Читать книгу Keine Angst mehr vor Balladen und Inhaltsangaben - Helmut Tornsdorf - Страница 6

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4. Wie erkennt man das Thema und die "Absicht" einer Ballade?


Wenn man sich den Inhalt einer Ballade klargemacht hat, kann man anfangen, sich ein paar allgemeine Gedanken dazu zu machen. Dabei spielen zwei Begriffe eine wichtige Rolle, zum einen das Thema, zum anderen die Absicht.


4.1. Was versteht man eigentlich unter einem Thema?

Was den ersten Punkt angeht, so kennt man das Wort zum Beispiel von Reden oder Diskussionen. Man fragt dann: "Um welches Thema ging es eigentlich?" Gemeint ist damit immer eine Fragestellung, um die gestritten wird und die man möglichst klären möchte. In der Schule taucht der Begriff zum Beispiel bei Referaten auf.

In der Praxis begnügen sich Schüler und Lehrer dann häufig damit, einfach ein Objekt zu nennen, zum Beispiel "Kolumbus". So etwas stellt aber zunächst nur eine Sache dar, mit der man sich näher beschäftigen möchte. Was noch fehlt, ist eine genaue Fragestellung, die sich entweder im Verlaufe der Beschäftigung mit dem Gegenstand ergibt oder eben auch vom Lehrer vorgeschlagen oder vorgegeben wird. Konkret könnte also ein Thema lauten: "Wie kam es dazu, dass Kolumbus gerade im Jahre 1492 Amerika für die Europäer entdeckte?"

Wie wichtig eine echte Fragestellung für ein Thema ist, merkt man auch nach einem gehaltenen Referat. Dann tauchen nämlich häufig keine Anmerkungen auf. Es kommt zu keinem Sachstreit. Denn es gibt ja eigentlich überhaupt kein Problem, über dessen Lösung man diskutieren kann.


4.2. Um was für ein Thema geht es in der Ballade "Der Handschuh"?

Kehren wir zurück zu der Frage des Themas der Ballade, mit der wir uns eben beschäftigt haben. Wenn man es herausbekommen möchte, kann man es sich ganz einfach machen. Man verwendet einfach wieder ein Formular. In diesem Fall lautet es: "Die Ballade behandelt die Frage, ..." Damit kann man den Weg zu einer richtigen Themenformulierung gar nicht verfehlen.


In unserem Fall könnte sie wie folgt aussehen:

Die Ballade "Der Handschuh" von Friedrich Schiller behandelt die Frage, wie man sich verhalten kann, wenn die eigene Ehre unnötigerweise herausgefordert wird.


Natürlich geht auch die allgemeinere Formulierung:

Die Ballade "Der Handschuh" von Friedrich Schiller behandelt die Frage, wie Menschen miteinander umgehen (können), die sich angeblich sehr lieben.


Wem das zu kompliziert ist, der ist mit der folgenden, etwas allgemeineren und einfacheren Formulierung auch schon auf einem guten Weg:

In der Ballade "Der Handschuh" von Friedrich Schiller geht es um die Frage der Ehre des Ritters im Mittelalter.


Oder noch allgemeiner:

In der Ballade "Der Handschuh" von Friedrich Schiller geht es um die Frage, wie sich der Adel im Mittelalter vergnügte.


Kommen wir nun zum zweiten Begriff, dem der Absicht. Wir verbinden ihn normalerweise mit Menschen. Nehmen wir einmal an, ein Schüler kommt plötzlich in ganz seltsam bunter Kleidung in die Schule und trägt auch noch eine Ratte auf der Schulter, die er zwischendurch liebevoll füttert. Dann kann man ihn natürlich mit einer entsprechenden Begründung nach Hause schicken, man kann ihn aber auch fragen, was er damit erreichen will.


4.3. Was unterscheidet die Absicht von einem Grund oder Motiv?

Meistens wird natürlich erst die Frage gestellt: "Warum tust du das?" Aber diese Antwort geht dann meistens nicht in die Vergangenheit ("Weil wir gestern über die Kurzgeschichte 'Nachts schlafen die Ratten doch' gesprochen haben und ich mal einfach so ein Tier mitbringen wollte."), sondern in die Zukunft: Weil ich möchte, dass das negative Bild von Ratten verändert wird.


4.4. Hände weg von den angeblichen Absichten des Autors!

Nun können auch Texte wie unsere Ballade eine Absicht haben - aber das ist nicht einfach die Absicht des Autors. Natürlich hatte Schiller eine oder auch mehrere Absichten, als er diese Ballade schrieb. Aber die können wir nur erraten. Selbst Literaturexperten werden das nicht sicher herausbekommen können. Vielleicht wollte er nur Geld verdienen oder hatte sich gerade mit mittelalterlichen Kampfspielen beschäftigt und wollte seinen Freund Goethe mit einem besonders seltsamen Vorfall beeindrucken.

Was wir aber sicher haben - das ist der Text der Ballade - und die kann durchaus für sich selbst sprechen. Damit ist nicht gleich gemeint, dass am Ende eine Moral stehen muss - es geht einfach nur um die Richtung, in die der Text geht.


4.5. Beispiele für "absichtslose" Absichten oder Aussagen

Wie sehr etwas in unserem Sinne eine "Absicht" haben kann, ohne dass dabei ein Autor ins Spiel kommt, kann man gut an folgendem Beispiel sehen:

Man stelle sich vor, Kolumbus stößt vor Amerika auf eine neue Insel - er braucht dringend Wasser und Nahrungsmittel und schickt einen Erkundungstrupp los: Dieser sammelt gewissermaßen die "Signale" der Insel und bündelt sie zu einem anständigen Bericht. Nach der Rückkehr kann dann dem Admiral gemeldet werden, worauf es mit dieser Insel "hinausläuft". Zum Beispiel kann es viel Trinkwasser geben, auch Fischfang lohnt sich. Allerdings gibt es auch kampfstarke Eingeborene. Glücklicherweise lassen die sich aber mit kleinen Geschenken besänftigen.

Ein anderes Beispiel ist ein Fußballspiel: Das ist zwar vom Trainer geplant (da gibt es also durchaus eine Autoren-"Absicht"), aber real entwickelt es ein Eigenleben (Das wäre dann die "Absicht", die "Aussage" des Spiels): Die Aufgabe ist nun, möglichst früh zu erkennen, in welche Richtung es läuft. Zum Beispiel könnte es sein, dass ein Teil der Verteidigung Probleme hat und Verstärkung braucht. Auch hier werden also Einzelbeobachtungen zu einem Gesamtbild zusammengefasst - und das Gleiche macht man, wenn man versucht, die Intention, Absicht oder auch Aussage eines Gedichtes herauszubekommen.

Übrigens kommt der Begriff „Intention“ vom lateinischen Wort „intendere“, was soviel wie „aufspannen“ heißt. Das bedeutet also, dass von jedem Ding, also auch von einem Text gewisse Spannungen, Kräfte ausgehen, die sich in eine oder mehrere Richtungen bündeln lassen.


4.6. Die große Hilfe: Auch für die "Absicht" oder "Aussage" gibt es ein "Formular".

Wie an anderen Stellen auch, kann man es sich hier ebenfalls ganz einfach machen, indem man den folgenden "Formular-"Satz ergänzt:


Die Ballade zeigt...

Dabei gibt es meistens mehrere Möglichkeiten:

1. Die Ballade zeigt, womit ein König und sein Gefolge sich im Mittelalter die Zeit vertrieben haben.

Vom Mittelalter ist zwar in der Ballade nicht direkt die Rede, aber sie passt am ehesten in diese Zeit. Diese Aussage bringt aber nicht allzuviel, man denke nur an das Thema, über das wir uns weiter oben schon Gedanken gemacht haben.

2. Die Ballade zeigt, wie jemand mit seiner Ehre umgeht.


4.7. Kleiner Tipp: Die Absicht/Aussage möglichst allgemein halten

Das hat schon viel mehr mit dem Thema zu tun. Wichtig ist, solch eine "Aussage" (dieser Begriff ist vielleicht sogar besser als die leicht mit der des Autors verwechselte "Absicht") möglichst allgemein zu halten. Denn das gehört zum Wesen von Literatur, dass sie einen mehr oder weniger ausgedachten Einzelfall vorstellt. Den können die Leser auf viele andere Fälle übertragen, gewissermaßen für sich, ihr Leben, ihre Umgebung nutzen.

Natürlich kann man auch von der Dame ausgehen - unter der Voraussetzung, dass sie den Ritter absichtlich "vorführen", also in eine peinliche Lage bringen will. Dann könnte die Absicht/Aussage wie folgt formuliert werden:

3a. Die Ballade zeigt, wie jemand die Gefühle eines anderen missbraucht, um ihn öffentlich bloßzustellen.

oder:

3b. Die Ballade zeigt, wie jemand die Gefühle eines anderen missbraucht, um auf seine Kosten groß rauszukommen.


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