Читать книгу In der inneren Welt (Band 2) - Hero Leander - Страница 8
Ein neues Zuhause
ОглавлениеInzwischen passierten sie schon die Polöffnung und helles Licht schlug ihnen entgegen. In Leipzig dagegen war es schon dunkel, als sie von dort wegflogen. Doch hier im Inneren war noch heller Tag.
„Du bist so nachdenklich. Bereust du, dass du mitgekommen bist?“, fragte ihn Diane mit einem besorgten Gesicht. Sie hatte bewusst seinen Gedanken nicht zugehört. Konnte sie sich doch denken, was ihn jetzt bewegte. Zum anderen wollte Diane Wolfgang das Gefühl geben, dass sie nicht immer seinen Gedanken lauschte.
Erschrocken kam Wolfgang aus seinen Erinnerungen in die Wirklichkeit zurück und schüttelte den Kopf. Vor ihm stand seine große Liebe, die er auch während seiner wirklich glücklichen Ehe mit Marina nicht vergessen konnte. Nun waren sie wieder zusammen. Er versuchte die Erinnerungen abzuschütteln. Schließlich ging doch sein größter Wunsch in Erfüllung. Leider ohne Marina. Gern hätte er auch sie mitgenommen. Wie das dann gegangen wäre, konnte er sich zwar nicht vorstellen, aber das Leben in Posid war sowieso ganz anders. Sicher hätte auch das irgendwie funktioniert. So aber musste er sie in Leipzig auf dem Friedhof zurück lassen. Auch wenn er jetzt wieder mit Diane zusammen war, würde er Marina nie vergessen. Das hatte er sich und jetzt auch ihr versprochen.
„Du musst sie nicht vergessen. Niemand erwartet das von dir. Und ich am allerwenigsten“, unterbrach ihn Diane schon wieder, die jetzt doch aus Sorge um ihn in seine Gedanken eingedrungen war.
„Was willst du denn vergessen, Papa?“, meldete sich jetzt auch Diana.
Wolfgang schüttelte mit dem Kopf und entgegnete: „Ich will niemand vergessen. Mir ist nur deine Mama eingefallen. Sie fehlt mir.“
Da ging Diana auf ihren Vater zu und drückte ihn ganz lieb. Ihr fehlte sie auch so sehr. Doch dann sah sie erschrocken zu ihrer neuen großen Ersatzmutter auf. Noch bevor sie etwas sagen konnte, beruhigte sie Diane: „Mir fehlt sie auch. Oh nein, ich habe deine Gedanken nicht belauscht. Man sieht es dir an, was du gedacht hast. Deine Mama war sehr lieb und sie war mir auch eine gute Freundin. Ich bin nicht eifersüchtig! So etwas gibt es bei uns nicht. Warum es das in Posid nicht gibt, wirst du bald kennen lernen. Und wenn ihr die Kristall-LICHT-Kammer hinter euch habt, werde ich dir lernen, wie du mit deiner Mama auch jetzt noch kommunizieren kannst.“
Ungläubig sah Diana ihre große Wahl-Mama mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Das soll ich dann wirklich können?“
„Ja sicher! Wenn deine zehn gestörten DNS repariert sind, kannst du das auch. Vertrau mir. Es wird bald für dich vieles möglich sein, was du bist jetzt vielleicht als Zauberei bezeichnest.“
Fragend sah Diana jetzt ihren Papa an und dieser nickte. „Du kannst ihr ruhig glauben. Ich habe damals vieles bei ihr und den andere gesehen, was ich nie für möglich gehalten hatte.“
Jetzt war Diana plötzlich ganz aufgeregt. „Heißt das, dass ich dann auch die Gedanken der anderen verstehen kann?“
Diane nickte. „Selbstverständlich, aber es ist unehrenhaft, wenn du dann eine Person belauschst, die keine telepathischen Fähigkeiten hat. Es ist ganz wichtig, dass du das ganz schnell lernst. Bei einem Telepathen ist das anders. Er merkt, wenn du in seine Gedanken eindringst. Dann lässt er es zu oder verweigert den Zugang. Das Gleiche kannst du dann auch.“
„Das ist ja irre! Das kann ich dann wirklich?“
Diane nickte. „Du kannst das auch jetzt gleich Herbert oder Hermann fragen. Wir sind am Ziel.“
Der Transporter verlor immer mehr an Höhe und landete sanft auf der Wiese vorm Wohntrichter des Bergkristall-Clans. Gespannt sah Diana auf die Mitglieder des Clans, die sie erwarteten und suchte unter ihnen ihre beiden Brüder, die sie doch an den dunkleren Haaren erkennen sollte. Doch als sie diese nicht sah, sagte sie enttäuscht: „Heute ist ja Donnerstag. Hermann und Herbert sind bestimmt gar nicht zu Hause.“
Lächelnd antwortete ihr Diane: „Sie sind ganz sicher hier, denn sie sind auf dich genau so gespannt, wie du auf sie. Außerdem ist nur auf der äußeren Erde heute Donnerstag. Bei uns hier ist Mittwoch.“
„Und wo sind sie?“, fragte Diana nun wieder völlig ungeduldig.
Da kamen die beiden jungen Männer schon auf sie zu. Je näher sie kamen, umso höher ging Dianas Blick. Als sie dann vor ihr standen, entfuhr es ihr: „Aber ihr seid ja noch viel größer als eure Mutter.“ Ehrfürchtig blickte sie nach oben, wo die beiden nach etwa 2,10 Meter endeten. Beim Vergleichen stellte Diana allerdings fest, dass die anderen Atlanter noch etwas größer waren.
„Liebe Schwester, wir begrüßen dich in deiner neuen Heimat.“ Hermann, der sie fast um einen halben Meter überragte, kniete sich und reichte ihr die Hand. Seine Mutter hatte ihm und seinem Bruder erklärt, dass man sich auf der äußeren Erde so begrüßt. Herbert begrüßte seine neue Schwester jetzt auch so auf Augenhöhe. Während Wolfgang und Diane über die drei schmunzelten, sagte Diana vorsichtig: „Hey!“
Die Zwillinge sahen nun ihre Mutter fragend an. Mit dieser Begrüßung konnten sie nichts anfangen. Da Diane es auch nicht kannte, klärte Wolfgang sie lächelnd auf. „So begrüßen sich die jungen Menschen auf der äußeren Erde.“
Ruckartig standen beide nun auf, gingen vor ihrem Vater leicht in die Hocke und umarmten ihn abwechselnd. Etwas verstohlen, aber auch etwas traurig sah Diana zu, wie ihr Papa doch so ganz anders begrüßt wurde. Ihre neue Mama merkte sehr schnell, dass sie etwas bedrückte. „Was hast du?“
„Papa wird ganz anders begrüßt als ich. Viel herzlicher. Habe ich denn irgendetwas falsch gemacht, dass mich meine Brüder ablehnen?“, fragte Diana ängstlich.
„Um Gotteswillen, nein! Ich habe ihnen nur gesagt, dass dir unsere normale Begrüßung noch fremd ist. Ich glaubte, dass sie dich vielleicht etwas verwirrt.“ Dann wandte sie sich an ihre Söhne und sagte lachend:
„Eure Schwester möchte so begrüßt werden, wie es hier üblich ist. Sie glaubt, dass sie sonst nicht richtig willkommen ist.“
„Was?“, rief Hermann, kam noch einmal auf sie zu, fiel auf die Knie und umarmte sie jetzt genau so, wie ihren Papa. Als er sie aber küsste, kam das für sie so überraschend, dass sie es starr vor Schreck zuließ. Blitzartig gingen ihr Gedanken wie Inzucht durch den Kopf. Doch das verwarf sie gleich wieder. Schließlich war es ja nur ein Kuss. Herberts nochmalige Begrüßung blieb bei der Umarmung. Er hatte ihren Schreck beim Kuss bemerkt und wollte sie nicht noch mehr verwirren. Dafür war ihm Diana wiederum dankbar. Irgendwie fühlte sie dabei, dass Herbert wahrscheinlich einfühlsamer war als sein Bruder.
Dann wurden sie vom übrigen Clan begrüßt und Diana wurde nun mit Umarmungen und Küssen überhäuft. Aber ihr entging dabei nicht, dass ihr Papa nur von den Frauen geküsst wurde. Deshalb fragte sie ihre neue Mama danach.
„Dein Papa hatte schon vor zwanzig Jahren ein Problem damit, wenn ihn Männer küssen wollten. Das hat sich bis heute nicht geändert. Die Männer im Clan wissen das und respektierten seinen Willen. Weißt du, Diana, bei uns sind alle wie Brüder und Schwestern. Irgendwann wirst du das auch verstehen. Glaube mir.“ Sie nickte ihrer neuen Tochter freundschaftlich zu.
„Dann ist es normal, dass sich hier alle küssen?“
„Ja. Weshalb nicht? Wir sind doch hier alle wie eine große Familie.“
„Hm.“ Diana nickte nachdenklich. Dann suchten ihre Augen nach Herbert. Sie ging auf ihn zu und als sie vor ihm stand winkte sie mit ihrem rechten Zeigefinger, dass er mit seinem Kopf mal runter kommen solle. Als er dies tat, umarmte Diana ihren Bruder und gab ihm nun auch einen Kuss.
Da war Herbert nicht mehr zu bremsen. Er umarmte seine Schwester jetzt ganz fest und nahm sie mit hoch, als er sich wieder gerade hinstellte. „Genau so habe ich mir meine Schwester vorgestellt“, rief er begeistert. Dann drückte er sie noch einmal ganz herzlich und setzte sie wieder sanft am Boden ab. Nun fühlte sich Diana wirklich im Bergkristall-Clan aufgenommen. Sie strahlte und alle Bedenken, die sie noch vor Minuten hatte, waren restlos verflogen. Ja, hier würde sie sich bestimmt wohlfühlen.
Nun nahmen ihre beiden Brüder sie in die Mitte und fassten sie an die Hand. Dann rannten sie so schnell Diana konnte zum Wohntrichter. Kurz davor hielten sie an und Hermann fragte: „Willst du dein Zimmer sehen? Du wohnst ab heute gleich neben Herbert.“ Diana nickte noch ganz außer Atem und sie betraten den Trichter.
Nun gingen sie die spiralförmige Treppe nach oben und blieben schon bald vor einer Tür stehen. „Du bist jetzt unser jüngstes Mitglied im Clan. Deshalb wirst du im untersten Zimmer wohnen“, erklärte Herbert ihr.
„Und die anderen Zimmer, die unter meinem Zimmer sind? Wer wohnt denn dort?“
Da klärte Hermann sie auf: „Niemand. Sie sind nur die Reserve, falls der Clan sich vergrößern sollte.“
Jetzt öffnete Diana die Tür ihres Zimmers und juxte vor Begeisterung. In dem kleinen Raum standen nicht nur ein Bett, sondern auch viele Gefäße mit Blumen. „Das war Dianes Idee. Sie glaubt, dass du dich so schneller heimisch fühlst“, meinte Hermann. „Dein Papa muss damals vor zwanzig Jahren auch Blumen in seinem Zimmer gehabt haben.“
Diana nickte bestätigend. „Ich glaube, die stehen immer noch dort. Als wir vor fünf Monaten schon einmal hier waren, standen damals Blumen in seinem Zimmer.“
„Ja, die hat Diane gepflegt, so lange wir denken können. Sie muss Wolfgang sehr geliebt haben“, meinte Herbert.
Da zogen sich auf Dianas Stirn Falten zusammen. „Sag doch bitte nicht einfach Wolfgang. Es ist doch unser Papa!“
Die beiden Brüder sahen sich an, nickten und Herbert sagte: „Gut, dann Papa.“
Erst jetzt bemerkte Diana, dass am Kopfende ihres Bettes drei Rosen in einer Reihe standen. Links und rechts standen je eine weiße und in der Mitte eine rosafarbene Rose. „Hat das etwas zu bedeuten?“, fragte Diana jetzt unsicher.
Die beiden Brüder nickten und Hermann erklärte: „Im Zimmer von … unserem Papa stehen schon immer zwei Rosen. Diane hat uns mal erzählt, was es damit für eine Bewandtnis hat. Dein … Unser Papa hat in ihnen ein Gleichnis zu einem Märchen von der äußeren Erde gesehen. Wir haben uns dann dieses Märchen von Sirai vorlesen lassen. Es war ein wunderschönes Märchen und hieß Die Schneekönigin. In diesem Märchen sind ein Junge und ein Mädchen für lange Zeit getrennt gewesen, bis das Mädchen den Jungen erlösen konnte. Wir glauben, dass unser Papa und Diane sich in dem Märchen wieder sahen. Die beiden Kinder Kai und Gerda hatten in dem Märchen auch eine weiße und eine rote Rose. Genau zwei solche Rosen stehen im Zimmer unseres Papas.“
Diana wurde auf einmal ganz blass. „Bei uns zu Hause unterm Balkon standen auch zwei solche Rosen und Papa hat sich immer sehr viel Mühe mit ihnen gegeben. Wer weiß, vielleicht ist das gar kein Zufall? Vielleicht hat er das zum Andenken an eure Mutter gemacht? Mein Gott! Er muss sie sehr geliebt haben.“ Tränen standen in Dianas Augen. „Er hat nie darüber gesprochen.“
„Und weil bei unserem Papa die beiden Rosen standen, die ihn so sehr mit Diane verbanden, dachten wir, dass es dir vielleicht gefällt, wenn wir diesen Brauch von der äußeren Erde in deinem Zimmer fortsetzen. Für uns die weißen Rosen und für dich die rosafarbene.“
Da sprang sie zu ihnen hoch und umarmte beide so fest, wie es nur ging. Dass ihre Brüder so lieb zu ihr waren, hatte sie nicht erwartet. Kannte sie doch die Geschwister ihrer Klassenkameraden, die nicht immer nett waren. Aber bei Hermann und Herbert schien das ganz anders zu sein. Diana freute sich riesig, zwei so tolle Brüder zu haben. Sie war überglücklich. Natürlich sagte sie ihnen auch nicht, dass das gar kein wirklicher Brauch in der äußeren Welt war. Sie wollte den beiden nicht ihre Freude nehmen.
Als die drei auf die Wiese vom Wohntrichter zurück kamen, staunten die Erwachsenen nicht schlecht. Die drei Geschwister kamen freudestrahlend auf sie zu und man hätte denken können, sie seien miteinander groß geworden. Von einer Distanz war nichts mehr zu sehen.
Nun ging Diana schnurstracks auf ihre neue Mama zu und umarmte sie sehr herzlich. „Die Idee mit den Blumen war von dir, sagten Hermann und Herbert.“ Als Diane lächelnd nickte, drückte ihre neue Tochter sie gleich noch einmal. Dann meinte Diana: „Ich danke dir für die Idee mit den Rosen. Ich bin richtig glücklich. Es ist wunderschön bei euch.“
Wolfgang sah zu und war nicht fähig etwas dazu zu sagen. Für ihn hat sich ein lang gehegter Wunsch erfüllt. Dass seine Tochter sich hier ebenso glücklich fühlte, ließen seine Augen feucht werden. Er umarmte sie wortlos und strich ihr übers Haar.
„Aber Papa. Du weinst ja.“
Er nickte. „Ja, Diana. Ich bin heute sehr, sehr glücklich. Besonders, weil du es auch bist. Das letzte Mal war ich so glücklich, als du geboren wurdest.“
„Und Mama?“, fragte Diana jetzt besorgt.
„Sie wird immer in Gedanken bei uns sein. Vielleicht kannst du das heute noch nicht verstehen, aber ich habe Diane und auch Mama immer geliebt und werde es auch weiterhin tun. Keine Macht der Welt kann daran etwas ändern.“
Da drückte sie ihren Papa ganz toll. Jetzt kamen auch ihr die Tränen bei dem Gedanken an ihre Mama.
Inzwischen ging auch hier der Tag seinem Ende entgegen. Die Mitglieder des Clans versammelten sich zur Meditation. Dianas Brüder halfen ihr jetzt, da sie keine Ahnung vom Meditieren hatte. Für Wolfgang war das wesentlich einfacher. Seine Erinnerungen kamen hoch und so fitzte er sich schnell wieder rein.
Als es anschließend zum Duschen ging, protestierte Diana. „Ich kann mich doch nicht einfach vor allen ausziehen! Nein! Dann dusche ich, wenn die anderen fertig sind.“ Weg war die übermütige Euphorie und machte einem sturen Standpunkt Platz.
„Aber Diana. Hier duschen alle so“, versuchte ihr Papa sie zu überzeugen. „Denk mal an den Tag, als Diane das erste Mal bei uns war und morgens duschte. Da war es für sie auch normal.“
„Für mich nicht! Nein!“ Mit verschränkten Armen stand sie ihrem Papa gegenüber und war sich ganz sicher, dass sie nie nachgeben würde.
Da kam Diane auf sie zu. Doch noch bevor sie irgendetwas sagen konnte, erklärte Diana energisch: „Ich werde mich nicht vor allen ausziehen!“
Verständnisvoll entgegnete ihr jetzt Diane: „Das verlangt niemand von dir. Hier ist alles freiwillig. Niemand wird dich zu irgendetwas zwingen. Möchtest du Badesachen haben? Ich weiß von deinem Papa, dass man so etwas auf der äußeren Erde trägt.“
„Hm? Einen Bikini? Den könnte ich hier wirklich gebrauchen. Daran habe ich nicht gedacht, als wir zu Hause gepackt haben.“
„Stell dir einen vor und lass mich kurz deinen Gedanken zuhören. Dann sollst du einen haben.“
Diana stellte sich ein Modell vor, was sie schon immer haben wollte. Leider ist es nie dazu gekommen. Nun sah sie staunend auf die Hände von ihrer neuen Mama. Auf ihnen wuchs genau dieser Bikini. Diana hatte zwar schon ab und zu vom Materialisieren gehört, aber gesehen hatte sie es noch nie. Etwas unheimlich war ihr schon dabei. Aber als Diane ihrer Tochter den Bikini überreichte, strahlten deren Augen. Sie umarmte ihre neue Mama und der ganze Stress von vorhin war vergessen.
Nun standen sie zusammen unter der Dusche und es kostete Diana große Überwindung sich mit ihrem neuen Bikini unter die anderen zu mischen, die nichts an hatten. Aber zu sehr wollte sie auch nicht zum Außenseiter werden. Schließlich war das hier ja ihre neue Heimat. Ganz am Rand und immer in Dianes Nähe duschte sie jetzt mit den anderen. Es wunderte sie, dass niemand daran Anstoß nahm, dass sie im Bikini unter der Dusche stand. Alle fanden das völlig normal. Hermann und Herbert klärte Wolfgang auf, denn die beiden wunderten sich wirklich über ihre Schwester. Doch als sie von ihrem Vater hörten, dass auf der äußeren Welt alles sehr separiert und verschlossen zuging, versuchten sie ihre Schwester zu verstehen.
„Wird sie sich dann nie an uns angleichen?“, fragte Herbert besorgt.
„Ich denke schon, aber das braucht noch ein bisschen Zeit. Habt in dem Punkt etwas Geduld mit ihr. Das alles ist für sie nur völlig neu und ungewohnt.“
Diana duschte nicht so lange wie die anderen und fragte deshalb plötzlich, als sie vergeblich Handtücher suchte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es diese nirgends gab.
„Wozu brauchst du ein Tuch für die Hand?“, fragte Hermann verwundert. „Hast du dich verletzt?“, fügte er besorgt hinzu.
„Nein, aber ich will mich abtrocknen. Oder geht ihr alle nass ins Bett?“
Jetzt verstanden ihre Brüder sie. Doch Diane war schneller und zeigte ihrer Tochter die Luftdusche, die von allen Seiten angenehm warme Luft auf den nassen Körper blies. Durch die zusätzliche Verwirblung der Luft war Diana im Nu trocken. Völlig verblüfft sah sie sich unter ihre Arme. Alles war trocken. Toll!
Nach dem Duschen fragte Diane die beiden neuen Clanmitglieder: „Wollt ihr morgen wieder eure Sachen anziehen, oder soll ich euch eine Togadile materialisieren?“
Fragend sah Diana ihren Papa an. Doch der antwortete ohne nachzudenken: „Eine Togadile. Ich bin wieder hier und möchte auch wieder dazu gehören. Und du, Diana?“ Sie zuckte mit den Schultern und konnte sich nicht entscheiden.
„Da werde ich dir auch prophylaktisch eine materialisieren und du entscheidest morgen, was du anziehen willst. Einverstanden?“
Diana nickte erleichtert, denn schon wieder nahm ihr ihre neue Mama das aufkommende Problem so selbstverständlich ab. Sie war eben jetzt ihre Mama und Diana nahm sich vor, nie wieder neue Mama zu sagen, ja nicht einmal zu denken.
Nach diesem ereignisreichen Tag schlief Diana in ihrem neuen Zimmer schnell ein. Sie träumte von ihrer verstorbenen Mama, die ihr alles Gute in ihrer neuen Heimat wünschte. Dann sah sich Diana inmitten der Posider Schulklasse. Sie lachten sie aus, weil sie im Bikini zum Duschen kam. Nur Hermann und Herbert verteidigten sie. Auch weil sie so wenig von dem wusste, was die anderen schon kannten, kam sie sich sehr klein vor. Dazu kam auch noch, dass die anderen Schüler sogar etwas größer als ihre Brüder waren. Somit war sie wirklich mit großem Abstand die Kleinste. Dann träumte sie von ihrer alten Schulklasse. Dort hatte sie sich nie unterkriegen lassen. Und Diana nahm sich im Traum vor, das auch hier nicht zu tun.
Am nächsten Morgen traf Diana außer Diane und Sirai niemand unter der Dusche. „Wo sind denn die anderen?“, fragte sie verwundert. „Die haben alle schon geduscht. Wir beide haben nur auf dich gewartet“, erklärte Sirai. So legte Diana ihren Bikini auch ab und duschte ausgiebig mit den beiden Frauen. Dabei erklärten ihr die beiden, wie auch schon vor zwanzig Jahren ihrem Papa, weshalb hier niemand Seife oder ähnliches benutzt.
Nach dem Duschen überreichte Diane ihrer Tochter eine Togadile, die sie auch gleich anzog. Obwohl sie wie nach Maß passte, saß sie trotzdem locker auf dem Körper. Dann dazu dieser merkwürdige Stoff, der mit nichts Bekanntem zu vergleichen war.
„Was ist das für ein Material?“, fragte Diana.
„Die Togadile ist aus Simasol. Das bedeutet, dass sie zum großen Teil aus Silizium und Magnesium besteht und mit Sonnenenergie verbunden ist“, antwortete Diane.
„Hm!“ Diana fand ihre neue Bekleidung merkwürdig und gleichzeitig unheimlich toll. Das hielt sie aber nicht davon ab, in ihrem Zimmer noch Unterwäsche unter ihr neues Kleidungsstück anzuziehen.
Als sie auf der Wiese ankam, traf sie dort schon die meisten vom Clan. „Wann gibt’s hier eigentlich Frühstück?“, fragte sie neugierig ihren Papa.
„Komm mit.“ Er nahm sie an die Hand und führte sie in Arebes und Mikahs Reich. „Du kennst die Obstplantage doch sicher noch von unserem ersten Besuch in Posid. Hier kannst du immer essen und auch so viel, wie du willst. Die Atlanter essen selten. Und wenn, dann nur aus Appetit. Sie leben von Lichtnahrung und brauchen keine Nahrung wie wir. Aber bald brauchen wir das auch nicht mehr. Ich habe mich vorhin beim Duschen mit Diane, Arebe und Sirai darüber unterhalten. Aber das besprechen wir nachher zusammen mit Diane. Iss dich erst einmal richtig satt.“
Nun aßen sie beide ordentlich von den sonnengereiften Früchten. Diana war bei jeder neuen Frucht begeistert, wie toll sie doch schmeckte. Das war kein Vergleich zu den Früchten aus dem Supermarkt. Die hier hatten zehnmal so viel Fruchtaroma und waren zusätzlich noch total süß und saftig.
Als sie beide zurück zur Wiese kamen, warteten schon einige vom Clan auf sie. Diana sah sich um, konnte aber ihre Brüder nirgends sehen. „Wo sind eigentlich Hermann und Herbert?“, fragte sie dann ihre Mama.
„Sie sind wieder in der Schule. Die beiden waren nur gestern hier, weil sie dich und euern Vati begrüßen wollten. Sie kommen erst übermorgen wieder zurück. Am Wochenende sind sie immer hier bei uns. Du kannst auch deinen Vati fragen. Der wird das noch von damals wissen.“
Diana sah ihren Papa an und dieser nickte nur. Dann aber fragte er Diane: „Wie geht es nun mit uns weiter? Du hattest unter der Dusche gesagt, dass zuerst unsere Körper angepasst werden müssen, wenn wir wie ihr werden wollen.“
„Ja. Genau so ist es. Ihr müsst dazu einen dreitägigen Aufenthalt in einer Kristall-LICHT-Kammer absolvieren. Dort werden eure gestörten DNS repariert und aktiviert. Zusätzlich wird auch euer Körper in eine kristalline Struktur umgewandelt. Beides ist für ein dauerhaftes Leben in der fünften Dimension notwendig.“
„Heißt das, dass unsere Haut und Muskeln jetzt hart wie Kristalle werden müssen?“, fragte Diana besorgt.
„Aber nein. Ihr werdet dann so wie wir. Fass mich an. Ist meine Haut hart oder gar meine Muskeln?“
Diana fühlte vorsichtig bei ihr und stellte dabei befriedigend fest, dass sich alles ganz normal anfühlte.
„Kristalline Struktur heißt, dass eure Molekülstruktur eine kristalline Form annimmt. Du brauchst also keine Angst haben. Deine Haut wird sich hinterher genau noch so anfühlen wie jetzt.“
„Und wie sieht das nun in der Praxis aus?“, wollte Wolfgang jetzt wissen.
„Ich werde euch zu euern Kristall-LICHT-Kammern begleiten und wenn ihr sie wieder verlasst, habt ihr beide die gleichen Voraussetzungen wie wir.“
„Werde ich dann auch so groß werden wie Hermann und Herbert?“, fragte Diana begeistert.
Da musste ihre Mama nun doch lachen. „Nein, ich glaube nicht. Die Größe hat nichts mit den gestörten DNS zu tun. Sie wird vererbt.“
„Schade.“ Nun war Diana doch etwas enttäuscht. „Und wie läuft das alles genau ab? Ich kann mich doch nicht drei Tage in einen Glaskasten setzen.“
Diane verstand ihre Tochter. Deshalb sagte sie: „Am besten, wir fliegen einfach hin und du fragst dort deine Kammeraufsicht. Ich kenne mich damit auch nicht aus, denn wir haben so etwas noch nie gemacht. Die Neuschwabenländer zum Beispiel haben darin mehr Erfahrungen.“
„Also gut. Bringen wir’s hinter uns“, entschied Wolfgang. Diane rief einen Transporter und wenige Minuten später waren sie schon unterwegs zu ihren Kristall-LICHT-Kammern.
Nach einigen Minuten landete der Transporter wieder. Doch weder Wolfgang noch Diana konnten sagen, wie weit sie geflogen waren. Bei den Geschwindigkeiten verlor man völlig das Gefühl für Entfernungen. Schon beim Aussteigen sahen sie, dass sie erwartet wurden. Zwei große Gestalten kamen auf sie zu. Beim Näherkommen erkannte Diana, dass es ein Mann und eine Frau war, die ihnen entgegen kamen. Aber sie sahen anders aus, als die Atlanter. Sie waren von bläulicher Hautfarbe. Als sie vor ihnen standen, sah Diana, dass sie noch größer waren, als die Atlanter vom Bergkristall-Clan. Die fremde Frau lachte, als sie Dianas verwundertes Gesicht sah. „Ihr habt euch entschlossen, euern Aufstieg in die fünfte Dimension abzuschließen. Das finde ich gut. Ich heiße euch Willkommen“, sagte die fremde Frau. „Du wunderst dich, dass wir so anders aussehen, Diana.“
„Belauschen Sie meine Gedanken?“, fragte die Jugendliche etwas wirsch.
„Nein, nein! Ich habe das nicht aus deinen Gedanken. Aber man kann das sehr gut in deinem Gesicht sehen. Du hast eine ausdrucksstarke Körpersprache. Wir, Aumitat und ich, sind die Aufsichtspersonen für eure persönlichen Kristall-LICHT-Kammern. Mein Name ist Binasi. Wir sind Gast hier in eurer Welt und gehören zum Volk der Sirianer. Das heißt, wir kommen vom System des Sirius-B. Wir sind deshalb hier, weil ihr beide auf unserem Planeten gelebt habt, bevor ihr euch entschlossen habt auf der Erde zu inkarnieren. Wir sind so zu sagen seelenverwandt.“
Selbst für Wolfgang war das etwas viel. Diana verstand im Moment gar nichts. „Heißt das, wir sind auch Sirianer?“, fragte sie ungläubig.
„Nein, natürlich nicht. Ihr seid jetzt Menschen, aber eure Seelen fühlen sich immer noch als Sirianer. Hattest du nie Sehnsucht, wenn du abends die Sterne beobachtet hast?“
„Ja schon, aber das hat doch jeder!“, entgegnete Diana.
„Richtig. Aber nur deshalb, weil doch alle Menschen ein oder mehrere Vorleben auf anderen Planeten hatten. Die meisten aber kommen von Muktarin. Das ist auch unser Heimatplanet. Es ist der dritte Planet von der Sonne Sirius-B. Manche kommen aber auch aus den Plejaden, aus dem System des Arkturus oder von anderen Sonnensystemen. Aus dieser Erinnerung jedenfalls kommt die Sehnsucht zu den Sternen.“
Unschlüssig sah sich Diana jetzt zu ihren Eltern um. Doch als Mama freundlich nickte, glaubte Diana, dass doch etwas an dem dran sei, was Binasi gesagt hatte.
Jetzt führte sie Aumitat in eine kleine gläserne Pyramide, die am Rande der Wiese stand, auf der ihr Transporter gelandet war. Drinnen war nur ein Raum, in dem zwei offene gläserne Sarkophage senkrecht standen. Das waren also die so oft beschriebenen Kristall-LICHT-Kammern? Augenblicklich musste Diana an Schneewittchen und ihren Glas-Sarg denken, in dem sie so lange gelegen hatte. Bei diesem Gedanken schmunzelte sie vor sich hin.
„Was hast du plötzlich?“, fragte Diane.
„Ich musste unwillkürlich an Schneewittchen denken“, antwortet ihre Tochter. Nun lächelte Wolfgang auch. Der Vergleich war gar nicht so weit hergeholt, nur das Schneewittchen im Sarg gelegen und nicht gestanden hatte. Diane aber erkannte erst aus Wolfgangs Gedanken, was es mit diesem Schneewittchen auf sich hatte. Dass es sich um ein Märchen handelte, wurde ihr erst dadurch bewusst. Nun aber lächelte sie auch. Bisher war ihr die Schwester ihrer Zwillinge immer sehr resolut vorgekommen. Jetzt aber zeigte sie auch ihre kindlich-naive Seite. Das berührte Diane so sehr, dass sie spontan ihre Tochter in die Arme nahm. Glücklich streichelte sie Diana übers Haar und ihre Augen wurden etwas feucht.
Aumitat und Binasi warteten geduldig, bis ihre beiden Anvertrauten für die Kristall-LICHT-Kammer bereit waren. „Ihr müsst euch nur hinein stellen. Die Kammern sind innen gepolstert, sodass ihr euch darin wohlfühlen könnt“, erklärte Aumitat. „Die Kammer wird sich, sobald ihr in ihr zur Ruhe gekommen seid, mit einem Kraftfeld schließen und danach werdet ihr in einen dreitägigen künstlichen Schlaf versetzt. Wenn ihr hinterher wieder erwacht, wird es euch so vorkommen, als ob ihr ganz normal geschlafen habt.“
„Drei Tage stehen? Strengt das nicht unheimlich an?“, fragte Diana die beiden Sirianer.
„Nein. Die Kammern bewegen sich in dieser Zeit je nach Anforderung. Die meiste Zeit wirst du waagerecht darin liegen“, antwortete Binasi.
Wolfgang nickte und wollte sich nun kurz entschlossen in eine dieser Kammern stellen. Doch Binasi reagierte ganz schnell: „Halt! Das ist Dianas Kammer.“
„Ist das nicht egal? Die sehen doch beide gleich aus.“
„Oh, nein. Das wäre nicht gut“, wehrte Binasi jetzt ab. „Sie sind grundverschieden. Jede Kammer ist auf die speziellen Eigenschwingungen eines ganz bestimmten Menschen eingerichtet. Es hätte unangenehme Folgen, wenn ihr sie vertauscht. In diesem Fall würde dein ganzer Organismus stark weiblich werden. Willst du das?“ Binasi lächelte leicht. Kannte sie doch die Lebensgewohnheiten der Menschen.
„Um Gotteswillen, nein! Ist der Unterschied wirklich so groß?“
„Oh, ja. Jeder Mensch hat eine eigene Schwingung, die sich niemals in einem anderen wiederholt. Deshalb kann man auch einen Menschen an seiner Schwingung erkennen, wie bei euch vielleicht ein Hund jeden an seinem Geruch erkennt. Ihr wisst bis jetzt noch nichts über persönliche Schwingungen, aber wenn ihr die Kammer verlasst, dann werdet ihr vieles plötzlich können. Vertrau uns einfach. Aumitat und ich, wir sind nur für eure beiden Kammern hier und überwachen euern Aufenthalt darin. Ihr könnt also unbesorgt sein.“
So stellten sich Diana und ihr Papa in ihre jeweilige Kristall-LICHT-Kammer und beobachteten, wie sich langsam ein schillerndes Kraftfeld vor ihnen aufbaute und die Kammer verschloss. Diana hörte plötzlich ganz leise sanfte Musik und ein wundervoller Blütenduft erfüllte ihre Kammer. Sie schloss ihre Augen und genoss die Situation. Da fiel ihr wieder Schneewittchen ein. Jetzt fühlte sie sich plötzlich selbst als die schlafende Prinzessin. Ob Schneewittchen vielleicht auch in so einer Kristall-LICHT-Kammer gelegen hatte? Doch da hörte sie schon wieder Binasis Stimme: „Diana. Du kannst die Kammer verlassen.“
Verwundert schlug sie die Augen auf und war gleichzeitig auch etwas enttäuscht. Das Kraftfeld war verschwunden. Sicher war irgendetwas mit ihrer Kammer nicht in Ordnung und sie müsste noch einmal Schneewittchen spielen. Als sie heraustrat, sah sie ihren Papa neben seiner Kammer stehen und verstand nun gar nichts mehr.
„Du hast die drei Tage gut überstanden“, hörte sie plötzlich in ihrem Kopf. Diane riss ihre Augen auf und sah um sich. Ihre Mama lachte sie stumm an und wieder kamen fremde Worte in ihrem Kopf an. „Das ist die Telepathie, die du jetzt auch bald beherrschen wirst.“ Diane nickte ihr zu.
„Ja, aber … ich war doch nur ein paar Minuten in dieser Kammer!“, rief Diana verwundert. „Wieso geht das trotzdem?“
Da schüttelte ihre Mama den Kopf und sah sie mitfühlend an. „Nein. Es waren wie geplant drei Tage.“
„Ist das wahr? Ich habe davon gar nichts gemerkt. Dann haben wir ja heute Sonntag.“
Nun schüttelte Diane verständnisvoll den Kopf. „Nein, meine Tochter. Heute ist bei uns Sonnabend.“
„Sonnabend?“ Diana hob unsicher ihre Schultern. Doch da fiel ihr Blick auf ihren Vater und sie fragte: „Papa, wie geht es dir?“
„Mir geht es blendend. Ich könnte Bäume ausreißen. Aber irgendetwas ist anders. Fühlst du das auch? Ich fühle mich beobachtet. Aber nicht von Diane, Binasi oder Aumitat. Als wäre noch jemand da.“
Diana schloss die Augen und sagte plötzlich: „Ja! Du hast recht. Jetzt fühle ich das auch. Mama, was ist das?“
„Das sind die telepathischen Schwingungen im Raum. Daran müsst ihr euch erst einmal gewöhnen. Das geht aber schnell vorüber. Euch wird noch viel öfter auffallen, dass eure Sinne jetzt wesentlich schärfer sind. Ihr werdet von nun an viel mehr von eurer Umwelt mitbekommen. Doch jetzt solltet ihr euch erst einmal an eure neuen Fähigkeit gewöhnen.“ Diane erklärte nun ausführlich, wie sie mit den telepathischen Fähigkeiten umgehen sollten, auf was sie achten müssten und wie sie Kontakt zu anderen herstellen konnten. Anschließend übten sie es gleich zusammen mit Binasi und Aumitat. Nach einigen Fehlversuchen hatten es beide begriffen. Jetzt versuchte sich Diana auf ihren Bruder Herbert zu konzentrieren und im gleichen Augenblick hatte sie seine Antwort auf ihre Frage im Kopf. „Es funktionierte!“, rief sie begeistert. „Herbert hat mich verstanden und auch gleich geantwortet.“ Ihre Augen strahlten. Doch dann fragte sie: „Wo ist Herbert jetzt eigentlich?“
„Er wird beim Clan sein“, antwortete ihre Mama. „Dann wollen wir uns von Binasi und Aumitat verabschieden und zu ihnen zurückkehren.“
Diane verabschiedete sich von den beiden Sirianern. Auch Wolfgang verabschiedete sich und bedankte sich jetzt auch bei Aumitat für seine Unterstützung beim Aufenthalt in der Kristall-LICHT-Kammer. Diana wollte schon ungeduldig nach draußen, doch da gab ihre Mama den mahnenden Hinweis: „Diana. Du solltest dich immer bei allen, die dir in irgendeiner Weise geholfen haben, bedanken. Hilfe ist hier bei uns genau so selbstverständlich, wie das Bedanken dafür. Bitte vergiss es nie. Es würde sonst die anderen sehr traurig machen.“
„Ach so, ja. Klar mache ich das.“ Diana sprang auf die große Binasi zu, schüttelte ihr die Hand und sagte: „Vielen, vielen Dank. Du glaubst ja gar nicht, wie glücklich mich dieser Glassarg gemacht hat. Ich komme mir immer noch wie Schneewittchen vor, das gerade wachgeküsst wurde.“
Da mussten selbst die beiden Sirianer leicht lächeln. Ja, diese emotionale Begeisterung kannten sie von den Menschen und nur von ihnen. Bei ihrem eigenen Volk ging alles wesentlich ruhiger und gelassener zu.
Als Diane, Wolfgang und ihre Tochter wieder draußen auf der Wiese standen, sahen sie, wie Binasi und Aumitat die Glaspyramide mit all dem Inhalt dematerialisierten. Noch bevor Diana fragen konnte, erklärte ihr Diane: „Die ganze Pyramide war nur für euch da. Jetzt wird sie nicht mehr benötigt. Eure gesamten zwölf DNS sind wieder aktiv.“
Sie stiegen in den Transporter und auf dem Rückflug zum Clan erklärte Diana, dass sie nun immer mit ihren Brüdern zur Schule gehen wolle. Das teilte sie dann auch gleich nach der Ankunft beim Bergkristall-Clan Hermann und Herbert mit. Diese fanden den Entschluss ihrer Schwester ganz toll. So konnten sie ab sofort immer zusammen sein. Schließlich waren sie die einzigen drei Geschwister in ganz Posid und auch in den anderen atlantischen Städten. Sie nahmen sich vor, sich von nun an nie zu trennen. Das brachte ihnen später die Bezeichnung die Unzertrennlichen ein.
Nach der mittäglichen Meditation rückten alle Clanmitglieder näher an Diana heran und lauschten ihren Beschreibungen der äußeren Welt, die doch in manchen Ansichten sehr von Wolfgangs Betrachtungsweise abwich. Die Mitglieder des Clans amüsierten sich köstlich über Dianas ungestüme Ausdrucksweise und ihre temperamentvollen Schilderungen.
So verging auch dieser Tag wie im Flug. Am Abend duschte sie wieder nur mit Diane und Arebe und nach der abendlichen Meditation ging sie auch gleich zu Bett. Diane brachte ihr noch eine neue Togadile und entmaterialisierte vor ihren Augen das Gewand vom vergangenen Tag.
Diesmal träumte Diana von Schneewittchen, wie es im Sarg lag und von den Zwergen bewacht wurde. Und zwei von den Zwergen sahen wie Hermann und Herbert aus. In dem großen Prinzen, der sie wachküsste, erkannte sie den Sirianer Aumitat. Dann plötzlich saß sie mit Hermann und Herbert bei ihrer Großmutter, die blaue Haut hatte und Binasi sehr ähnlich sah. Dort lauschten die drei den Erzählungen ihrer Großmutter, so wie es auch Gerda und Kai in dem Märchen die Schneekönigin taten. Sie waren alle drei noch keine zehn Jahre und schwuren immer zusammenzubleiben. Draußen vorm Fenster standen drei Blumentöpfe mit je einer Rose. Dianas Rose war rosa und die ihrer Brüder weiß. Später, als sie schon größer waren, lebten sie zusammen in einer Villa, vor der ihre drei Rosenstöcke wuchsen. Vor dem Gebäude lagen drei Tiger. Diana hatte Angst vor den großen Tieren, aber Herbert beruhigte sie. Er zeigte ihr, dass die Tiger gar nicht gefährlich waren, sie aber bei Gefahr beschützen würden.
Schweißgebadet wurde Diana am nächsten Morgen munter. Die Tiger im Traum-Garten beschäftigten sie immer noch. Dann betrachtete sie ihre drei Rosen und die Ruhe zog wieder bei ihr ein. Plötzlich verband sie noch viel mehr mit ihren Brüdern. Trotzdem blieb sie noch etwas in ihrem Zimmer. Als sie dann duschen ging, war sie ganz allein im Raum. Das hatte sie gewollt. Diana hatte nämlich bemerkt, dass sie ungestört duschen konnte, wenn sie etwas später kam. Das wollte sie vorläufig so beibehalten. Mit diesem gemeinsamen Duschen konnte sie sich immer noch nicht so richtig anfreunden.
Den ganzen Tag war sie nun beschäftigt, sich die Gewohnheiten der Atlanter anzueignen. Das viele Meditieren bereitete ihr dabei noch so manche Probleme, aber in Hermann und Herbert fand sie zwei sehr geduldige Lehrer.
So verging dann auch dieser Tag inmitten der Clanmitglieder. Der Abend verlief genau so wie am Vortag und bald lag Diana wieder in ihrem Zimmer im Bett und dachte an die vielen Eindrücke der vergangenen Tage. Darüber schlief sie ein.
Diesmal träumte sie, wie sie mit ihrer alten Klasse aus Leipzig einen Ausflug zum Bergkristall-Clan machten und sie ihren Mitschülern den Clan und ihre Brüder vorstellte. Dann zeigte sie ihnen den Obst- und Gemüsegarten. Ihre Klassenkameraden aßen mit Begeisterung von den Früchten, bis sie nicht mehr konnten. Das Gemüse ließen sie unbeachtet. Dann spielten sie zusammen gegen die Klasse aus Posid Fußball. Diana spielte bei ihrer alten Klasse mit. Obwohl die atlantischen Schüler in der Minderheit waren, gewannen sie das Spiel. Ihre Größe und ihr höheres Alter waren ihnen dabei von Vorteil. Am Abend verließ ihre Klasse Posid wieder und sie versprachen wiederzukommen.