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Wenn es wärmer wird, ist das ja gut, oder nicht?

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Besonders stark ausgeprägt ist die Erwärmung in Mitteleuropa im Frühling und Sommer. Speziell im Mai und Juni beträgt die Erwärmung bereits 2 Grad im Vergleich zu den 1970er-Jahren. Neben dem Effekt der globalen Erwärmung durch die Treibhausgase dürfte hier auch noch ein regionaler Effekt, nämlich Schadstoffe in der Luft, sogenannte Aerosole, eine Rolle spielen. In den 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre wurden in Nordamerika und Europa große Mengen an Schwefeldioxid durch die Verbrennung von nicht entschwefeltem Öl und Kohle und an Stickoxiden in Autoabgasen freigesetzt. Das Schwefeldioxid war nicht nur für den „sauren Regen“ und das damit einhergehende „Waldsterben“ verantwortlich, sondern auch für die Abschwächung der Sonneneinstrahlung, da Schwefeldioxid in der Luft in Sulfat umgewandelt wird und dieses die Sonnenstrahlung reflektiert. Ähnlich entstanden aus Stickoxiden strahlungswirksame Nitrate. Dies konnte auch mittels Messungen weltweit nachgewiesen werden und wurde unter dem Begriff „global dimming“ („globale Dämmerung“) bekannt. Durch die Entschwefelung von Öl und der Abgase von Kohlewerken und die Einführung der Katalysatoren für Autos konnten die Emissionen im amerikanisch-europäischen Raum bis in die 1990er-Jahre drastisch reduziert werden. Da die Sulfat- und Nitrat-Aerosole durch Regen aus der Atmosphäre ausgewaschen werden, sind auch die Konzentrationen sofort stark gesunken. Dies führte einerseits zum Rückgang des Waldsterbens, andererseits auch zu einem Anstieg der Sonneneinstrahlung. Derzeit ist die Sonneneinstrahlung in Österreich um rund 10 Prozent höher als in den 1970er-Jahren. Dieser Anstieg ist eine Summenwirkung aus dem häufigeren Auftreten von stabilen Schönwetterlagen im Frühsommer und der Reduktion der Schwefeldioxidemissionen. Damit ist aber auch die Hitzebelastung stark gestiegen.

Länger anhaltende Schönwetterperioden und wärmere Temperaturen sind für viele Freizeitaktivitäten durchaus positiv. Es bedeutet, dass sowohl die Gastgärten als auch die Bäder früher den Betrieb aufnehmen. Auch die Wandersaison im Gebirge im Herbst profitiert davon. Dennoch haben auch Hitzewellen ihre Schattenseiten. Erstmals augenfällig wurde dies im Sommer 2003. Dieser sogenannte „Jahrtausendsommer“ brachte in ganz Europa ungewöhnlich lang anhaltende Schönwetterperioden. Das Zentrum dieses Hitzesommers lag in Frankreich. Dort traten auch außergewöhnlich hohe Temperaturen auf und verbreitet wurden neue Hitzerekorde erreicht. Schätzungen gehen davon aus, dass einige Zehntausend Personen an den direkten Folgen der Hitze und teilweise durch eine kombinierte Wirkung mit hohen Ozonkonzentrationen gestorben sind. Die meisten davon in Frankreich, aber auch in Italien und in Mitteleuropa konnten Todesfälle nachgewiesen werden.

In Österreich war 2003 auch außergewöhnlich. Erstmals wurden mehr als 40 Hitzetage, das sind Tage mit einem Temperaturmaximum von mehr als 30 °C, erreicht. Davor lagen die Maxima bei knapp 30 Hitzetagen. Betrachtet man die Entwicklung der Hitzetage pro Jahr seit Beginn des 20. Jahrhunderts an der Station Wien Hohe Warte (siehe Abbildung 2-3), so sieht man, dass in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in einem heißen Jahr etwa zehn Hitzetage erreicht wurden und häufig Jahre ohne einen einzigen Hitzetag vorgekommen sind. Danach stieg die Anzahl an Hitzetagen sukzessive an und erreichte 2003 einen ersten Höhepunkt. Seither steigt die mittlere Häufigkeit weiter an (siehe Linie in Abbildung 2-3) und auch der Extremwert aus dem „Jahrtausendsommer“ 2003 wurde 2015, 2017 und 2018 beinahe erreicht beziehungsweise sogar überschritten.

Besonders belastend ist Hitze in städtischen Gebieten. Zwar sind in den Städten die Temperaturmaxima nicht oder kaum höher als in ländlichen Regionen, durch die Verbauung wird jedoch die nächtliche Abkühlung stark reduziert. Dieser städtische Wärmeinseleffekt führt dazu, dass innerstädtisch die nächtlichen Minimumtemperaturen um bis zu 7 Grad wärmer sind als im Umland. In der Wiener Innenstadt wurde bereits mehrmals eine nächtliche Minimumtemperatur von 25 °C nicht unterschritten und am 2. August 2017 sank das Thermometer nicht unter 26,9 °C. Bei derart hohen Temperaturen kann man die Wohnräume kaum mehr durch nächtliches Lüften abkühlen und die Hitzebelastung hält Tag und Nacht an.


Abbildung 2-3: Hitzetage (Temperaturmaximum größer als 30 °C) pro Jahr in Wien seit 1900. Rekordwerte mit 40 Tagen wurden erstmals im Jahrtausendsommer 2003 erreicht, aber auch 2015, 2017 und 2018 kamen ähnlich viele Hitzetage vor. 4

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