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Kapitel 3

Die Band besaß ein Wohnmobil, das in seinen Ausmaßen einer mehr als geräumigen Wohnung alle Ehre gemacht hätte. Für jeden der Musiker, sowie den Manager, gab es eine Schlafkabine, dazu eine Küche, ein Bad und einen Aufenthaltsbereich, der von einem großen Esstisch und mehreren Stühlen dominiert wurde. Die größte Koje allerdings hatte Bones bekommen, nicht zuletzt wegen seiner Körperlänge.

Er war verschwitzt und ausgelaugt von der Bühne gestiegen, hatte nichts und niemanden mehr zur Kenntnis genommen und war zum Wohnmobil gegangen, das in einem abgesperrten und bewachten Bereich hinter der Halle geparkt war.

Auf Tour sein, war die Hölle, fand er. Im Moment wusste er nicht einmal, wo sie sich befanden.

Für seinen Spruch: »Es ist großartig, hier in ... zu sein«, ließ er sich immer einen kleinen Zettel schreiben und an den Mikrofonständer kleben. Er nannte dann den Ort und vergaß ihn wieder. Da er sowieso nicht mehr als die Halle zu sehen bekam, spielte es auch keine Rolle. Früher hatte er immer versucht, wenigstens ein paar Stunden durch die jeweilige Stadt zu fahren, aber das hatte er aufgegeben. Die Zeitpläne waren so eng, das Budget so gering, dass er nur das sah, was an ihm vorüberzog, wenn der Bus fuhr.

Sein Haar klebte nass an seinem Kopf und seine Ohren waren noch taub vom Schreien der Menge und der Lautstärke der Musik. Seine Nerven waren angespannt wie die Saiten seiner Gitarre, doch innerlich fühlte er sich vollkommen leer. Er hatte alles gegeben. Es war nichts mehr übrig. Kurz schloss er die Augen, atmete die kühle Nachtluft ein und drückte dann die Klinke runter.

Unter die Dusche und dann schlafen, bis sie am nächsten Ort auf der Liste ankamen. Sein Magen knurrte, doch er war zu erschöpft, um zu essen. Seine Arme zitterten vom intensiven Gitarrenspiel. Und die Wunde an seiner Seite schmerzte wieder.

Als er den Bus bestieg, war er leer. Bones war der Erste, der zurückgekommen war. Er liebte diese wenigen ruhigen Minuten, bevor das Inferno hereinbrach. Wenn seine Bandkumpels mit Anhang johlend und grölend einfielen wie der Hunnensturm.

Er betrat das Bad, das mit hellem Holz verkleidet war wie das ganze Wohnmobil. Modernste Technik überall. Leise Musik erfüllte die Luft. Mit müden Griffen zog er sein schweißnasses T-Shirt über den Kopf. Solange er noch den Verband tragen musste, konnte er nicht wie gewohnt mit freiem Oberkörper auf die Bühne. Die Schlagzeilen und Spekulationen konnte er sich vorstellen. Die brauchte er weiß Gott nicht auch noch. Er öffnete seinen Gürtel und stieg aus der Jeans. Dann wickelte er vorsichtig den Verband ab und betrachtete die Wunde. Ein gelbliches Sekret überzog die Naht und er wusste nicht, ob das so sein sollte.

Als er das Wasser kontrolliert hatte, wegen der richtigen Temperatur, stieg er in die Duschkabine.

Unter der Dusche wurde die Taubheit in seinem Kopf, die vom Bier während des Auftritts kam, langsam vom sprudelnden Wasser aufgelöst. Er begann, sich besser zu fühlen. Für Minuten stand er starr unter dem Strahl. Sein Haar klebte wie schwarzer Lack an Schultern und Rücken. Dann stützte er sich mit beiden Händen an den Kacheln ab und ließ seinen Kopf sinken, sodass sein Nacken massiert wurde.

In Wahrheit war er am Ende. In jeder Hinsicht. Die Sache mit dem Dealer hatte ihn in diesem Wissen bestätigt. Er wurde die Leere nicht los. Und auch jetzt konnte er nur an den nächsten Gig denken. Einer nach dem anderen. Keine Pause. Und nach der Tour zurück ins Studio. Und von dort auf Promo-Tour und dann wieder Auftritte.

Wie ein riesiger schwarzer Berg lag das alles vor ihm. Er kletterte und kletterte und kam niemals oben an. Immer die gleichen Songs, das gleiche Geschrei. Ein schwarzes Meer aus Gesichtern zu seinen Füßen. Die leuchtenden Displays der Handys, die sich ihm entgegenreckten. Er ertrug dieses Leben nicht mehr. Vor Wochen schon hatte er Woodrow gefragt, wann er mal ein paar Tage frei machen könnte, doch dieser hatte ihm nur seinen Kalender vor die Nase gehalten und Blatt für Blatt gewendet. Jede Seite vollgekritzelt mit Terminen.

»Mensch, Bones ... Im Moment läuft es saugut für euch ... Willst du das etwa kaputtmachen?«

Und er hatte akzeptiert. Es gab Rechnungen zu bezahlen. Viele Rechnungen. Und jede einzelne ging ihm durch den Kopf. Geld verdienen ließ sich nur mit dem Touren.

Plötzlich öffnete sich die Tür der Duschkabine. Bones blickte blinzelnd durch den Wasserstrahl hindurch. Vor ihm stand eine junge Frau. Ihr schwarz gefärbtes Haar war straff zurückgebunden und sehr weit oben auf dem Kopf zu einem langen Zopf geflochten. Sie trug ein schwarzes Lack-Korsett, das genauso aussah wie ihr Haar. Darunter einen Lederminirock, der an beiden Seiten bis zum Gürtel geschlitzt war.

Er beobachtete das Duschwasser, das jetzt aus der Kabine floss und den Boden um ihre Plateaustiefel herum überschwemmte.

Sie lächelte mit strahlend roten Lippen, die etwas über den Mund hinaus gemalt waren, um ihn größer wirken zu lassen. »Na?«, sagte sie gedehnt.

Bones drehte das Wasser ab und stieg aus der Dusche, indem er sich an ihr vorbeischob. Er brauchte nichts sagen, sie folgte ihm auch so bis in seine Schlafkoje. Nackt und nass wie er war, legte er sich hin, die Füße auf dem Boden. Sie leckte ihre tiefroten Lippen und kniete sich zwischen seine Schenkel.

»Ich liebe deinen Schwanz«, gurrte sie und der Triumph stand ihr ins Gesicht geschrieben.

»Dann zeig, was du kannst ...«, erwiderte Bones.

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