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Vor dem Haus eines Funktionärs

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Max: Glühend steigt der Sonne Feuerball,

drückt zurück die Nacht ins dunkle Weltenall.

Schlaflos waren die Stunden nach den Krawallen,

Menschen können es nicht lassen mit dem Knallen.

So sind die Augen gerötet und trocken die Lippen,

die Mägen sind leer und rausstehen die Rippen.

Es gibt kein Wasser, nicht für einen Schluck,

das tranken die Wächter und das auf einen Ruck

und spuckten den Rest den Durstigen ins Gesicht,

die den Mund öffneten, als stünden sie vor Gericht.

Paul: Man sollte es dem Herrn des Hauses sagen,

lauter sollte man es ihm in seine Ohren klagen,

der als Funktionär die großen Reden schwingt,

doch schweigt, wenn einer ihm das Liedchen singt,

dass er die Fäuste in den Taschen macht

und am Ende noch in diese Fäuste lacht,

als schlüge er sie anderen auf Stirn und Nasen,

dass am Boden zerscherben wertvolle Vasen.

Dabei gibt es viel zu räumen vor und hinter den Türen,

verdreckt sind Plätze und Straßen von öligen Schlieren.

Otto: Das über die Maßen, was keine gute Sache ist,

man für Veteranen die Decken zu kurz bemisst,

dass sie den Schlaf nicht finden und frieren

und bei der Magerkost weiter an Gewicht verlieren.

Was die Jugend betrifft, sie braucht die strenge Hand

zur Disziplin und zum Lernen in einem ruinierten Land,

dass sie nicht vergammelt schon in jungen Jahren,

sind Intelligenz und Aufbaukräfte zu bewahren

denn Vision und Stärke braucht es auf den Plätzen,

ausgesprochen werden muss es in klaren Sätzen.

Funktionär (öffnet das Fenster): Ihr Männer, jung und alt,

was ist’s, dass ihr euch vor meiner Tür versammelt?

Ich habe weder das Geld noch Gold,

um jeden von euch das Leben zu finanzieren.

Da müsst ihr euch schon selbst bemühen,

wenn ihr essen und einen Platz zum Schlafen

haben wollt, denn umsonst ist nichts,

ihr seht’s am Wasser und an der Luft bald auch.

Paul: Die Fremden kommen, man nennt sie Immigranten,

die bekommen das Essen und den Schlafplatz gestellt

und das für nichts und wieder nichts.

Sie kommen mit Frau und Kindern und bringen

noch die alten Menschen mit.

Sie sprechen eine fremde unbekannte Sprache

und krümmen keinen Finger,

ohne Arbeit haben sie das bessere Leben.

Funktionär: Das mag sein, es sind die Asylanten,

die aus ihrer Heimat vertrieben wurden,

weil es dort den Krieg mit Bomben gibt,

dass ihnen hier geholfen werden muss,

so weit wir ihnen helfen können.

Der Mensch muss das Helfen wieder lernen,

wenn es um die Hungernden und Kinder geht,

die das Zuhause und die Kinder ihre Eltern

verloren haben.

Max und Otto: Das verstehen wir nur zu gut,

Denn auch wir vermissen den Vater oder

die Mustter, den Bruder oder die Schwester

und legen uns krumm, ihr seht’s an der Magerkeit,

wir hungern uns durch den Tag und durch die Woche,

und wir sind Menschen wie du und er,

wir sind Asylanten im eigenen Land,

das ist dir, dem Politiker, lange bekannt.

Paul: Wir sind hier, denn uns beißen die Hunde,

dabei sind wir um die Ecke miteinander verwandt,

da hilft es nicht, dass einer dem andern

die Zunge rausstreckt, natürlich aus dem Versteck,

denn auf der Straße, wo es alle sehen,

geht es nicht mit der offenen Impertinenz,

Menschen würden die Gesichter ziehen

und Kinder würden lachen und rufen.

Ein Herr aus der Menge: Immer das Gerede, und es tut sich nichts.

Es ist schon schlimm, wie voll sich das Mundwerk nimmt

mit den abgedroschenen Sprüchen von Gleichheit und Recht,

dabei sieht man die Gleichheit nur bei den Armen

mit den dünnen langen Hälsen und den dünnen Beinen,

die sich quälen und schinden, den Tag zu überstehen.

Dagegen ist der im großen Haus gut genährt,

er hat den kurzen Breithals und wagt sich nicht heraus.

Max und Otto: Vielleicht hat er Probleme, durch die Tür

zu kommen, die ihm zu eng geworden ist.

Denn Menschen sind verschieden,

wenn es ums Essen geht und zum Wohnen kommt.

Der Herr: Es sind die alten Unterschiede,

dass der Wohlstand sich die Wenigen aussucht,

während der Hunger und die harte Arbeit

sich die Vielen vornehmen

und in der Sprache keine Rücksicht nehmen.

Daran hat sich nichts geändert:

Die Gutgenährten mit der harten Sprache

sitzen auf den Schultern der Mageren

und Stillen, die die harte Arbeit tun.

Die vielen Menschen plagen sich

so wie vor Hunderten von Jahren,

die Welt bleibt vom gleichen Schlag,

schweigt zum Unrecht wie am ersten Tag.

Menschen glauben an die Vernunft

und werden beraubt vom selben Schuft,

dem Wohlgenährten mit der harten Sprache,

der hinsieht auf die vielen Toten

um und in der Lache.

Was fliegt und springt und jagt und schlägt,

es ist der Mensch, der sich nicht verträgt

und nach seiner Beute schielt

ob links ob rechts, ob vorn ob hinten

und gibt das Kommando zum Knallen der Flinten,

zum Sprengen der Brücken

und haut auf die Einbeinigen mit den Krücken,

weil die dem fluchenden Kommandeur

nicht den Reichtum mit dem Gold beschaffen.

Max, Otto und Paul: Das haben wir gelernt:

Die Jugend irrt in ihrem Streben,

dass der Meister ruft:

Man sollt’ euch eine kleben,

denn ihr seid zu dumm für’s Leben,

wenn es an die Arbeit geht,

das ohne gefütterten Handschuh,

um den großen Meißel zu halten,

auf den der überschwere Hammer schlägt.

Funktionär: Gebt endlich Ruh,

Ich muss an den Arbeitstisch zurück,

um an der Rede zu arbeiten,

die ich vor den Menschen der Verwaltung

zu halten habe.

Der Herr: Ihr hört es: Die Politik wird in

die Verwaltung getragen,

denn an die harte Arbeit kommt sie nicht heran.

Man kann sagen: Politik ist für die Sitzenden,

den Stehenden mit dem Meißel in der Hand

und den andern mit den schlagenden Hämmern

hat sie nichts zu sagen.

Sophon // Vom Bild des Menschen

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