Читать книгу Am Tor der alten Heimat - Helmut Lauschke - Страница 3
Das Tor
ОглавлениеErschöpft und verwundet
Am Tor der alten Heimat wartet die Mutter mit unendlicher Geduld auf die Rückkehr ihrer Kinder, um sie über die Enttäuschungen und Verletzungen, die das Leben ihnen gab, zu trösten.
Das Tor, vor dem ich steh, hat das Wetter gerostet. Rostberge stecken in der Öffnung, sie haben das Schlüsselloch ringsum verengt. Ein Nagel war noch hineinzustecken. Irgendwo mag der Schlüssel liegen, vielleicht unter der Brücke oder im Kanal oder war hinter dem Beton in den Sand getreten.
Mag ihn der Enkel mit sich tragen, hat ihn neben das Foto gelegt unter dem vergilbten Deckglas mit dem schrägen Sprung. Erinnerung an die Heimat vor der Vertreibung mit dem Riss durch die Kindheit.
Das Tor ist verschlossen, Rostschichten blättern in die zweite Generation, die nicht kommt, um das Tor in Ordnung zu halten. Der Eingang hinterm Tor ist liederlich zugemauert und nicht verputzt. Die Mauerwände stehen spröde und kahl, der Panzereinschuss ist gut zu sehen. Die alten Fugen sind weniger wellig als die neuen hinterm Tor, wo weder Mauer noch Fugen hingehören. Kriegsprovisorium hat sich zur Endgültigkeit erhoben an einem einst gepflegten Platz, an dem fünf Generationen bauten.
Nun steht das Tor verrostet und vergammelt da, es hängt in den Angeln völlig deplatziert, dem sich die Vergänglichkeit aufgesetzt hat.
Es gibt andere schmiedeeiserne Tore mit nicht weniger Rost und Gammelzeug, die vor Schweineställen und Misthaufen in angebrochenen Angeln hängen, die die Zeit zerrostet hat und vom Mauerwerk verlassen sind. Hauslos stecken die Tore im Feld.