Читать книгу Felsig, karg und hoffnungsgrün - Hildi Hari-Wäfler - Страница 5

Einleitung

Оглавление

Für einen Frühlingstag war es ungewöhnlich schwül in Adelboden. Vom Großlohner donnerten Lawinen ins Tal und in der Ferne ertönte ab und zu der Ruf des Kuckucks. Doch die junge Frau dort in der Oey, unterhalb des Dorfes, schien dies kaum wahr zu nehmen, so sehr war sie in ihre Gedanken versunken. Emsig verteilte sie mit ihrer Gabel Brocken um Brocken Mist aufs Land und zerkleinerte sie. Ihr Ehemann war schon vorausgegangen und hatte in regelmäßigen Abständen kleine Haufen Kuhdung auf das Feld gesetzt. Wo das Land flach war, erleichterte ihm eine Karre die Arbeit. An den steileren Hängen jedoch musste er den Mist in einer hölzernen Brente auf dem Rücken hinauftragen und auskippen.

Es blieb nicht viel Zeit, um die nötigen Arbeiten zu erledigen. Zum einen, weil auf einer Höhe von 1350 Metern über dem Meeresspiegel der eben erst erwachte Frühling sehr bald in den Sommer übergehen würde. Zum anderen, weil die Frau an diesem Tag immer öfter einen zunehmenden Schmerz in ihrem Bauch spürte. Das Kind in ihr drängte dem Licht der Welt entgegen.

Von Zeit zu Zeit hielt Wilhelm in seiner Arbeit inne und fragte seine Frau: „Rösi, wird dir die Arbeit nicht zu viel? Solltest du nicht aufhören damit und dir Ruhe gönnen?“ „Es geht schon“, gab sie zur Antwort, strich ihre wilden, krausen Haare aus der Stirn und richtete ihre hochgewachsene Gestalt mühsam auf. „Ich will dir helfen, solange es mir möglich ist.“ Nach Stunden intensiver Arbeit entschlossen sich die beiden schließlich zum Feierabend. Rösi ahnte, dass aus dem Feierabend wohl nichts werden würde.

Ihre Ahnungen gaben ihr Recht. An diesem Samstagabend, gegen 20 Uhr, gebar die 26-jährige Rosina ein Mädchen. Der anstrengende Arbeitstag der jungen Mutter, ihre erste Geburt und das fast vier Kilo schwere Kind machten die Geburt zu einem sehr mühsamen Ereignis. Vater Wilhelm nahm seine Erstgeborene freudig und behutsam auf den Arm, streichelte ihr vorsichtig mit der etwas rauen Hand über das Köpfchen und meinte: „Bist herzlich willkommen, mein liebes Mädchen. Schön, dass du da bist!“

Rosina lehnte sich erschöpft und zugleich erleichtert in die Kissen zurück. Eine Hildegard hätte es werden sollen, doch erinnerte der Name zu sehr an das Deutschland der Hitlerzeit. So wurde das Mädchen auf Vorschlag des Adelbodner Pfarrers Gelpke, der selbst ein Deutscher war, Hilda genannt. Es war der 4. Mai 1935.

Felsig, karg und hoffnungsgrün

Подняться наверх