Читать книгу Landschaftsfotografie in Deutschland - Heinz Wohner - Страница 13
ОглавлениеBILDBEARBEITUNG UND FILTER
Die wenigsten Bilder sind schon absolut perfekt, so wie sie aus der Kamera kommen. Gerade in der Landschaftsfotografie wollen sie oft noch ein wenig nachbearbeitet werden und »den letzten Schliff« bekommen. Das ist auch völlig legitim und unumgänglich, soweit es sich in einem gewissen Rahmen bewegt. (Kleiner Kalauer am Rande: Wie weit man diesen »gewissen« Rahmen fassen möchte, ist eine Frage des persönlichen »Gewissens«).
Dennoch verzichte ich hier auf ein ausführliches Kapitel zum Thema Bildbearbeitung. Dazu gibt es genügend eigene Fachbücher. Mit ein Grund ist aber auch, dass ich in meiner eigenen Arbeit – wohl auch meinem Alter geschuldet – recht »Old School« geprägt bin. So wie ich es schon im Analog-Zeitalter gelernt und praktiziert habe, bemühe ich mich auch digital darum, dass das Bild möglichst schon bei der Aufnahme »steht«. Meine Nachbearbeitung beschränkt sich meist auf das Arbeiten am Kontrast und ein wenig an der Farbigkeit, so wie man das früher auch in der Dunkelkammer gemacht hat. Anders als in der analogen Dunkelkammer kann man dies digital natürlich erheblich gezielter und präziser. Ebenso nutze ich gerne die Möglichkeit, große Helligkeitsunterschiede im Bild durch Belichtungsreihen auszugleichen und so aus den unterschiedlich belichteten Aufnahmen das eine perfekt belichtete Bild zu erzeugen.
Blick über die Höhenzüge der Eifel an einem leicht dunstigen Herbstnachmittag. Die blasse Sonne war zwar schon unterwegs Richtung Horizont, die rötliche Färbung des recht milchigen Himmels habe ich allerdings in der Bearbeitung noch ein gutes Stück verstärkt und den Himmel auch mit einem Verlaufsfilter nachgedunkelt. Die bunte Färbung des Herbstlaubs wurde durch eine Anhebung des Kontrasts noch stärker zum Leuchten gebracht.
Für die meisten sicherlich ein gänzlich »harmloses« Beispiel an Bildbearbeitung, für absolute »No Filter«-Puristen jedoch wäre vielleicht hier schon diskussionswürdig, was an Eingriffen legitim ist und was nicht.
Es kommt dabei meiner Meinung nach sehr auf das richtige Maß an. Sicherlich kann man in der Nachbearbeitung ganz enorm an einem Bild »herumschrauben«, und es ist mir auch einsichtig, wie verführerisch das sein kann. Aber ich finde doch nach wie vor, es ist nicht das nachträgliche »Editing«, was ein gutes Bild ausmacht, sondern die Bildidee und -gestaltung vor Ort bei der Aufnahme, und ihr sollte meiner Meinung nach auch stets die eigentliche Bemühung gelten. Es gibt unzählige »kreative Tools«, mit denen man aus einem Bild etwas völlig anderes machen kann als man bei der Aufnahme vor sich gehabt hat. Das kann auch seine Berechtigung haben, und ich will darüber nicht urteilen. Digitale Bildbearbeitung ist in der Fotografie ein ebenso selbstverständliches künstlerisches Mittel geworden wie Farbe und Pinsel in der Malerei, und es gibt großartige Werke, die auf andere Art und Weise gar nicht möglich gewesen wären. In der Landschaftsfotografie sollte man jedoch sparsam und vorsichtig damit umgehen, zumindest wenn man real existierende und keine Fantasie-Landschaften zeigen möchte. Mein Ziel bei der Arbeit ist es jedenfalls, dass das Bild möglichst dem entspricht, was ich beim Fotografieren vor Ort gesehen und empfunden habe.
Das Abendrot über den Höhenzügen der Rhön kann da schon viel eher als Beispiel eines bearbeiteten Bildes stehen. Natürlich musste die Landschaft im Vordergrund deutlich aufgehellt werden im Verhältnis zum Himmel, und ebenso sind Kontrast und Farbsättigung insgesamt verstärkt worden. Etwas übertrieben erscheint allerdings die dramatische Farbigkeit des Abendhimmels, jedoch gehört sie wirklich zu den schönsten, die ich bislang erleben durfte.
35 mm, Blende 11, 1/30 Sekunde, ISO 200
24 mm, Blende 11, Belichtungsreihe von 1/10 bis 1/100 Sekunde, ISO 200
VERLAUFSFILTER ODER BELICHTUNGSREIHE
Zu den am meisten verwendeten Filtern in der Landschaftsfotografie gehört der Verlaufsfilter. Er ist zur Hälfte neutralgrau eingefärbt und kommt dann zum Einsatz, wenn ein großer Helligkeitsunterschied im Bild ausgeglichen werden muss. Besonders bei Gegenlichtaufnahmen oder beim Fotografieren in der Dämmerung morgens und abends, wenn die Sonne noch oder schon hinter dem Horizont steht, erscheint der Himmel im Verhältnis zur unbeleuchteten Landschaft wesentlich heller als tagsüber bei Sonnenschein.
Der Verlaufsfilter lässt sich in seiner Filterhalterung verschieben, dadurch kann man entsprechend der Bildgestaltung seine genaue Position anpassen. Die graue obere Hälfte des Filters dunkelt dann den Himmel ab, während die klare untere Hälfte die Belichtung der Landschaft nicht beeinflusst. So gleicht man die Helligkeitsunterschiede zwischen Himmel und Landschaft aus und kommt dennoch mit einer einzigen Belichtung zum korrekt belichteten Bild. Der Vorteil dieser Methode ist es, dass man die Wirkung des Filters schon bei der Aufnahme am Kameradisplay betrachten und beurteilen kann. Das funktioniert sehr gut, solange man einen relativ freien und geradlinigen Horizont hat wie im Bild links.
Ragen jedoch Objekte aus dem dunklen Vordergrund in den zu hellen Himmel hinein wie im Bild auf der nächsten Seite, stößt der Einsatz des Verlaufsfilters an Grenzen. Er würde die obere Hälfte des Felsens ebenso stark abdunkeln wie den Himmel und nur den unteren Teil so hell erscheinen lassen wie den restlichen Vordergrund. Das Ergebnis wäre eine sehr unnatürliche Bildwirkung. Hilfreich ist hier eine Reihe aus mehreren unterschiedlichen Belichtungen von hell nach dunkel. In der Bildbearbeitung lassen sich diese dann zu einem einzelnen, korrekt belichteten Bild zusammensetzten. Anders als der Einsatz von Verlaufsfiltern ist diese Methode meiner Meinung nach deutlich präziser, jedoch nicht zuletzt durch die Nachbearbeitung auch aufwendiger. Voraussetzung dafür ist allerdings das Fotografieren vom Stativ, denn um die unterschiedlichen Belichtungen zu einer einzigen zusammenzufügen, müssen diese absolut deckungsgleich sein, was nur vom Stativ aus sicher möglich ist.
Zwar ist auch das linke Bild der Abenddämmerung am Großen Arber im Bayerischen Wald über eine Belichtungsreihe entstanden, deren einzelne Belichtungen dann in der Bildbearbeitung zusammengesetzt wurden, doch der Einsatz eines Verlaufsfilters hätte wegen des recht geradlinigen Horizonts wohl ein ganz ähnliches Ergebnis zustande bringen können.
Das Bild vom Sonnenaufgang am Dreisesselberg wäre jedoch mit Verlauffilter so nicht möglich gewesen. Hier ist die Belichtungsreihe die bessere Wahl. Die Nachbearbeitung kann dann mit einem HDR-Programm oder manuell erfolgen. HDR bedeutet »High Dynamic Range«: Ein solches Programm rechnet die unterschiedlichen Belichtungen von Motiven mit sehr großen Helligkeitsunterschieden automatisch zu einem Gesamtbild zusammen, bei dem keine Stelle im Bild über- oder unterbelichtet ist. Die Ergebnisse sind dann sehr ausgeglichen, können aber eben deshalb auch ein wenig unnatürlich und übertrieben wirken. Wenn es in der Landschaftsfotografie so wie hier nur um den Ausgleich von hellem Himmel zu dunkler Landschaft geht, bevorzuge ich daher das manuelle Ausarbeiten. Dabei wird der korrekt belichtete Vordergrund mitsamt dem Felsturm mit einem weich eingestellten Lasso-Werkzeug ausgeschnitten und in die dunklere Belichtung des Himmels an die Originalposition hineinkopiert. Das ist anfangs ein bisschen diffizil, und es braucht vielleicht auch mehrere Schritte, in denen die helle Belichtung in die jeweils nächst dunklere hineinkopiert wird, damit die Übergänge von einer Belichtung zur nächsten fließend sind und am Ende eine natürliche Wirkung entsteht, die derjenigen entspricht, die wir auch vor Ort wahrgenommen haben.
21 mm, Blende 11, Belichtungsreihe 1/2 – 1/15 Sekunde, ISO 200
18 mm, Blende 11, 70 Sekunden, ISO 200
ND-FILTER
Recht beliebt in der Landschaftsfotografie sind zur Zeit die sogenannten ND-Filter, also neutralgraue Filter unterschiedlicher Dichte, durch deren Einsatz man die Belichtungszeit ganz erheblich verlängern kann. Nicht nur fließendes Wasser lässt sich so in Bewegung darstellen, auch ziehende Wolken sind ein oft gesehenes Motiv. Es gibt die Filter in verschiedenen Stärken und daraus resultierenden Verlängerungsfaktoren. So reduziert ein ND8-Filter die Lichtdurchlässigkeit auf 12,5 %, was einer Anzahl von 3 Blendenstufen gleichkommt. Bei ND64 sind es schon 6 Blendenstufen, bei ND1000 10 Blenden. Anders ausgedrückt: Mit ND8-Filter muss achtmal so lange belichtet werden wie ohne Filter, mit ND64 entsprechend vierundsechzigmal, mit ND1000 tausendmal so lange. Im Extremfall sind auch 20 und mehr Blendenstufen möglich. Damit sind also selbst am hellen Tag bei Sonnenschein Langzeitbelichtungen machbar.
Bei Langzeitbelichtungen in der Dämmerung sind ziehende Wolken nachvollziehbar, am hellen Tag können sie schnell unnatürlich erscheinen. Ebenso verschwimmen die bewegten Meereswellen leicht zu einer nebligen Fläche, die schon fast nichts mehr mit Wasser gemein hat. Hier ist es also wieder eine Frage der persönlichen Einstellung, wie weit man damit geht und was dabei noch als eine natürliche Wirkung bzw. sinnvoll scheint.
POLARISATIONSFILTER
Ein wenig aus der Mode gekommen scheint dagegen gerade der Polarisationsfilter, auch bei mir. Nicht unbedingt zu Recht, denn seine schon aus der analogen Fotografie bekannte Wirkung kann nur durch die Verwendung bei der Aufnahme erreicht werden, nur eingeschränkt jedoch im Nachhinein in der Bildbearbeitung. Die physikalisch-technische Funktionsweise muss uns hier nicht unbedingt interessieren; wichtig sind die Effekte des Polarisationsfilters in der Fotografie. Er dient zum einen der Verdunkelung des blauen Himmels, zum anderen der Reduktion von Reflexionen auf spiegelnden Flächen, in der Landschaftsfotografie also meist der Wasseroberfläche von Seen oder Bächen. Auch die Farbsättigung wird so deutlich verstärkt. Die gewünschte Intensität lässt sich durch Drehen des Filters in seiner Halterung stufenlos einstellen und im Sucher beobachten. Die Wirkung ist abhängig vom Winkel zur Sonne, am stärksten ist sie bei einem Winkel von 90 Grad, also seitlichem Sonnenlicht. Bei Gegenlicht oder mit Sonne im Rücken hat ein Polfilter praktisch keinen Effekt.
Die Verdunkelung des blauen Himmels kann sich bei Weitwinkelobjektiven je nach Blickrichtung nur in einem Teilbereich des Bildes besonders stark bemerkbar machen, was unter Umständen sehr unnatürlich wirkt. Da ist Fingerspitzengefühl nötig, zumal ein blauer Himmel auch in der Nachbearbeitung recht einfach dunkler zu bekommen ist. Im Gegensatz dazu bleibt die Reduktion von Spiegelungen die unangefochtene Stärke des Polfilters, die anders nicht zu haben ist. Doch auch hier ist es eine Frage der Dosierung, ob man die Wirkung noch als natürlich empfindet, denn ein vollständiges Ausschalten aller Spiegelungen kann eine Landschaft auch stumpf und leblos erscheinen lassen. Für den vorsichtigen Einsatz des Polfilters spricht außerdem, dass dabei eine Verlängerung der Belichtungszeit von bis zu zwei Blendenstufen berücksichtigt werden muss. Das kann dann schnell den Einsatz eines Stativs erforderlich machen.
Insel im Eibsee 70 mm, Blende 11, 1/60 Sekunde, ISO 200
Bergahorn im Hintersteiner Tal, Allgäu 20 mm, Blende 11, 1/40 Sekunde, ISO 200