Читать книгу Mein langer Weg von Schlesien nach Gotha 1933–1950 - Heinz Scholz - Страница 11
Deutsche Helden
ОглавлениеIn die Kreisstadt Löwenberg sind wir mit unserem Lehrer öfter gegangen, man könnte auch sagen „marschiert“. Da mussten wir gemeinsam ins Kino und „staatspolitisch wertvolle Filme“ sehen. Mir fallen ein: „Unternehmen Michael“ – ein Kriegsfilm über unsere Helden in der Somme-Schlacht, „Verräter“ – ein Spionagefilm mit Willi Birgel, „Drei Unteroffiziere“ – ein Spielfilm über das Soldatenleben in unserer neuen Deutschen Wehrmacht – im Sinne von „Es ist so schön Soldat zu sein … “. Und in den „Reichshallen“ erlebte ich meine erste Theateraufführung, ein Gastspiel, das wir mit unserem Lehrer sahen. Der Titel, ich glaube: „Albert Leo Schlageter“. Ich weiß, wir litten unter dem tragischen Ausgang, denn jener tapfere deutsche Held wurde zum Schluß auf der Bühne von den Franzosen standrechtlich erschossen; das schürte natürlich unseren Zorn gegen den „bösen Erbfeind“!
Wir Jungen haben die verbilligten Kinobesuche sehr gern mitgemacht, aber wir haben natürlich nicht gewusst oder geahnt, mit welcher Absicht uns so „schöne“ Filme oder Geschichten vorgeführt wurden. Wir fanden sie jedenfalls „knorke“! – Ein patriotisches Hochgefühl erzeugten in mir die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Täglich verfolgten wir den Verlauf der Wettkämpfe, wir freuten uns riesig über die vielen Siege der deutschen Olympiamannschaft, und der Jubel kannte keine Grenzen, als Deutschland mit 33 Goldmedaillen als beste Nation den Gesamtsieg errungen hatte. Wir waren die „Besten“, und damit erwies sich von neuem, dass wir Deutschen ja „unschlagbar“ waren! Wieder zogen wir Schulkinder nach Löwenberg ins Kino und sahen dort den triumphalen zweiteiligen Dokumentarfilm von Leni Riefenstahl über die Olympischen Spiele in Berlin mit den grandiosen Siegen der deutschen Sportler aus Hitlerdeutschland. Noch Jahre danach konnte ich alle deutschen Goldmedaillengewinner auswendig dahersagen: Gerhard Stöck, Hans Wölke, Lutz Long, Oberleutnant Handrik und all die anderen … . Und natürlich liebten wir Max Schmeling, unseren großen deutschen Boxer und Weltmeister, und waren mächtig stolz, als er den amerikanischen „Neger“-Boxer Joe Louis auf grandiose Weise besiegt hatte.
Und nicht zu vergessen unsere großen Kriegshelden: Otto Wedding, den erfolgreichen U-Bootkommandanten von U 9 und Manfred von Richthofen, den siegreichen Jagdflieger, ein Schlesier, der im 1. Weltkrieg 80 feindliche Flugzeuge abgeschossen hatte! Selbstverständlich auch Lettow-Vorbeck, den Sieger im Kolonialkrieg in Ostafrika, oder der tapfere Pionier Klinke, der beim Sturm auf die Düppeler Schanzen die Festungsbarrikaden mit sich selbst in die Luft gesprengt und damit den Weg frei gemacht hatte für seine nachfolgenden Kameraden. Gut kannte ich mich auch aus mit dem „Schliefen-Plan“ von 1914 und mit den Schlachten Friedrich des Großen, hatten wir doch auch in den Filmen „Der Große König“ und „Der Choral von Leuten“ miterlebt, wie tapfer der Große Preußenkönig – gemeinsam mit seinen einfachen Grenadieren – bis zum Letzten gekämpft hatte gegen eine Übermacht von Feinden.
Als wir zu Hause endlich ein eigenes Radio einschalten konnten, hörten wir Jungen auch des Sonntags die Rundfunkreportagen von den großen Autorennen auf der Avus, auf dem Nürburgring, in Monaco oder Tripolis. Wir waren nun mit Begeisterung dabei, wenn unsere deutschen Rennfahrer, Bernd Rosemeier, Hans Stuck, Rudolf Carraciola, Herman Lang und Manfred von Brauchitsch, in ihren deutschen Rennwagen Mercedes und Auto-Union Sieg um Sieg für Deutschland erkämpften. „Deutsche Wertarbeit“ und „Deutsche Tüchtigkeit“ – das konnten wir doch nicht übersehen.
Löwenberg in Schlesien. Blick auf die „Löwenberger Schweiz“ und Nieder-Mois. Postkarten: Sammlung Harald Rockstuhl