Читать книгу Carringo und die heiße Spur nach Cordoba: Western - Heinz Squarra - Страница 8
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ОглавлениеCarillo Taragon saß in seinem großen Ohrensessel hinter dem Schreibtisch im Office seiner Tuchhandlung und blickte auf die Tür.
Draußen war Hufschlag zu hören. Hunde knurrten laut. Ein großer Reiter zügelte sein Pferd vor dem Fenster des Office und saß ab. Die Tür wurde geöffnet, ohne dass der Mann angeklopft hatte. Von zwei kalbsgroßen Bluthunden mehr gezogen als gehend trat der Mann ein, den Taragon dazu ausersehen hatte, Marido umzubringen.
„Halt!“, rief Jack Saunders scharf und riss die Bluthunde vor dem Schreibtisch schroff zurück.
Sie knurrten den Tuchhändler an, fletschten die Zähne und zerrten an den Leinen.
„Platz!“, befahl der Fremde.
Da ließen sie sich nieder.
Carillo Taragon saß in den Sessel gepresst und wie erstarrt. Die Hunde waren gewaltiger, als er sich vorgestellt hatte. Es fiel ihm schwer, den Blick von den massigen, gefährlichen Tieren zu lösen und den Mann anzuschauen.
„Mein Name ist Saunders, Señor.“ Der große Fremde lächelte ein wenig. Er hatte breite Schultern und ein hartes Gesicht mit scharfen, kalten Augen. Sein Hemd stand offen. Darunter trug er ein Lederband um den Hals, an dem Bärenzähne befestigt waren.
„Ja, ich weiß“, erwiderte der Tuchhändler heiser.
„Also, um was geht es?“
„Bitte, setzen Sie sich doch, Señor Saunders.“ Taragon zeigte auf einen Stuhl.
Der große Jack Saunders blickte in die angegebene Richtung, befahl die wieder knurrenden Hunde zurück und setzte sich auf den für ihn bestimmten Platz.
Taragon zog ein großes Tuch aus der Tasche und wischte sich über das in Schweiß gebadete Gesicht. Er hatte noch niemals einen Mordauftrag erteilt und merkte erst jetzt, wie schwer das war.
„Also?“, fragte Jack Saunders noch einmal ungeduldiger als vorher. „Ich wette, Sie haben Ärger, den ich Ihnen vom Halse schaffen soll, wie?“
„In der Tat, so ist es.“ Taragon wischte noch einmal das Gesicht ab, steckte das Tuch dann jedoch ein. „Es geht um einen höchst seltsamen und sehr merkwürdigen Mann. Um einen Asiaten. Er hat ein Kind zu mir gebracht und ist unterwegs nach Norden. Ich möchte … Nun, er ist mir im Wege, wie Sie bereits sagten.“
Jack Saunders grinste, was die eisige Kälte nicht aus seinen Augen zu verbannen vermochte. „Wusste ich es doch. Und wie viel?“
„Bitte?“
„Wie viel ist Ihnen das wert?“
„Ach so. Sie meinen, wie viele Pesos ich dafür ausgeben will? Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, Señor Saunders.“
„Dreitausend Pesos.“
Taragon dachte gar nicht daran zu feilschen, obwohl ihm sein Geschäftssinn augenblicklich sagte, dass dies möglich wäre.
„Einverstanden“, erwiderte er sofort. „Wenn der Kerl nur tot ist.“
„Wie heißt er?“
Taragon nannte Maridos Namen und beschrieb den seltsamen Japaner, der nach seinen Worten eher kauzig denn gefährlich war. Er ging zu seinem Tresor, entnahm ihm tausend Pesos und gab diese unaufgefordert als Anzahlung auf den Mordlohn.
Jack Saunders erhob sich. Sofort sprangen seine Hunde knurrend in die Höhe und machten Miene, den Mann anzugreifen, der wieder hinter dem Schreibtisch in seinem Sessel saß und so steif wirkte, als hätte er einen Stock verschluckt.
„Zurück!“, kommandierte Saunders schroff.
Die Hunde gehorchten. Der Mann steckte das Geld ein.
„Dieser Marido ist schon so gut wie tot, Señor“, versprach er großspurig. „Dafür sorgen meine Hunde.“
Taragon versuchte, nicht auf die Hunde zu schauen.
„Noch etwas. Ich brauchte einen Gegenstand, den der Kerl in den Händen gehabt hatte.“
„Wozu das?“
„Für meine Hunde, Señor.“
„Für die Hunde?“ Taragon blickte voller Furcht auf die riesigen Tiere, die ihn wahrscheinlich angesprungen hätten, wären sie nicht von den festen Lederriemen gehalten worden. In ihrer Gier lief ihnen Speichel aus den Mäulern, ohne dass sie es merkten.
„Sie müssen die Spur des Japaners aufnehmen“, erklärte Saunders. „Und wenn sie diese einmal verlieren, werden sie sie leichter wiederfinden.“
„Ah, daran dachte ich nicht.“ Taragon schob den Sessel mit laut über den Boden kratzenden Beinen zurück, erhob sich und ging zur Tür. die zu seiner Wohnung führte. Als würde er fliehen, so stürzte er hinaus.
Die Hunde knurrten. Saunders schimpfte mit ihnen mit verhaltener Stimme. Taragon redete mit seiner Frau, was der Amerikaner zwar hörte, ihn aber nicht interessierte. Er blickte sich in dem Office um, in dem alles auf einen reichen Mann hindeutete.
Eine Minute später kehrte der Tuchhändler bereits zurück und legte eine zusammengerollte Decke auf den Schreibtisch.
„In sie war das Kind gewickelt, das er hier ablieferte. Er muss es die meiste Zeit bei sich im Sattel gehabt haben.“
„Großartig.“ Saunders zog abermals die Hunde zurück und nahm die Decke vom Tisch. „Legen Sie inzwischen die restlichen zweitausend Pesos bereit, Señor. Ich hole sie bald ab!“
Draußen verklangen Hufschlag und Hundeknurren.
Taragon saß zurückgelehnt, zog das große Tuch aus der Tasche und wischte sich noch einmal den Schweiß ab. Er atmete auf. Das war überstanden. Marido würde bald – von den Hunden zerfetzt – der Vergangenheit angehören.
In den hinteren Räumen des Hauses ertönte ein Schrei. Die Frau schimpfte, und ein Klatschen war zu hören.
Taragon sprang auf, lief zu der Tür und stieß sie mit solcher Wucht auf, dass sie gegen die Wand knallte und die Fensterscheiben klirrten. Mit hochrotem Kopf watschelte die fette Frau aus einem anderen Zimmer und hieb die Tür hinter sich zu.
„Was ist geschehen?“, fragte der Tuchhändler erbost.
„Er lehnt mich ab!“
„Jellico?“
„Wer sonst.“ Sie blickte wütend auf den linken Handballen. „Da! Er hat mich gebissen.“
„Du musst ihn mit Sanftmut behandeln, Frau. Wir sind für ihn Fremde, an die er sich erst gewöhnen muss.“
„Er hasst mich!“
„Du bist ihm fremd. Und du bist jähzornig und gibst dir keine Mühe mit ihm. Bedenke doch, was es bedeutet, wenn er uns als seine Eltern anerkennt. Alles können wir dann haben, was ihm jetzt gehört. Es wird unser sein.“
„Er hat mich gebissen“, wiederholte die Frau stur. „Er lehnt mich ab. Carillo!“
Der Tuchhändler ging auf seine fette Frau zu, packte ihre Oberarme und schüttelte sie. „Gib dir Mühe mit ihm, verdammt. Es zahlt sich für uns aus! Er ist noch klein. Ein Bäumchen, das man biegen kann. Sanftmut, verstehst du? Sanftmut!“
Sie riss sich los und schimpfte, so dass ihm die Nerven durchgingen und er ihr klatschend die flache Hand ins Gesicht schlug. Sie schwankte, mehr überrascht als hart getroffen, und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
Doch bevor die fette Frau etwas zu sagen vermochte, erklärte ihr Mann noch einmal schroff: „Du wirst ihn mit Sanftmut behandeln. Du sollst um seine Liebe werben. Ja, um seine Liebe. Wir müssen ihn an uns und an dieses Haus gewöhnen, bis er es als sein Zuhause anerkennt. Dann wird uns das Hilton-Vermögen gehören!“
Auf der Wange der Frau hatte sich ein feuerroter Fleck gebildet. Die Wut auf ihren Mann war aus ihren Augen verschwunden, weil seine Argumente ihre Gier erneut anstachelten.
„Vergiss es nie, Frau“, sagte er eindringlich, aber leise und versöhnlich.
Sie stand auf, nickte, wandte sich ab und verließ den Raum.
Taragon drehte sich um und ging zum Fenster. Auf der nach Nordosten führenden Straße konnte er den Reiter mit seinen beiden Bluthunden nicht mehr sehen.
Jack Saunders war unterwegs, um Marido zu töten.
Taragon brauchte nur an die blutgierigen Bestien zu denken, um überzeugt zu sein, dass dem Gringo dies leicht gelingen würde.