen ist (Weber 1980).
3.1.2 Kommunikation und Interaktion
Der Gedanke, wonach soziales Handeln »mit subjektivem Sinn verbunden« sowie »auf das Handeln anderer Menschen bezogen und daran in seinem Ablauf orientiert ist«, geht auf den Soziologen Max Weber zurück (Weber 1980, S. 1). Wenn zwei oder mehr Personen sich »in ihrem gegenseitigen Verhalten aneinander orientieren und sich auch gegenseitig wahrnehmen können« (Jäckel 1995, S. 463), wird dies als Interaktion bezeichnet (ebd.). Interaktion ist also gekennzeichnet durch »Prozesse der Wechselbeziehung bzw. Wechselwirkung« (Burkart 1998, S. 30). Demgemäß soll in Anlehnung an Roland Burkart unter sozialer Interaktion ein wechselseitiges Geschehen zwischen zwei oder mehr Personen verstanden werden, »welches mit einer Kontaktaufnahme beginnt und zu (Re-)Aktionen der im Kontakt stehenden Lebewesen führt« (Burkart 1998, S. 30). Kommunikation kann somit als eine »spezifische Form der sozialen Interaktion« verstanden werden (Graumann 1972, S. 1110; vgl. auch Burkart 1998, S. 30; Kunczik/Zipfel 2005, S. 26–30), zumal zwischenmenschliche Kommunikation sich in aller Regel auch durch Wechselseitigkeit auszeichnet.
Die Begriffe Kommunikation und Interaktion werden gelegentlich auch synonym verwendet. Dies ist nicht uneingeschränkt zulässig, sondern bedarf einer Differenzierung: Zweifellos stehen die Begriffe Kommunikation und Interaktion zueinander in Beziehung. Mit Kommunikation ist von der Wortbedeutung her jedoch eher Verständigung und sind damit in erster Linie inhaltliche Bedeutungsprozesse gemeint (vgl. Maletzke 1998, S. 43). Interaktion hingegen meint den Charakter und Handlungsablauf sozialer Beziehungen (Jäckel 1995, S. 463; vgl. Graumann 1972, S. 1110ff). Wenn Interaktion folglich als Synonym für soziales Handeln steht, kann Kommunikation als Interaktion vermittels Zeichen und Symbolen bezeichnet werden.
Versucht man folglich, eine Definition für zwischenmenschliche Kommunikation von Angesicht zu Angesicht zu finden, die sowohl den formalen Charakter sozialer Beziehungen als auch das Merkmal der Verständigung in sich vereinigt, so kann man Kommunikation einfach definieren als »verbales und/oder nonverbales Miteinander-in-Beziehung-Treten von Menschen zum Austausch von Informationen« (Pürer 1998, S. 18; Hervorhebung i. Orig.).
3.1.3 Merkmale von Kommunikation
In dem hier verstandenen Sinne besteht Kommunikation in einer vereinfachten Vorstellung aus mindestens vier Elementen, nämlich: einem Sender (Kommunikator), einem Kommunikationsinhalt (Aussage, Mitteilung, Botschaft), einem Kanal, über den der Inhalt vermittelt wird (Medium) sowie einem Empfänger (Rezipient). Der Kommunikationsvorgang läuft – vereinfacht dargestellt – so ab, dass der Sender eine Information verschlüsselt (encodiert), sprachlich an den Kommunikationspartner übermittelt und der Empfänger die übermittelte Botschaft erfasst und entschlüsselt (decodiert). Dieser Vorgang bzw. Prozess ist in mehreren Kommunikationsmodellen dargestellt (vgl. z. B. McQuail/Windahl 1994; siehe auch Bentele/Beck 1994, S. 21–25; Kunczik/Zipfel 2005, S. 41–47; Stöber 2008, S. 16–27). Beim Gespräch zwischen zwei oder auch mehr Personen läuft dieser Prozess in aller Regel wechselseitig, also im ständigen Tausch der Rollen von Kommunikator und Rezipient ab.
Wechselseitigkeit (Reziprozität) ist in aller Regel also eines der Merkmale von interpersonaler bzw. Face-to-face-Kommunikation (vgl. Merten 1977, S. 75). »Der Status der beiden Kommunikationspartner [66]und/oder die soziale Strukturierung der Kommunikationssituation« können jedoch zu einem »kommunikativen Gefälle« zwischen Sender und Empfänger führen, sodass der Kommunikationsprozess bzw. sein dialogischer Charakter nicht zwingend symmetrisch strukturiert sein muss (vgl. Kübler 1994, S. 38).
In seiner Analyse von Kommunikationsbegriffen hat Merten neben der Reziprozität weitere Merkmale von (Face-to-face-)Kommunikation ausfindig gemacht. Es sind dies die Merkmale Intentionalität, Anwesenheit, Sprachlichkeit, Wirkung und Reflexivität (Merten 1997; siehe dazu etwa auch Rau 2013, S. 30ff):
• Mit dem Charakteristikum Intentionalität ist die Absichtshaftigkeit des Senders und Zielgerichtetheit der Botschaft an den Empfänger gemeint. Intentionalität kann auch gegeben sein, wenn der angestrebte Empfänger möglicherweise nicht reagiert (vgl. Merten 1977, S. 77f) oder etwas anderes versteht als der Sender.
• Das Merkmal Anwesenheit bezeichnet die gegenseitige Wahrnehmbarkeit der Kommunikationspartner in der direkten Interaktion. Diese gegenseitige Wahrnehmbarkeit ist nicht nur im persönlichen Gespräch zwischen zwei Personen gegeben, sondern z. B. auch beim Telefonieren (vgl. Merten 1977, S. 79ff). In dieser – technisch vermittelten – Form der Kommunikation nehmen die beiden Gesprächspartner einander wegen der eingeschränkten Zahl der benutzten Kommunikationskanäle allerdings anders wahr als in der Face-to-face-Kommunikation.
• Obwohl wir in vielfältiger Weise auch nonverbal kommunizieren, ist Sprachlichkeit ein sehr wesentliches Merkmal von Kommunikation (vgl. Merten 1977, S. 82). Sprache ist das leistungsfähigste Kommunikationsinstrument und spielt für die Verständigung zwischen zwei oder mehreren Kommunikationspartnern eine eminent wichtige Rolle.
• Unter Wirkung sind sämtliche Verhaltensweisen und Erlebnisprozesse zu verstehen, die beim Kommunizieren ablaufen bzw. erfahrbar und beobachtbar sind (vgl. Merten 1977, S. 84ff).
• In der Reflexivität, also in der Rückbezüglichkeit, sieht Merten das wichtigste Merkmal von Kommunikation. Reflexivität bezieht sich auf die beiden Kommunikationspartner, und so ist mit Reflexivität die Reflexion von Prozessen in der Kommunikation auf sich selbst gemeint. Merten unterscheidet zwischen Reflexivität in der Zeitdimension, in der Sachdimension sowie in der Sozialdimension (Merten 1977, S. 86–88 sowie S. 161f; vgl. auch Schmidt/Zurstiege 2007, S. 34–36; Stöber 2008, S. 31f). Dabei bedeutet Reflexivität in ihrer zeitlichen Dimension die Rückwirkung der Folgen von Kommunikation auf den Kommunikationsprozess selbst. Reflexivität in der sachlichen Dimension meint, »dass Kommunikation jeweils mit dem Kanal bzw. Code operieren kann, der dem sachlichen Anliegen am angemessensten ist. Kommunikation rekurriert mithin auf kulturelle und bewusstseinsmäßige Vorleistungen, kann adäquat Informationen auswählen, aufeinander beziehen, vorantreiben, Traditionen bilden und an Sinnstrukturen anknüpfen. Reflexivität in der sozialen Dimension bedeutet, dass Kommunikation Individuen [für vielleicht auch nur ganz kurze Zeit – Ergänzung H. P.] verbindet, Sozialität stiftet, kognitive Leistungen wie Wahrnehmen, Erwarten und Handeln verlangt bzw. erzeugt und damit letztlich menschliche Identität konstituiert« (Kübler 1994, S. 18). Gemeint ist, dass Kommunikation zeitlich, sachlich und sozial immer an bereits Vorhandenes »andockt«. So manifestiert sich z. B. in der Frage eines Ortsunkundigen nach einer Straße oder Gasse (zeitliches und sachliches »Andocken«) bei einem – vermeintlich – Ortskundigen ein Mindestmaß an Vertrauen (soziales »Andocken« i. S. »der kann mir vielleicht helfen«).
Kommunikation ist durch ein Mindestmaß an Verständigung, an Gemeinsamkeiten der Gedanken oder Absichten zwischen Sender und Empfänger gekennzeichnet. Sie dient der Verständigung, dem Austausch und der Teilhabe an dem, worüber gesprochen wird. Verständigung liegt dann vor, [67]»wenn der Rezipient eine ihm mitgeteilte Aussage so versteht, wie sie vom Kommunikator gemeint ist« (Burkart 1998, S. 75). Dazu bedarf es eines gemeinsamen, übereinstimmenden Zeichenvorrates. Über einen in hohem Maße übereinstimmenden Zeichenvorrat verfügen Kommunikationspartner, die nicht nur die gleiche Sprache sprechen, sondern auch ähnliche oder gleiche Interessen haben sowie ähnliche oder gleiche Erfahrungen, Anschauungen und Werthaltungen (vgl. Merten 1977, S. 47–49). Innere Monologe, Denkprozesse, Selbstgespräche – also das, was wir intrapersonale Kommunikation nennen – kann nicht als Kommunikation im bisher dargelegten Sinn bezeichnet werden. Das Denken ist, wie Plato sagt, das »Selbstgespräch der Seele« und damit zweifellos eine Art kommunikativer Vorgang, aber eben ein intrapersonaler im Gegensatz zur interpersonalen Kommunikation (vgl. Schreiber 1990, S. 249).
3.1.4 Kommunikation – ein komplexer Prozess
Der uns so selbstverständlich erscheinende Vorgang von Kommunikation als Prozess ist kein Vorgang, der kausal einfach zu erfassen ist (Merten 1977, S. 53). Vielmehr stellt Kommunikation einen komplexen Sachverhalt dar, in dessen Verlauf Rücksteuerungen und Rückkopplungen sowie ein- und gegenseitige Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den Kommunizierenden eine Rolle spielen. Bei Kommunikation bzw. kommunikativem Handeln wird seitens der Kommunikationspartner Sinn konstruiert, Information generiert und ausgetauscht. Außerdem kommen auch subjektive Auswahl- bzw. Selektionsprozesse der Kommunikationspartner zum Tragen (vgl. Bentele/Beck 1994, S. 32). In der zwischenmenschlichen Kommunikation von Angesicht zu Angesicht (face to face) nehmen die Kommunizierenden abwechselnd die Rolle von Sender und Empfänger, von Kommunikator und Rezipient ein. Dies erfolgt oft »in so rascher Folge und mit Überschneidungen, dass man von einer gewissen Koinzidenz beider Rollen bei beiden Partnern ausgehen kann« (Schulz 1994, S. 147). Dabei handelt es sich weniger um eine Übertragung als vielmehr um einen Austausch von Information.
Dieser Austausch von Information bedient sich sprachlicher (verbaler) wie nichtsprachlicher (nonverbaler) Kommunikationsformen. Das Sprachliche manifestiert sich – übrigens in Spreche wie in Schreibe – im Gebrauch von Zeichen bzw. Symbolen. Bei gesprochener Sprache kommen paraverbale Merkmale wie Stimmqualität, Tonfall, Lautstärke, Stimmmelodie, Sprechpausen, dialektische Färbung u. a. m. hinzu. Bei geschriebener Sprache, z. B. im Brief oder auch bei gedruckten Medien, spielen (qualitativ-)formale Merkmale wie Schriftcharakter und Schriftbild eine Rolle. Allen diesen Merkmalen kann der Empfänger Informationen über den Sender entnehmen.
Nonverbale Kommunikation bezeichnet »Formen des menschlichen Elementarkontaktes neben und außerhalb der Sprache« (Beth/Pross 1976, S. 93). Diese nichtsprachliche Kommunikation findet ihren Ausdruck in zahlreichen – (quasi-)formalen – Manifestationen wie Mimik, Gestik, Körperhaltung, Blickkontakt, raumbezogenem Verhalten (räumliche Distanz der Kommunizierenden) etc.; sie werden vorwiegend über den optischen bzw. visuellen Kanal wahrgenommen. Nonverbale Kommunikationselemente sind aber auch in Mitteilungen zu sehen, die durch Geruch, Geschmack, Berührungen und Wärmeempfindungen vermittelt und wahrgenommen werden. Insgesamt kann man also unterscheiden zwischen sprachunabhängigen und sprachabhängigen nonverbalen Elementen (vgl. Kübler 1994, S. 24). Einen Sonderfall stellt die Sprache der (Taub-)Stummen bzw. Gehörlosen dar, die vorwiegend mit Mimik, Gestik und Gebärden operiert. Diese Sprache stellt in Form der Deutschen Gebärdensprache (DGS) übrigens ein eigenes, staatlich anerkanntes Sprachsystem dar. (In manchen Fernsehnachrichtensendungen – leider in viel zu wenigen – werden Personen eingeblendet bzw. gezeigt, die gehörlosen Zusehern das Gesprochene in die Sprache der Gehörlosen übersetzen). [68]Mit Blick auf verbale und nonverbale Kommunikation ist zu erwähnen, dass nonverbale Kommunikation durch die verbale nicht abgelöst wird. Vielmehr ergänzen sich beide Kanäle »komplementär zu einer wirksamen Struktur, die in der Bezogenheit aufeinander Leistungen ermöglicht, die keiner der Kanäle allein erbringen könnte« (Merten 1977, S. 82). Es ist jedoch unbestritten, dass jede leistungsfähige Kommunikation, die erinnerbar, multiplizierbar oder zurechenbar sein will, auf Sprache (in gesprochener oder geschriebener Form) aufbaut (vgl. ebd.). Im Unterschied zu nonverbaler Kommunikation befähigt Sprache zur Kommunikation über Personen, Dinge und Gegenstände sowie Sachverhalte »unabhängig von ihrer raum-zeitlichen Gegenwart« (Bergler/Six 1979, S. 27). Dies gilt übrigens auch für einen beträchtlichen Teil der Kommunikation von Blinden bzw. Nichtsehenden. Für sie muss geschriebene Sprache freilich in einen eigenen materiellen Code transformiert werden, dessen Dekodierung über den Tastsinn erfolgt.
3.1.5 Kommunikation – ein vermittelter Prozess
In der Kommunikationswissenschaft versteht man unter zwischenmenschlicher Kommunikation den sich der Sprachen, Zeichen und Symbole bedienenden Austausch von Bedeutungsgehalten zwischen zwei oder mehreren Personen, der auch nichtsprachliche Elemente enthält. Wenn wir uns zum Kommunizieren also z. B. der gesprochenen Sprache bedienen, so ist damit ausgesagt, dass alle menschliche Kommunikation – auch jene von Angesicht zu Angesicht – vermittelt ist. Kommunikation bedarf folglich immer einer Instanz, eines Mittels oder Mediums, mit dessen Hilfe eine Botschaft generiert bzw. artikuliert und »durch das hindurch eine Nachricht übertragen bzw. aufgenommen wird« (Graumann 1972, S. 1182). Der Begriff »Medium« steht daher »sowohl für personale (der menschlichen Person ›anhaftende‹) Vermittlungsinstanzen als auch für jene technischen Hilfsmittel zur Übertragung einer Botschaft« (Burkart 1998, S. 36), wie wir sie aus Telekommunikation (Telefon, Sprechfunk, Fax etc.), Massenkommunikation (Zeitung, Zeitschrift, Radio, Fernsehen) sowie auch aus der computervermittelten Kommunikation (E-Mail, Foren, Instant Messenger etc.) kennen.
Menschliche Kommunikation zeichnet sich also durch eine Vielfalt immaterieller wie materieller Vermittlungsformen und -möglichkeiten aus. Von Harry Pross stammt der 1972 unternommene Versuch, diese Vielfalt zu differenzieren. Er unterscheidet zwischen primären, sekundären und tertiären Medien (Pross 1972, S. 10ff):
• Primäre Medien sind demzufolge die Medien des »menschlichen Elementarkontaktes«. Dazu gehören die Sprache sowie nichtsprachliche Vermittlungsinstanzen wie Mimik, Gestik, Körperhaltung, Blickkontakt etc. Allen diesen originären Medien ist gemeinsam, dass kein Gerät zwischen den Kommunikationspartnern geschaltet ist »und die Sinne der Menschen zur Produktion, zum Transport und zum Konsum der Botschaft ausreichen« (Pross 1972, S. 145).
• Sekundäre Medien sind dann jene, die auf der Produktionsseite technische Geräte erfordern, nicht aber beim Empfänger zur Aufnahme der Mitteilung. Gemeint sind Rauchzeichen, Feuer- und Flaggensignale sowie alle jene Manifestationen menschlicher Mitteilungen, die der Schrift (z. B. öffentliche Inschriften, Brief etc.), des Drucks (Einblattdruck, Flugblatt, Flugschrift, Zeitung, Zeitschrift, Buch, Plakat) oder einer anderen Form der materiellen Speicherung und Übertragung (z. B. Kopie) bedürfen.
• Mit tertiären Medien sind alle jene Kommunikationsmittel gemeint, bei denen sowohl aufseiten des Senders (zur Produktion und Übermittlung) wie auch auf Seiten des Empfängers (zur Rezeption) ein technisches Mittel erforderlich ist. Dazu gehören der gesamte Bereich der Telekommunikation (Telefon, Telegrafie, Funkanlagen etc.) sowie v. a. die elektronischen Massenmedien wie [69]Radio, Fernsehen, Film, ebenso Videotechniken, in einem weiteren Sinn auch Computer und Datenträger unterschiedlicher Art.
• Mit Blick auf die computervermittelte Kommunikation, auf Digitalisierung und Konvergenz, ist diese Typologie dennoch zu erweitern um die quartären Medien (vgl. Burkart 2002, S. 38). Diese bedürfen auf Sender- wie Empfängerseite einer Onlineverbindung und vermögen Texte, Töne, Bilder, Grafiken etc. multimedial zu integrieren. »Neu ist außerdem, dass bei diesen Medien die bislang eher starre Rollenzuschreibung in Sender und Empfänger [wie wir sie in der klassischen Massenkommunikation kennen – Ergänzung H. P.] durch interaktive Momente eine gewisse Flexibilität erfährt« (ebd.). Vielfach kann in der computervermittelten Kommunikation (vgl. Kap. 3.3) »ein Aufweichen dieser traditionellen Sender-Empfänger-Beziehung beobachtet werden« (ebd.).
Ergänzend zu vermerken ist, dass die »jeweiligen Kommunikationsmittel […] der Mitteilung […] nicht nur dazu [verhelfen], überhaupt in Erscheinung zu treten« (ebd.). Sie bestimmen vielmehr »auch die Form, in der dies geschieht: eine Mitteilung kann gesprochen, geschrieben, gedeutet, gezeichnet (u. Ä.) werden; sie kann darüber hinaus aber auch via Druck oder Funk verbreitet werden« (ebd.; Hervorhebung i. Orig.).
Interpersonale Kommunikation von Angesicht zu Angesicht bedient sich der hier dargelegten Differenzierung zufolge primärer Medien. Ihre wichtigsten Kanäle sind verbale und nonverbale Vermittlungsformen. Kommunikation ist demnach erfolgreich, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind: Wenn die zu vermittelnden Gedanken, Absichten oder Bedeutungen – der »immaterielle Bewusstseinsgehalt« eines Kommunikators – in ein kommunizierbares verbales und/oder nonverbales Zeichensystem umgewandelt werden können; wenn sich die Codes bzw. Zeichen und Chiffren in »physikalische Signale« (optische, akustische, taktile) transformieren lassen und von den Sinnesorganen des Adressaten wahrgenommen werden; sowie wenn der Adressat die empfangenen Zeichen deuten, d. h. decodieren, dechiffrieren und durch Interpretation die vermittelten Inhalte erschließen kann (vgl. Merten 1977, S. 46).
3.1.6 Die Kommunikations-»Kanäle«
Nicht nur, aber v. a. in der zwischenmenschlichen Kommunikation kommunizieren wir über mehrere Kanäle. Gemeint sind jene Sinnesmodalitäten, mithilfe derer und über die wir unsere Kommunikationspartner wahrnehmen. Dabei kann zwischen dem auditiven, dem visuellen, dem taktilen, dem olfaktorischen, dem thermalen und dem gustatorischen Kanal unterschieden werden:
• Über den auditiven Kanal nehmen wir gesprochene Sprache bzw. Information wahr, wobei paraverbale Komponenten wie Stimmvariation, Sprechgeschwindigkeit und Sprechrhythmus sowie extralinguistische Elemente (wie Lachen, Weinen, Husten, Rülpsen, Gähnen etc.) zugleich mit wahrgenommen werden.
• Der visuelle Kanal vermittelt uns die meisten nonverbalen Informationen. Dazu gehören: Mimik (Gesichtsausdruck), Gestik, Körperhaltung, raumbezogenes Verhalten (wie interpersonale Distanz, Annäherungs- und Vermeidungstendenzen) sowie äußere Attribute (Körpergröße, Kleidung, Frisur). Eine wichtige Rolle spielt in der visuellen Kommunikation des Weiteren der Blickkontakt, wie Bergler/Six unter Bezugnahme auf Koenig festhalten: »Das Auge ›sieht‹ nicht nur, es ›schaut‹ auch ›an‹ und wird umgekehrt selbst angeschaut, es ist Sender und Empfänger zur gleichen Zeit« (Koenig 1970, S. 183). Insofern hat das Auge eine wichtige Intimfunktion für zwischenmenschliche [70]Kommunikation (vgl. Bergler/Six 1979, S. 28ff). Der visuelle Kommunikationskanal ist im Hinblick auf die Verarbeitungsgeschwindigkeit den anderen Kanälen überlegen.
• Über den taktilen Kanal nehmen wir Körperberührungen wahr. Dazu zählt etwa der Händedruck bei Begrüßungen, Verabschiedungen, Beglückwünschungen, Vertragsvereinbarungen etc. ebenso wie v. a. Körperberührungen in der Intimkommunikation (z. B. zwischen Eltern und Kind oder zwischen zwei Liebenden).
• Eng verbunden mit dem taktilen ist der thermale Kanal, über den wir, z. B. beim Händedruck bei einer Begrüßung oder beim Streicheln in der Intimkommunikation, zugleich auch die Körperwärme unseres Kommunikationspartners wahrnehmen.
• Der olfaktorische Kanal vermittelt uns Gerüche, die von Kommunikationspartnern ausgehen können und die für das Gelingen oder Misslingen von Kommunikation von Bedeutung sein können (wie etwa der angenehme oder unangenehme Duft von Parfüm, ebenso Transpirations-, Mundoder anderer Körpergeruch).
• Schließlich ist auf den gustatorischen Kanal zu verweisen, der, wie etwa beim Kuss, Geschmacksempfindungen vermittelt. Solche Geschmacksempfindungen können aber auch z. B. von einem guten Essen ausgehen, das einer Kommunikation zuträglich (oder, wenn das Gegenteil der Fall ist, abträglich) sein kann.
Die Menschen benutzen ihre Kommunikationskanäle nicht isoliert. Zwischenmenschliche Kommunikation bedient sich zumeist »gleichzeitig mehrerer dieser Kanäle« (Bentele/Beck 1994, S. 40); und »je mehr Kanäle in der Kommunikation jeweils zusammenwirken, desto höher ist der Grad der Präzision und der Reflexivität der Kommunikation« (Schreiber 1990, S. 132). Als besonderes Beispiel für Mehrkanalität nennt Erhard Schreiber den Kuss, »bei dem im […] optimalen Fall der taktile (Berührung), gustatorische (Geschmacksempfindungen), olfaktorische (Riechen von Körpergeruch), thermale (Wärmeempfindungen), optische (sektoraler Gesichtsausdruck) und der akustische (›typische‹ Kussgeräusche) Kanal beteiligt sind« (ebd.).
Für Bergler/Six (1979, S. 35) ist Kommunikation »immer die integrierte Einheit verbaler und nonverbaler Kommunikation«. In diesem Kontext verweisen sie auf unterschiedliche Vermittlungsleistungen verbaler und nonverbaler Kommunikation. So vermittelt verbale Kommunikation in erster Linie Tatsachen, Meinungen, Probleme, Sachverhalte. Sie wird nicht ausschließlich, aber primär kognitiv erfasst. Die nonverbale Kommunikation stellt oftmals erst die eigentliche emotionale Beziehung zum Angesprochenen her. Sie wird stark gefühlsbezogen wahrgenommen. Von nonverbaler Kommunikation gehen folglich wichtige Leistungen aus (Bergler/Six 1979, S. 33; vgl. auch Kunczik/Zipfel 2005, S. 37f; Schmidt/Zurstiege 2007, S. 35).
»Nonverbale Kommunikation
• reguliert unmittelbar soziale Kontakte: Weckt Sympathie (und damit erhöhte Kontaktbereitschaft) oder Antipathie [und damit Verringerung der Kontaktbereitschaft – Ergänzung H. P.];
• bereitet den Zuhörer auf kommende verbale Information vor;
• hält das Interesse des Zuhörers wach: Weckt Aufmerksamkeit und Bereitschaft zur weiteren Informationsaufnahme und Kommunikation;
• ist die glaubwürdigere Information im Falle auftretender Diskrepanzen zwischen verbaler und nonverbaler Information;
• unterstützt die verbale Kommunikation;
• ersetzt und ergänzt verbale Kommunikation« (Bergler/Six 1979, S. 33).
Zwischenmenschliche Kommunikation von Angesicht zu Angesicht bedient sich in aller Regel stets mehrerer Kommunikationskanäle. »Nicht isolierte, abstrakte Worte und Sätze werden wirksam, [71]sondern die verbalen Elemente werden immer von bestimmten Menschen, mit einem charakteristischen Äußeren, einem spezifischen Attraktivitätswert, in einer spezifischen stimmlichen Artikulation, Stimmlage, mit einer spezifischen Mimik, Gestik etc. vorgetragen. […]. Diesem nonverbalen Verhalten […] kommt im Sinne von sozialen Techniken zentrale Bedeutung für die psychologische Wirksamkeit der eigentlichen Sachinformation zu« (Bergler/Six 1979, S. 35).
Im Unterschied zu Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ist technisch vermittelte Kommunikation (Telekommunikation, Massenkommunikation, computervermittelte Kommunikation) von der Zahl der benutzten Kanäle bzw. Sinne betrachtet eingeschränkte Kommunikation. So wird beim Lesen der visuelle Kanal beansprucht; beim Radiohören der auditive; beim Fernsehen, beim Kinofilm sowie teilweise auch in der computervermittelten Kommunikation visueller und auditiver zugleich. In Telekommunikation, Massenkommunikation und computervermittelter Kommunikation gibt es aber keine Berührungen, keine Wärme- oder Geschmacksempfindungen sowie keine Gerüche. Auszunehmen sind allenfalls die Druckmedien: Sie verschaffen ihren Nutzern oftmals auch ein haptisches Erlebnis (und möglicherweise regt neben dem Inhalt auch der vertraute Geruch der Druckfarbe einer Zeitung, einer Zeitschrift oder eines Buches zum Weiterlesen an).
3.1.7 Exkurs: Man kann nicht nicht kommunizieren
Von den amerikanischen Kommunikationsforschern Paul Watzlawick, Janet Beavon und Don Jackson stammt u. a. das metakommunikative Axiom, wonach man nicht nicht kommunizieren kann. Es handelt sich dabei um einen nicht beweisbaren Grundsatz von Kommunikation. Begründet wird er von seinen Urhebern wie folgt (vgl. Watzlawick et al. 1990, S. 53ff):
Voraussetzung, um von Kommunikation sprechen zu können, sind zwei Systeme: jenes der Informationsabgabe und jenes der Informationsaufnahme. Bei der Informationsabgabe kann wieder zwischen zwei Haupttypen unterschieden werden, nämlich zwischen beabsichtigter (intentionaler) und nicht beabsichtigter (nichtintentionaler). Allein dadurch aber – und nun ist die nicht beabsichtigte Informationsabgabe angesprochen –, dass ein Mensch existiert, sich kleidet, sich im Raum oder in der Zeit bewegt etc., können von anderen Menschen Informationen über die Gestalt, das Aussehen, die Bewegungen, die Zugehörigkeit (z. B. zu einer sozialen Gruppe), den Gemütszustand etc. entnommen werden, ohne dass die Person beabsichtigt, solche Information gezielt über sich abzugeben. Dazu ein Beispiel: Ich fahre in der U-Bahn und nehme bewusst eine sitzende Person mit eingegipstem Bein wahr, die in einem Buch liest und lächelt. Das eingegipste Bein vermittelt bzw. zeigt (scheinbar) eine Verletzung an, das Lächeln (scheinbar) eine freudige Emotion.
Bentele/Beck weisen darauf hin, dass dieses Axiom eine bedeutsame Unterscheidung verwischt, »nämlich die zwischen Verhalten und Kommunikation. Tatsächlich kann jedem beobachteten Verhalten von einem wahrnehmenden Subjekt (oder einem anderen informationsaufnehmenden System) eine Bedeutung beigemessen werden, doch unterscheidet sich dieser Vorgang wesentlich von dem einer bewussten Verständigung« (Bentele/Beck 1994, S. 20; vgl. Kunczik/Zipfel 2005, S. 30; Stöber 2008, S. 22; vgl. dazu auch Rau 2013, S. 158ff, insbesondere S. 163ff). Ungeachtet dessen besteht Kommunikation »meist zugleich aus absichtlicher Mitteilung und nichtabsichtlicher Informationsabgabe: Wir teilen nicht nur eine bestimmte Aussage mit, sondern bieten durch unser Kommunikationsverhalten unserem Kommunikationspartner eine Fülle weiterer Informationen, aus denen er Schlüsse ziehen kann« (Bentele/Beck 1994, S. 20; vgl. auch Kunczik/Zipfel 2005, S. 30; Stöber 2008, S. 22f). Folgerichtig nehmen Beth/Pross (1976, S. 71ff) die Unterscheidung von intendierter (also beabsichtigter und zielgerichteter) Kommunikation und von anzeigender (oder indizierender) [72]Kommunikation vor. Gegenstand der Kommunikationswissenschaft ist »nicht das gesamte Verhalten«, sondern primär »der Mitteilungsaspekt« (Bentele/Beck 1994, S. 20).
3.1.8 Sprache und Kommunikation
In den Sozialwissenschaften besteht Einigung darüber, »als Sprache nur die Verständigung mithilfe von Symbolen zu bezeichnen« (Maletzke 1998, S. 44). Die Sprache »ist das für den Menschen allein typische und bei weitem am höchsten entwickelte Kommunikationsmittel« (Griese 1976, S. 28). Sie entsteht »durch Laute, die sich nach bestimmten Regeln zu größeren sprachlichen Einheiten zusammensetzen und so zu Trägern von Bedeutungen werden« (Döhn 1979, S. 206). Sprache »ist immer Kommunikation, aber sie ist eine Kommunikationsform unter mehreren anderen« (Maletzke 1998, S. 44). In ihrer Leistungsfähigkeit und vielseitigen Verwendbarkeit ist Sprache anderen Kommunikationsformen gegenüber weit überlegen: Der Sprache wohnt die Möglichkeit inne, mit einer endlichen Anzahl von sprachlichen Regeln und Elementen eine unendliche Anzahl von sprachlichen Äußerungen und Bedeutungen auszudrücken.
Von der Sprachwissenschaftlerin Hadumod Bußmann stammt der Versuch, Sprache nicht nur aus linguistischer Sicht, sondern als gesellschaftliches Phänomen kompakt zu beschreiben. Sie definiert Sprache als ein »auf kognitiven Prozessen basierendes, gesellschaftlich bedingtes, historischer Entwicklung unterworfenes Mittel zum Ausdruck bzw. Austausch von Gedanken, Vorstellungen, Erkenntnissen und Informationen sowie zur Fixierung von Erfahrung und Wissen« (Bußmann 1990, S. 699). Auf den »kognitiven Charakter« von Sprache (verbaler Kanal) wurde bereits hingewiesen. »Gesellschaftlich bedingt« heißt, dass Sprache in ihrer Ausprägung und Anwendung auf gesellschaftlichen Konventionen (Übereinkünften) beruht. Die im deutschen Sprachraum 1996 durchgeführte (und 2006 nochmals modifizierte) Rechtschreibreform, die de facto auf geänderten gesellschaftlichen Konventionen der Anwendung von Sprache bzw. sprachlichen Zeichen aufbaut, ist ein gutes Beispiel dafür. Im Zusammenhang damit steht der Gedanke, dass Sprache ein historischer Entwicklung unterworfenes Ausdrucksmittel darstellt. Sprache verändert sich im Laufe der Zeit, entlehnt aus anderen Sprachen Begriffe, kreiert (nicht zuletzt durch die Übernahme fachsprachlicher Begriffe in die Umgangssprache) Wortneuschöpfungen und streicht mitunter auch veraltete Ausdrucksformen aus ihrem Begriffsrepertoire.
Schrift schließlich stellt die optische Fixierung sprachlicher Laute zu einem Zeichensystem dar und gilt als eine der genialsten Erfindungen des Menschen. Sie »schuf die Möglichkeit, Kommunikationsinhalte zu speichern und in dieser Form auch persönlich Abwesenden und persönlich Unbekannten mitzuteilen« (Hunziker 1988, S. 5), und sie ermöglicht weit besser als mündliche Überlieferung die Speicherung von »Erfahrung und Wissen« und damit auch die soziokulturell so bedeutsame Fixierung von Kulturtradition. Das Grundinventar des (alphanumerischen) Zeichensystems der deutschen Sprache besteht bekanntlich aus 26 (Grund-)Buchstaben (A bis Z) und zehn Ziffern (0 bis 9).
Merten verweist im Hinblick auf das Kriterium der Reflexivität von Kommunikation auf die sachlichen, zeitlichen und sozialen Leistungen bzw. Dimensionen von Schrift. So erlaubt Schrift in der sachlichen Dimension »gegenüber mündlicher Weiter- und Wiedergabe eine immens gesteigerte Wiedergabe des Inhalts, entlastet also von subjektiver Verfälschung und konvergiert damit den Interpretationsspielraum« (Merten 1977, S. 140). In der zeitlichen Dimension »erlaubt Schrift die Akkumulation großer Erfahrungsbestände und deren Nutzbarmachung für alles zukünftige Handeln« (ebd.). In sozialer Hinsicht »erlaubt Schrift die Heranführung beliebig vieler und zueinander indifferenter Personen an die fixierbaren Selektionsleistungen, insbesondere die Bindung an die Kenntnis und die Befolgung aufgeschriebener Normen« (ebd.). Merten verweist allerdings auch darauf, [73]dass »Schrift […] nicht nur exakte Reproduktion [zulässt], sondern gerade auch wirkungssichere Fälschung« (ebd.).
Sprache dient in erster Linie der zwischenmenschlichen Verständigung. Dazu ist es erforderlich, dass von den Kommunikationspartnern die gleichen sprachlichen Zeichen benutzt und identisch interpretiert werden. In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll, 1) unter Bezugnahme auf die Semiotik auf die Dimensionen sprachlicher Zeichen zu verweisen; 2) aus psycholinguistischer Sicht kurz die Funktionen von Sprache zu erörtern; 3) den Inhalts- und Beziehungsaspekt von sprachlicher Kommunikation kurz anzusprechen sowie schließlich 4) auch noch kurz zu erörtern, worin Sprachbarrieren begründet sein können.
Die Semiotik, die Lehre von den sprachlichen Zeichen, unterscheidet die folgenden drei Dimensionen sprachlicher Zeichen (Morris 1938; Pelz 1975; Kunczik/Zipfel 2005, S. 33; Stöber 2008, S. 34; Beck 2010, S. 44): die semantische, die syntaktische und die pragmatische Dimension:
• Mit der semantischen Dimension ist die Beziehung zwischen den sprachlichen Zeichen und den Gegenständen, d. h. Personen, Sachverhalten, Dingen, Ereignissen etc. gemeint, »auf die sie verweisen, die sie ›be-zeichnen‹ sollen« (Burkart 1998, S. 76). Die Semantik als Zeichen- bzw. Wortbedeutungslehre befasst sich folglich mit der Bedeutung sprachlicher Zeichen und Zeichenfolgen (Wörter).
• Die syntaktische Dimension meint die Beziehung der Zeichen untereinander. Untersuchungsgegenstand der Syntaktik, der Lehre von den Sprachregeln, sind folglich »die grammatischen Regeln, nach denen sprachliche Zeichen miteinander verknüpft werden können« (ebd.). Sie manifestieren sich u. a. auch in den Satzkonstruktionen sowie im Satzbau.
• Die pragmatische Dimension »meint die Beziehung zwischen den Zeichen und ihren Benutzern« (ebd.). Die Pragmatik als ›Lehre von der Zeichenverwendung‹ […] fragt nach der Art und Weise des Gebrauchs sprachlicher Zeichen und Zeichenfolgen« (ebd.). Sie untersucht, was von einem Sprechenden in einer konkreten Kommunikationssituation mit sprachlichen Zeichen und Zeichenkombinationen »gemacht«, wozu sie »benützt« werden (konkrete Anwendung der Sprache durch einen Sprechenden).
Im Zusammenhang mit der pragmatischen Dimension der Sprache spielt das Lexikon des Sprachverwenders, seine Sprachkompetenz und seine Sprachperformanz eine wichtige Rolle. Mit Lexikon ist der Wortschatz einer Sprache gemeint, der sich durch neu hinzukommende Wörter, Begriffe und Wortzusammensetzungen ständig verändert. Die Unterscheidung zwischen Sprachkompetenz und Sprachperformanz geht auf Benjamin Lee Whorf zurück (Whorf 1963). Mit Sprachkompetenz ist die allgemeine Kenntnis gemeint, die ein Sprachbenutzer von einer Sprache hat. Mit Sprachperformanz bezeichnet man den tatsächlichen Gebrauch, den ein Sprachbenutzer auf Grund seiner Sprachkompetenz in einer bestimmten Sprechsituation von Sprache macht (d. h. die Fähigkeit, Sprache situationsgerecht anzuwenden). Der schweizerische Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure (1857–1913) schließlich nimmt die Unterscheidung von »langue« und »parole« vor. Langue meint Sprache als statisches System (z. B. das Deutsche, die englische Sprache, das Italienische), parole dagegen Sprechen in konkreten sprachlichen Äußerungen (vgl. Saussure 1931), also einen dynamischen Vorgang.
Von dem Psychologen Karl Bühler (1978) stammt die nachfolgende, bereits 1934 entwickelte Systematik der Sprach- bzw. Zeichenfunktionen. In Anlehnung an Plato verstand Bühler unter Sprache ein »Werkzeug« (griechisch: »organon«) des Kommunikationsprozesses. Dieses Werkzeug erfüllt für Bühler drei Funktionen, nämlich die Darstellungsfunktion, die Ausdrucksfunktion sowie die Appellfunktion (Bühler 1978, S. 28ff; vgl. auch Stöber 2008, S. 28ff):
[74]• Mit der Darstellungsfunktion ist die Möglichkeit gemeint, Dinge und Sachverhalte zu beschreiben. Sie ist objektorientiert; im Vordergrund stehen die sprachlich vermittelten Sachverhalte. Das sprachliche Zeichen ist »Symbol für Gegenstände oder Sachverhalte, für die es steht« (Graumann 1972, S. 1197).
• Die Ausdrucksfunktion verweist auf die Fähigkeit der Sprache, Gedanken und Empfindungen auszudrücken. Sprachliche Zeichen sind also »Symptom eines inneren Zustandes des Senders« (ebd.). Die Ausdrucksfunktion ist kommunikationsorientiert, sie vermittelt die emotionalen Färbungen des Sprechers.
• Die Appellfunktion meint die Möglichkeit, mittels Sprache das Verhalten des Kommunikationspartners beeinflussen zu können. Sie ist rezipientenorientiert. Das sprachliche Zeichen ist »Signal für einen Empfänger« (ebd.).
Jede dieser Funktionen kommt bei sprachlicher Kommunikation, insbesondere bei solcher von Angesicht zu Angesicht, zur Geltung. Freilich können in je unterschiedlichen Kommunikationssituationen und je nach physischer und psychischer Verfassung des jeweils Sprechenden einzelne Funktionen überwiegen bzw. etwas stärker zum Ausdruck kommen:
1) | Unter Bezugnahme auf Watzlawick sei darauf hingewiesen, dass sprachliche Kommunikation einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt aufweist. Im Inhaltsaspekt manifestiert sich das, was eine Mitteilung enthält. Im Beziehungsaspekt sollte zum Tragen kommen, wie der Sender seine Mitteilung vom Empfänger verstanden wissen will. Gemeint ist, dass der Inhaltsaspekt die ›Daten‹ vermittelt, während der Beziehungsaspekt anweist, »wie diese Daten aufzufassen sind« (Watzlawick et al. 1969, S. 55). Dabei ist das Verhältnis zwischen Inhalts- und Beziehungsaspekt derart, »dass letzterer den ersteren bestimmt« (ebd.). Der Inhalt (was) einer Mitteilung wird primär kognitiv erfasst, der Beziehungsaspekt (wie) primär eher intuitiv und emotiv. | |
2) | Was schließlich Sprachbarrieren betrifft, also Missverstehen und Nichtverstehen, so verweist Burkart (1988) in Anlehnung an Badura (1971) darauf, dass sich beides auf der Sprachebene des Gegenstandes und auf der Sprachebene der intersubjektiven Wahrnehmung der Gesprächspartner abspielen kann. Dazu im Einzelnen: | |
– | »Auf der gegenständlichen Ebene liegt ein Nichtverstehen vor, wenn Sprecher und Hörer über unterschiedliche Zeichenvorräte verfügen« (Burkart 1998, S. 84). Dies ist z. B. der Fall, wenn der Sprecher ein Fremdwort verwendet, das der Hörer nicht kennt. | |
– | »Ein Missverstehen auf der gegenständlichen Ebene von Kommunikation liegt dagegen vor, wenn beide Kommunikationspartner wohl mehr oder weniger gleiche Zeichenvorräte besitzen, […] wenn beide Kommunikationspartner aber dennoch unterschiedliche Bedeutungen mit den betreffenden Wörtern verbinden« (ebd.). Es entsteht also ein »semantisches« Problem. | |
– | »Auf der intersubjektiven Ebene von Kommunikation liegt ein Nichtverstehen dann vor, wenn sprachliche Äußerungen [eines Kommunikators vom Rezipienten – Ergänzung H. P.] gar nicht als solche erkannt werden. Die Gründe dafür liegen im Unvermögen des Empfängers, die sprachlichen Manifestationen überhaupt zu identifizieren« (Burkart 1998, S. 85). | |
– | »Ein Missverstehen auf der intersubjektiven Ebene liegt hingegen dann vor, wenn die beiden Kommunikationspartner die gesetzten Sprechakte unterschiedlich interpretieren« (ebd.). Es entsteht also ein pragmatisches Problem, es gibt »Differenzen im Bereich der pragmatischen Zeichendimension zwischen Sprecher und Zuhörer« (ebd.). |
Sprachbarrieren können aber auch gesellschaftlich bedingt sein. Johannes Weinberg (1975), Basil Bernstein (1972) sowie Horst Holzer und Karl Steinbacher (1972) verweisen in teils unterschiedlicher Art darauf, dass es schichtspezifische Unterschiede in Spracherwerb, Sprachentwicklung und Sprachgebrauch [75]gibt. Mittel- und Unterschicht gebrauchen verschiedene Varianten der gemeinsamen Einheitssprache. So verwendet die Unterschicht eine Sprache, deren Code »restringiert«, also (mehr oder weniger stark) beschränkt ist, die Mittel- und Oberschicht dagegen einen »elaborierten« (also gut entwickelten und erweiterten) Sprachcode. Die Verschiedenartigkeit der beiden Codes kann zu einer gesellschaftlichen Benachteiligung sozial schwacher bzw. niedriger Schichten führen, insbesondere im Hinblick auf den gesellschaftlichen Aufstieg und bei beruflichen Karrieren (vgl. auch Burkart 1998, S. 100–102; vgl. Stöber 2008, S. 35).
Vom Hamburger Sprachpsychologen Friedemann Schulz von Thun (1996a, 1996b) stammt ein psychologisch begründetes »Nachrichtenquadrat«, das hier im Zusammenhang mit Sprache noch erwähnt werden soll. Es ist ein »Grundmodell für eine Allgemeine Kommunikationspsychologie« (Schultz von Thun 1996b, S. 16), das u. a auch wesentlich auf Sprache basiert. Im Blickpunkt des Modells steht, »was jemand von sich gibt bzw. was beim anderen ankommt« (Schulz von Thun 1996b, S. 19; Hervorhebung i. Orig.). An einer in der persönlichen Kommunikation übermittelten Nachricht unterscheidet der Autor »vier Seiten […], die immer gleichzeitig mit im Spiele sind:
1) | der Sachinhalt, der Informationen über die mitzuteilenden Dinge und Vorgänge enthält; |
2) | die Selbstkundgabe, durch die der ›Sender‹ etwas über sich mitteilt – über seine Persönlichkeit und über seine aktuelle Befindlichkeit (sei es nun in bewusster Selbstdarstellung oder in mehr oder minder freiwilliger Selbstöffnung und Selbstpreisgabe); |
3) | der Beziehungshinweis, durch den der Sender zu erkennen gibt, wie er zum Empfänger steht, was er von ihm hält und wie er die Beziehungen zwischen sich und ihm definiert; |
4) | der Appell, also der Versuch, in bestimmter Richtung Einfluss zu nehmen, die Aufforderung, in bestimmter Weise zu denken, zu fühlen oder zu handeln« (Schulz von Thun 1996b, S. 19f; Hervorhebung i. Orig.). |
Schulz von Thun zufolge verbindet sich mit diesem Modell »die Erkenntnis, daß ein- und dieselbe Nachricht – oder sagen wir nun besser: Äußerung – viele Botschaften gleichzeitig enthält, welche sich auf die vier Seiten verteilen« (ebd.; Hervorhebung i. Orig.). Explizit ausgesprochen »ist oft nur eine Seite (häufig der Sachinhalt) […] und alle anderen Botschaften [stehen] ›zwischen den Zeilen‹, [sind] aber deswegen keinesfalls weniger bedeutungsvoll und wirksam« (Schulz von Thun 1996b, S. 20). Das Modell weist teils Gemeinsamkeiten bzw. Ähnlichkeiten mit Aspekten auf, die sich bereits in Bühlers entwickeltem Sprachmodell finden (Darstellungsfunktion, Ausdrucksfunktion, Appellfunktion; siehe auch Beck 2010, S. 45f; Rau 2013, S. 89ff).
Nach diesem kurzen Exkurs in Sprachsoziologie und Sprachpsychologie kann resümiert werden, dass Sprache nicht nur für die zwischenmenschliche Verständigung eine wichtige Rolle spielt. Sprache ist vielmehr generell von unübersehbarer soziokultureller Bedeutung (Döhn 1979, S. 207ff):
• Sprache ist ein wichtiger Informationsträger, von dem alle anderen Formen der Kommunikation abhängen.
• Individuelle wie soziale Kommunikation ist auf Sprache angewiesen, auch wenn Verständigung über andere Kommunikationskanäle erfolgt.
• Sprache spielt für die Bewusstwerdung des Individuums eine wichtige Rolle, unser Denken folgt den Regeln der Sprache.
• Die Speicherung und Weitergabe von Wissen und neuer Information ist auf Sprache angewiesen.
• Nicht zuletzt werden gesellschaftliche und kulturelle Werte durch Sprache vermittelt und tradiert.
[76]3.1.9 Arten von Kommunikation
Kommunikation kann in verschiedenen Arten vor sich gehen: direkt oder indirekt; wechselseitig oder einseitig; privat oder öffentlich sowie in Anwesenheit oder in Abwesenheit (und damit gegenseitig wahrnehmbar oder nicht wahrnehmbar).
So verläuft Kommunikation zwischen zwei Personen (Face-to-face) in aller Regel in direkter Interaktion, wechselseitig und privat, wobei eine Vielzahl von Kommunikationskanälen benutzt wird. Die Kommunikationspartner sind gleichzeitig anwesend und gegenseitig wahrnehmbar, wodurch ein hoher Grad an Reflexivität und Reaktion gegeben sowie Rückfragen möglich sind. Kommunikation zwischen zwei Personen von Angesicht zu Angesicht hat eine dyadische oder dialogische Struktur. Dagegen ist unter zeitversetzter und/oder räumlich getrennter Interaktion bereits ein besonderer Typus von persönlicher Kommunikation zu sehen, auch wenn ihre Dialogstruktur weitgehend erhalten bleibt. Dies ist z. B. bei der Telefonkommunikation, beim Chat im Internet, auch beim Brief sowie bei Kommunikation mittels SMS der Fall.
Gruppenkommunikation ist von der dyadischen, interpersonalen Kommunikation abzugrenzen. Sie zeichnet sich durch zweierlei aus. Zunächst ist ihre Kommunikationsstruktur »von der Zahl und den Rollen der einzelnen Gruppenmitglieder« bestimmt (Kübler 1994, S. 21). Und strukturell ist sie v. a. gekennzeichnet »von den Normierungen und Differenzierungen der in der Gruppe herrschenden Konventionen und Handlungsweisen« (ebd.). Zeitversetzte und/oder räumlich getrennte Kommunikation (wie Brief, Telefonkommunikation, E-Mail, SMS, Chat) schließt von der Kapazität der Kanalübertragung »alle nonverbalen Komponenten wie Mimik und Gestik, überhaupt alle visuellen Kommunikationskomponenten (derzeit noch) aus« und es fehlen »die sensorischen Eindrücke unmittelbarer Anwesenheit (die über den Geruchs-, Geschmacks- und Tastsinn wahrgenommen werden« (ebd.).
Das Telefongespräch stellt eine Form der wechselseitigen Kommunikation dar, die allerdings indirekt verläuft (sie ist technisch vermittelt) und die privaten bzw. quasi-privaten (beruflichen) Charakter hat. Von der Zahl der benutzten Kommunikationskanäle her gesehen ist Telefonkommunikation eine eingeschränkte Form der Kommunikation (sie wird nur auditiv-vokal wahrgenommen). Beim Telefonieren sind die Kommunikationspartner zwar nicht (im Sinne von Angesicht zu Angesicht) anwesend, aber über den auditiven Kanal gegenseitig wahrnehmbar. Telefonkommunikation ermöglicht direkte Rückkopplung. Ähnliches gilt für Kommunikation via CB-Funk. Bei Videotelefonie sowie beim Skypen im Internet sind Mimik und teilweise auch Gestik je nach Perspektive der Kamera in eingegrenztem Maße mitübertragbar (vgl. ebd.).
Kommunikation mittels Brief oder E-Mail sowie SMS stellt eine einseitige, indirekte und technisch vermittelte (Papier teils als Träger/Speicher der Information, der Computer als elektronischer Vermittler) Form der Kommunikation dar. Die Kommunikationspartner sind abwesend, Rückkopplungen nicht unmittelbar möglich. Im Hinblick auf die benutzten Kanäle ist briefliche und E-Mail-Kommunikation auf den visuellen Kanal begrenzt, wobei der visuelle Kanal selbst wieder einer starken Einschränkung unterliegt, zumal der Kommunikationspartner nicht wahrnehmbar ist. In modifiziertem Maße gilt eben Gesagtes auch für Internetchats und Blog-Einträge (inkl. daran anschließender Diskussionsthreads), an denen in aller Regel aber mehr als zwei Personen teilnehmen.
Ein Vortrag (oder auch eine Vorlesung oder Rede) ist direkte, einseitige, oftmals technisch vermittelte (d. h. durch ein Mikrofon zumindest verstärkte) und zumeist öffentliche Kommunikation (auch wenn er z. B. nur für eine gezielt ausgewählte, d. h. eingeschränkte Öffentlichkeit gedacht sein sollte). Die Kommunikationspartner sind anwesend und gegenseitig wahrnehmbar (der Kommunikator für die Rezipienten jedoch eher als umgekehrt). Reaktionen und Feedback sind nur in eingeschränktem Maße möglich.
[77]Massenkommunikation im herkömmlichen Sinn (Zeitung, Zeitschrift, Radio, Fernsehen) ist eine Form öffentlicher, indirekter und einseitiger Kommunikation. Sie bedient sich technischer Verbreitungsmittel und wendet sich an ein disperses (d. h. räumlich und/oder raum-zeitlich verstreutes) Publikum (Maletzke 1963), auch wenn z. B. nur bestimmte Publikumssegmente bzw. Zielgruppen angesprochen werden. Bei den Printmedien (Zeitung/Zeitschrift) sind die Kommunikatoren für die Rezipienten nicht unmittelbar wahrnehmbar (allenfalls mittelbar durch Autorenfotos); im Hörfunk sind sie dies mit ihrer Stimme, im Fernsehen mit Stimme und Bild (inkl. Mimik, Gestik und Körperhaltung). Rückkopplungen sind in aller Regel nicht möglich, Ausnahmen bilden bei den Funkmedien sog. Call-in-Sendungen bzw. Leserbriefe an und Telefonanrufe in Redaktionen. Klassische Massenkommunikation stellt Inhalte für weiterführende persönliche Kommunikation bereit, kann also in Form der Anschlusskommunikation kommunikationsstiftenden Charakter haben.
Onlinekommunikation ist technisch vermittelte, indirekte, teils einseitige (z. B. E-Mail), teils gegenseitige (z. B. Internet Relay Chat), teils private, teils (teil-)öffentliche Kommunikation (z. B. Mailing Lists, Dienstleistungen via Internet oder teil-öffentliche Kommunikation in sozialen Netzwerken). Onlinekommunikation ist überwiegend Kommunikation in Abwesenheit, die Kommunikationspartner können sich gegenseitig meist nicht wahrnehmen, allenfalls imaginieren. Rückkopplungen sind, je nach Kommunikationsangebot und -form, direkt oder nur indirekt möglich (vgl. Kap. 3.3).
Kommunikation im bisher geschilderten Sinne ist ein alle Aspekte des sozialen Lebens durchdringender, fundamentaler Prozess. Erst Kommunikation, und zwar sprachliche Kommunikation, ermöglicht das Wachstum, den Erhalt und die Übertragung von Kultur und somit die Kontinuität einer Gesellschaft, ebenso aber auch ihren Wandel. Ohne sprachliche Kommunikation ist organisiertes soziales Leben nicht möglich (vgl. Döhn 1979, S. 107f).
3.2 Massenkommunikation
Der uns so geläufige Begriff »Massenkommunikation« fand in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts Eingang in den deutschen Sprachgebrauch – zunächst fachsprachlich, dann auch umgangssprachlich. Davor (bereits ab Ende der 1920er-Jahre) und daneben bedient(e) man sich für Aussagen und Botschaften, die sich an die Öffentlichkeit richteten, des Begriffes »Publizistik«. Dabei wurde und wird unterschieden zwischen originärer und medial vermittelter Publizistik. Mit originärer Publizistik sind Formen der an eine Öffentlichkeit gerichteten, aktuellen Informationen (welcher Art auch immer) gemeint, die ohne vermittelnde technische Medien auskommen wie etwa die öffentliche Rede bei einer Wahlveranstaltung, die Predigt in der Kirche, aber auch ein Vortrag oder eine Vorlesung vor einer nur begrenzten, relativ kleinen Öffentlichkeit. Medial vermittelte Publizistik meint über technische Medien ablaufende, an eine (wie immer große oder kleine) Öffentlichkeit gerichtete Kommunikation, also Zeitungs-, Zeitschriften-, Hörfunk- oder Fernsehpublizistik. Publizistik impliziert(e) auch, dass es sich um aktuelle Botschaften handelt, mit denen man sich an die Öffentlichkeit wendet.
Die Publizistikwissenschaft verstand (und versteht) sich demzufolge auch als die wissenschaftliche Beschäftigung mit öffentlicher Kommunikation; interpersonale Kommunikation privaten oder beruflichen Charakters (Face-to-face) war und ist nicht ihr Gegenstand. Dies geht aus zwei hier beispielhaft vorgestellten Definitionsversuchen über Publizistik hervor. So verstand Walter Hagemann unter Publizistik »die öffentliche Aussage aktueller Bewusstseinsinhalte« (Hagemann 1947, S. 20 und 1966, S. 15; Pürer 1998, S. 142ff; Wiedemann 2012, S. 176ff). Henk Prakke definierte Publizistik »als die Lehre von der zwischenmenschlichen Kommunikation, besonders in ihren öffentlichen Leistungen als Informator, Kommentator und Sozius – und deren gesellschaftlicher Regelung« (Prakke 1968; [78]Pürer 1998, S. 145ff). In jüngster Zeit ist der Begriff »Publizistik« fach- wie umgangssprachlich allerdings immer seltener anzutreffen. Auch bei den universitären Institutsbezeichnungen ist der Terminus nur noch selten vorzufinden. Es verwundert dies insofern, als auch die moderne Kommunikationswissenschaft sich zwar nicht ausschließlich, aber doch weitestgehend mit Erscheinungsformen öffentlicher und teil-öffentlicher Kommunikation befasst.
Doch zurück zum Begriff »Massenkommunikation«. Es handelt sich dabei um die aus dem Amerikanischen ins Deutsche übernommene Bezeichnung von mass communication. Allgemein betrachtet meint man damit in einem sehr weiten Sinne politische, ökonomische, soziale und kulturelle Prozesse, die durch das Vorhandensein von klassischen Massenmedien wie Zeitung, Zeitschrift, Hörfunk und Fernsehen ausgelöst werden und die sich in den Massenmedien selbst widerspiegeln. In einem engeren Sinne versteht man unter klassischer Massenkommunikation von professionellen Medienkommunikatoren (also von Journalisten, Moderatoren, Kommentatoren, Entertainern etc.) öffentlich, indirekt, über technische Medien (Presse, Radio, Fernsehen) und weitestgehend einseitig an eine Vielzahl von Menschen gerichtete Aussagen (informierender, bildender, überredender, werbender oder unterhaltender Natur), die von ihren Empfängern entschlüsselt sowie mit Sinn verbunden und mit Bedeutung versehen werden (Maletzke 1963).
Auf zahlreiche Formen computervermittelter, internetbasierter Massenkommunikation trifft diese Beschreibung von Massenkommunikation im klassischen und engeren Sinn nicht bzw. nicht mehr uneingeschränkt zu. Im Onlinejournalismus z. B. ermöglichen interaktive Anwendungen spontane (öffentliche) Rückkoppelungen der Rezipienten an den Kommunikator. So kann, um ein Beispiel zu nennen, etwa der Nutzer (User) einer Onlinezeitung via Kommentarfunktion unmittelbar an den Kommunikator zurückschreiben, womit das Merkmal der Einseitigkeit des (Massen-)Kommunikationsprozesses durchbrochen ist. Sind Nutzerkommentare z. B. im Rahmen von ›Live Reportings‹ auch Gegenstand des Artikels, verändern bzw. ergänzen sie sogar dessen Inhalt zumeist ohne einer redaltionellen Kontrolle zu unterliegen (wie z. B. Leserbriefe; vgl. Singer et al. 2011; Kümpel et al. 2013). Unter dem Schlagwort ›partizipativer Journalismus‹ widmet sich mittlerweile ein ganzes Forschungsfeld der Beschreibung von Mitwirkungsmöglichkeiten des Publikums an der Nachrichtenproduktion (vgl. z. B. Domingo et al. 2008; Bruns 2009). Andere Kommunikations- oder Medienanwendungen im Internet ermöglichen es dem User, sich an Chats oder Forendiskussionen zu beteiligen, selbst Blogs zu führen oder über Tweets ›eigene‹ Kurznachrichten zu verbreiten. Überhaupt kann jeder Internetnutzer, entsprechende Anwender-Kenntnisse vorausgesetzt, grundsätzlich seinen eigenen Onlineauftritt bewerkstelligen und somit selbst zum Sender werden. Über diese interaktiven Möglichkeiten und andere Formen, Merkmale und Grenzen der elektronisch vermittelten Kommunikation gibt Kapitel 3.3 Auskunft.
3.2.1 Schrift – Druck – Funk
Was wir heute so selbstverständlich als Massenkommunikation bezeichnen, ist – technisch gesehen – über Jahrtausende schrittweise zunächst über die (Laut-)Schrift, dann über den Buchdruck sowie schließlich über die elektrischen und später elektronischen Medien entstanden (vgl. Hunziker 1988).
• So ist »die erste grundlegende medientechnische Errungenschaft in der Gesellschaftsentwicklung« in der »Herausbildung der Laut-Schrift als Fort- und Weiterentwicklung der Sprache« zu sehen. Die Laut-Schrift »schuf die Möglichkeit, Kommunikationsinhalte zu speichern und in dieser Form auch persönlich Abwesenden und persönlich Unbekannten mitzuteilen« (Hunziker 1988, S. 5). Für die Entstehung von Hochkulturen mit städtischen Lebensformen und ausdifferenzierten [79]Funktionsbereichen in Politik, Verwaltung, Produktion und Handel war Schriftlichkeit eine ganz wesentliche Voraussetzung.
• Die Erfindung des Buchdrucks in der Mitte des 15. Jahrhunderts veränderte die Qualität schriftlicher Information »insofern, als damit schriftlich fixierte Kommunikationsinhalte massenhaft hergestellt und verbreitet werden konnten« (ebd.). Die geistigen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Folgen dieser technischen Errungenschaft waren gewaltig, kamen zunächst aber jener eher kleinen Elite in der Bevölkerung zugute, die des Lesens (und Schreibens) kundig war. Schätzungen zufolge sollen dies um 1500 rund ein Prozent (in Städten fünf Prozent) der Bevölkerung gewesen sein (Schade 2010, S. 94 mit Bezugnahme auf Schwittala 1999, S. 27). Von Massenmedien und der Ansprache eines Massenpublikums kann erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gesprochen werden, als Trivialromane in massenhaften Auflagen hergestellt wurden und sich auch die Massenpresse (Zeitungen mit hohen Auflagen) entfaltete.
• Die sich im 20. Jahrhundert ausbreitenden elektrischen bzw. elektronischen Medien, im Wesentlichen also Radio und Fernsehen (aber auch Film/Kino), erleichterten »den Prozess der Massenkommunikation insofern, als sie für den Empfang der Mitteilungen zwar ein technisches Gerät, dafür aber keine über das alltägliche Kommunikationsverhalten hinausgehenden Fähigkeiten voraussetzen« (Hunziker 1988, S. 6). Das Radio erlebte bald nach der Einführung öffentlicher Hörfunksendungen (ab Anfang der 1920er-Jahre) v. a. in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts massenhafte Verbreitung – aus Propagandagründen hatte das nationalsozialistische Regime daran besonderes Interesse und ließ preiswerte, für jedermann erschwingliche Empfangsgeräte produzieren. Das Fernsehen trat seinen Siegeszug ab Ende der 1950er- bzw. Anfang der 1960er-Jahre an, nachdem im deutschen Sprachraum bereits in den 1950er-Jahren regelmäßige TV-Programme ausgestrahlt wurden.
• Es folgten elektronische Speichermedien (Audio, Video, CDs, DVDs), das digitale Fernsehen und Versuche mit digitalem Radio, bis schließlich gegen Ende der 1990er-Jahre die computervermittelte (Online-)Kommunikation sowie Multimedia neben die klassischen Funkmedien trat und sich seither ungewöhnlich rapide ausbreitet. Die Teilnahme an computervermittelter Kommunikation, in ihren Anfängen mit relativ konstenintensiver Ausstattung verbunden, setzt freilich die Fähigkeit voraus, diese Technik zu bedienen – das also, was man »computer literacy« nennt. Der ARD/ZDF-Onlinestudie von 2012 zufolge sind mittlerweile 53,4 Mio. (oder 76 Prozent) der Deutschen online (van Eimeren/Frees 2012).
3.2.2 »Massen«-Kommunikation
Was den Begriff Massenkommunikation selbst betrifft, so ist für den europäischen, bzw. für den deutschen Sprachraum v. a. im Hinblick auf den Wortbestandteil »Masse« ein klärender Hinweis erforderlich. Keinesfalls soll der Terminus »Masse« massenpsychologische (Le Bon 1895 bzw. 1950) oder kulturpessimistische Assoziationen (Ortega y Gasset 1930 bzw. 1973) wecken. Weder sind mit »Masse« etwa niedere soziale Schichten, Personen oder Personengruppen gemeint, die sich im kulturpessimistischen Sinne durch Degenerierung und Persönlichkeitsverarmung auszeichnen; noch solche, denen aus einer psychologischen Sicht heraus pauschal und kumulativ bestimmte negative, psychopathische Verhaltensweisen zugewiesen werden würden. Im Wortbestandteil »Masse« ist also kein negativ wertgeladener Terminus zu sehen. Vielmehr ist gemeint, dass sich in der Massenkommunikation die über die Medien vermittelten Aussagen an eine Vielzahl von Menschen richten, die man angemessener als Publikum bezeichnet (vgl. Burkart 1998, S. 166).
[80]Diese Vielzahl von Menschen, das Publikum, stellt sich dem Kommunikator in der Massenkommunikation freilich als unüberschaubar, heterogen und anonym dar, so Burkart in Anlehnung an Wright 1963:
• »›unüberschaubar‹, weil sie zahlenmäßig einen solchen Umfang aufweisen, dass es dem Kommunikator unmöglich ist, direkt (von Angesicht zu Angesicht) mit ihnen zu interagieren;
• ›heterogen‹, weil diese Menschen eine Vielzahl sozialer Positionen bekleiden;
• und schließlich anonym, weil das einzelne Mitglied der jeweiligen Rezipientenschaft eines Massenmediums dem Kommunikator unbekannt ist« (vgl. Burkart 1998, S. 165).
Gerhard Maletzke hat für die Rezipienten der Massenkommunikation folgerichtig den Begriff »disperses Publikum« geprägt (Maletzke 1963, S. 28f). Er versteht darunter einzelne Individuen, aber auch kleine Gruppen von Menschen, deren verbindendes Charakteristikum (nur) darin besteht, dass sie sich an verschiedenen Orten und ggf. zu unterschiedlichen Zeiten einem gemeinsamen Gegenstand zuwenden – nämlich den Aussagen der Massenmedien. Im Unterschied dazu ist das Präsenzpublikum zu sehen, das 1) räumlich versammelt ist, 2) dessen Interessen in aller Regel identisch, 3) dessen Sinne und Erwartungen weitgehend gleichgerichtet sind und 4) das sich unter identischen technisch und räumlich situativen Bedingungen (z. B. abgedunkelter Raum in Kino und Theater) z. B. bei einer öffentlichen Veranstaltung (z. B. Rede, Vortrag), in der Kirche (Predigt), im Kino (Film), im Theater (Schauspiel) oder bei einem Konzert (Musik) einem gemeinsam geteilten Gegenstand zuwendet. In gewisser Weise gilt dies seit einigen Jahren auch für das sog. ›Public Viewing‹ an öffentlich zugänglichen Plätzen oder Räumen, wo große Ereignisse von allgemeinem Interesse (wie Fußball-Weltmeisterschaften, Olympische Spiele etc.) auf Großbildschirmen gezeigt werden.
3.2.3 Massen-»Kommunikation«
Der Wortbestandteil »Kommunikation« bedarf im Kontext von klassischer Massenkommunikation ebenfalls einer Erläuterung. Er suggeriert nämlich die Vorstellung, der Empfänger massenmedial verbreiteter Inhalte könne mit dem Produzenten der Aussage »kommunizieren«. Dies ist aber nicht – oder doch nur in äußerst eingeschränktem Maße – möglich. Massenkommunikation ist nicht an eine Person gerichtet, sondern je nach Medium und Zielgruppe des Mediums 1) entweder an einen breiten Querschnitt der Bevölkerung wie etwa überregional oder regional/lokal verbreitete Tagesund Wochenzeitungen, Publikumszeitschriften sowie die meisten Programme öffentlich-rechtlicher oder privater Hörfunk- und Fernsehveranstalter; oder 2) nur an einen speziellen Teil der Bevölkerung (wie Fachzeitschriften, Verbandszeitschriften, Special-Interest-Zeitschriften sowie spezielle Zielgruppensendungen in Hörfunk und Fernsehen). Massenkommunikation richtet sich also an eine mehr oder weniger große Öffentlichkeit und ist damit grundsätzlich immer auch öffentlich.
Darüber hinaus hat man es in der klassischen Massenkommunikation »in aller Regel mit einer Polarisierung der kommunikativen Rollen zu tun. Es fehlt [weitestgehend – Ergänzung H. P.] der – für die zwischenmenschliche Kommunikation so typische – Rollentausch zwischen den Kommunikationspartnern« (Burkart 1998, S. 167). Klassische Massenkommunikation schließt die Möglichkeit einer Rückkopplung (Feedback) zwar nicht grundsätzlich aus: Solche Rückkopplungen erfolgen in aller Regel über Telefonanrufe, Leserbriefe, E-Mails an Redaktionen von Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen. Rückmeldungen eines Rezipienten der Massenkommunikation sind zumeist aber weniger unmittelbar, und »sie wirken sich auf das Kommunikationsverhalten [wenn überhaupt – Ergänzung H. P.] erst mit Verzögerung aus« (Schulz 1994, S. 147). Dies gilt im Großen und Ganzen auch für Live- oder Call-in-Sendungen in Hörfunk und Fernsehen. Da findet [81]zwar punktuell interindividuelle Kommunikation zwischen einem medialen Akteur (Journalist oder Moderator bzw. Präsentator einer Radio- oder Fernsehsendung) und einem Mitglied des dispersen Publikums vor einer mehr oder weniger großen Öffentlichkeit statt. Dennoch tauschen bei einem solchen Feedback die beteiligten Partner (Medien-)Kommunikator und (Medien-)Rezipient nicht grundsätzlich ihre Rollen. Wohl kann der Rezipient mit dem Kommunikator kommunizieren, »er besitzt jedoch nicht die Rollenmacht des professionellen Kommunikators! So kann er (der Rezipient) z. B. auf den strukturellen Ablauf einer Sendung (infolge eines vorgegebenen Programmrahmens) keinen Einfluss nehmen« (Burkart 1998, S. 164). Auch der Produktionsprozess von Zeitungen und Zeitschriften wird durch Leserbriefe oder E-Mails nicht tangiert. Rückkopplungen von Lesern, Hörern oder Zusehern verharren eben meist auf einem Niveau, welches spätestens dann seine Grenzen erfährt, »wenn die Struktur des Mediums berührt wird« (ebd.). Wechselseitigkeit und Rollentausch, wie sie in der Face-to-face-Kommunikation zwischen den Kommunikationspartnern hauptsächlich vorliegen, stellen in massenkommunikativen Prozessen eher die Ausnahme dar.
Klassische Massenkommunikation ist daher in erster Linie Übertragung, nur ganz selten Austausch von Mitteilungen; der Kommunikationsprozess ist weitestgehend einseitig und damit asymmetrisch. Ausnahmen sind allenfalls dann gegeben, wenn Beiträge, die z. B. auf Onlineauftritten von Zeitungen durch User oft angeklickt (und damit meist auch gelesen) werden, auch in Printmedien abgedruckt werden. Doch selbst in solchen Fällen reagiert das klassische Medium Tageszeitung produktionsbedingt mit Verzögerung. Dies gilt auch für Radio- und TV-Sendungen mit Einbindung der Nutzer.
3.2.4 Sender und Empfänger in der Massenkommunikation
Für klassische Erscheinungen der Massenkommunikation ist ferner kennzeichnend, »dass sich die an einem solchen Kommunikationsvorgang beteiligten Kollektive hinsichtlich Zusammensetzung, innerem Aufbau und Tätigkeitsweise wesentlich voneinander unterscheiden« (Hunziker 1988, S. 6).
So sind die in der Massenkommunikation tätigen Kommunikatoren (Sender) zumeist in komplex aufgebauten Organisationen tätig, die die Produktion von Massenkommunikationsinhalten bewerkstelligen. Die Kommunikatoren (z. B. Journalisten) sind Personen, »die arbeitsteilig sowie unter Einsatz vielfältiger technischer Hilfsmittel und fachlicher Kompetenzen routinemäßig Kommunikationsinhalte hervorbringen« (ebd.). Massenkommunikation bedient sich aufseiten der Sender einer hoch entwickelten Technologie, um in Printmedien wie auch in Funkmedien sowohl die Produktion als auch die Verbreitung der Inhalte zu ermöglichen.
Das Publikum, die Rezipienten der klassischen Massenkommunikation »weisen demgegenüber einen […] niedrigen Organisationsgrad auf. Als Mitglieder eines Publikums sind sie zwar gemeinsam der Massenkommunikation ausgesetzt; die Rezeption besorgt aber typischerweise doch jeder für sich, ohne dabei auf breiter Basis mit den Mitrezipienten in Kontakt zu treten« (ebd.). Solche Kontakte finden jedoch oft beim ›Public Viewing‹ statt, das eine modifizierte Form der Rezeption massenmedial verbreiteter Inhalte durch Präsenzpublika ist.
Verständlicherweise resultiert aus dieser Asymmetrie im Organisationsgrad und in der Sachkompetenz ein Machtgefälle zwischen Sendern und Empfängern, zumal die Sender den Kommunikationsprozess aktiv gestalten und die Empfänger mehr oder weniger passiv darauf reagieren (wiewohl Mediennutzung durch die Leser, Hörer und Zuseher sehr wohl als ein aktiver Vorgang zu bezeichnen ist). »Dieses Machtgefälle findet seinen Ausdruck darin, dass der Prozess der Massenkommunikation praktisch einseitig verläuft und dass ein Rollentausch zwischen Kommunikatoren und Rezipienten auch bei vorhandenen übertragungstechnischen Möglichkeiten (Zweiwegekommunikation) kaum zu verwirklichen ist. Typisch für [klassische – Ergänzung H. P.] Massenkommunikation ist [82]außerdem, dass die Kommunikationspartner sich [in aller Regel – Ergänzung H. P.] nicht persönlich kennen« (Hunziker 1988, S. 7; Hervorhebung i. Orig.).
Massenkommunikation ist ferner eine Form der indirekten Kommunikation. Dies resultiert nicht nur aus der Tatsache, dass Massenkommunikation auf technische Medien als Ver- und Übermittlungsinstanzen angewiesen ist. Hinzu kommt nämlich, dass zwischen Kommunikator und Rezipient eine räumliche Distanz (wie z. B. bei Livesendungen in Hörfunk und Fernsehen) sowie eine raumzeitliche Trennung (wie etwa beim Lesen einer Zeitung oder einer aufgezeichneten Fernsehsendung) besteht. Auch von einer Interaktion der Kommunikationspartner kann in der klassischen Massenkommunikation nicht die Rede sein. Sie erscheint allenfalls gegeben, wenn Leser einer gedruckten Zeitung via Telefonanruf oder E-Mail spontan auf einen Beitrag reagieren und ein unmittelbares Feedback vom Verfasser des Zeitungsbeitrages erhalten. Im Kontext von Massenkommunikation kann man noch den Aspekt parasozialer Interaktion ansprechen, wenn etwa ein TV-Zuschauer einen Moderator, Präsentator oder Kommentator einer Sendung auf Grund langjähriger Mediennutzung gut zu kennen meint und dieser ihm vertraut vorkommt (vgl. Merten 1977, S. 145).
Von den im deutschen Sprachraum vorhandenen Definitionen über Massenkommunikation ist jene von Gerhard Maletzke am weitesten verbreitet und – trotz mancher Kritik (z. B. Bergler/Six 1979; Faulstich 1991; Wagner 1998) – auch allgemein anerkannt. Er bezeichnet Massenkommunikation als »jene Form der Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich, durch technische Verbreitungsmittel indirekt und einseitig an ein disperses Publikum vermittelt werden« (Maletzke 1963, S. 32; Pürer 1998, S. 149ff). Trotz der Einseitigkeit des Prozessverlaufes sieht Maletzke Massenkommunikation jedoch nicht als ausschließlich lineare Form der Kommunikation vom Kommunikator zum Rezipienten. Vielmehr macht sich der Rezipient auch ein Bild vom Kommunikator und es reagieren viele Rezipienten spontan, indem sie versuchen, »die Einseitigkeit der Massenkommunikation durch Antworten, Anfragen, Beschwerden, Vorschläge etc. zu überwinden« (Maletzke 1963, S. 41). So betrachtet ist Massenkommunikation ein rückgekoppelter Prozess.
Zusammenfassend kann man auf folgende Merkmale verweisen, die für traditionelle Massenkommunikation kennzeichnend sind:
• Massenkommunikation ist öffentlich. Im Unterschied zur privaten, zwischenmenschlichen Kommunikation ist der Kreis der Adressaten weder eine begrenzte noch eine bestimmte Anzahl von Personen. Jeder kann sich im Prinzip den Aussagen der Massenmedien zuwenden. Es besteht ein räumlicher, zeitlicher oder raum-zeitlicher Abstand zwischen den Kommunikationsteilnehmern.
• Massenkommunikation läuft einseitig ab, weil der Fluss der Information – von den bereits erwähnten Ausnahmen abgesehen – weitestgehend nur in eine Richtung erfolgt. Der Adressat bleibt in aller Regel Empfänger, es findet de facto kein Rollenwechsel zwischen Aussagendem und Aufnehmendem statt, wie dies etwa in der zwischenmenschlichen Kommunikation von Angesicht zu Angesicht der Fall ist. Gleichwohl ist Massenkommunikation ein rückgekoppelter Prozess.
• Massenkommunikation bedient sich immer technischer Medien, ist also stets vermittelt und übermittelt. Sender und Empfänger sind räumlich, zeitlich oder raum-zeitlich voneinander getrennt; damit ist klassische Massenkommunikation auch indirekt. Als klassische Medien fungieren nach wie vor Zeitung, Zeitschrift, Flugblatt, Plakat, Buch; Hörfunk und Fernsehen; Film sowie Schallplatte, Audiokassette, Videokassette, CD, DVD u. a. m.
• In der Massenkommunikation werden als Aussagen bzw. Botschaften unzählig große Mengen von Mitteilungen informierender, kommentierender und unterhaltender Natur vermittelt. Diese Botschaften werden dem Publikum in äußerst vielfältigen formalen, dem jeweiligen Medium angepassten Präsentationsformen an- und dargeboten.
• Die Adressaten der Massenkommunikation stellen ein disperses Publikum dar, d. h. eine vielschichtig inhomogene Vielzahl von Menschen, die in aller Regel untereinander keine engeren zwischenmenschlichen [83]Beziehungen unterhalten, unstrukturiert und unorganisiert sind und sich auch nicht kennen – es sei denn, die Zuwendung zu den Medieninhalten erfolgt z. B. gemeinsam im Familienverband, im Verwandten-, Freundes- oder Bekanntenkreis.
3.2.5 Interpersonale Kommunikation und Massenkommunikation
Interpersonale Kommunikation und Massenkommunikation sind »historisch und aktuell miteinander verknüpft. Historisch gesehen kann Massenkommunikation als ein relativ junges Phänomen begriffen werden, das sich entwickelt hat, um bestimmte räumliche, zeitliche oder soziale Grenzen interpersonaler Kommunikation zu erweitern« (Bentele/Beck 1994, S. 34). Oftmals sind über die Massenmedien vermittelte Botschaften auch Gegenstand zwischenmenschlicher Kommunikation. Sie können also kommunikationsstiftenden Charakter für interpersonale Kommunikation haben. Allerdings ist in einer Zeit der zunehmenden Ausdifferenzierung des Medienwesens mit immer mehr Angeboten eine Tendenz zur Individualisierung der Mediennutzung verbunden. Daher wird es für den Einzelnen schwieriger, sich in persönlichen Gesprächen über genutzte Medieninhalte auszutauschen. Dies gilt v. a. für das Fernsehen, dessen Angebotsvielfalt an Programmen individualisierte TVNutzung ebenso begünstigt wie der Umstand, dass es in zahlreichen Haushalten Zweit- und Dritt-TV-Empfangsgeräte gibt. Auch das Internet mit seiner ungeheuren Angebotsfülle verstärkt den Trend zu individualisierter Bildschirmnutzung.
Zwischen interpersonaler Kommunikation und Massenkommunikation gibt es folglich manche Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Zunächst zu den Gemeinsamkeiten:
• Die wohl wichtigste Gemeinsamkeit liegt laut Bentele/Beck (1994) in der Intention, etwas mitzuteilen. Dazu bedarf es, wie bereits erwähnt, eines gemeinsamen Zeichenvorrates.
• Ohne interpersonale Kommunikation ist Massenkommunikation undenkbar, zumal die Produktion journalistischer Aussagen »der Kooperation und Kommunikation von Personen [bedarf], die daran arbeitsteilig zusammenwirken« (Bentele/Beck 1994, S. 34).
• Beide Kommunikationsarten sind, wie Bergler/Six schreiben, mit bestimmten Reaktionen aufseiten des Rezipienten verbunden und setzen für ihre Wirkung bestimmte Prozesse voraus (vgl. Bergler/Six 1979, S. 37): So wird die mitgeteilte Information vom Rezipienten selektiv wahrgenommen (attention). Sie muss von diesem decodiert und interpretiert werden (comprehension). Der Rezipient muss sich zu dieser Information ins Verhältnis setzen und ihr eine bestimmte Bedeutung beimessen (identification, yielding). Er muss die Information speichern oder erinnern (retention), sie annehmen oder ablehnen (acceptance), was eine Bestätigung oder Änderung seiner Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen (mit-)auslösen kann (disposition, action). Alle diese Punkte gelten für interpersonale wie Massenkommunikation gleichermaßen.
Neben diesen Gemeinsamkeiten ist im Folgenden nun auf Unterschiede zwischen interpersonaler Kommunikation und Massenkommunikation zu verweisen (vgl. Bentele/Beck 1994, S. 34):
• Interpersonale Kommunikation ist ein bi-direktionaler und reflexiver Prozess (Merten 1977); »Massenkommunikation hingegen verläuft überwiegend uni-direktional von einem Sender zu vielen Empfängern« (Bentele/Beck 1994, S. 34).
• Auch wenn es Rückkopplungen durch die Rezipienten in der klassischen Massenkommunikation gibt, bleibt die »institutionalisierte Grenze zwischen professionellen Journalisten und ›aktiven Rezipienten‹ […] bestehen. Es ist deshalb sinnvoll, im Bereich der (klassischen) Massenkommunikation weiter von Kommunikator und Rezipient zu sprechen« (Bentele/Beck 1994, S. 35).
[84]• Ein weiterer bedeutender Unterschied zwischen Massenkommunikation und interpersonaler Kommunikation besteht darin, dass Letztere »oftmals auf dauerhaften Sozialbeziehungen [basiert]« (ebd.).
• Schließlich ist – noch einmal – darauf hinzuweisen, dass in der traditionellen Massenkommunikation die Produktion der Aussagen in komplex organisierten formalen Organisationen erfolgt und auch erst eine hoch entwickelte Technologie sowohl die Produktion als auch die Verbreitung der Inhalte ermöglicht (Silbermann 1982, S. 25).
Übrigens verbinden sich beide Kommunikationsmodi durch computervermittelte (Online-)Kommunikation inzwischen auf interessante Weise: Ein Phänomen, das zunehmend (wenn auch bislang nur langsam) Verbreitung findet, ist das synchrone Verfolgen von und Partizipieren an Social Media Aktivitäten z. B. zu einer TV-Sendung. Bei speziell dafür entwickelten Formaten werden die Zuschauer zum Mitspielen oder Mitraten explizit aufgefordert. Die Live-Kommentierung auf sozialen Netzwerken kann außerdem Aufschluss darüber geben, wie anderen Rezipienten die entsprechende Sendung gefällt. Dies geschieht häufig mittels eines zweiten mobilen Geräts wie eines Tablet PCs oder eines Smartphones (daher auch der dafür geläufige Begriff ›Second Screen‹) (vgl. van Eimeren/Frees 2012, S. 371).
3.2.6 Zur Terminologie in der Massenkommunikation
Es ist wiederholt versucht worden, Kommunikation und Massenkommunikation modellhaft darzustellen (vgl. z. B. Kunczik 1984; Bentele/Beck 1994; McQuail/Windahl 1993; Pürer 1998, Kap. 4; Rau 2013, S. 74–88). Die Mehrzahl dieser Modelle zeichnet sich durch die Verwendung einer relativ identischen Terminologie aus. So ist, bezogen auf den Prozess von Kommunikation und Massenkommunikation, oft von Kommunikator, Aussage, Medium, Rezipient und Wirkung die Rede. Die nachfolgend angeführten Bezeichnungen bzw. deren Modifikationen für jede dieser Prozesspositionen findet man in der Mehrzahl dieser Modelle vor. Maletzke hat die wichtigsten Begriffe zusammengefasst (Maletzke 1963, S. 35–37):
• Kommunikator: Sender, Journalist, Produzent, Urheber; im Englischen finden sich die Bezeichnungen communicator, source (Quelle), encoder (jemand, der eine Botschaft verschlüsselt, um sie anderen zugänglich zu machen), controller (jene Instanz, die die Letztentscheidung über die Art und Weise der (Nicht)Veröffentlichung einer Information fällt).
• Für Aussage steht auch Inhalt, Produkt, Mitteilung, Botschaft, Kommunikat bzw. im Englischen die Bezeichnungen content, message, cue, symbol etc.
• Medium: Kanal bzw. im Englischen channel, communication agency (was nicht mit news agency, also Nachrichtenagentur, verwechselt werden darf).
• Rezipient: Kommunikand, Empfänger, Konsument, Nutzer; bzw. im Englischen communicatee, interpreter, decoder, receiver. Für die Summe der Rezipienten stehen Bezeichnungen wie Publikum, Leserschaft, Hörerschaft, Zuschauerschaft bzw. im Englischen audience oder public audience (im Sinne von Leser, Hörer, Zuschauer).
• Für Wirkung findet man auch die Bezeichnungen Effekte (effects) und Folgen, wobei zwischen individuellen Wirkungen und sozialen bzw. gesellschaftlichen Wirkungen ebenso zu unterscheiden ist wie zwischen affektiven bzw. emotionalen auf der einen und kognitiven Wirkungen auf der anderen Seite. Eine wichtige Differenzierung ist auch diejenige in kurzfristige Effekte und langfristige Wirkungen von Massenkommunikation.
[85]Unbestreitbar ist, dass Massenkommunikation in modernen Gesellschaften zum Alltäglichen geworden ist und in zahlreiche Bereiche der Gesellschaft, aber auch in das Leben des Einzelnen eindringt. So können Massenmedien zweifellos zu einer beträchtlichen Erweiterung unseres geistigen Horizonts beitragen und uns mit Informationen versorgen, die wir sonst nicht in Erfahrung bringen. Indem sie uns rund um die Uhr Nachrichten und andere Informationen aus aller Welt liefern, wird die Welt gleichsam zum globalen Dorf (zum »global village« wie Marshall McLuhan es bereits in den 1960er-Jahren nannte, vgl. McLuhan 1962). Auch liefern sie einen wichtigen Beitrag dazu, dass wir uns in der immer komplexer werdenden Welt zurechtfinden. Neben Familie und Schule tragen die Massenmedien auch dazu bei, dass der Mensch in seiner Persönlichkeitsentwicklung die in der Gesellschaft vorherrschenden Wertvorstellungen, Normen, Rollen und Verhaltensweisen kennen lernt und – zu seinem eigenen Vorteil und Schutz bzw. zur Integration in die menschliche Gemeinschaft – teilweise oder ganz übernimmt. Massenkommunikation ist also auch Bestandteil jenes Prozesses, den man Sozialisation nennt (vgl. Kap. 5.3.1).
Als nicht unproblematisch kann sich in der Massenkommunikation jedoch erweisen, dass viele ihrer Angebote »für das Publikum an die Stelle der Wirklichkeit treten« (Döhn/Klöckner 1979) und direkte Erfahrung verdrängen. So ist es ein Problem, wenn Rezipienten das für uneingeschränkt wahr halten, was durch die Medien vermittelt wird. Die Massenmedien bzw. die in ihnen arbeitenden Medienschaffenden sind selbst – so wie wir auch – nur Beobachter unserer Umwelt. Nicht zuletzt auf Grund von vielfältigen Auswahlprozessen in der Informationskette vom Ereignis über die Medien bis zum Leser, Hörer oder Zuschauer liefern uns die Massenmedien nicht ein Bild der Wirklichkeit, sondern nur ein konstruiertes – ein mehr oder weniger vollständiges – (Ab-)Bild.
Im Zusammenhang mit Wirkungen bzw. Folgen von Massenkommunikation erscheint es sinnvoll zu unterscheiden zwischen der Macht der Medien und der Wirkung der Medien. Die Macht der Medien besteht darin, soziopolitisch relevante Themen aufzugreifen, sie gewichten und bewerten zu können sowie öffentlich bekannt zu machen – und in diesem Kontext z. B. den Rücktritt eines Politikers auszulösen. Diese Macht ist grundsätzlich nichts Schlechtes, sie resultiert aus den Aufgaben, die Journalisten in demokratischen Systemen haben und die sich der Verantwortung, die aus dieser Aufgabe erwächst, bewusst sein soll(t)en (vgl. Pürer 2002). Die Wirkung der Medien hingegen meint anderes. Sie besteht im Allgemeinen darin, dass durch die Medien veröffentlichte, gewichtete und bewertete und vom Rezipienten aufgenommene Sachverhalte in dessen Wissen, Denken, Meinen, Fühlen oder Handeln etwas bewirken – sei es nun Bestärkung, Verfestigung, Abschwächung oder Veränderung vorhandener Kenntnisse, Einstellungen, Gefühle und Verhaltensweisen (vgl. Kap. 4.4.3 sowie 5.2).
3.2.7 Massenkommunikation als gesamtgesellschaftliches Phänomen
In einem weiten Sinne haben wir Massenkommunikation eingangs betrachtet als politische, ökonomische, soziale und kulturelle Prozesse, die durch das Vorhandensein von Massenmedien ausgelöst werden und die sich in den Massenmedien selbst wieder finden. Häufig wird eine solche Perspektive in systemischen bzw. systemtheoretischen Betrachtungen von Massenkommunikation verfolgt. Beim Denken in Systemen versucht man, die Beschaffenheit einer Wirklichkeit als Ganzes und als Summe von in Beziehung stehenden Teilen des Ganzen zu erfassen. Wenn also von Massenkommunikation als gesamtgesellschaftlicher Erscheinung die Rede ist, so sind damit nicht nur die am Prozess der Massenkommunikation beteiligten Faktoren (Kommunikator, Aussage, Medium, Rezipient) gemeint, sondern auch die Eingebundenheit von Massenkommunikation in das soziopolitische, sozioökonomische und soziokulturelle Gesamtsystem. Insbesondere sind in diesem Kontext die politischen [86]Rahmenbedingungen (vgl. Kap. 5.1.1) sowie die wirtschaftlichen Gegebenheiten (vgl. Kap. 4.3.5.4) zu erwähnen, unter denen sich Massenkommunikation vollzieht. Ebenso gehören dazu aber auch die wechselseitigen Wirkungen der (gesellschaftlichen Teil-)Systeme Politik, Medien und Kultur. Dazu gehören auch die zahlreichen Einflüsse und technischen Möglichkeiten, die das Internet mit seinen vielen Kommunikationsanwendungen hervorbringt und die das gesellschaftliche Leben in vieler Hinsicht beschleunigen.
Es ist nicht möglich, alle diese Aspekte hier im Einzelnen umfassend zu erörtern; dies erfolgt in anderen Abschnitten des vorliegenden Buches. Auch wird hier keine Systemtheorie der Massenkommunikation entwickelt. Vielmehr sollen lediglich einige zentrale Gesichtspunkte kurz angesprochen werden.
Die politischen Rahmenbedingungen sind primär in den rechtlichen Grundlagen zu sehen, auf deren Basis Massenkommunikation ermöglicht wird. Von herausragender Bedeutung in pluralistischen Systemen ist in erster Linie das Grundrecht auf Informations- und Meinungsfreiheit, das in aller Regel in Grundgesetzen oder Verfassungsbestimmungen, in Medien-, Presse- und Rundfunkgesetzen sowie in zahlreichen anderen Rechtsmaterien festgehalten ist (vgl. Kap. 5.1.1.4). Oberstes Ziel ist es, Medienfreiheit optimal zu gewährleisten, ohne gleichwertige Rechtsgüter von Verfassungsrang (wie z. B. den Persönlichkeitsschutz) zu beeinträchtigen. Rechtliche Regelungen zielen v. a. in konzentrierten Medienmärkten auf die Gewährleistung der Meinungsvielfalt durch publizistischen und ökonomischen Medienwettbewerb ab, erweisen sich in globalisierten Märkten aber als zunehmend schwieriger realisierbar. Im Hinblick auf ihre organisatorische Verfasstheit – private Medien, öffentlich-rechtliche Medien – tangieren gesetzliche Regelungen v. a. je unterschiedliche Formen der (inneren) Kontrolle der Massenmedien durch Aufsichtsorgane. Dies sind in privaten Medien Vorstände und Aufsichtsräte, in öffentlich-rechtlichen Medien sog. Medien-, Rundfunk- und Verwaltungsräte oder auch Hörer- und Zuschauervertretungen (vgl. Kap. 4.3.4 sowie 4.3.5.2). Zu den unübersehbaren politischen Rahmenbedingungen im weiteren Sinne zählen aber auch alle beobachtbaren, wie auch immer motivierten Formen der Einflussnahme auf Journalismus und Massenmedien durch Interventionen politischer, wirtschaftlicher und kultureller Lobbys sowie durch vielfältige Formen der Öffentlichkeitsarbeit.
Die wirtschaftlichen Gegebenheiten und ökonomischen Zwänge sind primär in den marktwirtschaftlichen Bedingungen zu sehen, denen auch die klassischen Massenmedien als Kultur- und Wirtschaftsgüter in pluralistischen Demokratien unterliegen. Zu verweisen ist insbesondere auf die beiden Märkte, auf denen sich klassische Medien behaupten müssen, nämlich auf dem Publikums- und auf dem Werbemarkt. Daraus resultieren unterschiedliche Erlösquellen und Finanzierungsformen der Massenmedien (vgl. Kap. 4.3.5.4). Bei den klassischen Printmedien wie Zeitungen und Zeitschriften sind dies – abgesehen von gratis verteilten Printprodukten – in aller Regel primär immer noch Vertriebs- und Anzeigenerlöse, bei den klassischen Funkmedien Radio und Fernsehen sind es Formen der Finanzierung aus Gebühren- und/oder Werbung sowie teils auch Sponsoring. Hinzu kommen, z. B. bei Onlinemedien, auch Möglichkeiten der Finanzierung durch E-Commerce oder auch durch kostenpflichtige Angebote für den Empfang auf mobilen Endgeräten (worin de facto Vertriebserlöse zu sehen sind). Die starke Abhängigkeit von Werbeerlösen macht die Massenmedien generell konjunkturabhängig und führt in einer globalisierten Welt zunehmend zu internationalen Monopol- und Konzernbildungen. Marktzutritte neuer Medien lösen dabei jeweils Wettbewerbsveränderungen in bestehenden Medienmärkten und Verdrängungsängste bestehender Medien aus. Allerdings konnte als Konstante der Kommunikationsgeschichte bislang festgehalten werden, dass »neue« Medien die »alten« Medien in aller Regel nicht verdrängen, sondern (nur) zu Veränderungen in den inhaltlichen Strukturen und gesellschaftlichen Funktionen der »alten« Medien führen, also zu Veränderungen in ihren äußeren Erscheinungsformen und redaktionellen Inhalten sowie [87]in ihren Leistungen für die Nutzer (Riepl’sches Gesetz). Es bleibt vorerst immer noch abzuwarten, ob sich dieses Gesetz angesichts der gravierenden Veränderungen im Mediensystem durch Onlinemedien bewährt (vgl. Peiser 2008).
Was die sozialen und kulturellen Dimensionen von Massenkommunikation betrifft, so handelt es sich um ein sehr unterschiedlich strukturiertes und diskutiertes Feld. Im Allgemeinen ist von komplexen Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft, Medien und Kultur die Rede, und es ist schwer herauszufinden, welcher dieser Bereiche welchen jeweils anderen prägt. Zwei Thesen stehen dabei im Wesentlichen im Widerstreit, nämlich:
1) | die These, wonach die Massenmedien die in einer Gesellschaft dominanten Wertvorstellungen und Leitmotive nur widerspiegeln (reflektieren) und nicht etwa prägen (Reflexionsthese); sowie |
2) | die These, wonach massenmediale Inhalte kulturelle Trends schaffen und prägen und der Wertewandel auf die Medien zurückzuführen ist (Kontrollthese). |
De facto ist hier insbesondere die komplexe, nicht eindeutig beantwortbare Frage von Wirkungen bzw. Folgen von Massenkommunikation angesprochen. Wenn dabei zwischen individuellen und sozialen Wirkungen unterschieden wird, ist zu bedenken, dass beide Wirkungsbereiche nicht trennscharf voneinander abgrenzbar sind: So können aus langfristigen individuellen Wirkungen soziale Wirkungen resultieren und können diese umgekehrt auf das Individuum zurückwirken. Mit individuellen Wirkungen sind Wirkungen bzw. Folgen von Massenkommunikation im Bereich der Kenntnisse und des Wissens, der Meinungen, Einstellungen und Wertorientierungen, der Emotionen, Gefühle und Stimmungen, sowie der Handlungen und Verhaltensweisen einer Person gemeint. Unter sozialen Wirkungen versteht man die Fülle der in der Gesellschaft beobachtbaren Erscheinungen und Folgen von Massenkommunikation. Selbst Medienverweigerer können sich ihrer nicht ganz entziehen. Besondere Aufmerksamkeit gilt in diesem Zusammenhang u. a. Fragen der politischen Beeinflussung durch Massenmedien (vgl. Kap. 5.1.2.5) sowie der Problematik gewaltdarstellender Inhalte und ihrer Folgen für Individuum und Gesellschaft (vgl. Kap. 5.3.2). Nicht zuletzt ist aber auch die Frage anzusprechen, welches Abbild der Realität uns die Massenmedien vermitteln. Es kann insofern besonders verzerrt sein, als in zahlreichen Medien eine Tendenz zu Konflikt, Sensationalisierung, Skandalisierung, Emotionalisierung, Dramatisierung und Personalisierung vorfindbar ist.
Besonderen Angriffen und öffentlicher Kritik ist immer wieder das Fernsehen ausgesetzt: Es fördere den Realitätsverlust der Zuschauer, lasse Politik zur Unterhaltung verkommen, vereinfache in unzulässiger Weise Umweltkomplexität, rege zu gewalttätigen Verhaltensweisen an und begünstige den Verfall der Kulturtechnik Lesen (vgl. Postman 1985; Winn 1979; Mander 1979). Solcher Medienkritik wird nicht zu Unrecht der Vorwurf gemacht, von einem unmündigen, den Medien hilflos ausgelieferten Bürger auszugehen (Maletzke 1988; Huter 1988; Frank et al. 1991). Andererseits sind mögliche negative Einflüsse der Massenmedien auf Kinder und Jugendliche sowie auf Rezipienten mit entsprechenden psychischen Dispositionen nicht so ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Dies gilt insbesondere für Gewaltdarstellungen im Film und Fernsehen sowie in jüngerer Zeit für gewalthaltige Computerspiele (vgl. Kap. 5.3.2).
[88]3.3 Computervermittelte Kommunikation
Nina Springer, Heinz Pürer und Wolfgang Eichhorn
Elektrisch bzw. elektronisch vermittelte Kommunikation gibt es schon seit langem; man denke z. B. an Telekommunikation mit Hilfe des Telefons. Mit der Entwicklung des Digitalcomputers wurde in den 1940er-Jahren eine neue Technologie der Informationsvermittlung und -verarbeitung eingeführt, die insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten – im Rahmen der Verbreitung des Internets und digitaler mobiler Telefonie – bestehende Technologien ersetzt und neue soziale Kommunikationsformen etabliert hat. Im weitesten Sinne lässt sich von »computervermittelter Kommunikation« immer dann sprechen, wenn ein Computer in irgendeiner Form in Kommunikationsprozesse eingeschaltet ist (vgl. Santoro 1995, S. 11, zit. in Thurlow et al. 2004, S. 14). In der Kommunikationswissenschaft wird i. d. R. eine engere Definition verwendet, weit verbreitet ist diejenige von John December: »Computer-Mediated Communication is a process of human communication via computers, involving people, situated in particular contexts, engaging in processes to shape media for a variety of purposes« (Dezember 1997). Ähnlich die Definition in der Selbstverständniserklärung der Fachgruppe »Computervermittelte Kommunikation« der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK): »Computervermittelte Kommunikation (CvK) umfasst alle Formen der interpersonalen, gruppenbezogenen und öffentlichen Kommunikation, die offline oder online über Computer(netze) und digitale Endgeräte erfolgen« (DGPuK 2004). Dabei ist anzumerken, dass der Begriff »digitale Endgeräte« heute nicht nur den »klassischen« Computer umfasst, sondern auch Smartphones oder »intelligente« TV-Geräte. Von entscheidender Bedeutung ist die durch die Software zur Verfügung gestellte Schnittstelle, die es dem Nutzer ermöglicht, interaktiv zu kommunizieren. Im Internetzeitalter verschmelzen Möglichkeiten elektronisch vermittelter Individual- und Massenkommunikation. Dabei entstehen neue Kommunikationsmodi (etwa E-Mail und Chat) und -umgebungen (wie Foren und Social Network Services oder virtuelle Rollenspiele).
Das Verschmelzen der Endgeräte (wie Telefon, Computer und Fernseher) wird technische Konvergenz genannt. Auf Produzentenseite hat sie Auswirkungen auf:
• Inhalte (durchgängige Digitalisierung von Text, Sprache, (Bewegt-)Bild, Grafik),
• Medien (Verschwimmen der Grenzen z. B. zwischen Presse und Fernsehen),
• journalistische Rollenbilder und Produktionsroutinen (crossmediales Arbeiten),
• Vertriebswege (Verbreitung der Inhalte über das Telefonnetz, Kabel, Satellit und Terrestrik) sowie
• Verwaltungs- und Abrechnungsvorgänge.
Auf Konsumentenseite (Publika) beeinflusst sie Nutzungsmuster (vgl. Heinrich 1999, S. 79f; Quandt/Singer 2009). Bezüglich des Begriffes Konvergenz ist ein klärender Hinweis erforderlich. Ursprünglich wurde damit die Angleichung von Programmen unterschiedlicher institutioneller Rundfunkveranstalter bezeichnet bzw. in einem weitergehenden Sinn die Beobachtung zunehmender Übereinstimmung von Organisations- und Arbeitsformen, von Programmierung und Präsentation sowie von Formen und Genres bei öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Sendern (vgl. Meier 1998, S. 31). Historisch betrachtet haben sich die Bereiche Telekommunikation, Computer und Massenmedien zwar weitgehend getrennt voneinander entwickelt. Allerdings verwendeten die klassischen Massenmedien sehr bald die Telekommunikation (z. B. Telegrafie, Telefon, Fax) für die rasche Nachrichtenübermittlung sowie später den Computer für die Informationsverarbeitung (z. B. elektronische Zeitungsherstellung auf digitaler Basis, elektronisches Broadcasting, digitales Speichern sowie digitales Schneiden von Hörfunk- und Fernsehbeiträgen). Durch fortschreitende Digitalisierung war die Konvergenz [89]dieser Bereiche – rückblickend gesehen – also vorprogrammiert und nur noch eine Frage der Zeit (wenn auch nicht immer reibungslos in ihrem Ablauf: Ein gutes aktuelles Beispiel ist der Streit um die Tagesschau-Applikation zwischen Verlegern und der ARD bzw. dem NDR).
Das Ergebnis des Zusammenwachsens bzw. Verschmelzens von Informationstechnologie (Computer), Telekommunikation, Massenmedien und elektronischer Unterhaltungsindustrie durch fortschreitende Digitalisierung der Inhalte auf Produktions-, Distributions- und Verwaltungsebene wird häufig als Multimedia bezeichnet (vgl. Trappel 1999, S. 89; Hartmann 2008, S. 8f). Multimediale Angebote sind in der Lage, Text, Bild, Ton, Video und Grafik mittels Datenkommunikation zu integrieren (vgl. Jakubetz 2011, S. 19f). Eine ideale Distributionsplattform dafür bietet das Internet, da durch den Computer alle Formen traditioneller Medienkommunikation realisiert werden können (vgl. Kap. 3.3.1 und 3.3.2).
Neu an vielen Angeboten computervermittelter (Massen-)Medienkommunikation sind vor allem die Rückkopplungsmöglichkeiten der Rezipienten (Nutzer) beispielsweise via Kommentarfunktion. Feedbacks waren und sind zwar in der klassischen Massenkommunikation etwa in Form von Leserbriefen oder telefonischen Interventionen auch möglich, abgesehen von Telefonanrufen der Zuschauer oder Zuhörer, die live in die Sendungen geschaltet werden, wirken sich diese Rückmeldungen des Publikums aber – wenn überhaupt – erst mit Verzögerungen auf Kommunikationsprodukte oder deren Produktionsprozess aus. Online erhalten die spontanen, öffentlichen und zumeist uneditierten Rückkopplungen der Rezipienten aber eine neue Qualität der zeitlichen Unmittelbarkeit und der direkten Interaktion mit dem Gegenüber (vgl. Schweiger/Quiring 2007, Kap. 3.3.3). Im Internet finden die »People Formerly Known as the Audience« (Rosen 2006) sogar Plattformen und Dienste vor, die es ihnen erlauben, selbst zu Produzenten von Angeboten massenmedialen Charakters zu werden – z. B. durch das Betreiben eines Blogs (vgl. Gillmor 2004) (vgl. Kap. 3.3.4). Weil solche Dienste die Rollenverteilung zwischen Sender (professioneller Kommunikator) und Empfänger (Rezipient) in der klassischen Massenkommunikation aufweichen (können), muss die Tauglichkeit der Begriffe ›Rezipient‹ und ›Kommunikator‹, mit denen die Kommunikationswissenschaft bislang operierte, für die Onlinekommunikation in Frage gestellt werden (vgl. Kap. 3.3.6). Es lässt sich allerdings nicht verheimlichen, dass Potenzial und Gebrauchsweisen auch auseinanderklaffen können: Während einige Nutzer von der Möglichkeit, selbst Content zu produzieren, auch regen Gebrauch machen (für die Nutzung der Kommentarfunktion auf Onlinenachrichtenseiten vgl. z. B. Scheiner 2010; Springer 2011, S. 253; Taddicken/Bund 2010, S. 181), sind die meisten Onlinenutzer (bisher) nur in begrenztem Maße daran interessiert, sich aktiv an der Kommunikation in einer breiten Öffentlichkeit zu beteiligen. Viele beschränken das Kommunizieren auf die Öffentlichkeiten in virtuellen Gemeinschaften (Rheingold 1993), wie sie soziale Netzwerkseiten herzustellen vermögen (vgl. Kap. 3.3.1 und 3.3.5).
3.3.1 Elektronisch mediatisierter Kommunikationsraum
Früher war (technisch) vermittelte Kommunikation – ob Telekommunikation oder Massenkommunikation – »auf recht genau umgrenzte Sinnprovinzen […] und abgegrenzte soziale Welten […] beschränkt« (Krotz 1995, S. 446): Man las die Zeitung, sah etwas Bestimmtes im Fernsehen, telefonierte mit jemandem oder arbeitete am Computer. Heute leben wir in einem allumfassenden elektronisch mediatisierten Kommunikationsraum, der zeitgleiche kommunikative Handlungen mit unterschiedlichen Medien ermöglicht: »Man kann […] zu Hause am PC sitzen, online ein Computerspiel spielen, dabei am Telefon mit einem Bekannten sprechen, der auf seinem Bildschirm beobachtet, wie sich das Spiel im Wettkampf mit anderen Beteiligten entwickelt und dies kommentiert, und gleichzeitig läuft in einem Bildschirmausschnitt noch eine Musiksendung von MTV. Ein solcher User steht [90]also gleichzeitig in einer Vielfalt elektronisch mediatisierter kommunikativer Bezüge, die bisher im Wesentlichen für sich stattfanden. Ihre Gemeinsamkeit ist, dass es sich um elektronisch mediatisierte Kommunikation handelt, mit was oder wem auch immer« (ebd.). Dabei ist man freilich nicht einmal mehr an den heimischen Telefonanschluss gebunden. Mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablet-PCs ermöglichen einen Internetzugang von (fast) jedem beliebigen Ort aus.
Aus der Sicht des Rezipienten, Konsumenten bzw. Users wuchsen mehrere einst voneinander getrennte Kommunikationsformen zusammen und entwickelten sich in direktem Bezug zueinander weiter. Dabei entstanden bzw. entstehen auch nach wie vor neue Kommunikationspotenziale und Dienste, die wiederum neue Kommunikationsformen bzw. -modalitäten erfordern (vgl. Krotz 1995, S. 447). Bereits vor knapp 20 Jahren hat Friedrich Krotz (1995) Merkmale und Konsequenzen aus dieser Entwicklung zusammengefasst – seine Argumentation ist in Grundzügen noch immer gültig, wird an dieser Stelle aber aktualisiert (bzw. erweitert):
Markantes Kennzeichen des elektronisch mediatisierten Kommunikationsraumes ist, »dass sich für das kommunizierende Individuum die Kommunikationspartner Mensch, Computer oder massenmedial ausgerichtetes Produkt […] vermischen, dass also die Differenz zwischen technisch vermittelter interpersonaler und medien- sowie computerbezogener« kommunikativer Handlung sich reduziert (Krotz 1995, S. 477; Hervorhebung i. Orig.).
• Der Kommunikationsraum hat sich zwar »zu einer eigenständigen Totalität von kommunikativem Geschehen« ausgeweitet, »mit eigenen Normen und Werten, eigener Kultur und Institutionen, mit Machtstrukturen und subversiven Elementen« (Krotz 1995, S. 448). Traditionelle Institutionen bemühen sich jedoch verstärkt, diesen Raum gleichermaßen zu kontrollieren (Stichworte: Datenschutz, Schutz der Privatsphäre, Forenhaftung etc.).
• So gut wie alle Arbeitsbereiche sind in diesen Kommunikationsraum integriert. Als Beispiele seien hier Telearbeit, Telebanking, E-Learning, Industrie und Handel (E-Commerce) sowie Werbung genannt.
• Der Kommunikationsraum ermöglicht eine Erweiterung der menschlichen Kommunikation insofern, als die möglichen Kommunikationspartner z. B. via E-Mail oder Chat, in Onlineforen (auf der Suche nach Hilfe und Rat), durch ›Freundschaftsanfragen‹ in virtuellen sozialen Netzwerken sowie das Mitspielen in Onlinerollenspielen beliebig vermehrt werden können. Die kommunikativen Praktiken bleiben auch nicht ohne Auswirkungen auf Interessen, Gefühle, kommunikative Erwartungen und Weltwissen der Nutzer – insgesamt also auf Kultur und Gesellschaft, auf Alltag und Individuen (vgl. z. B. Hepp/Vogelgesang 2008; Krotz 1995, S. 448).
• Dieser universelle Kommunikationsraum wird insbesondere durch viele kleinere Kommunikationsforen, wie sie im Internet zu finden sind, konstituiert. In vielen Bereichen sind diese weitgehend entgeltfrei zugänglich, gleichwohl entwickeln sie sich dennoch unter dem »Primat der Ökonomie« (Werbung, E-Commerce, teilweise auch Gebühren). Existiert eine entsprechende Technologie (wie sie z. B. Facebook bietet), können soziale Netzwerke entstehen bzw. abgebildet werden; diese kreieren neue Formen von Öffentlichkeiten, die sich als »persönliche Öffentlichkeiten« (Schmidt 2012) beschreiben lassen.
• Im allumfassenden elektronisch mediatisierten Kommunikationsraum verschmelzen Formen technisch vermittelter Individual- (z. B. E-Mail), Gruppen- (Teilnahme an Foren, sozialen Netzwerken) und Massenkommunikation (z. B. Lektüre des Onlineangebots einer Zeitung). Massenkommunikation ist folglich ein Element computervermittelter Kommunikation. Massenkommunikation im traditionellen Sinne wird aber sicher nicht verschwinden: »Sie wird als Spezialfall erhalten bleiben, auf den auch in absehbarer Zukunft ein großer Teil der Kommunikation in diesem Kommunikationsraum entfallen wird« (Krotz 1995, S. 450).
[91]Sofern nicht interpersonal bzw. teilöffentlich, also zu zweit oder auch in Gruppen, kommuniziert wird (z. B. Chat, Foren, soziale Netzwerke, Onlinerollenspiele), bleibt die meiste elektronisch mediatisierte Kommunikation eine Kommunikation mit vorgefertigten Produkten und bleibt Handeln im elektronischen Kommunikationsraum auf ein zunehmend differenzierteres Auswählen beschränkt, auch wenn »man selbst leichter eine Mitteilung einbringen kann. […] Eine echte und aktive Gestaltung von Kommunikation wird […] auch weiterhin nur in interpersonaler Kommunikation möglich sein« (Krotz 1995, S. 455). Repräsentative Studien zeigen ohnehin, dass Internetnutzer nur in begrenztem Maße daran interessiert sind, sich aktiv an der Kommunikation in einer breiten Öffentlichkeit zu beteiligen, und das Kommunizieren zumeist auf ihre persönlichen Öffentlichkeiten beschränken (vgl. Busemann/Gscheidle 2010, 2011, 2012, S. 382f).
3.3.2 Der Computer als Kommunikationsmedium
Durch die Integration von Computer- und Telefontechnik wuchs die Bedeutung des Computers als Kommunikationsmedium. Über Plattformen und Dienste im World Wide Web ist es Nutzern mithilfe von Computern möglich, neue Formen bzw. Modi der Individual-, Gruppen- und Massenkommunikation zu realisieren. Von Joachim R. Höflich stammt der Versuch, die Anwendungs- und Nutzungsmöglichkeiten des Computers innerhalb sog. Medienrahmen zu verorten. Der (internetfähige) Computer stellt ein Kommunikationsmedium dar, das in sich distinkte, d. h. voneinander klar unterscheidbare Medienrahmen vereint, »die bislang auf separate Medien aufgeteilt waren oder aber so vorher noch nicht bestanden haben. Von einem Medienrahmen soll […] gesprochen werden, wenn ein Medium benutzt und damit eine (gemeinsame) Mediensituation hergestellt wird« (Höflich 1999, S. 45). Unter einem »Computerrahmen« versteht man folglich jene computervermittelte Mediensituation, in die die kommunikativen Handlungen der Nutzer eingebunden sind. Mit Blick auf den Computer als Kommunikationsmedium hat man es mit folgenden voneinander unterscheidbaren Medien- bzw. Computerrahmen zu tun: Distributionsrahmen, Rahmen öffentlicher Diskurse sowie Rahmen technisch vermittelter interpersonaler Kommunikation (vgl. Höflich 1998). Im Einzelnen ist Folgendes gemeint (vgl. auch Schweiger/Quiring 2007):
• Im Distributionsrahmen stellt der internetfähige Computer ein Informations- und Abruf-Medium dar. Angesprochen ist das massenmediale Element computervermittelter Kommunikation: Abruf von Informationen, Nachrichten sowie unterschiedlichen Dienstleistungen online (wie etwa E-Commerce und E-Banking). Das ›interaktive Element‹ besteht im Wesentlichen aus Auswahl und Abruf (ist also ein rein technisches Feedback).
• Im Rahmen öffentlicher Diskurse ist der internetfähige Computer als Diskussionsmedium zu begreifen, der die Teilhabe an Diskussionsforen, Chaträumen oder sozialen Netzwerken ermöglicht – also an Foren öffentlicher Kommunikation, bei denen die Einseitigkeit massenmedialer Kommunikation aufgehoben ist, der Sender zum Empfänger wird und umgekehrt. Die aktive Teilhabe von Nutzern bzw. Usern ist konstitutiv für solche Foren (wobei es auch passive Leser bzw. User gibt, die oft als »Lurker« bezeichnet werden).
• Im Rahmen der (technisch vermittelten) interpersonalen Kommunikation ist im internetfähigen Computer ein Beziehungsmedium zu sehen mit Möglichkeiten zeitgleicher (synchroner) oder zeitverschobener (asynchroner) Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Nutzern, sei es via E-Mail, Chats u. a. m. Hier sind privat genutzte Möglichkeiten computervermittelter Kommunikation angesprochen.
[92]Der Computernutzer kann zwischen den verschiedenen Rahmen wechseln, ohne zugleich ›aus dem Rahmen‹ der Nutzungssituation zu fallen (Höflich 1999, S. 46). Das heißt zum einen: Von Formen öffentlicher Kommunikation kann in private übergegangen werden, »sodass computervermittelte Kommunikation gleichsam eine ›Vermittlungsform von Öffentlichkeit und Privatsphäre‹ (Flichy 1994, S. 276) darstellt« (Höflich 1999, S. 46). Das bedeutet zum anderen: Mit den unterschiedlichen Rahmen kommen unterschiedliche Momente der Interaktion zum Vorschein. Im Distributionsrahmen ist die Interaktion »auf den Inhalt bezogen«, beim Diskursrahmen »sind Inhalts- und Beziehungsdimension miteinander verwoben, während beim Rahmen computervermittelter interpersonaler Kommunikation […] der Beziehungsaspekt dominiert« (Höflich 1999, S. 46f; Hervorhebung i. Orig.). Durch einen Rahmenwechsel können Inhalts- und Beziehungsaspekte gänzlich ineinander übergehen (vgl. Höflich 1999, S. 46). Damit ist bereits angesprochen, was unter dem Schlagwort Interaktivität verhandelt wird.
3.3.3 Interaktivität und computervermittelte Kommunikation
Im Zusammenhang mit elektronisch vermittelter Kommunikation ist immer wieder von »interaktiven« Medien oder Prozessen die Rede. Man kommt in einem Lehrbuch also nicht umhin zu klären, was mit Interaktivität gemeint ist. Der Begriff, wie wir ihn in der Kommunikationswissenschaft verwenden, rekurriert auf den soziologischen Term der Interaktion, der eine Beziehung zwischen anwesenden Personen beschreibt – mit wechselseitiger Kommunikation als einem Bestandteil dieser Beziehung. Darum geht es im Abschnitt 1. Der traditionelle Gegenstand der Kommunikationswissenschaft ist medienvermittelte öffentliche Kommunikation, die (zunächst ganz basal) linear von Sender (Kommunikator) zu Empfänger (Rezipient) verläuft. Auch hier finden Interaktionen zwischen den am Kommunikationsprozess Beteiligten statt, die allerdings z. T. einen anderen Charakter aufweisen, was in Punkt 2 besprochen wird. Das Internet als Kommunikationsplattform bietet das Potenzial, wechselseitige, also interaktive öffentliche Kommunikation zu ermöglichen, und damit die klassische Struktur einer Einwegkommunikation vom Sender zum Empfänger aufzubrechen. Das ist Gegenstand von Abschnitt 3. Dazu im Einzelnen:
1) Interaktion in der zwischenmenschlichen Kommunikation
Auf das Element der Interaktion im Kontext zwischenmenschlicher Kommunikation wurde bereits kurz hingewiesen (vgl. Kap. 3.1.2), es soll hier jedoch noch einmal darauf zurückgegriffen werden. Interaktion im hier verstandenen Sinn ist ein aus der Soziologie stammender Begriff. Das Grundmodell, an dem er sich orientiert, »ist die Beziehung zwischen zwei oder mehr Personen, die sich in ihrem Verhalten aneinander orientieren und sich gegenseitig wahrnehmen können« (Jäckel 1995, S. 463). Da eine Interaktion immer ein Gegenüber voraussetzt, klassifiziert Max Weber sie als eine bestimmte Form sozialen Handelns, das »mit subjektivem Sinn verbunden« sowie »auf das Handeln anderer Menschen bezogen und daran in seinem Ablauf orientiert ist« (Weber 1980, S. 1). Interaktion beschreibt folglich einen auf andere bezogenen »Handlungsablauf und die diesen Handlungsablauf konstituierenden Faktoren« (Jäckel 1995, S. 463). Zwischenmenschliche Kommunikation kann somit als eine spezifische Form der sozialen Interaktion verstanden werden: als Interaktion vermittels Zeichen und Symbolen, als Miteinander-in-Beziehung-Treten von Menschen (Interaktion) zum Austausch von Informationen (Kommunikation) mit dem Ziel der Verständigung (bzw. Anschlussfähigkeit). Aus soziologischer Perspektive ist die physische Präsenz, also die gegenseitig wahrnehmbare Anwesenheit der Interagierenden, ein wichtiges Definitionselement (ebd.). Der Informationsaustausch kann verbal und/oder nonverbal erfolgen und bedient sich in aller Regel aller jener Kommunikationskanäle [93](vgl. Kap. 3.1.6), über die Menschen in der Face-to-face-Kommunikation verfügen. Durch die Anwesenheit der Kommunikationspartner bestehen vielfältige Möglichkeiten der Rückkopplung und gegenseitigen Kontrolle. Ein Fehlen von Rückkopplungsmöglichkeiten und gegenseitiger Kontrolle hingegen steigert die Unverbindlichkeit von Interaktion. Weiterhin ist Reflexivität, also Rückbezüglichkeit, das elementare Kennzeichen der unmittelbaren zwischenmenschlichen Kommunikation (vgl. Merten 1977, S. 161f): Kommunikation bedarf »einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge sowie einer sachlichen und sozialen Bezugnahme« (Neuberger 2007, S. 46). Sie muss also chronologisch stattfinden (die Antwort vor einer Frage zu liefern macht schließlich keinen Sinn), einen Inhalt übermitteln bzw. an den Gegenstand der vorhergehenden Kommunikation anknüpfen (also eine ›vernünftige‹ Antwort auf die Frage geben) und an einen Empfänger (in dem Fall an den Fragesteller) gerichtet sein. Rückzugsmöglichkeiten bedürfen stets sozial akzeptierter Konventionen (z. B. eine angemessene Beendigung eines zwischenmenschlichen Gesprächs – eine Frage zu ignorieren bzw. nicht zu beantworten, empfinden wir als unhöflich).
2) Interaktion in der klassischen Massenkommunikation
In der klassischen medienvermittelten Kommunikation sind die Teilnehmer räumlich abwesend und die Mitteilungen bzw. Informationen werden im Wesentlichen einseitig gesendet, vom Kommunikator an den Rezipienten. Dennoch finden Interaktionen zwischen Sendern und Rezipienten statt, weil das Publikum (seien es einzelne Augenzeugen oder auch organisierte Gruppen) immer auch zur Quelle für mediale Inhalte wird (vgl. Wagner 1978, S. 42f). Wesentlich häufiger jedoch kommt es zu indirekten und imaginären Feedback-Prozessen, weil das Publikum auch auf Medieninhalte reagiert (vgl. Beck 2006, S. 43ff; Maletzke 1963, S. 41; Sutter 1990):
Zum ersten bildet der Rezipient sich auf Basis des Medieninhalts ein Bild vom Kommunikator; Früh/Schönbach (1982; Schönbach/Früh 1984) verwenden dafür den Begriff Inter-Transaktion. Dieser Prozess ist wechselseitig, weil auch die Sender sich Bilder von den Rezipienten machen, und zwar auf Basis von Rückkoppelungen, die direkt und explizit (nämlich verbal oder textvermittelt) von den Rezipienten zurückkommuniziert werden (man denke z. B. an E-Mails oder Leserbriefe an Redaktionen, Call-Ins, die live in Radio- oder Fernsehsendungen geschaltet werden, oder an Nutzerkommentare auf Onlinenachrichtenseiten). Rückkoppelungen von Rezipienten an die Sender können aber auch indirekt über Konsumentscheidungen vermittelt werden (Kauf bzw. Nutzung) – diese geben allerdings vergleichsweise unspezifische Hinweise auf Präferenzen und Bewertungen der Rezipienten, weil sie sich nicht auf die konkrete Aussage, sondern generell auf den entsprechenden Zeitungs- oder Zeitschriftentitel, die TV- oder Hörfunksendung beziehen. Dasselbe gilt auch für die systematische Mediaforschung (vgl. Kap. 4.4.1), die (meist im Rahmen von Umfrageergebnissen) ebenfalls Publikumspräferenzen und -bewertungen an die Kommunikatoren vermittelt.
Auch im Kontext klassischer Massenkommunikation findet also Interaktion und Feedback statt. Feedbackmöglichkeiten sind allerdings medial und zeitlich eingeschränkt (Feedbacks erreichen die Redaktionen häufig über andere Kanäle als Face-to-face: schriftlich, telefonisch oder als Nutzerkommentar; sie sind daher meist zeitversetzt und bleiben oft ohne direkte redaktionelle Reaktion) und teilweise durch Informationsverlust gekennzeichnet (Konsumentscheidungen und Mediaforschung).
3) Interaktion in der computervermittelten Kommunikation
Aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive bedarf es also keines präsenten menschlichen Gegenübers, damit Interaktionen stattfinden. Das Gebiet computervermittelter Kommunikation ist nicht nur Domäne der Kommunikationswissenschaft, sondern insbesondere auch Gegenstand der Informatik (die sich naturgemäß auf die technischen Aspekte konzentriert) bzw. des Teilbereichs der ›Human Computer Interaction‹ (der auch wahrnehmungs- und kognitionspsychologische Phänomene [94]einbezieht). Interaktionen bezeichnen hier Kommunikationsprozesse zwischen Mensch und Maschine, bzw. solche zwischen Mensch und Computer. In der Kommunikationswissenschaft adaptierte man einerseits die Begriffsbedeutung aus der Informatik, ergänzte sie jedoch um das Interaktionsverständnis der Soziologie, um ebenso elektronisch vermittelte Interaktionen zwischen Menschen erfassen zu können. In unserem Fach bezeichnet man als Interaktivität folglich das Potenzial eines technischen Mediums oder einer Kommunikationssituation, interaktive (im Sinne von wechselseitige) zwischenmenschliche Kommunikation zu ermöglichen (vgl. Rafaeli 1988, S. 119; Neuberger 2007, S. 43f). Grundbedingung dafür ist, dass Sender und Empfänger die Rollen wechseln können (so gesehen ist bereits das Telefon ein interaktives Medium). Von Interaktivität ist daher zunächst ganz basal die Rede, wenn
1) | ein Medium (eine Maschine, eine technische Anwendung etc.) über die Fähigkeit verfügt, »mit dem Nutzer in einen Dialog zu treten« (Goertz 1995, S. 478; vgl. Rogers 1986, S. 34) – sog. Menschzu-Maschine/Medium-Interaktivität; und wenn |
2) | ein Medium über das Potenzial verfügt, wechselseitige »synchrone [z. B. Chat] und asynchrone [z. B. E-Mail-, Foren-] Kommunikation zwischen geografisch getrennten Kommunikationspartnern« zu ermöglichen (Höflich 1994, S. 391; vgl. Neuberger 2007, S. 43f) – sog. Mensch-zu-Mensch-Interaktivität. |
Medien (nicht nur Onlinemedien) unterscheiden sich generell im Hinblick auf ihr kommunikatives Potenzial, also darauf
• inwieweit »eine Medienanwendung in der Lage ist, sich auf die individuellen Bedürfnisse der Beteiligten ›einzustellen‹« (Goertz 1995, S. 485) (z. B. durch eine automatisierte Vor-Selektion von Inhalten/Personalisierung),
• inwieweit man als Mediennutzer den Rezeptions- und Kommunikationsprozess beeinflussen kann (z. B. durch Modifikation, Steuerung/Kontrolle – man denke an verschiedene Kameraperspektiven auf ein Fußballtor) und
• ob und auf welche Weise sie gegenseitig aufeinander bezogenes Handeln der Nutzer zulassen.
Es ist insofern sinnvoll, Stufen von Interaktivität zu unterscheiden bzw. im Sinne von Rogers (1986) Interaktivität als Kontinuum zu begreifen. Verschiedene Versuche, Klassifizierungen für Mensch-Maschine-Kommunikation vorzunehmen, wurden bereits unternommen (z. B. Chung/Yoo 2008, S. 379; Schweiger/Quiring 2007; Kiousis 2002; McMillan 2002; Goertz 1995; Steuer 1992). Grob zusammenfassend können Faktoren für die Bestimmung des Interaktivitätsgrades einer Medienanwendung diesen Autoren zufolge sein:
• der Grad der Selektionsmöglichkeiten (Auswahloptionen);
• der Grad der Modifikationsmöglichkeiten (Möglichkeiten der Veränderung von Aussagen durch den Empfänger; also der Grad, zu welchem ihm Kontrolle der Kommunikation möglich ist) (vgl. Kap. 3.3.3);
• die Menge des Selektions- und Modifikationsangebotes;
• der Grad der Linearität/Nichtlinearität, also z. B. Bestimmung von Zeitpunkt, Tempo und Abfolge der Rezeption bzw. Kommunikation; sowie
• der Grad des Mappings (also der Entsprechung) zwischen Nutzereingabe (z. B. Suchanfragen) und Systemantwort (angezeigte Ergebnisse).
Die von den meisten Deutschen regelmäßig praktizierten interaktiven Kommunikationsmodi in der computervermittelten Kommunikation sind das Bedienen von Suchmaschinen (Mensch-zu-Maschine/Medium-Interaktivität) und das Versenden bzw. Empfangen von E-Mails (Mensch-zu-Mensch-Interaktivität) [95](vgl. van Eimeren/Frees 2012, S. 369). Die (deutschsprachige) Kommunikationswissenschaft interessiert im Hinblick auf Interaktivität weniger die Mensch-Maschine-Dialoge als vielmehr die kommunikativen Möglichkeiten zwischen Menschen mittels Computer, und dabei insbesondere die computervermittelte interpersonal-öffentliche Kommunikation, wie sie z. B. in Diskussionsforen, auf YouTube oder Twitter stattfindet. Diese Form der öffentlichen Kommunikation weist einerseits Ähnlichkeiten mit Face-to-face-Kommunikation unter Anwesenden auf, unterscheidet sich andererseits aber dennoch wesentlich von dieser (vgl. Misoch 2006, S. 56ff): So sind die Partner computervermittelter Kommunikation in aller Regel nur »telepräsent«, d. h. nicht persönlich anwesend und können sich auch gegenseitig nicht bzw. nur sehr eingeschränkt wahrnehmen (Entkörperlichung). Auch sind ihre Interaktionen weder orts- noch zeitgebunden (Entzeitlichung und Enträumlichung). Entkörperlichung, Entzeitlichung und Enträumlichung führen außerdem zu einer Entkontextualisierung: Da die Kommunikation zeitversetzt stattfinden kann und die Kommunikationsteilnehmer i. d. R. nicht physisch präsent sind, teilen sie üblicherweise keinen »gemeinsamen Kontext oder Handlungshintergrund« (Misoch 2006, S. 60). Zentrale Elemente der gesamten nonverbalen Kommunikation, die in der zwischenmenschlichen Kommunikation eine wichtige Rolle spielen, kommen folglich in der computervermittelten Kommunikation nicht zum Tragen. Kurz: Die interaktiven Möglichkeiten computervermittelter Kommunikation »liegen nicht auf der Ebene direkter sozialer Interaktion« (Sutter 1999, S. 297). Dadurch sind wechselseitige Wahrnehmungs- und Kontrollmöglichkeiten (z. B. Mimik, Gestik, Blickkontakt, Tonfall etc.) nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich und somit kann computervermittelte Kommunikation einen unverbindlichen und anonymen Charakter annehmen. Sie erlaubt es, etwa in Chats oder bei der Teilnahme an Onlinerollenspielen, »sich zu maskieren und zu inszenieren« (ebd.). Insbesondere regelmäßig durch das Internet rauschende »Shitstorms« – Stürme der kollektiven Entrüstung über eine Person oder ein Thema, die nicht selten mit groben verbalen Entgleisungen einhergehen – prägen derzeit das Meinungsklima über virtuelle Kommunikation. Dennoch greift auch in der Onlinekommunikation ein gewisser Selbstregulierungsmechanismus, auf den wir in Kapitel 3.3.5 zurückkommen: Da auch im Netz Interaktionen auf Dauer angelegt sein können, müssen Nutzer sich an bestimmte soziale Normen und Verhaltensstandards orientieren, wenn sie Anschlusskommunikation generieren wollen.
3.3.4 Web 2.0, Social Web und User-generated Content
Tim O’Reilly (2005) hat zur Unterscheidung der Onlineangebote, die auf klassische Einweg-Kommunikation beschränkt bleiben (publishing), von Angeboten, die interaktive Kommunikation (participation) und Zusammenarbeit ermöglichen, das Begriffspaar »Web 1.0« und »Web 2.0« eingeführt. Natürlich verweist die Kennziffer nicht auf eine neue Versionsnummer des World Wide Web, sondern steht für eine Entwicklungsstufe im Kommunikationspotenzial. Angebote, die mit dem Begriff ›Web 2.0‹ gelabelt werden können, binden Nutzer in die Organisation, Produktion, Gestaltung und Distribution von Inhalten im Internet ein (vgl. O’Reilly 2005; Ebersbach et al. 2008).
Ganz grob lassen sich Web-2.0-Dienste bzw. Plattformen in folgende drei Klassen unterteilen (vgl. Stanoevska-Slabeva 2008): 1) inhalts-orientierte Web-2.0-Plattformen ermöglichen einerseits das Erstellen, Verwalten, Konsumieren oder Tauschen von Inhalten. Als Beispiele für diese Kategorie können Blogs, Wikis oder Media-Sharing-Plattformen (wie YouTube oder Flickr) gelten. Eine zweite Klasse bilden 2) beziehungs-orientierte Web-2.0-Plattformen, die die Abbildung und Verwaltung von sozialen Netzwerken (wie Facebook, Xing etc.) ermöglichen. Diese Plattformen werden von den Teilnehmern zur Beziehungspflege genutzt und weisen daher eine enge Rückbindung an realweltliche Gruppen auf. Darüber hinaus existieren 3) virtuelle Welten also Plattformen, die auf [96]virtuellen dreidimensionalen Abbildungen der ›realen‹ Welt basieren. Der virtuelle Kommunikationsraum Second Life ist ein gutes Beispiel hierfür.
Auch wenn die meisten Web-2.0-Dienste kostenlos angeboten werden: Der Nutzer ›bezahlt‹ immer durch die Daten, die er zur Abmeldung und während der Nutzung preisgibt. Anbieter haben Interesse an diesen Daten, um z. B. personalisierte Anzeigenschaltung verkaufen zu können – das ist für Werbetreibende natürlich deutlich attraktiver, als Streuverluste in Kauf nehmen zu müssen. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass es eine kritische Masse an Nutzern braucht – die eine Plattform kontinuierlich mit Daten füttert, damit diese Plattform ›am Leben‹ bleibt – so wird klarer, dass viele kommerzielle Anbieter ein Interesse haben, Nutzercommunitys aufzubauen und zu erhalten. Freilich gibt es aber auch (aus kommerziellen Gründen initiierte und kommerziell orientierte) virtuelle Gemeinschaften, in denen professionelle Organisatoren dafür sorgen, dass Kommunikation aufrechterhalten bleibt.
Plattformen, die online die Herstellung sozialer Strukturen und Interaktionen ermöglichen, werden auch unter dem Sammelbegriff »Social Web« gefasst. Präziser definiert besteht das Social Web aus:
• »[…] webbasierten Anwendungen,
• die für Menschen
• den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und deren Pflege, die Kommunikation und kollaborative Zusammenarbeit
• in einem gesellschaftlichen und gemeinschaftlichen Kontext unterstützen sowie
• den Daten, die dabei entstehen und
• den Beziehungen zwischen Menschen, die diese Anwendungen nutzen« (Ebersbach et al. 2008, S. 31; vgl. auch Hippner 2006).
Es finden sich Prinzipien, die alle Social-Web-Services mehr oder weniger einen (vgl. Ebersbach et al. 2008, S. 31; Hippner 2006):
• Der Fokus liegt auf den Nutzern und ihrer interaktiven Kommunikation: Während Programme oder Webseiten der Generation Web 1.0 weitgehend produktivitätsorientiert und anonym genutzt wurden, zeichnen sich Angebote im Social Web durch hohes interaktives Potenzial und Personalisierung aus; Nutzungsmuster werden nachvollziehbar.
• Möglichst ausgiebige Vernetzung (von Informationen oder Personen): Nicht die einzelnen Informationen, sondern die Struktur, die aus ihrer Verknüpfung entsteht, steht im Zentrum. Durch das In-Beziehung-Setzen von Inhalten wird kollektives Wissen aufgebaut.
• Transparenz von Handlungen, Daten und Zusammenhängen: Sichtbarkeit der Teilnehmer, ihrer Beziehungen untereinander und der Bewertungen von Inhalten wird hergestellt, um das menschliche Orientierungsbedürfnis zu befriedigen – zugleich kann der einzelne Nutzer so sein Wissen der Gemeinschaft verfügbar machen.
• Selbstorganisation: Anbieter stellen zunächst nur die Plattformen bereit, der Inhalt wird erst durch die Teilnehmer geliefert. Nutzer machen sich auf diese Weise die Plattform zu eigen und konstituieren eine Community, die Verhaltensregeln selbst aushandelt, weil viele Plattformen im Web 2.0 nichtkommerziellen Charakter haben und die Benutzung daher weitgehend unreguliert erfolgen kann (Bottom-up-Gestaltung).
• Rückkopplung in Form von »Social Ratings«: Inhalte können bewertet (oder auch kommentiert) werden. Dadurch zeigen die Teilnehmer an, welche Beiträge sie als wertvoll erachten. Durch positive Rückkopplungen erwirbt sich der Produzent digitale Reputation, zugleich wirkt die Gratifikation des positiven Feedbacks verhaltensregulierend.
• Die Bedeutung von Integration in die Gemeinschaft: Weil jeder einzelne Teilnehmer in den Aufbau einer Community viel Energie und kostenlose Arbeit steckt, sind Einzelkämpfer und Abweichler [97]unerwünscht und werden von der Gemeinschaft selten toleriert; als unerwünschte Verhaltensweise gilt z. B. One-to-One-Kommunikation, stattdessen sollen One-to-Many- (Weblogs) oder Many-to-Many-Kommunikationsmodi (Wikipedia) vorherrschen.
Zum Management von Informationen und Beziehungen existieren im Social Web verschiedene ›Werkzeuge‹ (vgl. Hartmann 2008, S. 105ff; Schmidt 2011, S. 29ff):
• Content-Syndication: Bereits produzierte Inhalte können in ein anderes Webangebot übernommen und damit mehrfachverwertet werden (z. B. die Einbindung von Kartendiensten in einen Reiseblog).
• Mashup: Durch die Rekombination und Mischung bereits produzierter Inhalte (Fotos, Videos, Landkarten etc.) entstehen multimediale Kollagen und damit neue Inhalte. Sucht man z. B. über Google nach einem Produkt oder einer Dienstleistung, bekommt man als Suchergebnis häufig eine Karte mit Markierungen von Standorten eingeblendet, an denen diese Produkte oder Dienstleistungen erhältlich sind – meist inklusive (durch andere Internetnutzer abgegebene) Kundenbewertungen.
• Newsfeed: Feed Reader bzw. Aggregatoren informieren über Aktualisierungen von Webseiten, ohne dass man diese aufrufen muss. Die Textnachrichten können in unterschiedlichen technischen Umsetzungen (RSS, RDF, Atom) automatisch bezogen (abonniert) werden.
• Tagging/Social Bookmarking: Nutzer können einen Datenbestand durch Zusatzinformationen etikettieren (englisch: to tag) oder ver-/beschlagworten. Die Aggregation der individuell vergebenen Schlagworte lässt eigene Ordnungsmuster entstehen (Folksonomies).
• Blogging: bezeichnet das Führen eines Blogs durch einen oder mehrere Autoren. Blogs sind relativ regelmäßig aktualisierte Webseiten, auf denen in umgekehrt chronologischer Reihenfolge (Text-, Bild- oder Audio-)Beiträge veröffentlicht werden, die i. d. R. von anderen Nutzern kommentierbar sind. Es gibt mittlerweile eine große Bandbreite an Blogs: Tagebüchern ähnliche private Blogs, kommerziell betriebene Unternehmensblogs (corporate blogs), Bürgerjournalismus-Blogs oder Watchblogs, die häufig mit Hilfe ihrer Leserschaft kritische Firmen- oder Medienbeobachtung betreiben, sowie professionelle journalistische Blogs wie die ›Huffington Post‹, die in Konkurrenz zu traditionellen Massenmedien treten.
• Podcasting (Audio-/Videoblogging): bezeichnet die Produktion von Audio- oder Videodateien, die kostenlos zum Download bereitgestellt werden.
• Wikis: Das sind Software-Implementierungen zur kollaborativen Erstellung von Webinhalten.
Das aus Perspektive der Kommunikationswissenschaft Neue an Services im Web 2.0 ist v. a., dass es öffentlich-interaktive Kommunikation (Weblogs, Wikis) ermöglicht, die aufgrund ihrer Reichweite massenmedialen Charakter annimmt (vgl. Neuberger 2007, S. 45; Schweiger/Quiring 2007; Haas/Brosius 2011). Dafür müssen Internetnutzer heutzutage nicht einmal mehr programmieren oder die technischen Prozesse hinter einzelnen Anwendungen verstehen können – die Zugangsbarrieren sind extrem gesunken und der Rollenwechsel vom Empfänger zum Sender massenmedialer Kommunikation ist wesentlich einfacher zu vollziehen (vgl. Hartmann 2008, S. 98). Die Vielfalt der soeben beschriebenen Werkzeuge zeugt davon. Inhalte, die mit der Hilfe von Nutzern erstellt werden, werden unter den Begriff User-generated Content subsummiert.
Die Kommunikationsmöglichkeiten im Web 2.0 ebnen die bisher in der Kommunikationswissenschaft mitgedachte Trennung von Individual- und massenmedial vermittelter Kommunikation zunehmend ein (vgl. Neuberger 2007, S. 43). Wie in diesem Abschnitt gezeigt wurde, kann Netzkommunikation sogar beides zugleich sein: In diesem Fall spricht man von interpersonal-öffentlicher Kommunikation – z. B. dann, wenn Nutzer von Onlinenachrichten die Berichterstattung kommentieren [98]und sich dabei für andere öffentlich sichtbar streiten (vgl. Brosius/Haas 2011; Springer 2012). »Interaktivität« unterscheidet folglich die Netzkommunikation von der klassischen Massenkommunikation: In der Netzkommunikation ist es möglich, neben die einseitig gerichtete Einer-an-Viele-Kommunikation (One-to-Many) andere Kommunikation treten zu lassen, nämlich eine One-to-One-, One-to-Few-, Many-to-Many- oder Many-to-One-Kommunikation. Da Interaktivität (ganz gleich in welcher Form) jedoch immer nur Kommunikationspotenzial ist, hängt die Realisation dieses Potenzials natürlich von den jeweiligen Nutzern ab. Auch wenn die Habitualisierung der Web2.0-Services und Plattformen voranschreitet, verbleiben Internetnutzer bislang doch fast ausschließlich im passiv-rezeptiven Nutzungsmodus (vgl. Busemann/Gscheidle 2012).
3.3.5 Virtuelle Vergemeinschaftung
Auf Onlineangeboten, die das Bereitstellen von User-generated Content ermöglichen, interagieren Nutzer teilweise wiederholt und dauerhaft, auch ohne einander ›offline‹ zu kennen. Solche virtuellen Gemeinschaften werden auch als Onlinecommunitys bezeichnet (vgl. Taddicken/Bund 2010, S. 167). Beziehungen zwischen den Community-Mitgliedern können von unterschiedlicher Intensität und die Bindung an die Community daher von unterschiedlicher Bedeutung sein. Nicht selten eröffnen virtuelle Gemeinschaften neue, öffentliche Kommunikationsforen, sodass man für sie auch die Bezeichnung »elektronische Cafés«, oder »elektronische Agora« findet (vgl. Höflich 1995, S. 523). Der Onlineableger der Süddeutschen Zeitung z. B. offeriert den Lesern die Netzwerk-Plattform ›suedcafe‹ zur virtuellen Vergemeinschaftung. Folgende Charakteristika und Merkmale elektronischer Gemeinschaften und ihrer Nutzer lassen sich aufzeigen (vgl. Höflich 1995, S. 523ff; Döring 2003; Beck 2006; Neuberger 2006; Springer 2011, 2012; Taddicken/Bund 2010; Busemann/Gscheidle 2012):
• Onlinecommunitys finden sich i. d. R. aufgrund eines gemeinsamen Ziels oder Interesses zusammen (vgl. Taddicken/Bund 2010, S. 169).
• Die Community-Forschung bestätigt immer wieder die sog. 90-9-1-Regel (Nielsen 2012): Für den Großteil der Beiträge ist nur ein Prozent der Nutzerschaft verantwortlich; weitere neun Prozent beteiligen sich von Zeit zu Zeit, während der überwiegende Teil von 90 Prozent passiv-rezeptiv bleibt und nur beobachtet.
• Mit Ausnahme von Social Network Services kennen sich die Mitglieder virtueller Gemeinschaften in aller Regel nicht persönlich und geben sich weitgehend auch nicht durch ihren realen Namen zu erkennen. Vielmehr nutzen sie Medienidentitäten, die kommunikative Rückbezüge möglich machen. »Inwieweit eine mediale Identität hin zur persönlichen Identität geöffnet wird, ist nicht nur beziehungsspezifisch […], sondern auch abhängig von den Möglichkeiten, wie Medienidentitäten in Foren computervermittelter Kommunikation präsentiert werden können« (Höflich 1995, S. 526).
• Statusunterschiede sowie Geschlecht, Alter, ethnische Abstammung, nationale Herkunft, physisches Aussehen etc. spielen in virtuellen Gemeinschaften wenn überhaupt nur eine untergeordnete Rolle. In diesen Communitys herrscht im Hinblick auf Äußerlichkeiten eher eine auf Egalität basierende Geselligkeit. In der Welt der Netzwerke wird der Einfluss nicht »an Reichtum und Macht [gemessen], sondern daran, wie gut man schreibt oder argumentiert« (Höflich 1995, S. 524).
• Die Partizipation an virtuellen Gemeinschaften erfordert folglich v. a. die »Fähigkeit, themenbezogen mitreden, oder besser: mitschreiben zu können« (ebd.). Daraus können sich aber auch neue Machtstrukturen ergeben: Heavy User sind nicht selten sehr argumentierfreudig, verfügen über eine hohe Einstellungsstärke und sind damit teilweise – bewusst – auch äußerst streitbar (für ein relativ aktuelles Beispiel vgl. Oetting 2012). Oft haben Vielnutzer bestimmte Sonder(wie [99]z. B. Administratoren-)Rechte – selbst bei Bottom-up-Projekten wie Wikipedia sind damit nicht alle Teilnehmer gleichberechtigt (vgl. Stegbauer/Bauer 2008; Cerquitelli et al. 2011, S. 25f; Roessing 2013).
• Der Umgangston in virtuellen Gemeinschaften (insbesondere in jenen, die Anonymität gewährleisten) ist daher nicht selten rau. Da die streitlustigen Nutzer oft die aktivsten und damit die geübtesten Diskutanten sind, können sie ungeübte und weniger auseinandersetzungsfreudige Nutzer zum Schweigen bringen und verdrängen, so finden sich in ihrer Meinung recht homogene Grüppchen zusammen.
• Dennoch realisieren die Teilnehmer in virtuellen Gemeinschaften ihre Interessen und Kommunikationsabsichten zusammen mit anderen. In vielen dieser Communitys gibt es daher eine »Verpflichtung auf gemeinsame Gebrauchsweisen, seien diese sozio-emotional oder informativsachbezogen motiviert« (Höflich 1995, S. 528; Hervorhebung i. Orig.). Diese beiden Nutzungsmotivklassen (Informationssuche und Bedürfnis nach Beziehungen bzw. Zugehörigkeit und Unterstützung) werden von der Community-Forschung in Untersuchungen zu unterschiedlichsten Gemeinschaften immer wieder bestätigt – darüber hinaus spielen auch Motive des Identitätsmanagements (z. B. Selbstbestätigung und -darstellung) eine bedeutende Rolle.
• Die Gebrauchsweisen manifestieren sich in sog. Medienregeln und »stellen eine intersubjektive Grundlage der Medienverwendung dar, die es der handelnden Person ermöglicht, ihre Kommunikationsabsichten erwartbar zu realisieren« (Höflich 1995, S. 529). Solche Medienregeln sind in zahlreichen virtuellen Gemeinschaften in Form von Verhaltenscodes (Netiquetten) festgelegt und beziehen sich auf Form und Ablauf der Kommunikation. Die Regelwerke enthalten nicht nur technische, sondern v. a. auch sozial-kommunikative Anleitungen – Gebote und Verhaltensstandards also, die von den Teilnehmern der jeweiligen Gemeinschaft einzuhalten sind. Weil die Teilnehmer elektronischer Gemeinschaften viel Zeit und Arbeit in den Aufbau einer Community stecken, sind sie i. d. R. an der Einhaltung dieser Standards interessiert und maßregeln Abweichler eigenständig.
• Um die dramaturgische Schwäche der Computerkonversation (z. B. ein Fehlen der Mimik und Gestik des Gegenübers) durch eine »elektronische Parasprache« auszugleichen, haben sich in der computervermittelten Kommunikation spezielle Zeichenkomplexe entwickelt. Diese Zeichen (-komplexe) dienen v. a. der interpretationsfördernden Kontextualisierung der schriftlich übermittelten Inhalte. Dazu gehören z. B. Abkürzungen und Akronyme (wie ROFL für ›Rolling on (the) floor laughing‹ – deutsch: sich lachend auf dem Boden kringeln) oder »die als Emoticons bezeichneten emotionsanzeigenden Ikone, wie die sog. Smileys« (Höflich 1995, S. 531), die Stimmungen (Spaß, gute Laune, Fröhlichkeit, aber auch das Gegenteil) vermitteln bzw. das Geschriebene in einen emotionalen Kontext setzen (z. B. Ironie).
3.3.6 Neue Begriffe?
Elektronisch mediatisierte Kommunikation eröffnet, wie dargelegt, kommunikative Möglichkeiten, die weder in der traditionellen Telekommunikation noch in der klassischen Massenkommunikation möglich waren. Sie wirken letztlich auch auf die Begrifflichkeiten zurück, die in der Kommunikationsforschung vorzufinden sind. Nicht nur Lutz Goertz meint, dass das bisherige Vokabular (Kommunikator, Rezipient) bei der Übertragung auf interaktive Medien nicht mehr greift (Goertz 1995, S. 484, vgl. z. B. auch Schweiger/Quiring 2007). Die Modifikation des Rezipientenbegriffs »wird notwendig, weil der Rezipient nun auch in den Kommunikationsprozess eingreifen kann, also nicht nur ›Aufnehmender‹ ist« (Goertz 1995, S. 484). Kommunikatoren hingegen produzieren im Extremfall [100](z. B. als Anbieter einer Plattform für nutzergenerierte Inhalte) im Internet überhaupt keine Aussagen mehr, sondern kontrollieren lediglich den technischen Ablauf der Kommunikation. Für die computervermittelte (Massen-)Kommunikation wurden daher von verschiedenen Autoren folgende Begriffsvorschläge vorgelegt (vgl. u. a. Goertz 1995, S. 484; Weinreich 1998; Schweiger/Quiring 2007; Bruns 2009):
alter Begriff | neuer Begriff |
Rezipienten | 1) Beteiligte, Partizipienten, Produser (aktiv) 2) Nutzer (aktiv und passiv-rezeptiv) 3) Lurker (passiv-rezeptiv) |
Kommunikatoren | Organisierende Beteiligte, Anbieter, Produzenten (i. S. v. klassischen Medien, Journalisten) |
Wie bereits erwähnt ermöglicht Interaktivität einen Rollenwechsel zwischen Sender und Empfänger. Dieses Kommunikationspotenzial kann, muss aber nicht ausgeschöpft werden. Während sich der Begriff ›Nutzer‹ sowohl für die Bezeichnung der aktiven (Inhalte produzierenden) wie auch passiv-rezeptiven Kommunikationsteilnehmer eignet, unterstreichen Begriffe wie ›Beteiligte‹, ›Partizipienten‹ oder ›Produser‹ die aktive Rollenausübung, der Term ›Lurker‹ (von englisch to lurk: sich versteckt halten) bleibt für die ausschließlich passiv-rezeptive Nutzung vorbehalten. Der Gleichklang der beiden Begriffe ›Beteilig-te‹ (im Sinne von aktiven Nutzern) und ›organisierende Beteiligte‹ (als neuer Begriff für Kommunikatoren) soll verdeutlichen, dass beide im Kommunikationsprozess »zumindest theoretisch auf einer Stufe stehen können« (Goertz 1995, S. 484; vgl. auch Bruns 2009).
Auch ist es unzutreffend, das Internet mit dem Begriff ›(Massen-)Medium‹ zu labeln (vgl. Beck 2010, S. 15ff): Während man »früher ein Gerät, einen Kommunikationsdienst und die zugehörigen Kommunikatorinstitutionen« (Goertz 1995, S. 484f) noch gleichsetzen konnte, wie z. B. beim Fernsehen, so können heute unterschiedliche Geräte funktional die gleichen Aufgaben wahrnehmen (man denke z. B. an die Zugangswege zum Internet: via Computer, Spielkonsole oder Fernsehgerät), und umgekehrt kann ein Gerät verschiedene Funktionen übernehmen (z. B. dient der Computer der Textverarbeitung, der Datenkommunikation oder auch als Fernsehgerät). Computervermittelte (Massen-)Kommunikation macht es folglich notwendig, statt mit gerätebasierten mit inhaltebasierten Definitionen zu arbeiten. Klaus Beck schlägt daher vor, Medien als »dauerhaft institutionalisierte und technisch basierte Zeichensysteme zur organisierten Kommunikation« (Beck 2010, S. 15) zu definieren und das Internet aufgrund seiner Vielgestaltigkeit und Heterogenität folglich als »technische Plattform oder Mediennetz« (ebd.) zu beschreiben, und nicht als ein Massenmedium an sich.
Die hier aufgezählten Begrifflichkeiten haben in der Kommunikationswissenschaft inzwischen Fuß gefasst, auch wenn sich bisher keine eindeutig durchsetzen konnte. Sie haben z. B. Eingang gefunden in eine modellhafte Darstellung computervermittelter (Gemeinschafts-)Kommunikation von Walter Hömberg und Roland Burkart (Hömberg/Burkart 1998). Die beiden Kommunikationswissenschaftler haben das auf die klassische Massenkommunikation bezogene Prozessmodell von Gerhard Maletzke (vgl. Maletzke 1963) modifiziert bzw. abgeändert und auf Prozesse sog. »elektronisch mediatisierter Gemeinschaftskommunikation« (Hömberg/Burkart 1998) übertragen. Auch neuere theoretische Konzeptionen, die partizipativen (Online-)Journalismus modellieren (vgl. z. B. Bruns 2009), berücksichtigen die neue Terminologie.
[101]3.3.7 Neue Kompetenzen
Noch nicht erwähnt wurde, dass sich in der elektronisch mediatisierten Kommunikation (insbesondere auch im Web 2.0) die Anforderungen an die kommunikative Kompetenz der Teilnehmer oder, um in der neuen Terminologie zu bleiben, der Beteiligten auf Nutzerseite erhöhen. Forscher diskutieren das unter dem Begriff ›Medienkompetenz‹ (Media Literacy). Medienkompetenz setzt sich zusammen aus (vgl. Krotz 1995, S. 455f; Sutter 2010; Potter 2012):
• der Kompetenz, auf der Suche nach geeigneten Kommunikationsangeboten mit »Informationsüberflutungen autonom umgehen« zu können (Krotz 1995, S. 455), aggressiven Kommunikationsangeboten »nicht zu unterliegen« (ebd.) und sich genau das an Informationen zu holen, was man braucht (die Selektions- und Beschaffungskompetenz);
• der Kompetenz, den multimedialen Charakter vieler Netzangebote auszuschöpfen, »also die Fähigkeit der Berücksichtigung aller darstellenden Formen Bild, Ton, Wort, Schrift [und Grafik]« (ebd.) – Krotz (1995, S. 455) nennt sie »Code-Kompetenz«;
• der Kompetenz, mit Geräten der computervermittelten Kommunikation (Computer, Smartphone o. Ä.) und mit Netzangeboten souverän umzugehen (»informationstechnische Kompetenz«; Krotz 1995, S. 455). Man denke z. B. an all die Daten, die über soziale Netzwerke von Jugendlichen preisgegeben werden, weil die Einstellungen zum Schutz der Privatsphäre komplex sind oder die Anbieter diesen Schutz unter Umständen gar nicht unterstützen (Stichwort: Transparenz im Web 2.0, vgl. Kap. 3.3.3); Dazu gehört allerdings nicht nur das Wissen, welche Einstellungen man vornehmen muss, um die Privatsphäre in virtuellen Netzwerken zu schützen, sondern auch das Bewusstsein, dass dies notwendig ist (vgl. z. B. Reinecke/Trepte 2008).
• die Kompetenz, »Status und Qualität, Wichtigkeit und Konsequenz einer Information« (Krotz 1995, S. 456) richtig einschätzen zu können (»Beurteilungskompetenz«).
Hier wird deutlich, dass elektronisch mediatisierte Kommunikation möglicherweise Wissensklüfte, aber auch Informations- und Kompetenzklüfte in der Gesellschaft begünstigen kann. Es ist nachgewiesen, dass formal höher gebildete junge Menschen sowie Personen mit höherem sozioökonomischem Status die Welt der computervermittelten Kommunikation rascher erobern, ihre Angebote nutzen und sich in ihr auch besser zurechtfinden. Da inzwischen jedoch mehr als drei von vier Deutschen im Netz sind und die Dienste im Web 2.0 zunehmend habitualisiert genutzt werden, scheint für industrialisierte westliche Gesellschaften ein Ende des digitalen Grabens in Sicht (vgl. van Eimeren/Frees 2011, 2012; Busemann/Gscheidle 2012). Dazu trägt sicherlich begünstigend bei, dass die materiellen Aufwendungen zur Anschaffung der Geräte sowie die Telekommunikationskosten, die die Teilnahme und Teilhabe an computervermittelter Kommunikation erfordern, seit Beginn der 2000er-Jahre deutlich gesunken sind.
Ebenso muss man auf die Problematik der Virtualisierung von Beziehungen und Gemeinschaften durch computervermittelte Kommunikation hinweisen. »Wenn die persönliche und private Kommunikation […] künftig in nennenswertem Umfang computervermittelt erfolgt, dann stellt sich die Frage, ob und in welchem Maße sich die Qualität unserer Sozialbeziehungen verändern wird« (Beck/Glotz/Vogelsang 2000). Dieses Gebiet wird intensiv erforscht.
Mit dem Thema elektronisch mediatisierte Kommunikation eröffnet sich für die Kommunikationswissenschaft ein neues und sich gegenwärtig rapide ausweitendes Forschungsfeld. Hier wurde nur versucht, den Begriff zu erläutern und einige seiner wichtigsten Facetten aufzuzeigen. Es ist hier hingegen nicht möglich, im Detail darzulegen, wie alle gesellschaftlichen Bereiche inzwischen von computervermittelter Kommunikation durchdrungen sind und welche Folgen daraus für Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik resultieren.
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