Читать книгу Die Rotenbergverschwörung - Hendrik Scheunert - Страница 6
Kapitel 3
ОглавлениеAm darauffolgenden Morgen wurde Frank durch den Duft frisch gekochten Kaffees geweckt, was er erfreut zur Kenntnis nahm. In Boxershorts, mit Unterhemd bekleidet schlurfte er, sich noch im Dämmerschlaf befindend, durch den Flur in Richtung Küche.
Als er die Tür öffnete, zuckte er kurz zusammen, denn Richard war nicht allein. Mit dem Rücken zu Frank saß eine, ihm unbekannte, attraktive, Schönheit mit langen blonden Haaren und trank einen Kaffee. Sie mochte wenig älter als Dreißig sein und blätterte unaufgeregt in der Morgenausgabe der Stuttgarter Nachrichten.
„Guten Morgen“, sagte er etwas überrascht.
„Einen schönen guten Morgen, Herr Hauptkommissar Jonas. Schön sie wieder bei uns zu haben.“ Die blonde Schönheit war die angehende Kommissaranwärterin Lisa Danninger, die den beiden schon im letzten Fall mit dem Serienmörder wertvolle Dienste geleistet hatte und sich dabei selbst in Gefahr gebracht hatte. Nur der beherzte Einsatz von Frank Jonas und ein gezielter Schuss in den Kopf des Serienmörders hatten Schlimmeres verhindert. Für diese Aktion musste er sich vor seinem Dienststellenleiter, Hans-Jürgen Engler rechtfertigen, der ihm unsachgemäßen Gebrauch der Dienstwaffe vorwarf, was im Revier mit allgemeinem Kopfschütteln zur Kenntnis genommen wurde, ihm aber viel Anerkennung einbrachte. Vor allem die von Lisa Danninger.
„Morgen du alte Schlafmütze“, erwiderte nun auch Richard, der genüsslich in sein Schinkenbrötchen biss.
Frank stand etwas verwirrt im Türrahmen und wusste mit der Situation nicht recht umzugehen. Morgens war er eher der Lass-mich-in-Ruhe-meinen-Kaffee-Trinken Typ, doch mit einer so bezaubernden Schönheit wie Lisa am Frühstückstisch, konnte er das nicht bringen.
„Ich geh erst mal duschen und bin gleich bei euch.“ Das war seiner Meinung nach die beste Möglichkeit, sich vorerst unbehelligt aus der Affäre zu ziehen. So trat er den geordneten Rückzug ins Bad an und ließ seinem Vorhaben Taten folgen.
Nach einer halben Stunde saß er mit den beiden am Frühstückstisch, trank genüsslich seinen Kaffee und genoss sein Marmeladenbrötchen.
„Lisa kommt übrigens fast jeden Morgen zu mir runter, oder jetzt besser gesagt, zu uns um zu frühstücken. Das liegt daran, dass sie gleich über mir wohnt“, lachte Richard, der merkte, dass Frank die ganze Situation nicht geheuer vorkam, er sich jedoch nicht traute nachzufragen.
„Was für ein Zufall“, erwiderte dieser grinsend.
„Es ist nicht so, wie du denkst“, gab Lisa zurück und grinste dabei.
„Es ist nie so wie ich denke“, antwortete er und lachte ebenfalls.
„Manchmal geh ich auch hoch und mach Frühstück bei ihr. Aber heute wollte ich dich nicht allein in der Wohnung lassen.“
„Wahrscheinlich hätte ich mich sonst verlaufen und wäre jämmerlich verendet ohne meinen Kaffee am Morgen“, gab Frank zurück.
„Du Armer“, sagte Lisa mit gespielter Traurigkeit und legte ihre Hand auf seine Schulter. „Das wollen wir natürlich nicht.“
Sie redeten noch eine Weile über belanglose Sachen.
„Ich habe gehört, es gibt anscheinend wieder einen Fall“, sagte Lisa plötzlich.
„Woher weißt du das denn?“, fragte Richard.
„Buschfunk“, lächelte sie. „Bist du deswegen wieder bei uns, Frank? Wegen dem Fall?“
„Momentan ist noch nicht einmal sicher, ob es einen Fall gibt. Das klärt sich heute bei Walter Riegelgraf. Erst wenn der sagt, es gibt einen Fall, dann ja. Ansonsten bin ich schneller wieder am Bodensee, als ihr euren Kaffee getrunken habt.“
„Du bist noch sauer auf den Rothaarigen, stimmts“, fragte Lisa.
„Sauer ist gar kein Ausdruck. In der Regel bin ich ein friedliebender Mensch. Aber bei dem geht mir das Messer in der Tasche auf. Jeder Ganove in Stuttgart und Umgebung hat mehr Ahnung von Polizeiarbeit als der.“
„Mir ist egal, was er gemacht hat. Ich bin dir auf jeden Fall dankbar, dass du mir das Leben gerettet hast. Und alle Kollegen im Revier stehen hinter dir. Den Engler kann sowieso niemand leiden. Der ist eh nur da, weil der Polizeipräsident noch im Amt ist. Danach ist er weg“, stellte Lisa trocken fest.
„Ich habe dir gern das Leben gerettet. Wäre doch schade um dich gewesen“, schmunzelte Frank verlegen.
„Nanana“, hob Richard den Zeigefinger. „Was sind denn das für Sätze am frühen Morgen.“
Er schaute auf die Uhr.
„Mach dich fertig, wir haben einen Termin bei Walter Riegelgraf. Und wenn ich es noch recht in Erinnerung habe wartet der nicht gern.“
Lisa fuhr mit ihrem Motorrad voraus und war alsbald verschwunden, während sich die beiden Kommissare, trotz sechshundert PS und einem V8, im morgendlichen Berufsverkehr in Geduld üben mussten. Für die Fahrt von Richards Wohnung bis in das Büro der Kriminaldirektion eins in der Eberhardstraße brauchte man unter normalen Umständen fünfzehn bis zwanzig Minuten. Heute jedoch verging fast eine Stunde, bis sie ihr Ziel erreichten. Dort angekommen mussten sie allerdings feststellen, dass sie eigentlich hätten ins Katharinenhospital fahren sollen, um die Obduktionsergebnisse von und mit Walter Riegelgraf durchzugehen, was dann noch mal zehn Minuten on top machte. Mit reichlich Verspätung trafen sie schließlich in der Rechtsmedizin ein.