Читать книгу Kompetenzförderung mit Aufgabensets - Herbert Luthiger - Страница 27
1.6 … und die fachdidaktische Perspektive?
ОглавлениеSofern es die genuine Aufgabe der Allgemeinen Didaktik ist, das Handeln von Lehrerinnen und Lehrern präskriptiv zu modellieren, dann ist insbesondere sie mit Blick auf das erstarkte Interesse am Thema »Aufgaben« herausgefordert:
Die Ausformulierung von Aufgaben, die entsprechenden Ansprüchen genügen, sowie die Ausformulierung von Aufgaben für Bildungsstandards, Kerncurricula, von zentralen Prüfungsaufgaben und Vergleichsarbeiten beinhalten weitreichende Annahmen über Bildungsziele und -inhalte. Sie stellen damit einen Prozess der gesellschaftlichen Definition von Bildung dar und sollten vornehmste Aufgabe der Allgemeinen Didaktik sein. (Blömeke, 2009, S. 20)
Erstens hat sich die Allgemeine Didaktik der systematischen Analyse der Qualität von Aufgaben anzunehmen. Zweitens sind allgemeindidaktisch motivierte Analysemodelle mit bildungstheoretischen und lehrbezogenen Qualitätsaspekten zu ergänzen, damit Aufgaben der kategorialen Struktur von Unterricht – im Sinne Klafkis zu verstehen als Einheit formaler und materialer Aspekte von Bildung – gerecht werden. Und drittens sind neben der Bestimmung der objektiven Aufgabenmerkmale die Funktionen von Aufgaben und ihre methodische Einbettung in den Unterricht in den Fokus zu nehmen (vgl. Luthiger, 2016, S. 129).
Doch allgemeindidaktische Betrachtungen für die Entwicklung und Gestaltung von Aufgaben sind nicht hinreichend: Fachdidaktische Ausdifferenzierungen, Analysen und Ergänzungen sind notwendig, um beispielsweise zu entscheiden, welche Aufgabenmerkmale bedeutsam sind für das jeweilige fachliche Lernen. Denn gerade die Fachdidaktiken verfügen über die Möglichkeiten, die praktischen Entwicklungsprozesse durch konzeptionelle theoretische Absicherung und – sofern vorhanden – empirische Forschung wissenschaftlich zu fundieren. Diese wissenschaftlichen Aktivitäten sind in vielen Fachdidaktiken bedeutsam, wenn auch mit unterschiedlicher Tradition.
Wie steht es nun mit dem hier vorgestellten LUKAS-Modell: Besteht es die Validierung durch die Fachdidaktiken mit ihren fachspezifischen Eigenheiten? Wie domänenunabhängig sind das LUKAS-Lernprozessmodell und das LUKAS-Kategoriensystem, oder umgekehrt: In welchen Bereichen bedürfen sie einer fachspezifischen Ausdifferenzierung oder Anpassung? Wie kompatibel sind sie mit fachdidaktischen Klassifikationssystemen zur Analyse von Lern- und Beurteilungsaufgaben? Wie wenden fachdidaktische Expertinnen und Experten die beiden Instrumente an?
Diesen Fragen gehen Kolleginnen und Kollegen aus der Fachdidaktik im zweiten Teil des Buches nach. Sie eröffnen damit unterschiedliche oder differenzierende fachliche Perspektiven auf das LUKAS-Modell.