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Was wir an unserer öffentlichen Wirtschaft haben

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Wer Verwandte oder Bekannte hat, die in die USA ausgewandert sind, fühlt sich manchmal etwas klein und mickrig, wenn diese neuen US-Bürger damit angeben, was für hohe Gehälter sie dort beziehen. Gewiss, wer jung, flexibel und kerngesund ist, kann in den USA schnell viel Geld verdienen. Aber wehe, es geht irgendetwas schief! Ein Unfall, eine ernstere Krankheit oder auch ein Knick in der Konjunktur der US-Wirtschaft können aus Menschen des gehobenen Mittelstandes schnell Obdachlose machen. Denn für die eigene Daseinsabsicherung muss man selber sorgen. Und das geht richtig ins Geld. „Wird schon irgendwie gut gehen!“, sagen sich viele Amerikaner und sparen sich die Vorsorge.

So kommt es, dass der Finanzcrash von 2008 eine massenhafte Obdachlosigkeit in den USA verursacht hat. Menschen aus der Mittelschicht mussten von gestern auf heute ihre schicken Häuser räumen und in Zeltlager vor den großen Städten überwechseln. Entlassene Autoarbeiter in Detroit mussten Kartoffeln anpflanzen, um nicht zu verhungern.

Es ist davon auszugehen, dass unsere Opel-Arbeiter in Bochum, deren Werk geschlossen wurde, nicht auf der Straße schlafen und auch keine Kartoffeln im Stadtpark anbauen müssen. Sie haben über Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt und bekommen jetzt ihren Anteil wieder. Sie müssen auch nicht ihr Häuschen verkaufen und im VW-Bus nach Baden-Württemberg fahren, im Auto hausen und ihre Arbeitskraft jedem anbieten, der gerade des Weges kommt. Vielmehr werden der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem „Mutter“konzern General Motors Pläne zur Weiterbeschäftigung in der Region oder eine Vorruhestandsregelung für die dreieinhalbtausend Opelaner erarbeiten.

Während in den USA Rentner bei Wal Mart Regale befüllen müssen, um nicht zu verhungern, hat man bei uns von dem Finanzcrash von 2008 im Alltag nicht viel bemerkt. Es herrscht eben in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich und in Skandinavien immer noch eine viel menschlichere Sozialkultur als in den Paradiesen des Neoliberalismus, namentlich in den USA oder England. Der Staat ist bei uns trotz Merkel, Gabriel und Co. immer noch eine Gestaltungsmacht.

Genossenschaften sind die wichtigsten Finanzpartner der Bundesbürger. Mehr als jemals zuvor. Nach dem offensichtlichen Versagen der Privatbanken im Börsencrash 2008 sind die Leute in Scharen zu den Sparkassen, Raiffeisen-, Volks- und Spardabanken übergelaufen. 17 Millionen Bundesbürger sind Genossenschaftler bei diesen Banken. Ungefähr zwei Drittel der Bundesbürger wickeln ihre Geldbewegungen über diese Banken ab. Hier kann man zwar nicht über Nacht Millionär werden. Aber das Geld ist absolut sicher angelegt und bleibt in der Region.

Genossenschaften und öffentlich-rechtliche Einrichtungen sind im Prinzip immun gegen die Auswüchse des Kapitalismus. Von ihrer Struktur her werden Gelder aus der Region in die Region reinvestiert. Risikospekulationen sind im Prinzip ausgeschlossen. Mein Onkel Dr. Josef Hoffmann war von 1924 bis 1933 und dann wieder von 1947 bis 1966 Hauptgeschäftsführer des öffentlich-rechtlichen Sparkassen- und Giroverbandes. Den Plänen der Nazis, das immense Kapital der Sparkassen der Kriegswirtschaft zuzuführen, hatte sich Hoffmann entgegengestellt und musste deswegen für 14 Jahre seinen Posten räumen. Und was er über die Aufgaben der Sparkassen zu sagen hat, sollte in goldenen Lettern in sämtlichen Sparkassen aushängen:

„Im Besonderen fällt der öffentlichen Wirtschaft die Aufgabe zu, in Unterstützung der staatlichen Wirtschaftspolitik den Ausgleich gegenüber den durch die private Wirtschaftsbetätigung geschaffenen Einseitigkeiten und Härten herbeizuführen. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen soll sie die Kräfte entwickeln, die ein Gegengewicht gegen die großkapitalistischen Monopolisierungstendenzen bilden.“8

Die Macher hinter den Kulissen

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