Читать книгу Sternenstaub für Afrika - Helga Schneider - Страница 5
Einschulung mal anders
ОглавлениеDie Aufgaben im ersten Schuljahr stellten für mich kein Problem dar, ich lernte spielend und brauchte auch zuhause keine Hausaufgabenhilfe, das habe ich alles alleine gemacht.
Eine Sache hat uns Schüler allerdings voll erwischt. Wir schrieben das Jahr 1940 und in diesem Jahr wurde an den deutschen Schulen die lateinische Schrift eingeführt und die deutsche Schrift, das war die Sütterlin Schrift, war fortan nicht mehr im Lehrplan. Nun hatte ich im ersten Halbjahr meiner Einschulung gerade das ABC vollständig drauf und nun war das alles umsonst. Ab sofort haben wir Erstklässler wieder damit begonnen viele Reihen Buchstaben auf unsere Tafeln zu malen, aber diesmal in Latein und diese Buchstaben hatten weiß Gott keine Ähnlichkeit mit den Buchstaben, die wir bisher gelernt hatten. Aber wir haben auch das hingekriegt und konnten fortan zwei Schriften schreiben und lesen. Obwohl ich mit meinen fünf Jahren diese Sütterlinschrift nur ein halbes Jahr in Lehrplan hatte, schreibe ich sie heute noch und ich kann sie natürlich auch lesen.
Aber leider konnte ich in der Schule meinen Mund nicht halten, ich habe immer geschwätzt und dadurch auch andere Kinder gestört. Das hatte zur Folge, dass ich fast täglich in der Schule vom Lehrer geschlagen wurde. Er haute auf Kopf und Schultern und auch ins Gesicht.
Die Erfahrung, dass ich Hiebe bekam war für mich neu, obwohl ich wusste, dass ich ja Strafe verdient hatte, weil ich nicht ruhig war.
Von Mama bekam ich öfter mal eine Ohrfeige, aber fremde Leute hatten mir bisher noch keine Schläge verabreicht.
Ich setzte dann meist meinen Dickkopf auf und hielt den Mund dann gerade nicht.
Da ich öfter mit einer dicken Backe und Striemen im Gesicht nach Hause kam, blieb das meinem Papa nicht verborgen, er war außer sich.
Er nahm mich auf den Arm und ab ging es zum Hause des Lehrers, der musste sich anschauen, was er mit mir gemacht hatte.
Papa sagte zu ihm, er solle sich schämen, ein kleines Mädchen zu schlagen, das hätte Konsequenzen für ihn. Der Schulrat wurde informiert und die Sache endete so, dass sich herausstellte, der Lehrer war nervenkrank, er kam dann in eine Heilanstalt. Ja, so war mein Papa, auf seine Kleine ließ er nichts kommen.
Wir hatten dann einen anderen Lehrer, der zwar auch gehauen hat, aber nicht so doll. Schläge gab es damals in der Schule immer, auch mit dem Stock auf die Finger, das gehörte zum Unterricht und war ganz normal.
Im Nachhinein würde ich sagen, geschadet hat es uns Kindern nicht, diese Praktiken gehörten damals zum Alltag und wir mussten lernen, uns den Erwachsenen zu fügen.
Eines Tages hatten wir ABC-Schützen die Aufgabe große Buchstaben-Reihen auf unsere Tafeln zu schreiben. Die 2. und 3. Klasse musste einen Aufsatz schreiben und die vierte Klasse lernte mit dem Lehrer "Schillers Glocke" Da ich meine Tafel recht bald vollgeschrieben hatte, interessierte ich mich doch sehr, was der Lehrer den Großen da erzählte. Da die Verse oft wiederholt wurden, habe ich mir einen Großteil davon gemerkt und als später zuhause Papa fragte, na was habt ihr heute in der Schule gelernt, da zitierte ich "Schillers Glocke". Papa hat den Mund nicht mehr zu gekriegt, er war total sprachlos.
So hatte es manches Mal auch sein Gutes, wenn mehrere Schuljahre zusammen unterrichtet wurden. Wir Kleinen konnten geistig immer mal etwas abstauben, es hat uns später nur genützt.
Unser Lehrer war in der Hauptsache "Bauer" den Schulunterricht hielt er nebenberuflich und er vermittelte uns an Wissen, was er eben konnte.
Aber ich hatte wirklich den Vorteil, dass der liebe Gott mir ein gutes Gedächtnis gegeben hat und auch den Ehrgeiz, zu lernen und immer wieder zu lernen.
Es hat mir Freude gemacht. Das Ergebnis waren stets gute Zeugnisnoten, ich hatte in meiner ganzen Schulzeit nur "sehr gut" und "gut" aber immer hatte mein Zeugnis die Fußnote "Helga hält im Unterricht nicht den Mund."