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Erstes Kapitel Die Verhaftung

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Die Grenze lag in leichtem Nebel. Der Zollbeamte Xaver Reitlinger blickte über die Büsche hinweg zum Maschenzaun, der im Licht der Bogenlampe eigenartig bizarr wirkte. »Wir stellen die Stühle hierher, da können wir den Abschnitt im Aug’ behalten und die Rede gut hören«, meinte Reitlinger und winkte Zapfer herbei, einen jungen Hilfszollangestellten, der ihm vor zwei Tagen zur Seite gestellt worden war. Zapfer rückte die beiden Stühle unter das Fenster. Wortlos setzten sie sich. Ihre Karabiner lehnten sie gegen die Hauswand. Von hier aus konnten sie den gesamten Kontrollabschnitt überblicken: den Garten des Wessenbergschen Kinderheims, zweihundertfünfzig Meter parallel zur Grenze und nicht breiter als fünfzig Meter. Hier gab es keinen Übergang. »Grüne Grenze« nannten die Zöllner den Grenzstreifen.

Seit vier Jahren tat Xaver Reitlinger seinen Dienst. Besondere Vorkommnisse hatte er in dieser Zeit nicht erlebt. Jetzt aber, nach Kriegsbeginn, zog es Deserteure in die Schweiz. Manchmal stellte er sich vor, einen dieser illegalen Grenzgänger festzunehmen. Dann überlegte er, ob dieser Wunsch der zähen Langeweile von stundenlangen Patrouillengängen entsprang oder seinem heimlichen Bedürfnis, es möge doch einmal etwas Unvorhergesehenes, etwas Aufregendes passieren. Vielleicht verbarg sich hinter ihm auch nur der tiefe Wunsch nach Anerkennung. Einmal ein Lob für die Arbeit, wer brauchte das nicht? Wie aber konnte er gelobt werden, wenn an der Grenze nichts passierte? Reitlinger ging immer wieder seinen Träumen nach, wenn er stundenlang am Grenzzaun entlangstreifte, auf die immer gleichen Häuser, Bäume und Hügel schaute. Dann schien es, als sei die Zeit stehengeblieben. Wenn ihm danach war, erzählte er seiner Frau von seinen Gedanken und Träumen. Vor Wochen hatte er ihr beim Frühstück von einem nächtlichen Traum berichtet, der Festnahme eines Mannes. »Mir scheint, du brauchst Abwechslung, sonst wirst du noch phantasieren«, hatte sie kopfschüttelnd zu ihm gesagt.

Nach dem Frühstück war er damals – trotz seines freien Tages – hinüber zum Zollhaus gegangen, um dem Postenführer seinen Traum zu erzählen. »Du solltest mal Nachtwache machen, da passiert mehr als am Tag – wenn was passiert«, riet ihm Trabmann. Danach berichtete der Postenführer, ein untersetzter Mann, dem man seine Fünfzig nicht ansah, wie er selbst vor Jahren mit einem Kollegen zwei illegale Grenzgänger unten am Kreuzlinger Tor gestellt habe. »Die wollten gerade über den Zaun, aber wir waren schneller«, erzählte er stolz. »Doch was haben wir dafür bekommen? Einen warmen Händedruck.« Trabmann lächelte spöttisch.

Gestern, er hatte die Angelegenheit längst vergessen, war Reitlinger in das Büro des Postenführers gerufen worden. Trabmann fragte ihn, ob er noch immer Nachtdienst machen wolle. Ein Kollege sei ausgefallen. Reitlinger hatte sofort zugesagt. In der Früh war er mit Zapfer zum Vormittagsdienst angetreten, von acht bis zwölf. Routinearbeit. Danach hatte er freigehabt bis abends um acht Uhr. Im »Löwen«, gleich neben dem Zollhaus, hatten sie sich eine halbe Stunde vor Dienstbeginn getroffen. Über Politik wurde geredet, darüber, daß die Deutschen Lebensraum brauchten. Der Wirt rief: »Freilich, wie soll sich denn sonst ein so großes Volk wie unseres ernähren?« Der junge Zapfer nickte zustimmend.

Nach dem Essen gingen sie ins Zollhaus und nahmen ihre Karabiner aus dem Regal. Reitlinger ließ sich vom Postenführer noch ein Nachtfernglas aushändigen. Dann brachen sie zu ihrem Postenbereich auf. »Heut abend werden wir keine Langeweile haben, wir werden uns die Bürgerbräu-Rede des Führers anhören«, sagte Reitlinger zu Zapfer, während sie langsam am Grenzzaun entlanggingen. »Ich habe schon mit der Leiterin gesprochen, sie hat es uns angeboten.«

Jetzt saßen sie auf den Stühlen vor dem geöffneten Fenster und schauten hinüber zur Grenzwiese. Dünne Nebelschwaden lagen in der Luft, Im Kinderheim verfolgte das Personal aufmerksam Hitlers Rede aus dem Volksempfänger. An der Wand des kargen Raumes hing ein Bild des Führers. Das Licht brannte. »Wieso darf hier eigentlich Licht brennen?« fragte Zapfer überrascht. Reitlinger, der seinen Kopf in regelmäßigem Intervall nach rechts und links bewegte, nahm sein Fernglas von den Augen: »Heut müssen sie auf der anderen Seite ihr Licht ausmachen. Das wird jeden Abend gewechselt; Des ist wegen dem Feind. Schließlich wollen wir denen des hier in Konstanz nicht zu leicht machen. Des ist Vorschrift. Heut die, morgen wir…« Zapfer war es peinlich, die Frage gestellt zu haben. Als angehender Zollbeamter sollte er darüber Bescheid wissen. Doch Reitlinger war nicht nachtragend, das beruhigte Zapfer.

Aus dem Volksempfänger dröhnte Hitlers markige Stimme: Unser Wille ist genauso unbeugsam im Kampfe nach außen, wie er einst unbeugsam war im Kampfe um diese Macht im Innern. So wie ich Ihnen damals immer sagte: Alles ist denkbar, nur eines nicht, daß wie kapitulieren, so kann ich das als Nationalsozialist auch heute nur der Welt gegenüber wiederholen: Alles ist denkbar, eine deutsche Kapitulation niemals! Wenn man mir darauf erklärt: Dann wird der Krieg drei Jahre dauern, so antworte ich: Er kann dauern, so lange er will, kapitulieren wird Deutschland niemals. Jetzt nicht und in alle Zukunft nicht…

»Niemals!« rief eine Stimme im Raum. Die Zuhörer klopften mit ihren Handflächen auf den Holztisch. Reitlinger und Zapfer machten eher nachdenkliche Gesichter. Keiner von beiden sprach ein Wort. Die Wanduhr zeigte halb neun. Mittlerweile war die Sicht besser geworden. Auf der Schweizer Seite sah man zwei Laternen brennen, deren Lichtkegel bis zum Grenzzaun fielen. Als Reitlinger für einen Moment nach links blickte, glaubte er schemenhaft die Gestalt eines Mannes wahrzunehmen, der sich in Richtung schweizerische Grenze bewegte. War da jemand? Er nahm sein Fernglas: Tatsächlich, der Mann war jetzt stehengeblieben und schaute vorsichtig um sich.

Reitlinger stieß Zapfer mit dem Arm an und reichte ihm das Fernglas: »Schau mal, siehst du den Mann?«

Zapfer hielt es vor seine Augen: »Da müssen wir hin, da ist was faul…«

Reitlinger reagierte unwirsch: »Ich geh’ da hin. Du bleibst hier sitzen.« Das war seine Sache, er trug hier die Verantwortung. Er sprang auf und ging von der Terrasse hinunter in Richtung Birnbaum nahe dem Zaun. Der Mann stand noch immer regungslos, so als würde er Geräuschen lauschen.

Reitlinger schlich sich von hinten an ihn heran. »Hallo!« rief er ihn an. »Wo wollen Sie hin?«

Der Mann drehte sich ruckartig herum. Stotternd antwortete er: »Ich glaub’, ich hab’ mich verlaufen.«

Reitlinger sah ihm ins Gesicht: ein längliches, weiches Gesicht, bartlos, fast scheue Augen. Er trat einen Meter zurück und musterte den Mann. Dieser war von kleiner Gestalt, schmächtig und trug einen Mantel, aber keine Kopfbedeckung. Sein Haar war leicht gewellt und nach hinten gekämmt. Nein, aggressiv wirkte dieser Mann nicht…

Er schien sich rasch von seinem Schrecken zu erholen. Mit ruhiger Stimme betonte er noch einmal, sich verlaufen zu haben: »Ich suche einen Mann mit dem Namen Feuchtlhuber, aber ich weiß es nicht mehr genau.«

Reitlinger war für einen Augenblick verwirrt. Hierher konnte sich kein Mensch versehentlich verlaufen, das mußte schon absichtlich geschehen. Wer läuft im Dunkeln an der Grenze herum? »Ja, Sie können doch nicht hier suchen, hier ist doch niemand«, antwortete er knapp. »Haben Sie Ausweispapiere? Zeigen Sie mir mal Ihre Papiere.«

Der Mann reagierte sofort und griff in seine linke Rocktasche. Konzentriert blickte Reitlinger auf die Hände des Fremden. Wollte dieser etwa eine Waffe ziehen? Ihn überrumpeln? Er hielt den Atem an. Der Mann zog umständlich eine rote Grenzkarte hervor. Im Schein seiner Taschenlampe sah Reitlinger sofort, daß die Karte längst abgelaufen war – ausgestellt von der Paßstelle des Stadtrates in Konstanz für eine Dauer von zwei Jahren: 1933–1935, ausgestellt auf den Namen Georg Elser.

»Bist du das wirklich?« fragte Reitlinger skeptisch. Das Lichtbild auf der Karte zeigte einen jungen Burschen, der, in einen Trachtenanzug gekleidet, eine Ziehharmonika vor sich hielt.

»Ja, das bin ich«, antwortete der Mann und nickte heftig.

Reitlinger sah hinüber zu Zapfer, der noch immer vor dem Fenster saß und darauf wartete, von ihm ein Zeichen zu bekommen. Er fühlte sich gar nicht wohl in seiner Haut. Einerseits wirkte dieser Mann ganz und gar ungefährlich, ja geradezu schüchtern; andererseits konnte er sich nicht vorstellen, daß es sich bei ihm nur um einen harmlosen Grenzgänger handelte. Hatte er nicht vor Wochen dieses Traumbild gehabt? War es nicht fast identisch mit der jetzigen Situation gewesen? War es darin nicht auch um einen illegalen Grenzgänger gegangen? Handelte es sich hier um eine Vorsehung?

Er wandte sich wieder dem Mann zu: »Kannst du tatsächlich Ziehharmonika spielen?« fragte er mit gespieltem Interesse.

»Ja, das ist meine große Leidenschaft, das mach’ ich sehr gerne«, antwortete der it einem leichten Lachen.

Für Reitlinger war mittlerweile klar: Er mußte diesen Mann, der sich als Georg Elser ausgab, ohne viel Aufhebens zur Aufsichtssteile bringen. Möglichst ohne Scherereien. Er klopfte ihm beruhigend auf die Schulter: »Das ist eine ganz harmlose Geschichte. Du gehst jetzt mit mir zur Aufsichtsstelle. Dort macht ein älterer Kollege Dienst, der kann dir sicher Auskunft geben über den, den du suchst.« Der schmächtige Mann nickte geistesabwesend. Reitlinger rief zu Zapfer hinüber: »Ich geh’ mit dem zur Aufsichtsstelle vor, du bleibst hier sitzen. Ich komm’ gleich wieder zurück.« Zapfer winkte bestätigend. Ihm war es recht, so konnte er die Rede des Führers weiter verfolgen.

Reitlinger forderte den Mann auf, rechts von ihm zu gehen, nicht ohne Überlegung. Zum Zollhaus in der Kreuzlinger Straße waren es gut hundertfünfzig Meter. Parallel zum schmalen Pfad verlief links – kaum dreißig Fuß entfernt – die Grenze; auf der rechten Seite reihten sich Gärten aneinander, die mit Holzzäunen eingegrenzt waren. Nach rechts gab es also kein Entkommen, und auch eine Flucht zurück war unmöglich. Nicht umsonst hatte er Zapfer angewiesen, auf seinem Posten zu bleiben. Der Mann würde Zapfer direkt in die Arme laufen. Trotzdem war Reitlinger erleichtert, als er am Zollhaus ankam. Grenzpolizist Mauer, ein drahtiger Gestapo-Mann, der in dieser Nacht Dienst tat, trat gerade aus dem Haus, um frische Luft zu schnappen.

»Du, Mauer, komm mal her!« rief Reitlinger ihn an. »Da ist ein Mann, der sucht einen mit Namen Feuchtlhuber. Er hat sich unten an der Grenze verlaufen. Kennst du einen Feuchtlhuber?«

Mißgelaunt wies Mauer zur Tür. »Das machen wir drinnen.«

Das Zollgebäude war ein zweistöckiger maroder Bau. Im ersten Stock wohnte Zollinspektor Strauber, den Reitlinger nicht mochte. Er fand ihn einfach unsympathisch, ein Angeber, ein Aufschneider; was ihn weiter nicht zu stören brauchte, denn dienstlich hatte er kaum mit ihm zu tun. Das Haus hatte zwei Eingänge: einen für die Privatwohnung von Strauber im ersten Stock, einen weiteren für die Zolldurchsuchungsbüros, zwei karge, nüchterne Räume. Tisch, Telefon, Stühle, Regale. Das Bild des Führers an der Wand.

Reitlinger zeigte Mauer die rote Grenzkarte: »Den solltest du noch mal durchsuchen. Ich muß wieder vor zum Postenbereich.«

Mauer blickte ihn verärgert an. »Mach dir deinen Dreck selber fertig! Was interessiert mich dieser Mann und sein Feuchdhuber oder wie der heißt…« Dabei gab er dem Mann mißgelaunt seine Grenzkarte zurück.

Reitlinger zuckte mit den Schultern. »Das ist doch nicht mein Bier. Ich hab’ den Mann hierher gebracht, jetzt seid ihr dran…«

»Wir gehen hinüber ins Hauptzollamt, dort sind die Räume heller. Hier sieht man ja nichts«, brummte Mauer und zeigte auf die Deckenlampe, die den Raum nur spärlich erleuchtete. Zu dritt verließen sie das Haus. Reitlinger ging voraus, ihm folgte der im Vergleich zu seinen Bewachern recht klein wirkende Mann, der in den vergangenen Minuten kein Wort mehr gesagt hatte, dahinter lief Mauer.

Das Gebäude, in dem sich das Hauptzollamt befand, war das letzte Haus auf deutschem Boden. In die Schweiz waren es nicht einmal fünfzehn Meter. Es gab keinen Schlagbaum; oft standen die Schweizer Zöllner vor ihrem Zollhaus und schauten herüber. Früher war viel miteinander geredet worden, in kalten Winternächten bot man einander warmen Tee und Zigaretten an. Sie waren Kollegen. Doch in den letzten Jahren gab es kaum mehr Kontakte, und seit Ausbruch des Krieges wurde kein Wort mehr gewechselt. Stumm standen sich die Beamten gegenüber.

Auch jetzt, als Reitlinger und Mauer den Mann aufforderten, in das Zollamt zu gehen, wurden sie von den Schweizer Kollegen stumm beobachtet. »Geh da rein!« befahl Reitlinger. Der Mann stand wortlos vor den Stufen und blickte hinüber zur Schweizer Seite. Wollte er flüchten? Mit ein paar schnellen Sprüngen könnte er es schaffen. Reitlinger schob ihn einfach durch die Tür. Dann bat er Mauer, für einen Augenblick auf den Mann aufzupassen, und verständigte den Postenführer, der im Nebenraum sein Büro hatte und gerade die Hitler-Rede am Volksempfänger verfolgte.

»Trabmann, ich glaube, ich hab’ einen guten Fang gemacht. Komm mal mit rüber, wir müssen da einen durchsuchen«, platzte Reitlinger mit einem Anflug von Stolz in das Büro. Beide mußten lachen. Sie erinnerten sich an ihr Gespräch, das Wochen zurücklag. An die Traumbilder…

»Na, dann wollen wir mal…«, antwortete Trabmann, erhob sich von seinem Stuhl und ging voraus zum Durchsuchungszimmer.

Da stand der Mann. Er blickte schüchtern in die Runde: Drei Uniformierte starrten ihn an – Mauer, Trabmann, Reitlinger.

Trabmann trat auf ihn zu. »So, jetzt zieh dich erst einmal bis aufs Hemd aus und leg raus, was in den Taschen ist.«

Zögernd leerte der Mann seine Taschen und legte die Gegenstände Stück für Stück auf den Tisch: ein Taschentuch, die Grenzkarte, eine Ansichtskarte vom Münchener Bürgerbräukeller mit NSDAP-Stempel, eine Geldbörse mit fünf Reichsmark sowie allerlei Messingteile: eine Uhrfeder, kleine Schrauben und ein Aluminiumröhrchen.

»Was ist das?« fragte Reitlinger und deutete auf die Utensilien.

»Mein Gott«, erklärte der Mann stockend, »ich bin ein Bastler. Ich mach’ halt immer solche Sachen, da sammle ich allerlei…«

Wütend schrie Trabmann dazwischen: »Du, daß ich dir nicht gleich eine schmiere! Meinst du, ich kenne das nicht?«

Der Mann verstummte. Langsam begann er sich auszuziehen. Er trug einen hellen, leicht abgenutzten Anzug. Als er seine Jacke an den Türhaken hängen wollte, entdeckte Reitlinger unter dem Revers eine Anstecknadel – eine geballte Faust: das Zeichen des Rotfrontkämpfer-Bundes.

»Warum trägst du das Abzeichen?« fragte Trabmann.

»Nun ja, aus Blödsinn halt«, kam die Antwort kleinlaut.

»Und warum hast du eine Bürgerbräu-Karte mit dem Partei-Poststempel dabei?«

»Aus Sympathie!«

Reitlinger, Trabmann und Mauer sahen sich kopfschüttelnd an. Was war das für ein Bursche? Verläuft sich im Dunkeln an der Grenze, trägt eine abgelaufene Grenzkarte bei sich, hat auffällige Kleinteile in der Tasche, die sich als Bombenzünder eignen, heftet sich ein illegales kommunistisches Abzeichen an seine Jacke. Ein Verrückter? Ein Angeber? Oder tatsächlich ein harmloser Mann, der sich hier unten an der Grenze nur verlaufen hatte?

Trabmann ging zum Telefon hinüber und wählte die Nummer des Zollassistenten Obertz. »Rufen Sie die Gestapo an. Die sollen hier einen Mann abholen, das ist deren Angelegenheit. Und packen Sie die Gegenstände auf dem Tisch hier unten zusammen«, befahl er knapp. Dann verließ er mit Mauer das Durchsuchungszimmer.

Reitlinger ging in den angrenzenden Raum zurück, wo er kurz nach der Ankunft seinen Lodenumhang, den Karabiner und das Fernglas abgelegt hatte. Während er sich wieder dienstfähig machte, schaute er durch den Türspalt hinüber in das andere Zimmer. Da stand der Mann, den er eine knappe Stunde zuvor in den Grenzwiesen gestellt hatte. Da stand er, entkleidet bis auf die Unterwäsche, frierend, schüchtern. Er wirkte verloren. Für einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Blicke.

Reitlinger verließ das Zollgebäude. Im Dunkeln ging er zurück zu seinem Postenbereich, wo Zapfer schon auf ihn wartete.

Wer, ging es ihm durch den Kopf, wer ist dieser Mann? Wer ist dieser Georg Elser?

Der einsame Attentäter

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