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Kapitel 5 (Juni)

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»Hast du von Frau Plum gehört?«, fragte Oberkommissar Guido Horn seine Kollegin Maria Römer, die im gleichen Dienstrang stand, jedoch einige Jahre mehr auf dem Buckel hatte.

»Die ist erfolgreich auf Tauchstation«, bemerkte Maria. »Eigentlich ungewöhnlich. Sonst ist ihr der Urlaub auch nicht heilig. Soviel ich weiß, wollte sie auch nicht wegfahren. Aber drei Monate Zwangsurlaub sind etwas anderes, als tariflicher Erholungsurlaub.«

»Sie hat es nötig, wie ich gehört habe. Aber wir haben den blöden Sack aus Düsseldorf am Hals. Warum musste ich auch ans Telefon gehen?«, murrte Guido. Er wurde am gestrigen Abend durch den Polizeipräsidenten persönlich aus dem Urlaub geholt und dienstverpflichtet. Guido Horn gehörte noch nicht lange zu Claudia Plums Team. Horn zählte dreißig Jahre und besaß eine zierliche, aber drahtige Figur. Seine knapp eins siebzig wurden von einer hellblonden Haarmähne gekrönt, unter der blaue wache Augen in die Welt schauten. Sein Gesicht strahlte Zuversicht aus und eine Mischung von Schalk und Ernst. Der Ausdruck war schwierig zu beschreiben. Wenn man glaubte, da kommt ein leichtfertiger Luftikus daher, wurde dies sogleich, von großer Zielstrebigkeit im Ausdruck, zunichtegemacht.

Horn ermittelte in der jüngeren Vergangenheit undercover für das BKA, in einem Fall, bei dem er Claudia Plum an den Rand des Nervenzusammenbruchs brachte. Sie holte ihn dennoch, nach dem Ausscheiden ihres Kollegen Heinz Bauer, ins Team. Bis jetzt ließ sich die Zusammenarbeit gut an.

Maria Römer musste um die Fünfzig sein, so genau wusste das niemand. Sie war die gute Seele des Teams und verwöhnte ihre jüngeren Kollegen nach Strich und Faden. Sie zwängte ihre mollige Figur ständig in zu enge Kleidung, was ihrem Charme jedoch keinen Abbruch tat. Wer sie näher kannte, den störten weder das überschminkte Gesicht noch die wechselnden Haarfarben. Die Frisur lag meist wie ein Betonklotz um den Kopf.

»Haben wir schon eine Ahnung, wer der Tote ist?«, fuhr er fort.

»Nein. Nur das, was im Bericht der Kollegen der Technik steht.« Sie holte über den PC ein Foto des Toten auf den Beamer, der es an die Wand projizierte. »Um die vierzig Jahre alt. Er ist fürchterlich zugerichtet. Außer den Hämatomen, die du hier siehst, ist fast jeder Knochen gebrochen. Er sieht aus, wie nach einer Folterung. Mit so was hab ich noch nicht zu tun gehabt.« Sie schüttelte ernst den Kopf und klickte einige Fotos auf die Wand, die einen Mann mittleren Alters zeigten. »Der Tod ist wohl durch den Schlag auf den Kopf eingetreten.« Sie zoomte die Wunde heran. »Der berühmte stumpfe Gegenstand. Die Untersuchungen dauern an. Den Todeszeitpunkt haben wir noch nicht. Noch etwas.« Sie scrollte auf dem Bildschirm, bis ein Ausschnitt des Protokolls die Wand füllte. »Die Knochenbrüche sind nach dem Tod erfolgt. Die Vermutung liegt nahe, dass er aus großer Höhe gefallen worden ist.«

»Der Fundort ist also nicht der Tatort«, mutmaßte Horn.

»Kaum«, bestätigte Maria. »Es sei denn, er ist geflogen.« Sie vertiefte sich in den Monitor. Sie war die PC-Spezialistin in Claudias Team. Was ihr nicht gelang, holte sie über viele Kontakte herein. Fast immer an der Grenze zum Legalen agierend. »Keine Papiere. Nichts, was auf die Identität schließen lässt. Ich bin die Vermisstenmeldungen durchgegangen. Nada.« Sie hob nicht einmal den Kopf.

»Falls ich die Situation richtig einschätze, muss ich jetzt wohl in dieses Dorf fahren. Man sagte mir, dass du von deinem Arbeitsplatz weggeprügelt werden musst.« Er trat an ihren Schreibtisch.

»Langsam, junger Freund.« Maria musterte ihn spöttisch. »Für solche Bemerkungen kennen wir uns nicht gut genug. Du hast recht. In die Knollensavanne kriegen mich nur klare Dienstanweisungen. Und dafür bist du noch zu grün.«

»Mensch Maria, mach halblang. Heinz hat mich eingewiesen und mir genau gesteckt, wie ich mit dir umzugehen habe. Ich mach mich freiwillig auf den Weg.« Der Ausdruck seines Gesichts trug unterdrückte Heiterkeit. Er fühlte sich sauwohl in der neuen Dienststelle, in die er mehr aus Zufall geriet. Im Grunde lag es an den Auseinandersetzungen mit seiner Chefin, aus dem letzten Fall herrührend. Sie verdammte die Alleingänge, die er unternahm und dass er für das BKA als Maulwurf arbeitete. Letztendlich gab ihm der Erfolg recht. Schade, dass Heinz Bauer gerade jetzt die verdiente Pension in Anspruch nahm. Mit ihm wäre das Team unschlagbar. Er musste machen, dass er wegkam, weil ihm sonst der komische Ägidius über den Weg lief. Er kannte ihn aus seiner Zeit in Düsseldorf. Damals noch kleiner Beamter, mehr im Hintergrund arbeitend. Er glaubte zwar nicht, dass Schmitt sich an ihn erinnerte, im Grunde war das auch egal. Claudias Vertreter hatte mehr Ecken und Kanten, als jedes Vieleck das er kannte. Und dieser Typ genoss es, wenn sich jemand daran stieß.

Guido Horn dachte an Susanne Treber. An und für sich dachte er immer an sie. Er lernte sie während des letzten Falls kennen. Eine klasse Frau, mit der er faktisch wie Bruder und Schwester unter einem Dach lebte. Er war bei ihr untergekrochen und geblieben. Sie waren sich sympathisch, das wussten sie voneinander. Doch keiner wagte den ersten Schritt. Das Einzige, was im Moment blieb, war die Spannung, das Kribbeln und zufällige Berühren. Die Gedanken kehrten zurück zum Fall.

Kurz, nachdem er gestern Abend aus dem Urlaub geholt wurde, fuhr er nach Grotenrath um den Tatort zu besichtigen. Er wies sich bei den Kollegen, die Wache schoben, aus und nahm die Details des Fundorts auf. Der zunehmende Mond beschien den abgesperrten Bereich. Ihn fröstelte. Nicht wegen der abendlichen Kühle. Immer, wenn er mit dem gewaltsamen Tod in Berührung kam, zog es kalt durch seine Knochen.

Horns Augen kreisten und nahmen die Szenerie auf. Die rot-weißen Absperrbänder flatterten in der leichten Brise. Der Wind wehte ungewöhnlich lau, nahe der zwanzig Grad Marke, anders als die kühlen Temperaturen der letzte Tage. Das Laub an den Bäumen wurde sichtbar dichter. Über allem hing der beißende Geruch nach Scheiße. Die Bauern leerten ihre Güllekeller. Wie immer, zu einem Zeitpunkt, zu dem kein Regen in Sicht war oder er gerade aufhörte, damit die Dunstglocke schön lange blühte. Landleben war so schön.

Zur Heide betrug die Entfernung ungefähr hundertfünfzig Meter. Nachdenklich schritt er zum Fundort der Leiche. Abzweigend von der Panzerstraße zwischen der Heide und dem Dorf Grotenrath führte die Waldstraße zum Dorfkern. Die Stablampe leuchtete in das hohe feuchte Gras. Eine Böschung gab es nicht. Der Streifen zog sich auf dem gleichen Niveau der Straße in die Wiese hinter dem Stacheldrahtzaun. Weiße Farbe aus der Sprühdose kennzeichnete den Lageplatz des Toten. Ungefähr drei Meter hinter dem Wegekreuz. Der Platz war gut gewählt und von keinem der sechs Wege, die hier zusammenliefen, unmittelbar einsehbar. Wenn jemand etwas loswerden wollte, dann hier. Horn schüttelte den Kopf. Er hätte die Baumansammlung gegenüber gewählt. Der Tote wäre länger verborgen geblieben. Aber wollte der Täter, dass die Leiche nicht gefunden wurde?

»Was machst du denn hier? Ich dachte du hast Urlaub.« Kurt Hüffner schlendert über die Waldstraße auf ihn zu. Edgar, der kleine Rauhaardackel, lief mit dem Schwanz wedelnd auf ihn zu.

»Dachte ich auch. Aber so ein blöder Telefonanruf macht alles zunichte.« Er erinnerte sich. Seine Chefin wohnte in diesem Dorf. »Du führst deinen Hund Gassi?«, fragte er, um Konversation bemüht.

»Auch. Ich hab die Leiche gefunden und wollte sehen, was jetzt hier los ist.« Er deutete auf die Bank. »Komm. Setzen wir uns einen Moment. Claudia ist unter der Dusche und ich wollte die Gelegenheit nutzen. Du weißt ja, sie dreht ab, wenn ich zu neugierig bin«, erzählte er verschwörerisch. »Habt ihr schon etwas?«

»Ich bin direkt nach meiner Dienstverpflichtung hier hin, weil ich mir gerne selbst ein Bild mache.« Er starrte auf den Sockel des Kreuzes. »Ich werde wohl erst morgen die Ergebnisse der Spurensicherung auf dem Schreibtisch haben.«

»Dachte ich mir, dass ich dich hier finde.« Claudia stand, die Hände in Brusthöhe gegen die Jacke gedrückt, die sie vorsichtshalber trug. Vielleicht kam wieder ein Schauer. »Hallo Herr Horn. Hat man sie aus dem Urlaub geholt?«

»Hallo Frau Plum«, er wollte aufspringen, wurde jedoch von Kurts Hand zurückgehalten, die auf das Knie drückte. »Nicht nur mich. Auch Frau Römer«, sagte er bitter. »Ihnen gönnt der Polizeidirektor wohl den Urlaub?«

»Möglich.« Claudia lächelte. »Ich verrate Ihnen ein Geheimnis. Während des Urlaubs benutze ich ein Zweithandy. Außerdem habe ich ein Erschöpfungssyndrom, wie sie wissen. Maria rief mich an. Trotzdem habe ich nicht mit Ihnen hier gerechnet. Kommen Sie. Ich mache Ihnen einen Kaffee.« Sie winkte kurz mit der Hand und machte sich auf den Weg zurück.

»Na ja. Da bleibt uns nichts anderes übrig. Die Regierung ruft.« Kurt stand auf und grinste glücklich. »So ist sie«, sagte er, davon ausgehend, dass Horn seine Gedanken verstand. Der Blick ruhte in geheimer Vorfreude auf Claudias Rückseite. Er wusste genau, was er in einer oder zwei Stunden tun würde.

»Sie haben ja jetzt Verstärkung aus Düsseldorf«, stellte sie wenige Minuten später fest. Sie saßen in der Essecke. »Ich habe keine Lust mit dem Typen zusammenzuarbeiten. Das hat nichts mit Schmitt zu tun, er ist mir nicht bekannt, sondern vielmehr mit den Praktiken unserer Oberen. Ich kenne das vom LKA. Da wird ein x-beliebiger Kollege in die Dienststellen geschickt und die örtlichen Beamten reißen sich den Arsch auf, damit der keinen Stich bekommt. Rationalisierung.«

»Schmitt ist keine Null. Der hat echt was auf dem Kasten«, stellte Guido Horn klar. »Vor allem ist er, durch nichts zu erschüttern. Er spult sein Pensum herunter und hat Erfolg.«

»Dann kann ich mich ja beruhigt zurücklehnen.« Demonstrativ nahm sie die entsprechende Sitzposition ein. »Nein«, sie schüttelte den Kopf. »Ich brenne darauf zu ermitteln. Doch ich bin keine Marionette. Ich mache, was Sie im letzten Fall machten: undercover«, Claudia grinste schelmisch. »Jetzt mache ich den gleichen Fehler, wie alle anderen.«

»Warten Sie ab, Frau Plum. Wir haben noch nichts«, meinte Guido Horn und musterte die Wohnung. Von seinem Platz sah er in die moderne Küche, deren Arbeitsplatte unbenutzt schien. Er wusste nicht, dass Kurt ein Küchenfetischist war und, im Gegensatz zu den anderen Bereichen des Hauses, keine Unordnung dort duldete. Linker Hand lag der große Wohnbereich mit gediegenen alten Möbeln. Rechts ging es nach draußen in einen Wintergarten, an den sich eine großzügige Terrasse anschloss. Geschmackvolle gusseiserne Leuchter tauchten den Bereich in angenehmes gelbliches Licht. »Ich muss auch bis morgen warten, in der Hoffnung, dass unsere Techniker etwas finden.«

»Vielleicht hat das Wegekreuz eine Bedeutung«, warf Kurt ein, der halb liegend auf der Eckbank lümmelte. »Vor genau zweihunderteins Jahren soll dort ein Mord geschehen sein. Genau im Oktober 1813. Zumindest beschreibt das ein Artikel der NRZ von 1967. Genau«, sagte er zu Claudia, die ihn überrascht ansah. »Ich hab gegoogelt. Außerdem ranken sich einige Geschichten im Dorf darum. Die einen sagen Mörderkreuz und die anderen, Sühnekreuz. Letztens erst erzählte einer der Alten, dass ein Holländer im Sommer des letzten Jahres das Kreuz restaurierte und keinerlei Bezahlung dafür verlangte. Mich wundert, dass dich niemand angesprochen hat. Sonst teilen die dir doch jeden Furz mit.«

»Mörderkreuz«, überlegte Claudia. »Das kann es auch nur hier geben. Die sind hier alle abergläubisch«, sagte sie zu Horn gewandt.

*

Jetzt stand Horn wieder hier und fragte sich, was er suchte. Der Tatort war es nicht, das spürte er. Das Kribbeln fehlte, als er gedanklich versuchte den Hergang zu rekonstruieren. Am frühen Vormittag war schon ganz schön Betrieb. Einerseits die Spurensicherung und anderseits am Heiderand. Er hörte Hunde kläffen. Ohne besonderes Ziel schlenderte er in Richtung des alten Parkplatzes, der mit dem Bau der Grillhütte und neuen Parkgelegenheiten überflüssig wurde. Dort, wo früher Autos parkten, sammelten sich Hundebesitzer. Huskies, wenn er die Rasse richtig einordnete. Sie spannten die Hunde vor schlittenähnliche Karren mit dicken Ballonreifen. Schlittenhunderennen ohne Schnee. Was es nicht gab? Er beobachtete das Geschehen und zog wenige Minuten später zum neuen Parkplatz weiter. Der sandige Weg entlang des Naturschutzgebietes war breit angelegt und machte kurz vor ihm einen s-förmigen Schlenker. Wenn er gerade durch das Feld weiterging, hatte er fünfzig Meter zu dem Freizeitplatz. Über den Weg, vielleicht dreihundert Meter.

Ein Geräusch hinter ihm ließ ihn innehalten.

»Ich hechele die ganze Zeit hinter Ihnen her«, murrte eine tiefe Bassstimme.

Horn starrte zu dem hageren Gesicht mit der Feuerkrone hoch. »Sie sind Oberkommissar Schmitt«, stellte er fest.

»Richtig. Und Sie, Horn.« Der Beamte klopfte ihm auf die Schulter. »Wir waren mal kurze Zeit auf der gleichen Dienststelle. Erinnern Sie sich?«

Horn nickte. Und dabei dachte er, dass sich der Typ nicht erinnerte.

»Blöde Sache«, fuhr Schmitt fort. »Der Tod erfolgte durch den Schlag auf den Kopf. Ich habe vor wenigen Minuten den Bericht bekommen.« Er hob das Smartphone. »Wie er so zugerichtet wurde, ist noch unklar. Es sieht fast so aus, als wären mehrfach Fahrzeuge über ihn gefahren. Also kein Sturz aus großer Höhe, wie zunächst vermutet. Kommen Sie.« Er ging weiter. »Wahrscheinlich wollten Sie sich auch ein Bild von der Gegend machen«, plauderte er. »Hinten bei den Huskies«, er machte eine Handbewegung zum alten Parkplatz, »kam das Fahrzeug aus der Heide und lud den Toten am Kreuz ab.«

»Wie kommen Sie zu dieser Information?« Horn blieb ruckhaft stehen und richtete den verblüfften Blick in die angegebene Richtung.

»Eine Zeugenaussage. Nach dem Vorfall, mit dem angeblich toten Schützen, sprach mich eine Frau an, die mit ihrem Hund Gassi war. Sie hat den Wagen gesehen, wie er dort herausfuhr und circa dreißig Sekunden an der Wegegabelung hielt. Wir können also annehmen, dass der Tote seit achtzehn Uhr dreißig dort lag.« Er schlenderte weiter und kicherte unvermittelt. »Noch etwas Interessantes. Der Kerl besaß keine Eier mehr. Die Hoden wurden ihm fachmännisch abgetrennt. Die Rechtsmedizin gibt ein Alter um die vierzig an. Kommen Sie, wir gehen weiter«, er fasste Horn am Oberarm. »Die Leiche weist Gefrierbrand auf. Nein nicht, was Sie denken. Ich dachte auch, dass er aus einem Flugzeug entsorgt wurde. Der lag in einer Gefriertruhe, wie die Untersuchungen belegen.« Jetzt blieb er stehen. »Das wird eine harte Nuss, die wir knacken müssen.«

»Natürlich wissen Sie auch, wie lange der Tote eingefroren lag?« Horn musste die Gesichtszüge unter Kontrolle halten, sonst hätte er den Mund weit offen stehen.

»Leider nicht.« Schmitt grinste wölfisch, was ihm mit den beiden vorstehenden Zähnen vortrefflich gelang. »Das Dorf feiert. Eine organisierte Befragung wird schwierig. Wir sollten uns unter das Fest mischen.«

»Wir sind Fremde und werden nichts Brauchbares erfahren.« Horn schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Wenn der eingefroren war, haben wir bis nach der Kirmes Zeit.«

»So sei es«, meinte Schmitt, drehte sich um und schlenderte den Weg zurück.

*

»Im Dorf ist etwas los«, bemerkte Claudia beim Frühstück. Sie kaute auf einem Bissen Marmeladebrötchen.«

»Schützenfest«, meinte Kurt lakonisch.

»Nein, das meine ich nicht. Ich spüre es schon seit Wochen. Spannung liegt in der Luft.« Sie wischte mit dem Finger einen Marmeladenklecks vom Teller und leckte ihn ab.

»Das hängt wohl mit dem Spiel zusammen«, sagte er und wehrte Edgar ab, der versuchte, ein Stück Leberwurst zu erbetteln.

»Was für ein Spiel?« Claudia legte ihre Konzentration auf Kurt.

»Keine Ahnung. Einige Leute beteiligen sich an einem Spiel. Ich hab mich nicht darum gekümmert. Um die Weihnachtszeit hat das Dorf zusammengesessen. Da muss es wohl vereinbart worden sein.« Er beschäftigte sich noch immer mit Edgar, indem er ihn zankte. Er hielt ihm einen Brocken hin und zog ihn gleich wieder zurück.

»Weshalb weiß ich nichts davon?«

Claudias Tonfall ließ Kurt hochsehen.

»Du spielst nicht, ich spiele nicht … was soll daran interessant sein.« Die Augen sagten: Was soll das jetzt wieder?

»Ich bin halt neugierig. Die Leiche, die du gestern gefunden hast«, sie wechselte das Thema, »ist schon länger tot.«

»Was verstehst du unter länger? Der Typ stank noch nicht.«

»Der war auch tiefgefroren.« Sie grinste, als sie die Verblüffung in seinem Gesicht sah.

»Dann kann der schon hundert Jahre tot sein. Ein Ötzi.«

»Dann würde er mehr zersetzt sein. Die Kleidung lässt auf Ende der Jahrtausendwende schließen. Das hat nichts zu sagen. Es gibt viele, die solche Klamotten tragen.«

»Mehr als zehn Jahre …«, er nickte nachdenklich, »da habt ihr eine dicke Nuss zu knacken.«

»Ich nicht«, stellte sie klar. »Ich hab Urlaub.«

»Dafür bist aber gut informiert.«

Sie winkte ab.

*

Verhängnisvolles Testament

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