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ОглавлениеAls Generalsekretär der Vereinten Nationen in der turbulenten Zeit des Kalten Krieges ist der Schwede Dag Hammarskjöld in die Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts eingegangen. Im Dienst der internationalen Gemeinschaft wurde er, der beide Weltkriege miterlebt hatte, zum Friedensstifter und Wegbereiter einer neuen Zivilisation. Am Beginn und Ende seiner Jahre in der UNO stehen zwei markante Daten der deutschen Geschichte: Zwei Monate nach seinem Amtsantritt wurde am 17. Juni 1953 der Aufstand der Arbeiter in Ostberlin gewaltsam unterdrückt. Mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wurde die deutsche Teilung zementiert und schloss sich der Eiserne Vorhang für fast drei Jahrzehnte. Hammarskjöld kam bei einem Flugzeugabsturz auf einer Friedensmission in Afrika am 18. September 1961 kurz nach Mitternacht Ortszeit ums Leben.
Dag Hammarskjöld war ein Weltbürger, Politiker und hochsensibler Intellektueller. Er führte ein intensives geistliches Leben, was erst 1963 nach der Veröffentlichung seiner Tagebuchaufzeichnungen bekannt wurde. Schon als junger Mann hatte er aus innerer Überzeugung eine Lebensentscheidung getroffen, aus der er in gesellschaftlicher und politischer Verantwortung seinen Dienst wahrnahm. Er sah sich persönlich in der Pflicht; aus seinem inneren Ja schöpfte er Kraft und Entschlossenheit. Sein Leben ist Zeugnis glaubwürdigen Menschseins – in Erfolgen und Momenten der Freude, aber ebenso in bitteren Stunden und Anfeindungen.
Sein Wirken ist gekennzeichnet von einer anspruchsvollen Ethik des Dienens, die bereits in seiner Erziehung im Elternhaus grundgelegt war. Mit den Jahren festigte er seine Überzeugungen durch Einsichten aus vielen Erfahrungen, durch Begegnungen mit geistig führenden Persönlichkeiten seiner Zeit und nicht zuletzt durch gezielte Auswahl seiner Lektüre, Reflexion und Gebet. So vermochte er sich den vielfältigen Herausforderungen zu stellen, die er als Mensch und Politiker zu bewältigen hatte.
Als Generalsekretär der Vereinten Nationen gewann er weltweit hohes Ansehen, das auch der Weltorganisation zugutekam, für die er achteinhalb Jahre tätig sein konnte. Eines seiner großen Verdienste besteht darin, dass er diesem Amt klare Konturen gab, indem er es persönlich ausgestaltete und etablierte. Dabei hat er Maßstäbe gesetzt: Einer seiner Nachfolger, der ghanaische Friedensnobelpreisträger Kofi Annan, würdigte ihn in einer Gedenkrede zum 40. Todestag als jemanden, der wie kein anderer die Erwartungen an die Rolle des Generalsekretärs und seiner Organisation geprägt habe. Im Blick auf die Bewältigung von Krisen und Konflikten könne es für einen Generalsekretär der Vereinten Nationen keine bessere Methode geben, als sich zu fragen: „Wie hätte Hammarskjöld gehandelt?“
Als Friedensvermittler und Krisenmanager setzte sich Hammarskjöld mit allen Kräften ein; die Menschheit hat es auch ihm zu verdanken, dass es nicht zu einem Dritten Weltkrieg kam. Dabei kannte er auch herbe Enttäuschungen, Verleumdungen, tiefe innere Verletzungen und eine lange dauernde persönliche Einsamkeit. Die schmerzlichen Erfahrungen behielt er zeitlebens für sich, er rang damit allein und hielt den Herausforderungen stand, blieb darin bis am Ende immer ein Fragender.
Aus menschlicher Sicht ist sein früher Tod eine Tragödie, doch sein Lebenswerk ist ein bleibendes Vermächtnis. Die Vereinten Nationen sah Hammarskjöld nicht in erster Linie als eine Organisation für Staaten, sondern für die in ihnen lebenden Völker und Menschen. Für viele, besonders in den Entwicklungsländern, wurde er zu einem Hoffnungsträger, zumal sein Engagement auch der Bekämpfung von Armut, Hunger, Krankheiten und Analphabetismus in der Welt galt.
Dass dieses Buch anlässlich des 60. Todestags von Dag Hammarskjöld bereits in dritter Auflage als aktualisierte Neuausgabe erscheinen kann, zeugt von dessen ungebrochener Wertschätzung und Bedeutung. Was Hammarskjöld für die Neuordnung und Zukunft einer menschenwürdigen Weltgemeinschaft geleistet hat, bleibt wegweisend in den alten und neuen Krisen und Herausforderungen unserer Zeit und für die kommenden Generationen.
Hermann J. Benning