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Drittes Kapitel Die Verhöre
ОглавлениеDer Anruf kam kurz nach 21.00 Uhr. Polizeiassistent Otto Graeter war gerade dabei, das Radio abzuschalten. Die Rede des Führers, die er mit seinen Kollegen Roderer und Jankow verfolgt hatte, war überraschend kurz gewesen. Jankow, der in dieser, Nacht den Fernschreib- und Telefondienst versah, nahm den Hörer ab. »Graeter«, rief er, »da ist jemand am Zoll festgenommen worden, wir sollen rüberkommen!«
Graeter sah mißgelaunt zu Roderer hinüber. »Los, fahren wir raus.« Sie verließen den Raum und stiegen draußen in einen grauen Volkswagen. Der Weg von der ehemaligen »Villa Rocca« – einem gepflegten dreistöckigen Haus aus der Gründerzeit, das inmitten der Stadt lag und in dem das Grenzkommissariat Konstanz untergebracht war – bis zum Zollamt in der Kreuzlinger Straße dauerte zwanzig Autominuten. Graeter, 43 Jahre alt, kräftige Statur, war bei Kriegsbeginn von der Kriminalpolizei zur Grenzpolizei versetzt worden. Hier tat er in der Abteilung II, »Innerpolitische Angelegenheit« – einer Unterabteilung der Staatspolizeidienststelle Karlsruhe –, seinen Dienst. Der Zoll kümmerte sich um Ein- und Ausfuhren und bewachte die Grenze; gab es aber besondere Vorfälle, dann war das seine Angelegenheit.
»Was ist los?« fragte Graeter, nachdem er mit Roderer das Zollhaus betreten hatte.
Mauer, ein junger Gestapo-Mann, der zur Verstärkung zum Zoll abkommandiert war, trat auf Graeter zu. »Wir haben einen illegalen Grenzgänger«, sagte er knapp und zeigte hinüber in den angrenzenden Raum. Dort saß ein kleiner, unauffälliger Mann, hageres Gesicht, schüchterner Blick, nur mit Hose und Hemd bekleidet. Er trug ein einfaches Hemd ohne Krawatte. Graeter ging auf ihn zu. Der Mann war Handwerker, das sah er auf den ersten Blick. Seine Hände waren abgearbeitet und zerschunden.
Auf dem Tisch lag allerhand Kleinkram: Hülsen, Federn und Drähte, die wohl aus einer Uhr stammten; eine Grenzkarte, eine Geldbörse mit fünf Mark, ein Bündel Notizblätter, ein Kippmesser, eine Beißzange, ein kleines Stück Hartwurst. Eine Postkarte, die den Münchener Bürgerbräukeller zeigte, fand sich ebenfalls auf dem Tisch. Graeter konnte sich darauf keinen Reim machen. Er forderte Roderer auf, die Utensilien in einen kleinen Karton zu packen. Erst als ihn der Zollassistent Obertz, der inzwischen aus seinem Zimmer herübergekommen war, auf ein Abzeichen aufmerksam machte, das der Mann an seinem Revers trug, hellten sich Graeters Gesichtszüge auf. »Ah, ein Rotfrontkämpfer; da schau her…«
Dann warf er einen Blick auf die Grenzkarte. Sie war abgelaufen. Er betrachtete das Foto, las den Namen. »Elser heißt du?« fragte er streng.
»Ja, Georg Elser…« antwortete der Mann mit ruhiger Stimme.
»Dann wollen wir mal fahren. Auf geht’s!« rief Graeter und winkte mit einer Handbewegung zum Aufbruch. Er verabschiedete sich von Obertz und Mauer und verließ mit dem Fahrer Roderer das Zollhaus. Elser nahmen sie in die Mitte.
Es war gegen 22 Uhr, als sie in die »Villa Rocca« zurückkamen. Elser war auf der ganzen Fahrt stumm geblieben. Einige Male hatte er sich geräuspert, einmal mit dem Taschentuch über seine Nase gewischt. Graeter ging mit ihm in sein Dienstzimmer im ersten Stock, schob ihm einen Stuhl hin, spannte ein Blatt Papier mit Durchschlagbögen in seine Schreibmaschine und blickte über den Tisch. »So, Freund«, sagte er barsch, »jetzt geht’s los. Erzähl nur ja keine Märchen, sonst gibt’s Ärger.«
Gefühlsmäßig hielt er es für richtig, den Mann zu duzen. »Was hast du an der Grenze gesucht?« begann er sein Verhör.
»Ich wollt’ net über die Grenze. Ich wollt’ den Herrn Feuchtlhuber besuchen, der ist Vorsitzender des Trachtenvereins. Dabei hab’ ich mich verlaufen…« antwortete Elser in schwäbischem Dialekt.
Graeter wurde wütend: »Schwätz doch keinen Unsinn! Das glaubt dir doch niemand!« Er griff zum Telefon, um einen Kollegen zu bitten nachzuprüfen, ob es in Konstanz einen Herrn Feuchtlhuber gebe und ob es sich dabei um den Vorsitzenden des Trachtenvereins handele. Minuten später klingelte das Telefon: Ja, es gäbe einen Mann mit diesem Namen und er sei tatsächlich Vorsitzender des Trachtenvereins. Nur, er wohne am Petershausener Bahnhof, weit entfernt von der Stelle, an der man Elser gestellt habe.
Graeter hielt Elser diese Tatsache vor. Der zuckte nur mit den Schultern. »Ich kenn’ mich net aus in Konstanz.«
Ein unzugänglicher, gerissener Bursche, dachte Graeter. Einer, dem nicht zu trauen war. Natürlich mußte er sich in Konstanz auskennen, denn schließlich hatte er beinahe sieben Jahre dort gewohnt, wie sich bei sofortiger Nachprüfung im Melderegister herausgestellt hatte. Doch dieser Kerl gab nichts zu. Seit bald einer halben Stunde saß er ihm nun gegenüber, stellte Frage auf Frage, doch bislang hatte er nur spärliche Angaben erhalten.
Name: Georg Elser; Herkunft: Königsbronn bei Heidenheim auf der Schwäbischen Alb; Beruf: Schreiner; Stand: ledig. Dazu einpaar Angaben über seine letzten Arbeitsstätten. Woher er komme? Von München, nein, von Ulm… Graeters Geduld war überstrapaziert. Er stand auf, ging um den Tisch und baute sich vor Elser auf: »Kerle, sag die Wahrheit! Was hast du an der Grenze gewollt? Warum hast du illegal in die Schweiz gehen wollen?« schrie er mit drohender Stimme.
»Ich hab’ ein uneheliches Kind und hab’ die Alimente nicht mehr zahlen können«, antwortete Elser eingeschüchtert.
Graeter war sich sicher, daß auch diese Antwort gelogen war. Nachprüfen konnte er sie jetzt ohnehin nicht. Er wußte nicht recht, wie er weiterkommen sollte. Mit diesem Mann konnte er nicht viel anfangen. Ein verstockter Bursche. Er wußte: Die Vernehmung war an einem toten Punkt angelangt.
Es war gegen elf Uhr, als im Parterre-Büro der Fernschreiber tickerte. SPRENGSTOFFATTENTAT IN MÜNCHEN lautete die Überschrift. Darunter folgte in fünfzehn Zeilen die Aufforderung, die Grenzüberwachung zu verschärfen. Jankow brachte Graeter die Meldung hinauf. »Allerhand«, empörte sich dieser, als er den Text gelesen hatte, »… wirklich, allerhand.«
Elser schaute zu den verdutzten Gesichtern der beiden Gestapo-Beamten hinüber. Er strich sich durchs Haar und wirkte ganz ruhig.
Kaum war Jankow in sein Dienstzimmer zurückgekehrt, kam ein zweites Fernschreiben: ANSCHLAG AUF DEN FÜHRER hieß es nun in der Überschrift, danach folgte ein Text, aus dem hervorging, daß alle Grenzstationen in Alarmbereitschaft zu versetzen und Tatverdächtige festzunehmen seien. Jankow überfiel ein sonderbares Gefühl: Hatte der Festgenommene im ersten Stock vielleicht etwas mit der Sache zu tun? Schließlich hatte man bei ihm eine Postkarte vom Münchener Bürgerbräukeller gefunden, dazu merkwürdige Kleinmaterialien, die aus einem Wecker stammen konnten. Brauchte man zur Zündung einer Bombe nicht einen Wecker? Gut, er wollte diesem unscheinbaren Kerl nichts unterstellen, Tatsache aber war, daß er beim Versuch, illegal über die Grenze zu gehen, erwischt worden war. Und schließlich: Er war Kommunist; trug er nicht dieses verbotene Zeichen mit einer geballten Faust?
Jankow hastete die Stufen hinauf und präsentierte Graeter das neue Fernschreiben. Ohne eine besondere Reaktion zu zeigen, überflog Graeter den Text, dankte Jankow knapp und legte das Papier scheinbar achtlos zur Seite. Dann ging er hinüber zum Fenster. Draußen hatte sich der Nebel wieder verdichtet. Keine fünfzig Meter mochte die Sicht betragen. Ein Sauwetter, dachte Graeter. Das Wetter paßte zu diesem Abend. Der Polizeiassistent war schlecht gelaunt. Da saß ein Mann vor seinem Schreibtisch, der aussah, als könne er kein Wässerchen trüben, und doch sagte ihm sein kriminalistischer Instinkt, daß mit dem Burschen etwas nicht in Ordnung war. Dieses Fernschreiben… Der wird doch nicht etwa mit dem Attentat…?
Graeter drehte sich ruckartig um. »Auf den Führer ist ein Attentat verübt worden«, rief er scharf. Dabei blickte er in Elsers Gesicht, doch der zeigte keinerlei Reaktion. Scheinbar gelassen nahm er die Nachricht auf. Graeter verließ den Raum. Von dem Telefon im gegenüberliegenden Büro aus rief er seinen Chef, Inspektor Hinze, an. »Wir haben da einen illegalen Grenzgänger, der kommt von München«, berichtete er aufgeregt. »Ja, der hat angegeben, daß er mit dem Schiff von Friedrichshafen gekommen ist.« Der Mann sei unbedingt weiter zu verhören, und außerdem sei unverzüglich die Staatspolizeistelle in Karlsruhe zu informieren, lautete die Anweisung.
Wenige Minuten später rief Graeter die Gestapo in Karlsruhe an und schilderte die Festnahme eines Mannes, der Georg Elser heiße. »Dranbleiben, Verhör fortsetzen. Jedem Verdacht ist nachzugehen. Sofortige Meldung, sollte sich etwas in der Sache ergeben«, hieß der Befehl.
Graeter ging zurück in sein Büro. Elser saß noch immer ruhig auf seinem Stuhl. Der Mann muß Nerven haben, dachte Graeter. Er öffnete eine Schublade, um sich eine Scheibe Brot herauszuholen. Auch Elser bot er ein Stück an: »Willst was, du hast doch sicher auch Hunger? Ich weiß nicht, wie lange wir zwei heut nacht noch miteinander verbringen müssen.«
Elser schüttelte den Kopf. Erst als ihm Graeter eine Tasse Tee aus seiner Thermosflasche anbot, nahm er dankend an. Gesprächiger wurde er auch danach nicht. Die Zeit kroch dahin.
Graeter fühlte den Druck, der auf ihm lag. Sein Chef und die Gestapo wollten Ergebnisse hören, wollten wissen, was es mit diesem Georg Elser auf sich hatte. Was hatte er in München zu tun gehabt? Warum wollte er in die Schweiz? Was bedeuteten die Fundsachen in seinen Taschen? Gehörte er zu einer Gruppe kommunistischer Verschwörer, die das Attentat auf den Führer durchführten, um dann einzeln in alle Richtungen unterzutauchen? Graeter hatte zwar einen Verdacht, aber ihm fehlten die Beweise, ein Geständnis.
Die Uhr zeigte mittlerweile drei Uhr morgens. Graeter war müde geworden und mit seiner Geduld am Ende. Zuletzt hatte er die Tonart verschärft, gebrüllt und gedroht – ohne Erfolg. Nun schien es ihm sinnvoll, den Mann erst einmal in eine Zelle zu sperren. Vielleicht würde ihn das gesprächiger machen. Er brachte Elser in eine der drei Arrestzellen im Erdgeschoß. Als er gerade die schwere Eisentür schließen wollte, trat Elser auf ihn zu. »Herr Beamter, ich will Ihnen etwas sagen, darf ich Ihnen etwas erzählen?«
Graeter stieß ihn wütend in die Zelle zurück: »Gar nichts darfst du mir erzählen, ich will nichts mehr von dir wissen. Jetzt ist der Zapfen ab!« Er schlug die Tür ins Schloß und ging hinauf in sein Büro. Der Ärger war ihm ins Gesicht geschrieben.
Dieser verstockte Bursche wird mir nicht auf der Nase herumtanzen, morgen ist auch noch ein Tag, dann sehen wir weiter, dachte Graeter, während die aufgestaute Wut den Inhalt seines Berichtes diktierte, den er jetzt, da die Uhr bereits auf halb vier zuging, in seine Maschine tippte. Eine halbe Stunde später war er fertig damit. Sein letzter Satz lautete: »Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß Elser als Täter in Betracht kommt.«
Um sieben Uhr morgens erschien Inspektor Hinze in Graeters Büro. Sorgfältig las er den Bericht, der nur eine knappe Schreibmaschinenseite umfaßte. »Ein zäher Bursche, was?« bemerkte er kopfschüttelnd. Dann gab er Anweisung, den Bericht über Fernschreiber an die Gestapo nach Karlsruhe weiterzugeben.
Der Vormittag in der »Villa Rocca« sollte noch hektisch werden. Als der Bericht die Gestapo in Karlsruhe erreichte, wurde er von dort umgehend nach Berlin weitergeleitet. Noch in derselben Nacht waren auf Grund der Meldung aus Konstanz Gestapo-Leute zu einer Blitzaktion aufgebrochen. Melderegister wurden überprüft, die Herkunft Elsers wurde festgehalten und, soweit es möglich war, sein bisheriges Leben rekonstruiert. Verdächtiges war nirgendwo zu finden. Doch die Gestapo gab nicht auf. Noch während in Konstanz Graeter mit seinem Chef darüber sprach, was nun zu tun sei, ließ sie in Königsbronn, einem kleinen Dorf auf der schwäbischen Ostalb, die Eltern und Geschwister Georg Elsers von Kriminalpolizisten verhaften und zum Verhör nach Heidenheim bringen. Ebenfalls ohne Erfolg. »Der Georg soll mit dem Attentat zu tun haben?… Nein, der hat sich nie besonders für Politik interessiert… Ein fleißiger, stiller Mensch ist er. Zuletzt hat er in München gearbeitet…« Mehr war nicht zu erfahren.
Die wenigen Erkenntnisse der Gestapo-Beamten wurden sofort nach Berlin weitergeleitet. Dort waren bei der Geheimen Staatspolizei bereits nach der ersten Nacht mehr als 120 Hinweise auf verdächtige Personen eingetroffen. Sie alle wurden gesichtet und zur weiteren Aufklärung nach München weitergegeben. Dort, in der »Hauptstadt der Bewegung«, war inzwischen ein Heer von Kriminalisten unter Führung von Kriminalrat und SS-Oberführer Nebe am Werk. Himmler selbst hatte die Oberaufsicht übernommen.
Die Beamten verfolgten Hunderte von Spuren. Sie durchsiebten die Trümmer des Bürgerbräukellers, immer auf der Suche nach Einzelteilen der Höllenmaschine, die vielleicht einen Hinweis auf ihre Herkunft geben könnten. Auch die Angestellten des Bürgerbräukellers wurden vernommen. Maria Strebel, die am Abend des 8. November als Kellnerin gearbeitet und durch die Detonation der Bombe einen Gehörschaden erlitten hatte, schilderte später die Umstände des Verhörs:
Bereits am nächsten Tag – ich lag daheim auf meinem Sofa in der Pariser Straße 23 im ersten Stock – kam ein Kriminalpolizist. Er forderte mich auf, mit ihm zu kommen. Ich weigerte mich aber mitzukommen, da meine Tochter noch sehr klein war. Sie war damals neun Jahre alt. Im Zimmer nebenan lag meine Mutter im Sterben. Wenige Tage nach diesem Ereignis – am 19. November – ist sie gestorben. Der Kriminalpolizist ließ mir einen Zettel da. Er deutete mir an, daß demnächst noch ein Kollege von ihm kommen würde, der mich zum Mitkommen aufforderte. Am 10. November mußte ich mit meinem Biermädchen, einer neunzehnjährigen Wienerin, in die Brienner Straße zur Staatspolizeileitstelle zur Vernehmung kommen. Wir betraten den Saal.
Ich sah etwa acht bis zehn Kriminalpolizisten an Tischen sitzen, die Zivilisten, die man in der Zwischenzeit vorgeladen hatte, vernahmen. Als ich an einen der Tische herantrat, bat mich der vernehmende Beamte um die Telefonnummer meines Mannes. Er wollte ihn anrufen und ihm mitteilen, daß ich heute nicht mehr heimkomme. Ich sagte ihm, daß dies unter gar keinen Umständen ginge, da ich zu meiner schwerkranken Mutter und zu meinem Kind heim müsse. Ich ging dann zu einem gewissen Herrn in den zweiten Stock; dieser Herr gab mir dann eine Bescheinigung, damit ich den Eingang wieder passieren konnte, um nach Hause zu gehen bzw. mich mit dritten Personen zu unterhalten. In den folgenden Tagen kamen dann Kriminalpolizisten mit Schreibmaschinen. Sie waren etwa fünf oder sechs Mal bei mir. Immer wieder fragte man mich, ob mir irgend etwas aufgefallen sei. Ich mußte dann einen Tag oder etwas später noch einmal in die Stadt fahren, und zwar zum Polizeipräsidium. Dort wurde ich erneut vernommen. Plötzlich machte der vernehmende Beamte seine Schublade auf, zog ein Bild heraus und legte es auf die Tischplatte. Erfragte mich: »Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?« Ich sagte: »Nein.« Ich muß aber dazu sagen, daß ich diesen Herrn schon gesehen hatte. Er war bei uns zu Gast. Er hat jeden Tag im Bräustüberl gesessen. Mir ist die Identität dieses Herrn erst später aufgefallen und in Erinnerung gekommen, nachdem ich mich mit meinen anderen Kolleginnen unterhalten hatte. Ich erinnere mich, daß er sehr ärmlich gekleidet war und das normale Arbeiteressen bestellte, das damals bei uns etwa 60 Reichspfennige gekostet hatte. Er fiel mir vor allem deshalb auf – und gerade deshalb habe ich ihn in guter Erinnerung –, weil er nie etwas zu trinken bestellte.
Maria Strebel war nicht die einzige, die bereits am Tage nach dem Attentat von der Gestapo besucht wurde. Kellner und Kellnerinnen, Schankburschen, Zigarettenfrauen, Handwerker, Hausmeister, Putz- und Toilettenfrauen – sie alle waren verhört worden, jedoch ohne Erfolg. Himmler verlor langsam die Geduld. Man brauchte endlich einen Täter.
Am frühen Nachmittag des 9. November klingelte bei Inspektor Hinze in Konstanz das Telefon. »Bringen Sie diesen Elser nach München«, lautete der knappe Befehl. Hinze rief Graeter zu sich und bat ihn, Elser nach München zu bringen. Der winkte ab: »Ich bin nach dem langen Dienst der letzten Nacht einfach zu müde. Das soll ein anderer übernehmen.«
Eine Stunde später steuerte Kriminalsekretär Wilhelm Moller einen grauen Volkswagen in Richtung München. Auf der Rückbank saß Georg Elser.