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2 Verarbeitung von Medieninhalten1

Lernziele

1 Sie lernen die Grundlagen der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung kennen.

2 Sie verstehen, wie Medieninformationen abgespeichert, gelernt und abgerufen werden können.

3 Sie erlernen die Grundlagen für die Erklärung von verschiedenen Phänomenen bei der Rezeption von Medienbotschaften, wie die Erinnerung und das Verständnis von Nachrichten oder Spielfilmen.

2.1 Theoretische Grundlagen von kognitiven Prozessen bei der Medienrezeption

Bei der Verarbeitung von Medienbotschaften, beispielsweise bei Nachrichten oder Spielfilmen, nehmen Rezipienten in der Regel eine aktive Rolle ein. Sie selektieren wichtige Informationen von unwichtigen, integrieren die Informationen in bestehende Wissensschätze, lernen neue Informationen, speichern diese ab und können sie – unter bestimmten Bedingungen – später wieder abrufen. Aktiv bedeutet dabei nicht zwangsläufig, dass sich die Rezipienten jedes einzelnen Schrittes bewusst sind und diese willentlich beeinflussen. Viele Prozesse laufen auch ganz automatisch ab, im Grunde wie auf Autopilot. Für das Verständnis dieser grundlegenden Prozesse ist es notwendig, dass wir uns in diesem Kapitel mit den kognitiven Grundlagen der Rezeptionsforschung beschäftigen. Darunter fällt die Beschreibung des menschlichen Denkens und Verstehens bei der Nutzung von unterhaltungs- oder informationsorientierten Medienangeboten und der damit verbundenen Prozesse wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Informationsverarbeitung und Informationsspeicherung. Wir lernen in diesem Kapitel grundlegende Prozesse bei der Medienrezeption kennen. Viele der im Folgenden vorgestellten Konzepte und Modelle stammen aus der psychologischen Kognitionsforschung. Sie liefern einen wichtigen Hintergrund für die folgenden Kapitel in diesem Buch.

Der kognitive Apparat des Menschen

Ein Begriff, der in der Rezeptionsforschung eine sehr große Rolle spielt, ist Kognition. Unter Kognition versteht man vereinfacht die Gesamtheit der informationsverarbeitenden Prozesse und Strukturen eines intelligenten Systems (vgl. z. B. Kluwe, 2001; Wirth, 1997). Darunter fallen eine Reihe von Phänomenen wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken, Problemlösen sowie Sprachverarbeitung und Sprachproduktion. All diese Eckpfeiler sind eng miteinander verbunden. Wir können uns den Begriff Kognition im Allgemeinen als einen Prozess vorstellen, der mehrere Stufen zwischen einem Reiz und einer dadurch verursachten Reaktion beschreibt. Bezogen auf die Medienrezeption erklärt die kognitive Perspektive, wie Menschen beim Umgang mit Medien Informationen wahrnehmen, sie aufnehmen, verarbeiten, abspeichern und wieder abrufen können.

Definition: kognitive Prozesse

Unter kognitiven Prozessen bei der Medienrezeption versteht man alle informationsverarbeitenden Vorgänge, die ab der Wahrnehmung eines Reizes bis zur dadurch verursachten Reaktion ablaufen. Darunter fallen Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken, Problemlösen, Sprachverarbeitung und Sprachproduktion.

Seit der sogenannten kognitiven Wende in den 1970er-Jahren wird der kognitive Apparat des Menschen in der psychologischen Grundlagenforschung vereinfacht in Analogie zu einem Computer beschrieben, der Informationen aufnehmen, verarbeiten und abspeichern kann und dessen Rechenleistung begrenzt ist (vgl. Neisser, 1974; Schank & Abelson, 1977). Ausgangspunkt fast aller psychologischen Modelle des menschlichen kognitiven Apparates ist daher die Annahme, dass die Umgebung eines Organismus als interne Repräsentation abgebildet und gespeichert werden kann. Der kognitive Apparat wird dabei als ein informationsverarbeitendes System verstanden, das durch seine Sinnesorgane Informationen aufnimmt, sie in interne Repräsentationen umwandelt, sie verarbeitet, aber auch verändern und reproduzieren kann. Die Verarbeitung der wahrgenommenen Informationen – beispielsweise einer Fernsehnachricht – erfolgt dabei immer auf Basis der bisher gespeicherten Informationen bzw. des bisher vorliegenden Wissens oder der bestehenden Prädispositionen der Rezipienten.

Schon auf Basis dieser vereinfachten Vorstellung wird deutlich, dass interne Repräsentationen kein simples Abbild der Umgebungsinformation darstellen. Dies hat mindestens zwei Gründe:

 Erstens operiert der kognitive Apparat hoch selektiv. Dies liegt in erster Linie daran, dass unsere Ressourcen zur Informationsaufnahme und -verarbeitung limitiert sind, wie wir später noch ausführlicher sehen werden. Das bedeutet, nur ein geringer Teil der auf uns einströmenden Informationen wird tatsächlich beachtet und weiter verarbeitet.

 Zweitens hängen die Verarbeitung der einströmenden Informationen sowie die interne Repräsentation erheblich vom aktuellen Zustand des kognitiven Systems ab, also unserem Vorwissen, Einstellungen, Stimmungen, Emotionen oder unserer kognitiven Auslastung.

Abb. 2.1 zeigt das Grundmodell des kognitiven Apparates nach Wickens et al. (2004), das sich in ähnlicher Form auch bei anderen Autoren wiederfinden lässt (vgl. Kluwe, 2001; Lang, 2000). Das Modell besteht aus mehreren grundlegenden Komponenten: (1) Dem sensorischen System, das für wenige hundert Millisekunden sensorisch verfügbare Informationen abbildet; (2) der Aktivierung dieser Informationen durch unsere Wahrnehmung; (3) dem Arbeitsgedächtnis, das die Informationen beinhaltet, die zu einem bestimmten Zeitpunkt bewusst sind; (4) dem Langzeitgedächtnis als permanentem Wissensspeicher sowie (5) der Reaktionsselektion und -ausführung.

Das Schaubild zeigt einen idealtypischen Informationsverarbeitungsablauf. In einem ersten Schritt nimmt unser sensorischer Apparat auditive, visuelle, olfaktorische oder haptische Reize auf. Dieses sensorische System verfügt zwar über eine sehr hohe Kapazität, allerdings sind diese Reize nur sehr kurz verfügbar. Durch den Prozess der selektiven Aufmerksamkeit wird ein Teil dieser sensorischen Informationen für die weitere Verarbeitung ausgewählt. Nur dieser Teil gelangt dann in den Wahrnehmungsapparat. Die wahrgenommene Information kann mit dem Wissen aus dem Langzeitgedächtnis abgeglichen werden. Damit wird den eingehenden Informationen Sinn und Bedeutung verliehen.

Abb. 2.1: Grundmodell des kognitiven Apparates (vgl. Wickens et al., 2004)


Dies kann nun zu zwei unterschiedlichen Prozessen führen:

Erstens können sowohl die eingehenden Informationen als auch Informationen aus dem Langzeitgedächtnis in das Arbeitsgedächtnis übertragen werden. Hier erfolgt nun eine Verarbeitung der Information in Form von Gedanken oder Entscheidungen. Am Ende dieses Prozesses steht die Reaktionsselektion bzw. die Reaktionsausführung. Zudem kann die Information im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Beispielsweise registrieren die Rezipienten beim Schauen eines Werbeblocks im Kino eine Vielzahl von Werbeinformationen. Ein Teil dieser Informationen gelangt in den Wahrnehmungsapparat, beispielsweise Informationen über den Geschmack eines neuen Softdrinks. Diese Information wird vor dem Hintergrund des bereits bestehenden Wissens über Softdrinks eingeordnet und im Gedächtnis abgespeichert. Für diesen Prozess können die Rezipienten je nach Situation und Schwierigkeit der Informationen geringe oder hohe Aufmerksamkeitsressourcen investieren. Schließlich gelangen die Rezipienten zu der Entscheidung, den Drink einmal zu probieren und setzen dies ggfs. später auch um.

Zweitens kann eine direkte Reaktionsselektion und -ausführung erfolgen, ohne dass eine weitergehende Verarbeitung im Arbeitsgedächtnis erfolgt. Dies wären automatische Reaktionen und Handlungen, über die Rezipienten nicht weiter nachdenken. Beispielsweise kann bei Werbebotschaften das Markenimage verbessert werden, ohne dass die Rezipienten dies bemerken und ohne dass sie kognitive Ressourcen investieren (vgl. z. B. Schemer, Matthes, Wirth & Textor, 2008). Auch die sogenannte implizite Urteilsbildung, die wir später kennen lernen werden, beschreibt einen solchen Prozess.

Zusammenfassend zeigt das Modell alle wichtigen Eckpunkte im Informationsverarbeitungsprozess, die wir im Folgenden etwas genauer unter die Lupe nehmen werden. Entscheidend an diesem einfachen Modell ist, dass die Prozesse nicht immer von links nach rechts ablaufen müssen. Der Prozess kann vielmehr an jedem Punkt des Modells gestartet werden.

2.2 Informationsaufnahme: Wahrnehmung und Aufmerksamkeit

Warum übersehen Rezipienten in einem Medienangebot bestimmte Einzelheiten, und warum fällt es den Rezipienten schwer, ihre Aufmerksamkeit mehreren Reizquellen gleichzeitig zu widmen? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir uns mit zwei grundlegenden Phänomenen beschäftigen, die bei allen Rezeptionsphänomenen eine wichtige Rolle spielen: Wahrnehmung und Aufmerksamkeit.

2.2.1 Wahrnehmung

Wahrnehmung ist ein grundlegender und essentieller Prozess im menschlichen Organismus. Sie umfasst nicht nur haptische, visuelle, auditive, olfaktorische oder gustatorische Reize, sondern auch die Wahrnehmung des Körpers sowie die Wahrnehmung von Sprache und Zeit (vgl. für einen umfassenden Überblick Hagendorf, Krummenacher, Müller & Schubert, 2011). Nicht all dies ist für die Rezeptionsforschung von Belang. Entscheidend ist an dieser Stelle die grundlegende Feststellung, dass Wahrnehmungsprozesse gegenüber bewussten, willentlichen Eingriffen weitgehend abgeschottet sind; sie verlaufen schnell und ermöglichen damit eine optimale Anpassung an die physikalische Umwelt. Demgegenüber sind Denkprozesse verhältnismäßig langsam und auch der bewussten Kontrolle zugänglich (vgl. Lang, 2000; Wirth, 1997). Zudem haben wir bereits weiter oben festgestellt, dass die menschliche Wahrnehmung nicht als ein Abbild der Umwelt im Sinne einer physikalisch korrekten Beschreibung verstanden werden kann. Menschen stehen nur eine begrenzte Anzahl von Sinnesorganen zur Verfügung. Das bedeutet, dass nicht alle physikalischen Reize für uns wahrnehmbar sind. Neben den Begrenzungen infolge der beschränkten Leistungsfähigkeit unserer Sinnesorgane gibt es noch einen anderen Grund, warum wir nicht alle Reize wahrnehmen können: die Aufmerksamkeit, mit der wir unsere Umgebung (wie beispielsweise Medienbotschaften) betrachten.

2.2.2 Aufmerksamkeit

In der Regel werden zwei zentrale Funktionen von Aufmerksamkeit unterschieden (vgl. im Folgenden Wirth, 2001): Erstens die Selektion von relevanten Informationen aus einer Fülle von Reizen und zweitens der Abgleich von einströmenden Informationen mit bestehenden Wissensbeständen, damit wir aus einer Flut von Reizen Bedeutung generieren können. Aufmerksamkeit wird dabei meist als ein Wechselspiel zwischen dem willentlichen Lenken auf Umweltreize und dem unwillkürlichen Generieren von Aufmerksamkeit durch Umweltreize verstanden.

Merksatz

Die Wahrnehmung des Menschen verläuft in der Regel schnell und automatisch. Demgegenüber sind Denkprozesse verhältnismäßig langsam und der bewussten Kontrolle zugänglich.

Man unterscheidet willkürliche und unwillkürliche Aufmerksamkeit. Die willkürliche Aufmerksamkeit (auch Top-down-Processing) ist durch das Vorwissen, die Erwartungen oder die Einstellungen der Rezipienten geprägt. Die unwillkürliche Aufmerksamkeit (auch Bottom-up-Processing) richtet sich nach den Eigenschaften der Medienstimuli. Sie wird auch als datengeleitete Informationsverarbeitung bezeichnet.

Willkürliche und unwillkürliche Aufmerksamkeit

Beispielsweise können wir bei der Medienrezeption gezielt unsere Aufmerksamkeit auf eine Nachrichtenbotschaft lenken, die die vermittelten Informationen vor dem Hintergrund bestehender Wissensbestände einordnet und abspeichert (vgl. das Grundmodell des kognitiven Apparates in Abb. 2.1). Dies nennt man kontrollierte oder willkürliche Aufmerksamkeit (vgl. im Folgenden Wirth, 2001; siehe auch Kahneman, 1973; Neisser, 1974). Solche kontrollierten Aufmerksamkeitsprozesse sind uns bewusst und sie beanspruchen kognitive Kapazitäten. Allerdings können sie durch ständige Wiederholung automatisiert werden, so dass sie zu einem späteren Zeitpunkt schneller und mit geringerem kognitivem Aufwand ablaufen. Beispielsweise müssen sich Spieler von Computerspielen zu Beginn eines neuen Spiels stark auf die Schlüsselreize des Spiels konzentrieren. Nach entsprechender Übung ist dies nicht mehr notwendig, so dass die Spieler automatisch und ohne starke willentliche Anstrengung reagieren können.

Oder wir werden zum Beispiel im Fernsehen mit Werbung konfrontiert, in der plötzlich für uns interessante Bilder gezeigt werden. Als Folge lenken wir – gewissermaßen als Reaktion auf die Werbereize – unsere Aufmerksamkeit auf den Inhalt der Werbung. Dies fällt unter die Rubrik unwillkürliche bzw. automatische Aufmerksamkeit. Unwillkürliche Aufmerksamkeitsprozesse sind uns zwar bewusst, sie verlaufen jedoch unkontrolliert und werden durch Umweltreize ausgelöst. Sie sind gewissermaßen von außen gesteuert. Das bedeutet: Unsere Aufmerksamkeit wird unwillkürlich geweckt durch auffällige Reize oder Objekte, beispielsweise Farben, Bewegungen oder Geräusche. Diese Reize erwecken unsere Aufmerksamkeit, ohne dass wir das bewusst steuern können. Willkürliche und unwillkürliche Aufmerksamkeit werden häufig auch als Top down und Bottom up bezeichnet. Das Top-down-Processing beschreibt jene Informationsverarbeitung, die durch das Vorwissen, die Erwartungen oder die Einstellungen der Rezipienten gesteuert wird. Das Bottom-up-Processing bezeichnet die datengeleitete Informationsverarbeitung, die sich nach dem Stimulus richtet. Zudem bestehen beim Menschen sogenannte latente Aufmerksamkeitsdispositionen, die aktiviert werden, wenn wir mit bestimmten Reizen konfrontiert werden. Interessieren wir uns beispielsweise aufgrund unserer persönlichen Situation generell stark für das Thema Kinderbetreuung, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass uns dieses Thema im Fernsehen auffällt, größer als bei geringem Interesse, selbst wenn wir das Geschehen auf dem Bildschirm nur nebenbei verfolgen.

Wenn wir nun bei der unwillkürlichen Aufmerksamkeit den Reizen folgen, wie können wir dann aus der Flut von Informationen bei der Medienrezeption Sinnvolles von Unwichtigem unterscheiden? Zur Beantwortung dieser Frage wird in der Regel auf drei Mechanismen verwiesen (vgl. Wirth, 2001).

 Zum Ersten gibt es beim Menschen latente Selektionsdispositionen, die in angeborenen Reflexen oder grundlegenden Bedürfnissen verankert sind. Beispielsweise ist davon auszugehen, dass Rezipienten bei Werbeplakaten ihre Blicke stärker auf Personen richten als auf Gegenstände. Auch sexuelle Reize lösen reflexartige Reaktionen aus, was die Aufmerksamkeit auf diese Reize lenkt.

 Zweitens lösen überraschende oder potenziell bedrohliche Reize eine Orientierungsreaktion aus. Solche Reize können Normverletzungen, Regelbrüche oder auch akustische oder visuelle Pegelsprünge wie z. B. laute Schreie oder Lichtveränderungen sein. Als Folge werden sensorisch die Rezeptorschwellen gesenkt, was die Wahrnehmungsempfindlichkeit unseres Informationsverarbeitungssystems erhöht. Auch tritt eine Verlangsamung der Herzfrequenz für vier bis sechs Sekunden ein (vgl. Lang, 2000). Besonders intensive oder bedrohliche Reize lösen jedoch keine Orientierungsreaktion mehr aus, sondern eine Schreck- oder Abwehrreaktion. Denken wir beispielsweise an einen Horrorfilm, in dem eine ruhige, beschauliche Szene abrupt durch ein schreckliches Szenario unterbrochen wird. Nicht selten wenden wir hier – zumindest zunächst – die Augen ab.

 Drittens lässt sich mit dem Priming-Paradigma erklären, warum inhaltsbezogene Reize unwillkürlich stark beachtet werden. Nach dem Priming-Paradigma erfahren solche Informationen unwillkürlich eine erhöhte Aufmerksamkeit, die kurz zuvor in verwandter Form dargeboten wurden und daher noch im Kurzzeitgedächtnis aktiviert sind. Priming ist ein Prozess, bei dem Informationen (der sogenannte Prime) bestimmte Wissenseinheiten im Gedächtnis des Rezipienten aktivieren. Durch die Aktivierung werden diese Wissenseinheiten in einen Zustand temporär leichter Verfügbarkeit versetzt. Wird der Rezipient dann mit weiterer Information konfrontiert, werden die soeben zugänglich gemachten Wissenseinheiten eher betrachtet, sie sind leichter zugänglich. Dies kann zur Folge haben, dass die zugänglich gemachten Wissenseinheiten eher für die Bewertung von neuen Informationen herangezogen werden. Beispielsweise haben Baumgartner und Wirth (2012) gezeigt, dass Rezipienten, die mit positiven Nachrichten konfrontiert werden, bei der darauf folgenden Nachrichtenrezeption auch eher positive Informationen verarbeiten, obwohl die darauf folgenden Nachrichten nichts mit der ursprünglichen Botschaft zu tun hatten. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei den darauf folgenden Nachrichten positive Informationen wahrgenommen werden, wurde durch den ursprünglichen Beitrag erhöht. Allerdings ist das Priming kein reflexhafter, deterministischer Effekt, sondern hängt von gewissen Bedingungen ab: Grundsätzlich ist die Aktivierung und Benutzung der leichter zugänglichen Wissenseinheiten umso wahrscheinlicher, (1) je kürzer der Prime zeitlich zurückliegt, (2) je öfter der Prime auftritt und (3) je besser die aktivierte Wissenseinheit auf die folgende Umweltinformation anwendbar ist (vgl. Peter, 2002).

Definition: Priming

Beim Priming werden Wissenseinheiten im Gedächtnis leichter zugänglich gemacht und daher mit höherer Wahrscheinlichkeit für die Bewertung von darauf folgenden Stimuli herangezogen.

Sowohl für unwillkürliche als auch für kontrollierte Aufmerksamkeit gilt das Prinzip der Ressourcenallokation, das von Kahnemann (1973) vorgeschlagen wurde. Damit ist gemeint, dass Menschen nur eine begrenzte kognitive Energie haben, mit der sie sich Reizen widmen können (vgl. auch Lang, 2000). Unsere Kapazitäten zur Informationsverarbeitung sind limitiert. Je mehr Energie wir für eine Aufgabe einsetzen und je stärker wir uns darauf konzentrieren, desto weniger sind wir in der Lage, unsere Aufmerksamkeit auf andere, alternative Reize oder Aufgaben zu lenken. Wenn wir beispielswiese eine Zeitung lesen, um die neuesten Nachrichten zu verfolgen, wird es uns schwerfallen, dass wir uns parallel auf unsere Lieblingsmusik konzentrieren. Allerdings können Menschen ihre Aufmerksamkeitsressourcen auch auf verschiedene Quellen verteilen, vor allem wenn nur ein Kanal semantisch verarbeitet, das bedeutet, sinngemäß verstanden werden muss.

Ressourcenbegrenzung und Ressourcenallokation

Die Ressourcenbegrenzung erklärt eine Reihe von Phänomenen der Rezeptionsforschung. Beispielsweise untersuchen Studien, ob Humor in politischen Botschaften (z. B. in politischen Reden oder in einer Late Night Show) das Lernen von politischen Informationen erhöht oder verringert (vgl. Matthes, 2013). Aus der Humorforschung ist bekannt, dass das Verstehen von Humor kognitive Kapazitäten bindet. Wenn andere Menschen einen Witz erzählen, kommt es oft vor, dass man sich auf die Pointe konzentrieren muss, um den Witz zu verstehen. Die Studie von Young (2008) zeigt, dass Humor in politischen Botschaften dazu führen kann, dass die Rezipienten mehr kognitive Ressourcen auf das Verständnis des Humors lenken und daher weniger stark die Argumente prüfen und auch behalten können. Dies kann dazu führen, dass Humor die Überzeugungskraft von Botschaften erhöht, da er eine kritische Prüfung der Botschaft unterbindet.

Die amerikanische Forscherin Lang hat viele Erkenntnisse zur Ressourcenbegrenzung aufgegriffen und summarisch in einem Modell, dem Limited Capacity Model of Motivated Mediated Message Processing, zusammengefasst und auf Medien angewandt (vgl. Lang, 2000, 2006). Das Modell geht wie auch andere Ansätze der kognitiven Psychologie davon aus, dass Menschen nur eine limitierte Kapazität für die Verarbeitung, Speicherung und den Abruf von Informationen zur Verfügung haben. Wir verwenden bei der Medienrezeption nur jeweils so viel Energie, wie nötig ist, um das Rezeptionsziel zu erreichen. Dabei können wir gezielt Ressourcen auf bestimmte Medienstimuli lenken (beispielsweise bei hohem persönlichem Interesse für eine Information), oder wir reagieren automatisch mit Ressourcenallokation auf mediale Reize (beispielsweise bei emotionalen oder potenziell bedrohlichen Inhalten). Wichtig an dem Modell ist, dass es die Ressourcenbegrenzung auf alle Stufen des Informationsverarbeitungsprozesses bezieht, also auf die Aufnahme, die Speicherung und den Abruf. Je mehr Energie auf einer Stufe verwendet wird, desto weniger ist für die anderen Stufen verfügbar. Und je geringer die insgesamt eingesetzten Ressourcen sind, desto eher kann es sein, dass die Ressourcen für einen der Prozesse nicht ausreichen. Das Modell unterscheidet ebenfalls in Anlehnung an psychologische Modelle zwei motivationale Systeme, ein Annährungs- und ein Vermeidungssystem. Die Idee ist, dass eines der beiden Systeme oder beide zusammen automatisch bei der Medienrezeption aktiviert werden. Sie bestimmen mit, wie viel Ressourcen bei der Rezeption bereitgestellt werden. Je mehr das Annährungssystem angesprochen wird, desto mehr Ressourcen werden auch bereitgestellt. Wird das Vermeidungssystem aktiviert, werden mehr Ressourcen dafür verwendet, Informationen aus dem Gedächtnis abzurufen, um auf die negative Information zu reagieren. Gleichzeitig werden negative Informationen abgespeichert, um sich auf zukünftige negative Situationen vorzubereiten. Mit dem Modell kann beispielsweise erklärt werden, warum reizarme Medienbotschaften besser verstanden und verarbeitet werden als hoch komplexe Inhalte. Auch Botschaften, die eine starke Orientierungsreaktion auslösen (z. B. Erotik in der Werbung) verbrauchen viele Ressourcen, wodurch weniger Energie für Speicherung und Abruf verwendet werden kann.

2.3 Informationsverarbeitung: Speicherung und Abruf

Bisher haben wir erklärt, welche Informationen bei der Rezeption wahrgenommen werden bzw. worauf sich unsere Aufmerksamkeit richtet. Nun wenden wir uns der Frage zu, wie die wahrgenommenen Informationen abgespeichert und abgerufen werden können.

2.3.1 Gedächtnis als assoziatives Netzwerk

Bereits weiter oben haben wir die Grundfunktionsweise unseres kognitiven Apparates kennengelernt. In der Kognitionspsychologie wird das Langzeitgedächtnis des Menschen als assoziatives Netzwerk verstanden (vgl. Higgins & Brendl, 1995). Die Gedächtnisinhalte sind untereinander durch sogenannte Assoziationen (auch assoziative Bahnen genannt) verbunden. Wenn ein bestimmter Gedächtnisinhalt aufgerufen wird, nennen wir ihn aktiviert. Damit gelangt die Information vom Langzeitgedächtnis in den Arbeitsspeicher. Diese Aktivierung bezieht sich aber nicht nur auf diesen einen Inhalt, sondern kann sich in weiterer Folge zu verbundenen Inhalten ausbreiten. Dies nennt man Aktivierungsausbreitung. Je stärker dabei die Verbindung zwischen zwei Gedächtnisinhalten ist, desto stärker werden sie jeweils mitaktiviert, sobald ein Inhalt aktiviert wurde. Beispielsweise aktiviert ein Nachrichtenbeitrag das Konzept Arbeitslosigkeit. Bei einigen Rezipienten ist der Begriff Arbeitslosigkeit im Gedächtnis mit dem Begriff neue Bundesländer vernetzt. Folglich wird der Begriff neue Bundesländer automatisch mitaktiviert.

Die Aktivierung von Gedächtnisinhalten hängt von zwei Aspekten ab (vgl. Higgins & Brendl, 1995; Peter, 2002): Zum einen von der Häufigkeit, mit der ein Inhalt in der Vergangenheit aktiviert wurde und zum anderen vom zeitlichen Abstand, mit dem der Inhalt zuletzt aufgerufen wurde. Je kürzer der Abstand, desto stärker die Aktivierung. Daraus folgt auch, dass die Inhalte umso stärker dauerhaft bzw. chronisch verfügbar sind, je häufiger sie aktiviert werden. Chronisch verfügbare Gedächtnisinhalte spielen dann bei der Urteils- und Einstellungsbildung eine vorgeordnete Rolle.

Zudem unterscheidet man vereinfacht das semantische und das episodische Gedächtnis (vgl. Anderson, 2001; Renkl, 2009). Im semantischen Gedächtnis sind Informationen wie Wissen, Konzepte oder Definitionen abgespeichert. Beispielsweise das Wissen, wie eine Fernsehsendung aufgebaut ist und abläuft. Im episodischen Gedächtnis sind dagegen Erlebnisse oder Erfahrungen abgebildet, die aber nicht nur die eigene Person betreffen müssen. Beispielsweise können Rezipienten Informationen abrufen, welche Handlungen in einem Krimi vollzogen wurden oder was man selbst während der Rezeption gemacht hat. Neben dem semantischen und dem episodischen Gedächtnis unterscheidet man noch das metakognitive Gedächtnis, das Wissen über das Wissen (meist über eigene Personenmerkmale oder Vorgehensweisen) beinhaltet (ausführlicher vgl. Renkl, 2009).

Merksatz

Das semantische Gedächtnis beinhaltet Informationen wie Wissen, Konzepte oder Definitionen. Hingegen werden im episodischen Gedächtnis Erlebnisse oder Erfahrungen abgebildet.

Das bedeutet zusammengefasst: Semantische oder episodische Wissenseinheiten werden im Gedächtnis abgespeichert und können bei ihrer Aktivierung automatisch verwandte Wissenseinheiten aktivieren. Manche Wissenseinheiten sind chronisch verfügbar und damit ist grundsätzlich die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie aufgerufen werden. In der Kognitionsforschung gibt es eine Reihe von Vorstellungen, wie Gedächtnisinhalte organisiert und abgespeichert sind. Wichtige Konzepte und Ansätze sind dabei die Schema-Theorie, der Konnektionismus sowie mentale Modelle, die wir in den nächsten drei Abschnitten kennenlernen werden.

2.3.2 Schemata

Eine prominente These der Kognitionsforschung besagt, dass unser Wissen in Form von Schemata organisiert ist (vgl. im Folgenden Matthes, 2004). Der Begriff Schema bzw. Schemata (Mehrzahl) wurde von Bartlett (1932) in die psychologische Forschung eingeführt. Bartlett untersuchte die Erinnerungsleistung von Versuchspersonen bei der Reproduktion einer indianischen Volkssage. Dabei stellte er fest, dass die Versuchspersonen zahlreiche Einzelheiten wegließen und stattdessen die Sage gemäß ihrer eigenen Erwartungen modifizierten. Aus diesen Ergebnissen schloss Bartlett auf generische Wissensstrukturen, sogenannte Schemata, die für die Fehler in der Reproduktion verantwortlich sind.

Vereinfacht ausgedrückt ist menschliches Wissen gemäß der Schema-Theorie ähnlich wie in einem Schubladensystem organisiert: Prinzipiell gibt es unendlich viele Schubladen, da es für jede Situation, Objekt etc. ein Schema gibt. Im Prozess der Informationsverarbeitung wird entweder eine Schublade geöffnet – was wiederum zum Öffnen von verknüpften Schubladen führen kann – oder alle Schubladen bleiben geschlossen, d. h. die Information wird nicht verstanden. In diesem Fall können auch neue Schubladen gebildet werden. Schemata sind also vorstrukturierte, relativ stabile Wissenspakete, die aktiviert oder nicht aktiviert werden. Wenn es sich um Handlungsabläufe handelt, nennt man diese Skripts (z. B. ein Skript für einen typischen Fernsehabend).

Definition: Schemata

Schemata sind strukturierte, relativ stabile Wissenskomplexe der Rezipienten. Sie umfassen Wissen über Ereignisse, Abläufe, Situationen und Objekte und sind untereinander durch ein Netz von Assoziationen verbunden.

Schemata sind an zwei Stellen des Informationsverarbeitungsprozesses relevant (vgl. im Folgenden Rumelhart, 1980; Taylor & Crocker, 1981): Trifft eine Information auf das Informationsverarbeitungssystem, wird zunächst das Schema identifiziert, welches am besten auf die einströmende Information passt. Diese Phase der Schema-Identifikation haben wir bereits als Bottom-up-Informationsverarbeitung kennengelernt. Welches Schema identifiziert wird, bestimmt, ob und wie diese Information verstanden und eingeordnet wird. Des Weiteren steuert ein einmal identifiziertes Schema die Verarbeitung der kommenden Information und auch die Aktivierung von verknüpften Schemata. Diese Phase entspricht der Top-down-Informationsverarbeitung und macht den eigentlichen Kernbereich der Schema-Theorie aus (vgl. Schwarz, 1985, S. 277 f.). Ferner weisen Schemata eine pyramidale Struktur auf und sind untereinander durch ein Netz von Assoziationen verbunden (vgl. Fiske & Taylor, 1991; Rumelhart, 1980; Taylor & Crocker, 1981). Dies wurde ebenso mit dem Netzwerkcharakter des menschlichen Gedächtnisses bereits beschrieben.

Beispiel

Wie verstehen Sie folgenden Satz? »Glücklicherweise hatte er seinen Ausweis dabei und musste daher weniger bezahlen.«

Wahrscheinlich haben Sie an die Mensa oder einen anderen Ort gedacht, bei dem Sie mit Ihrem Studentenausweis eine Ermäßigung bekommen. Vielleicht haben Sie aber auch an etwas anderes gedacht. In jedem Fall trifft zu, dass Sie den Satz nur verstehen konnten, wenn Sie ein passendes Schema aktiviert haben. Dies ist die Phase der Schema-Identifikation. Das aktivierte Schema bestimmt, wie Sie den Satz verstehen. Das heißt aber auch, dass Sie den Satz nicht verstehen können, wenn Sie kein passendes Schema aktivieren. Folgt auf diesen Satz ein zweiter Satz, werden Sie den zweiten Satz vor dem Hintergrund des aktivierten Schemas interpretieren. Dies entspricht der Phase der konzeptgesteuerten Informationsverarbeitung.

Schema-theoretische Argumentationen finden sich bis heute in zahlreichen kommunikationswissenschaftlichen Forschungsfeldern, so in der Nachrichtenforschung, in der Forschung zu Genres und Gattungen, in der kognitiven Filmpsychologie, im dynamisch-transaktionalen Ansatz sowie auch in der Agenda-Setting-Forschung und in der kommunikationswissenschaftlichen Framing-Forschung. Besonders die einzelnen Funktionen von Schemata haben sich für die kommunikationswissenschaftliche Forschung als sehr relevant erwiesen. Diese werden wir im nächsten Abschnitt kennenlernen.

Funktionen von Schemata

Schemata haben drei eng verknüpfte Funktionen (Matthes, 2004):

 Entlastungsfunktion,

 Strukturierungsfunktion und

 Ergänzungsfunktion.

Erstens entlasten Schemata das Informationsverarbeitungssystem (Entlastungsfunktion), da durch den Rückgriff auf ein Schema nicht jeder Stimulus neu und umfassend verarbeitet werden muss. Rezipienten können so eine Fülle von massenmedial vermittelten Informationen aufnehmen, schnell verstehen und effizient einordnen (vgl. Brosius, 1991). Eine zweite Funktion von Schemata besteht in der Strukturierung von Erfahrungen. Dies nennt man die Strukturierungsfunktion. Wie bereits angeschnitten wurde, weisen einmal aktivierte Schemata den danach eintreffenden Informationen eine Bedeutung zu. Die neu eintreffenden Informationen werden in das Schema eingeordnet und damit auch gemäß dem bereits bestehenden Schema strukturiert (vgl. Taylor & Crocker, 1981, S. 97). Mit anderen Worten, ein Schema ist gewissermaßen die Brille, durch die die Mediennutzer das aktuelle Geschehen verfolgen – sie strukturieren die Medieninformationen genauso, wie die bereits bestehenden Schemata strukturiert sind. Diese strukturierende Funktion ist die Basis für schema-induzierte Erinnerungsleistungen. Damit ist gemeint, dass die Informationen, die dem eigenen Schema entsprechen, einfacher und schneller erinnert werden als schema-irrelevante Informationen (vgl. Taylor & Crocker, 1981).

Schemata sind aber nicht nur für Erinnerungslücken verantwortlich, sondern auch für Ergänzungen. Personen fügen systematisch Informationen hinzu, die nicht Teil des ursprünglichen Stimulus sind. Minsky (1975) führt in diesem Zusammenhang den Begriff der Standardwerte (default options) ein. Ist beim Abgleich von Schema und Stimulus ein schema-konstituierendes Element nicht im Stimulus vorhanden, führt dies nicht notwendigerweise zum Misfit, sondern es werden Standardwerte eingesetzt, wie sie in ähnlichen Situationen vorkommen. Würde man beispielsweise einer Versuchsperson einen Arzt beschreiben und die Person anschließend bitten, die Beschreibung wiederzugeben, könnte es sein, dass die Versuchsperson einen weißen Kittel erwähnt, obwohl dieser nicht Teil der ursprünglichen Beschreibung war. Derartige Ergänzungen ermöglichen eine sinnvolle Kontextualisierung von Informationen. Dies ist die dritte Funktion von Schemata, die Ergänzungsfunktion.

Diese drei Funktionen von Schemata erklären, wie die Rezipienten bei der Medienrezeption Wissen über Themen, Personen, Objekte oder Sachverhalte verarbeiten bzw. abspeichern (vgl. z. B. Conover & Feldman, 1984; Miller, Wattenberg & Malanchuk, 1986). Ist ein Schema vorhanden, kann die Information schnell und effizient eingeordnet und verarbeitet werden. Diese Argumentation findet sich beispielsweise in Forschungsarbeiten zur Nachrichtenrezeption: Schemata ermöglichen den Rezipienten, die Nachrichten in einen bedeutungsvollen Kontext zu stellen und damit schnell zu verstehen. Damit kann ein effektiver Umgang mit der Fülle von massenmedial vermittelten Informationen gewährleistet werden. Die Schema-Theorie kann darüber hinaus aufzeigen, wie ein Thema von den Rezipienten repräsentiert wird: als kognitives Schema. Ebenso kann beschrieben werden, welche Schemata die Rezipienten über Wahlkandidaten haben (vgl. Miller et al., 1986). Ähnlich argumentiert die Forschung zu Genres und Gattungen: Genre-, Sender- oder Sendungs-Schemata bestimmen, welche Merkmale ein Format aufweisen muss, um sinnvoll von den Rezipienten eingeordnet zu werden (vgl. Bilandzic, 1999; Fredin & Tabaczynski, 1993; Gehrau, 2003). So beschreibt Bilandzic (1999) die selektive Fernsehnutzung als schema-geleiteten Prozess: Jedes Umschalten wird als neuerlicher Beginn eines Entscheidungsprozesses betrachtet, bei dem ein Genre-, Gattungs-, Themen- oder Sender-Schema aktiviert wird, was dann wiederum zu einer Bewertung des Gezeigten führt. Ist ein Schema für einen Stimulus vorhanden, wird dieser schneller verarbeitet, als wenn kein Schema vorhanden wäre (Bilandzic, 1999, S. 97).

Beispiel

Stellen Sie sich vor, Sie sehen in einem Nachrichtenbeitrag zwei Politiker einen roten Teppich entlanggehen. Zudem sind viele Fotografen zugegen und es erklingt feierliche Musik. Sie erkennen sofort, dass es sich um einen Staatsbesuch handelt. Da Sie dies erkannt haben, und damit das Schema Staatsbesuch aktivieren, müssen Sie nicht mehr lange und ausführlich darüber nachdenken, warum ein roter Teppich ausgerollt ist, feierliche Musik erklingt und viele Fotografen anwesend sind. Das aktivierte Schema erleichtert Ihnen die Verarbeitung der gezeigten Information (Entlastungsfunktion).

Darüber hinaus bestimmen Schemata, welche Medieninformationen wahrgenommen und erinnert werden (vgl. Coleman, 2003; Garramone, Steele & Pinkleton, 1991). Hiermit kann man beispielsweise erklären, warum Personen bei der Rekonstruktion von Nachrichten systematische Lücken aufweisen. Es werden nur die Details wiedergegeben, die dem initiierten Schema entsprechen (vgl. Kasten mit Beispielstudie).

Schließlich erklären Schemata aktive Bedeutungskonstruktionsprozesse der Rezipienten. Fragt man Rezipienten nach dem Inhalt der Medienberichterstattung, dann nennen bzw. ergänzen sie zum Teil Inhalte, die gar nicht in den Medienbeiträgen vorhanden waren. Am deutlichsten wurde diese Funktion im dynamisch-transaktionalen Ansatz herausgearbeitet (vgl. Früh, 1996). Bei der schematischen Informationsverarbeitung werden Verbindungen zwischen dem medialen Stimulus und dem bereits vorhandenen Schemata hergestellt. Beispielsweise konnte Früh (1996) zeigen, dass die kognitive Verarbeitung medialer Information stärker durch subjektive Schemata beeinflusst wird als durch die Medienstimuli.

Beispielstudie

Graber (1988). Processing the news: How people tame the information tide (2. Aufl.). New York: Longman

Graber (1988) befragte in einer qualitativen Studie mehrfach 21 Personen zur politischen Medienberichterstattung und setzte die Aussagen der Personen mit den Medienberichten in Verbindung. Die Autorin konnte zeigen, dass die Panelteilnehmer nur einen geringen Teil der Medienberichterstattung behalten bzw. dass nur wenige Fakten wiedergegeben werden konnten. Graber führt dieses Ergebnis auf die schema-geleitete Informationsverarbeitung zurück: Es werden die Informationen aus der Medienberichterstattung in bereits bestehende Schemata integriert und damit kontextualisiert. Durch die schema-geleitete Informationsverarbeitung verlieren die Informationen ihre Detailhaftigkeit und werden vergleichsweise abstrakter repräsentiert. Zudem argumentiert Graber, dass Schemata es den Rezipienten erlauben, die Vielzahl von vermittelten Informationen sinnvoll zu verstehen und zu kontextualisieren, d. h., in bereits bestehende Schemata einzuordnen. Auch werden Informationen ergänzt, die nicht in den Nachrichten genannt werden, aber zu einem aktivierten Schema passen (z. B. die Motive von Politikern).

Veränderung von Schemata

Da Schemata relativ stabil sind, stellt sich die Frage, wie sie entstehen und wie sie sich verändern können. Rumelhart (1980) und Rumelhart & Norman (1978) schlagen hierfür drei Prozesse vor: Anlagerung (accretion), Anpassung (tuning) und Neustrukturierung (restructuring). Accretion bezeichnet das sukzessive Ansammeln von Faktenwissen, z. B. beim Lernen von Telefonnummern oder Namen. Neue Informationen werden zu einem bereits bestehenden Schema hinzugefügt, ohne dass es zu strukturellen Veränderungen in der Wissensorganisation kommt. Wenn allerdings kein Schema für die neue Information herangezogen werden kann, dann ist Lernen durch Accretion nicht mehr effektiv. In diesem Fall muss entweder ein bereits bestehendes Schema modifiziert werden (tuning) oder es wird ein neues Schema gebildet (restructuring). Tuning kann auf drei verschiedene Arten erfolgen: Zum Ersten kann durch die mehrfache erfolgreiche Anwendung eines Schemas auf eine Situation das Schema stärker an die Gesamtpopulation der betroffenen Situationen angepasst werden. Zum Zweiten kann ein Schema auf neue Situationen oder Stimuli generalisiert werden, indem ein neuer Aspekt zu dem Schema hinzugefügt wird. Im Gegensatz zu dieser Art des Tunings kann zum Dritten auch die Anwendung eines Schemas wiederum nur auf ganz bestimmte Situationen beschränkt werden. Die letzte Form der Schema-Veränderung, das Restructuring, bezieht sich auf die Entstehung von neuen Schemata. Hierfür schlagen die Autoren wiederum zwei Prozesse vor: Patterned Recognition und Schema Induction. Zunächst kann durch Analogie-Lernen ein neues Schema aus einem bereits bestehenden entstehen (patterned recognition). Beim Prozess der Schema Induction wird hingegen ein neues Schema gebildet, wenn wiederholt eine vorher unbekannte Stimuluskonfiguration auftritt.

Trotz der wichtigen Impulse der Schema-Theorie für die Rezeptionsforschung blieb Kritik nicht aus (vgl. Matthes, 2004). Kritisiert wird u. a., dass der Schema-Begriff zu schwammig ist, und für jegliche empirische Befunde herangezogen werden kann. Auch die Annahme, dass die Rezipienten für viele Nachrichten, Sendeformen, Personen, Genres, Werbegattungen etc. in ihrem mentalen Schubladensystem vorgefertigte, abrufbare Schemata bereithalten, zeichnet ein etwas zu einfaches Bild von Informationsverarbeitungsprozessen. Es gibt kein Element eines kognitiven Netzwerkes, das nur einem einzigen Schema angehören kann. Das kognitive Netzwerk ist plastischer und dynamischer aufzufassen, es ist ständig in Veränderung.

2.3.3 Konnektionistische Modelle

Bei der Schema-Theorie geht es in erster Linie um die Aktivierung bzw. den Abruf eines vorher abgespeicherten Schemas: Ein Schema wird entweder aktiviert oder nicht aktiviert. Wird ein Schema gefunden, wird es in derselben Form abgerufen, in der es vorher abgespeichert wurde – ähnlich einer Datei in einem Computer. Für viele Kognitionsforscher ist die Auffassung zu statisch, um menschliche Informationsverarbeitung adäquat zu beschreiben (vgl. Anderson, 1977; Smith, 1996; Wirth, 1997). Es ist unwahrscheinlich, dass ein Element eines kognitiven Netzwerkes nur einem einzigen Schema angehört. Das kognitive Netzwerk ist gemäß dieser Auffassung plastischer und dynamischer. Ausgangspunkt dieser sogenannten konnektionistischen Sichtweise ist der Versuch, auf der Grundlage von Computersimulationen Erkenntnisse über kognitive Prozesse zu erhalten. Kognitive Prozesse werden so modelliert, dass sie dem zugrunde liegenden biologischen Vorbild weitestgehend ähnlich sind. Es geht um eine neuronal inspirierte Modellbildung kognitiver Prozesse (vgl. Pospeschill, 2004, S. 17). Konnektionistische Modelle gehen von adaptiven informationsverarbeitenden Systemen aus, die sich aus einer Vielzahl von Verarbeitungseinheiten (units) zusammensetzen und Signale in Form von Aktivierungsmustern über gerichtete Verbindungen übertragen. Dies ist als eine grobe Analogie zum biologischen Nervensystem aufzufassen, bei dem Informationsverarbeitung durch einen Verbund von Nervenzellen realisiert wird. Vereinfacht ausgedrückt, werden Informationen als Aktivierungsmuster einzelner Einheiten repräsentiert. Diese Units sind in einem Netzwerk von Verbindungen miteinander verknüpft. Damit wird vom strukturellen Aspekt der Informationsverarbeitung Abstand genommen. Wissen wird nach dieser Auffassung nicht in Form von lokalen Symbolträgern wie Schemata gespeichert, sondern es entsteht gewissermaßen als Aktivierungsmuster einzelner neuronaler Elemente. Die Repräsentation von Wissen ist dabei distributiv, aktiv und sie kann sich über Aktivierungsmuster weiter verändern. Ein entscheidender Unterschied zur Schema-Theorie ist die massiv parallele, d. h. gleichzeitige, Aktivität vieler Units. Ferner verläuft die Informationsverarbeitung nicht nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip: Das Informationsverarbeitungssystem muss nicht entscheiden, ob dieses oder jenes Schema herangezogen wird.

In einem konnektionistischen Netzwerk könnte man zwar so etwas wie ein Schema modellieren, wenn ein bestimmtes neuronales Muster mehrmals aktiviert und daher stabilisiert wird. Aus konnektionistischer Sicht wird ein Schema nicht mehr gespeichert, gelagert und abgerufen. Damit wird ein flexibleres Bild von Informationsverarbeitungsprozessen gezeichnet (Smith, 1996; Wirth, 1997). Zudem ist dieser Ansatz erklärungskräftiger, wenn es um das Lernen von neuen Informationen geht.

2.3.4 Mentale Modelle

Einen weiteren prominenten Ansatz zur mentalen Repräsentation von Informationen bilden mentale Modelle. Mentale Modelle enthalten Vorstellungen über komplexere Teilbereiche der Realität, die sich aber nicht nur auf Strukturen beziehen können, sondern auch auf (komplexe) Prozesse (vgl. ausführlicher Wirth, 1997). Mentale Modelle beinhalten Realitätsbereiche, die aufgrund ihrer Komplexität relativ unanschaulich sind, beispielsweise Problemsituationen oder unsere Vorstellungen über die Funktionsweise von elektrischem Strom oder eines Autos. Im Vergleich zu den vorher erwähnten Repräsentationen können mentale Modelle vor allem Problemlöseverhalten erklären. Im Unterschied zu Schemata sind mentale Modelle zudem flexibel und leicht änderbar. Mit mentalen Modellen wird ein komplexer Prozess vor dem inneren Auge simuliert (z. B. die Vorstellung einer Wohnung). In der Rezeptionsforschung erklären mentale Modelle, wie Rezipienten Nachrichteninformationen oder beispielsweise auch zeitlich strukturierte Geschichten verstehen und repräsentieren. Sie können beispielsweise ein mentales Modell über diesen Text ausbilden – den Text mit seiner Vielzahl an Informationen speichern sie zusammenfassend als Textrepräsentation ab. Dies nennt man ein mentales Modell.

2.4 Erinnerung, Abruf und Vergessen

Das Erinnern beinhaltet den Abruf von gespeicherten Informationen aus dem Gedächtnis. Dabei wird das assoziative Netzwerk nach spezifischen Informationen abgesucht und diese werden reaktiviert. Mit Reaktivierung meinen wir die Übertragung ins Arbeitsgedächtnis. Wovon hängt die Erinnerung von Medienbotschaften nun ab? Hierfür gibt es eine Reihe von Befunden, aus denen wir im Folgenden die wichtigsten herausgreifen.

Grundsätzlich zeigt sich, dass die Inhalte besser erinnert werden können, die ausführlicher und tiefer verarbeitet wurden (Lang, 2000). Dazu gehören Prozesse wie Interpretieren von Informationen, Nachdenken bzw. Elaborieren über Informationen, das Wiederholen von Informationen, das eigene Generieren von Wissenseinheiten sowie das metakognitive Überwachen und Steuern des eigenen Wissenserwerbs (vgl. ausführlicher Renkl, 2009). Es spielt also eine entscheidende Rolle, wie gründlich und sorgfältig die Informationsaufnahme erfolgt ist. Bei der Medienrezeption ist es durchaus denkbar, dass Informationen weniger sorgfältig verarbeitet und aufgenommen werden (vgl. Lang, 2000). Beispielsweise widmen wir uns beim Medienkonsum den Inhalten nicht immer mit voller Aufmerksamkeit (z. B. Zeitunglesen beim Frühstück während das Radio läuft). Oder eine Botschaft benötigt mehr Ressourcen, als uns zur Verfügung stehen, z. B. bei einem Nachrichtenbeitrag über Steuerpolitik nach einem anstrengenden Arbeitstag.

Aus dem oben beschriebenen assoziativen Modell des menschlichen Gedächtnisses geht auch hervor, dass die Erinnerung an einen Gedächtnisinhalt stärker ist, je mehr assoziative Verbindungen zu diesem Inhalt bestehen, also je stärker der Inhalt mit anderen Inhalten vernetzt ist (vgl. Lang, 2000). Weiterhin hängt die Erinnerung von der Reihenfolge der Darbietung ab. Die Kognitionsforschung hat gezeigt, dass vor allem zuerst genannte und zuletzt genannte Informationen am besten erinnert werden. Dies nennt man auch Primacy- bzw. Recency-Effekt. Dies lässt sich vereinfacht dadurch erklären, dass zuletzt genannte Informationen noch im Arbeitsgedächtnis abrufbar sind und daher leicht erinnert werden können. Die zuerst genannten Informationen hatten dagegen die insgesamt längste Verarbeitungszeit und damit die besten Chancen, ins Langzeitgedächtnis zu gelangen (vgl. ausführlicher Pieters & Bijmolt, 1997). In der Werbeforschung wurde beispielsweise nachgewiesen, dass Werbespots am Anfang und am Ende eines Blocks tatsächlich bessere Erinnerungschancen haben als die Spots, die in der Mitte ausgestrahlt werden (vgl. Pieters & Bijmolt, 1997; Zhao, 1997).

Merksatz

Menschen erinnern sich besser an Medieninformationen, wenn die gezeigten Informationen bereits stark mit anderen Konzepten im Gedächtnis verknüpft sind, wenn die Informationen am Anfang oder am Ende einer Sequenz gezeigt wurden, wenn die Informationen mit Emotionen verknüpft sind und wenn die Informationsaufnahme gründlich und motiviert erfolgt ist.

Auch können durch Medienbeiträge induzierte Emotionen die Erinnerungsleistung fördern. Studien zeigen, dass Emotionen die Verarbeitung und Abspeicherung einer Botschaft intensivieren können (vgl. Bradley, Angelini & Lee, 2007). Dies spielt vor allem im Kontext emotionalisierter Nachrichten, Werbungen oder Kampagnen eine Rolle.

Schließlich stellt sich die Frage, warum Menschen Informationen aus den Medien wieder vergessen und sie nicht mehr abrufen können. Obwohl es vorkommen kann, dass Informationen gewissermaßen gelöscht werden oder verfallen, ist es wahrscheinlicher, dass wir beim Vergessen nicht mehr auf eine gespeicherte Information zugreifen können, obwohl sie prinzipiell noch vorhanden ist. Vereinfacht kann man zwei Gründe ausmachen, warum Informationen aus den Medien vergessen werden. Erstens werden Informationen schwerer zugänglich, wenn sie über eine längere Zeit nicht mehr aufgerufen werden. Im assoziativen Netzwerk des Gedächtnisses wird die Suche nach diesen Informationen mit der Zeit schwieriger und daher ihre Aktivierung unwahrscheinlicher. Zweitens können zusätzlich aufgenommene Informationen den Zugriff auf die bereits gelernten Informationen behindern. Das kann passieren, wenn neue Informationen sehr ähnlich zu den bereits gespeicherten Informationen sind.

2.5 Zusammenfassung

In diesem Kapitel haben wir die wichtigsten Grundkonzepte der menschlichen Informationsverarbeitung von der Informationsaufnahme über die Speicherung bis hin zum Abruf kennengelernt. Wir haben gesehen, dass die Wahrnehmung von Medieninformation zwar schnell und automatisch abläuft, die Aufmerksamkeit für Medienreize jedoch willkürlich und bewusst gesteuert oder unwillkürlich und den Medienreizen folgend ablaufen kann. Die Ressourcen, die wir für die Informationsaufnahme, die Speicherung und den Abruf von Medieninformationen aufbringen können, sind aber nicht unendlich, sondern begrenzt. Je mehr kognitive Ressourcen auf einer Stufe verwendet werden, desto weniger ist für die anderen Stufen verfügbar. Zudem kann es auch sein, dass die vom Rezipienten zur Verfügung gestellten Ressourcen nicht ausreichen, um den Medieninhalt zu verstehen (beispielsweise wenn man wenig Ressourcen für die Radionachrichten verwendet, diese dann aber auch nicht mehr richtig versteht). Gespeichert werden Medieninformationen im Langzeitgedächtnis, dass wir uns als assoziatives Netzwerk von Gedächtnisinhalten vorstellen können. Die Gedächtnisinhalte sind untereinander durch Assoziationen verknüpft. Bestehende Gedächtnisinhalte, die als Schema vorliegen können, steuern die Aufnahme, die Interpretation und Speicherung von neuen Informationen. Was den späteren Abruf der Informationen betrifft, so werden die Informationen leichter erinnert, die stark mit anderen Konzepten im Gedächtnis verknüpft sind, die in der Rezeptionssituation am Anfang oder am Ende gezeigt wurden, die mit Emotionen verknüpft sind, und diejenigen, bei denen die Informationsaufnahme gründlich und motiviert erfolgt ist.

In der Medienrezeptionsforschung werden die hier vermittelten Kenntnisse aber nicht losgelöst von anderen Prozessen betrachtet. Vielmehr benötigen wir zum Verständnis der Medienrezeption einen umfassenden Blick auf das Zusammenspiel verschiedener Phänomene. Beispielsweise müssen neben den kognitiven Prozessen auch emotionale Vorgänge betrachtet werden, die keineswegs losgelöst von kognitiven Prozessen ablaufen. Dies ist beispielsweise in der Unterhaltungsforschung zentral. Auch sind die hier eingeführten Grundlagen ein wichtiges Fundament für zentrale Fragestellungen der Medienrezeptionsforschung wie die unterschiedliche Verarbeitung auditiver, visueller, textueller, audiovisueller oder interaktiver Stimuli. Ebenso bauen Forschungsarbeiten zu Einstellungen, Urteilen und Heuristiken sowie zu parasozialen Interaktionen auf den hier vermittelten Kenntnissen auf. Kognitive Prozesse wie Wissenserwerb sind oftmals die Grundlage für die Ausbildung oder Änderung von Einstellungen, wie sie beispielsweise in der Werbeforschung oder politischen Kommunikationsforschung untersucht werden.

Übungsaufgaben

1 Erklären Sie den Unterschied zwischen willkürlicher und unwillkürlicher Aufmerksamkeit. Wählen Sie ein Beispiel aus Ihrer täglichen Medienrezeption.

2 Stellen Sie sich vor, die Rezipienten werden stark mit Berichterstattung über das Thema Einwanderung konfrontiert. Erklären Sie an diesem Beispiel den Prozess des Primings. Was könnte Priming in diesem Kontext vorhersagen?

3 Erklären Sie mit Hilfe der Schema-Theorie, wie Menschen reagieren, wenn ihre Erwartungen bei einem Kinofilm in Bezug auf das Genre nicht erfüllt werden. Welche Konsequenzen hat das für die Verarbeitung und Aufnahme von Informationen während des Filmes?

4 Studien zeigen, dass in der Regel nur ein geringer Anteil der Fernsehnachrichten von den Rezipienten erinnert wird. Welche Erklärungen gibt es hierfür? Denken Sie dabei an die alltägliche Rezeptionssituation, die Funktionsweise des menschlichen Gedächtnisses sowie an Aufmerksamkeitsprozesse.

Zum Weiterlesen


Lang, A. (2000). The limited capacity model of mediated message processing. Journal of Communication, 50(1), 46–70.

Diesen Aufsatz kann man als Grundlagentext zur kognitiven Verarbeitung von Medieninhalten begreifen. Die Erkenntnisse und Befunde aus der Kognitionspsychologie werden für die Verarbeitung von Medienreizen aufbereitet und ausführlich erklärt.

Wirth, W. (2001). Aufmerksamkeit im Internet: Ein Konzept- und Theorieüberblick aus psychologischer Perspektive mit Implikationen für die Kommunikationswissenschaft. In K. Beck & W. Schweiger (Hrsg.), Attention Please! Online-Kommunikation und Aufmerksamkeit (S. 69–89). München: Reinhard Fischer Verlag.

Dieser Aufsatz schlägt eine Brücke zwischen der Beschäftigung mit Aufmerksamkeit in der psychologischen Forschung und der Rolle von Aufmerksamkeit bei der Medienrezeption. Insbesondere die Implikationen der psychologischen Grundlagentheorie für die kommunikationswissenschaftliche Forschung sind sehr lesenswert.

1 Das Kapitel beinhaltet Passagen des Kapitels »Kognition« von Jörg Matthes aus dem Buch »Handbuch Medienrezeption« (2014, hrsg. von Carsten Wünsch, Holger Schramm, Volker Gehrau und Helena Bilandzic), Nomos-Verlag. Wir danken Verlag und Autor für die Freigabe und die freundliche Kooperation.

Medienrezeptionsforschung

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