Читать книгу Pussy-Katzerl - Hellmuth Sudheimer - Страница 10
ОглавлениеKinderstube
Bist Du weise, kleines Katzentier? Deinesgleichen verehrten schon die alten Ägypter als göttlich. Aber du scheinst bei deiner Mutti nicht gerade die Weisheitsmilch genuckelt zu haben. Nein, du lernst es nie. Da hat Pussy ihr Eckchen, die Sandkiste, wo man bei drängenden Geschäften so schön dem Kratzinstinkt folgen kann. Doch lässt sich nicht auch auf einer Couch gut kratzen? Pussy ist dieser Ansicht. Und schließlich, kratzen kann man ebenso auf dem Fußboden, wenn der sich auch verteufelt glatt anfühlt und so wenig „sandig“.
Arme Katzenseele! Da putzt du dich und leckst dich, da streckst du dein Hinterbeinchen vor dir in den Himmel, damit du mit deinem kleinen Waschlappen von Zunge deinen Oberschenkel bearbeiten kannst, da drehst und verrenkst du dich bei dieser schwierigen „Arbeit“, die deine ganze winzige Persönlichkeit in Anspruch nimmt. Du gibst dir so große Mühe, aber – den bösguten Zweibeinern genügt deine Reinlichkeit, deine possierliche, nicht. Es ist so schwer zu lernen, wo man „darf“ und wo nicht. Was man darf und was nicht. Geschäftchen hierhin, Geschäftchen dorthin. Bekommt man Prügel, Backpfeifen, wie in „Katzbalgereien“ üblich, am Tatort, nun gut, geht man nächstens daneben hin. Aber auch das ist nicht recht. Dann wird man gegriffen, oben am Genick, wo man nicht hinlangen kann, auch wenn man alle krallenbewehrten Viere ausstreckt, man weint und mauzt gotterbärmlich, doch man bekommt seine Tracht. Freilich ein paar Kratzer kann man den strafenden Händen doch anbringen, welche Befriedigung! Man knurrt dazu, ziemlich laut, siehst du, ich kann auch! Ich bin nicht wehrlos. Einen Hund darfst du vielleicht ungestraft schlagen, aber nicht mich Pussy-Katz. Niemals sieht man Herrle und Fraule ohne diese „Orden“ ihrer Katzenerziehungskunst.
So gewöhnt Pussy sich an, auch nach Benützung dies richtigen Örtchens einen krummen Buckel zu machen: Man kann nie wissen. Schwänzchen hoch, springt sie vor, springt sie zurück: auf in den Kampf, Torero, wir sind katzenmäßig gerüstet.
Tapfer ist der kleine Teifi! Doch wird es ernst, so ist schnelle Flucht der bessere Teil der Tapferkeit: schnell unter die Couch. Da kehrt das Herrle sie hervor mit dem Besenstiel. Schon saust ein schwarzer Blitz quer durchs Zimmer unter das Sofa. Der Besenstiel folgt. Jetzt gibt’s unter den Schrank. Herrlich, dies Jagen und Fangenspielen: krieg mich doch, so denkts Viecherl. Es zucken die schwarzen Blitze über den Fußboden – bis das Herrle vielleicht doch den Anlass vergisst. Aber leider, die Zweibeiner haben ein gutes Gedächtnis.
Was ist nicht alles verboten! Man lernt bald, dass ein scharfer Ruf „Pussy!“ bedeutet: Weg da, sonst gibt’s was.
Auf den Tisch zu springen ist man noch zu klein. Steht ein Stuhl davor, gelingts schon eher. Aber Wehe, betritt ein Zweibeiner das Zimmer. Husch, nix wie unters Sofa! Man hat Erfahrungen.
Aber wenn das Fraule oder Herrle am Tisch sitzt und arbeitet, -- hupf, rauf auf den Schoß, hat man auch eben vielleicht eine kleine Abreibung gekriegt. Ich liebe es halt, warm da oben zu hocken, leg meine schwarzen Pfötchen um und genieße. Da wird behaglich geschnurrt, zumal hin und wieder eine sanfte Hand einem übers Fell streichelt. Alles Frühere – vergeben, vergessen.
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Endlich hat Pussy es heraus: Da ist doch auch im Nachbarzimmer eine Katz!
Öffnet ein Zweibeiner das Zimmer, -- schwupp, saust etwas Schwarzes an seinen Beinen vorbei und drüben ist es, das Pussy-Viecherl.
Da steht das fremde Katzenwesen, grau und weiß gefleckt, steht überrascht und äugt. Jung ist es auch, aber freilich, viel, viel größer und stärker. Dazu hat die Grauweiße schon ihre Erfahrungen in Feld, Wiesen und Scheunen. Scharf zupacken hat sie gelernt, und die Zweibeiner verfahren auch nicht immer glimpflich mit ihr. Da gibt es Leute, die schlagen nach ihr, sie meinen, das sei Spiel, aber wer soll das wissen, da tatzt sie dawider, Kratzer gibt es, und schon heisst es: „Böse Katz“!
Doch hier: was ist das, dies Kleine, Schwarze. Offenbar auch etwas Kätzisches. Da muss man den Katzenkomment einhalten. Mit aller Vorsicht beschnuppert man sich also gegenseitig, Näschen an Näschen. Nicht wie die Hunde, rund herum.
Vorsichtig, langsam, die Augen auf die andere gerichtet, geht Pussy rückwärts. Nein, Madame, Sie scheinen mir viel zu groß. Im Augenblick sind sie mir ein wenig unheimlich. Jedenfalls sehen Sie nicht ungefährlich aus.
Oder – versucht man‘s – doch?
Die Große tritt an das kleine Schwarze heran, wischt mal so mit der Pfote durch die Luft, zieht einen kleinen Luftschlag: Willst du? Wie wär‘s?
Pussy traut dem Frieden nicht. Lieber noch ein Schrittchen zurück.
Die Große wiederholt das Spiel.
Aha, nur Spiel, erkennt unser Kleines. Und schon – springt das schwarze Wollbällchen die Große an: Na, los! Zeig was du kannst.
Und alsbald, hast du, was kannst du, da geht’s durchs Zimmer, hetz hin, hetz her, mal lieg ich oben, mal liegst du oben, man balgt sich, wälzt sich, legt sich auf den Rücken, springt, auf vier Beinen, auf zwei Beinen, rollt sich, saust, ein schwarzes Wiesel, um alle Ecken, greift wieder an, knurrt böse, wenn die Große schärfer wird, -- aber oh, welche Lust, mit seinesgleichen sich balgen zu können.
… So groß ist die Lust, das Pussy drum ihr Leben riskiert. Da ist sie allein in ihrem ersten Zimmer und hat Sehnsucht nach dem Spielkameraden. Gelegentlich öffnet ein Zweibeiner die Tür zwischen den beiden Räumen. Auf so etwas haben wir gewartet, nicht umsonst an der Ritze gesessen: Schon witscht das kleine schwarze Ding durch den ersten Spalt, beinah wirds von der Tür zerquetscht, schreit, -- da ists noch einmal gerettet.
Ja, nun ist auch gar dies Spiel verboten. Selten nur lassen die Zweibeiner die beiden zusammenkommen. Die Große könnte zubeißen, und unser Kleines lebt nicht mehr. Die Grauweiße ist noch keine Katzenmutter, sie ist schon verdorben, zu grob für feine Manieren.
Aber was schiert sich Pussy um feine Manieren, wenn sie sich nur balgen kann.