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Ein Fußball mit zwei Stummelbeinchen

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Zuffingen ist eine kleine Stadt, wie es Hunderte und Aberhunderte gibt: mit einem Marktplatz, einer Kirche und einer Schule, die fast alle Kinder am liebsten nur von außen sehen. Dennoch hebt sich Zuffingen aus der Schar anderer Städte heraus. Es ist nämlich die Heimat eines Jungen, der allgemein nur „das dicke Fränzchen“ genannt wurde.

Der Junge ist ein richtiger Nimmersatt. Wenn in der Schulpause die anderen Kinder ihre Butterbrotdose aufmachten und es sich gut schmecken ließen, dann packte das dicke Fränzchen einen ganzen Rucksack aus: mit Butterbroten, Kuchen, Bananen, Schokolade, Limonade und Sandbrötchen. Wenn es dann wieder schellte und die Kinder in ihre Klasse zurückkehrten, dann schlang das dicke Fränzchen noch den Rest hinunter und suchte die Krümel zusammen.

Ja, er hatte außerdem noch unter seinem Pult ein heimliches Vorratslager, und jedes Mal, wenn ihm der Lehrer während des Unterrichts den Rücken zudrehte, stopfte sich das dicke Fränzchen heißhungrig die Backen voll.

Aber das war noch lange nicht alles. Bei den Mahlzeiten zu Hause verdrückte der Junge so viel wie eine Schar ausgehungerter Lausebengels auf einmal. Sogar dann hatte er noch nicht genug.

Nach dem Essen schlich sich das dicke Fränzchen heimlich in die Küche und schnupperte herum, wo es noch etwas Leckeres zu naschen gäbe. Gern kratzte er die Kessel aus, besonders wenn darin Pudding gekocht worden war.

Wenn sich die Gelegenheit dazu bot, plünderte er auch Speisekammer und Kühlschrank. Er schnitt sich ein Stück Wurst und eine dicke Scheibe Käse ab, verschlang einen Hering, trank Himbeersaft und schlürfte zwei rohe Eier aus: alles durcheinander, ohne dass er davon Bauchweh kriegte.

Mit jedem Bissen wurde der Junge dicker und dicker. Seine Jacke platzte ihm – und bald auch die Hose. Und wenn er eine Treppe hinaufstieg, schnaufte er wie ein Walross.

Kein Wunder, dass unser Fränzchen aussah wie ein Fußball mit zwei Stummelbeinchen unter dran.

Stand das dicke Fränzchen beim Fußballspielen im Tor, dann konnte kein Ball mehr links oder rechts vorbei ins Netz fliegen. So hatte das viele Essen auch seine gute Seite, wenigstens für die Mannschaft, bei der das dicke Fränzchen mitspielte.

Ihr werdet euch sicher mit Recht fragen, was denn seine Eltern dazu sagten, wenn er zum Beispiel heimlich aus dem Kühlschrank naschte. Nun, sie waren einfach sprachlos – sozusagen. Die Eltern des dicken Fränzchen waren nämlich eingerahmt und hingen an der Wand.

Das ist nun nicht ganz wörtlich zu nehmen. Manchmal auch kamen sie in ihr Haus auf dem Hügel zurück. Doch dann blieben sie jedes Mal nur für kurze Zeit und fuhren bald wieder ab. Das brachte nun mal ihr Beruf mit sich.

Die Mutter war nämlich eine berühmte Sängerin und reiste durch die Welt von einem Theater zum anderen. Besonders dann, wenn sie ihr hohes C trällerte, lagen ihr die Zuschauer zu Füßen.

Auch der Vater war viel unterwegs. Er allerdings sang nicht. Vielmehr sorgte er dafür, dass andere die Engel im Himmel singen hörten. Er war nämlich Schwergewichtsboxer, und wo er seine Fäuste schwang, da schlug er den Gegner k.o.

Vom Vater also hatte das dicke Fränzchen die durch nichts zu erschütternde Figur – und von der Mutter die Kunst, große Töne zu spucken.

Das dicke Fränzchen

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