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3.1. Tai Chi und die tibetische Medizin

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Die Übungen des Tai Chi haben das Potential, unser körperliches und geistiges Allgemeinbefinden wesentlich zu verbessern. Der Zusammenhang zwischen der Gesundheit des Geistes und der des Körpers wird in vielen Traditionen betont, vor allem aber in denen des Fernen Ostens. Wichtig ist, dass wir begreifen, dass die Gesundheit des Geistes und die des Körpers einander bedingen. Wer Tai Chi übt, wirkt positiv auf beides ein. Die Übungen beruhigen den Geist und bringen die Funktionen des Körpers miteinander ins Gleichgewicht.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen kleinen Ausflug in die tibetische Heilkunst vornehmen. Diese bezieht sich zum einen auf die Anatomie von Knochen, Organen, Blutgefäßen und anderen Kanälen, zum anderen auf sogenannte Körperenergien, die als Wind, Galle und Phlegma (Körperflüssigkeiten) bezeichnet werden. Besonders interessant im Zusammenhang mit der Kranichform des Tai Chi ist die Verbindung zwischen tibetischer Heilkunst und Buddhismus. Hierüber schreibt der Schweizer Arzt und Experte für chinesische und tibetische Medizin Dr. Toni Fischer das Folgende:

Die tibetische Medizin kam mit dem Buddhismus nach Tibet, und zwischen Medizin und Buddhismus gibt es eine sehr enge Verbindung. Gerade diese enge Verbindung von Medizin und spirituellem Kern macht die tibetische Medizin zu einer so einzigartigen Erscheinung. Es gibt keine andere medizinische Tradition auf der Welt, die so konsequent nach der Maßgabe einer Philosophie und Metaphysik entwickelt wurde […]. Die Beziehung zwischen Buddhismus und Heilkunde ist eine Wesensbeziehung. […]

Zu seinen Lebzeiten war [der Buddha] als »der Große Arzt« bekannt […]. Der frühe indische Buddhismus nannte den Buddha auch »König der Heiler« (Bhaishajyaraja). Seine gesamte Lehre dreht sich um die Frage, wie das Leiden zu verhindern beziehungsweise zu überwinden sei. Die Medizin, die der Buddha verordnet, um unser Leiden und unsere Verblendung zu überwinden, ist seine Lehre. Darin ist die Essenz in Form der »Vier Edlen Wahrheiten« dargestellt. […]

Die Abfolge der Aussage dieser Wahrheiten folgt der Logik einer klinischen Diagnose. Zuerst wird das Problem identifiziert: Leiden, die Natur aller Existenz. Die Ursache dieser leidhaften Existenz, ihre Ätiologie, ist Anhaftung. Die Beseitigung dieser Ursache führt automatisch zur Beendigung des Leidens. Der achtfache Pfad zeigt die konkreten Methoden, mit deren Hilfe sich dieses Ziel tatsächlich erreichen lässt.

Die Erste Edle Wahrheit ist die Wahrheit des Leidens, die Tatsache, dass unser Glück fortwährend dahinschwindet. Geburt, Alter, Krankheit und Tod ist Leiden. Alles, was wir haben, ist der Unbeständigkeit unterworfen. Nicht zu bekommen, was wir uns wünschen; nicht zu wollen, was wir bekommen; getrennt sein von Liebem; Verbundensein mit Menschen oder Dingen, die wir nicht mögen, all dies ist Leiden.

Die Zweite Edle Wahrheit zeigt die Ursache unseres unablässigen Leidens, die drei Geistesgifte:

  Begehrliches Anhaften, Begierde, Verlangen nach Lust, nach Sinneseindrücken;

  Wut, Ärger, Hass, Aggression;

  Unwissenheit, Verblendung. Die Hauptursache des Leidens ist Unwissenheit, die irrtümliche Annahme, dass Lebewesen und Objekte inhärent existieren.

Die Dritte Edle Wahrheit handelt von der Beendigung des Leidens: das Ausreißen der Wurzel des Leidens durch die Gegengifte Mitgefühl, Meditation, Weisheit.

Die Vierte Edle Wahrheit lautet, dass es einen Pfad gibt, der zur Leidensbeendigung führt.

Der Pfad zur Befreiung besteht im Praktizieren von Freigiebigkeit, Sittlichkeit, Geduld, Anstrengung, Konzentration und Weisheit. Sittlichkeit ist ein Geisteszustand, in dem man bewusst darauf verzichtet, sich auf irgendeine Situation oder irgendein Geschehen einzulassen, die sich für andere als schädlich erweisen würden. Geduld ist ein Geisteszustand, in dem man angesichts der Schäden, die einem von anderen zugefügt werden, nachsichtig ist. Die Weisheit ist das Gegenmittel, das die Verblendungen auslöscht, und zwar dadurch, dass sie das Nichtexistieren einer inhärenten Existenz erkennt (Dalai Lama). […]

Der Geist ist sowohl die Quelle des Glücks als auch die Wurzel des Leidens. Es wohnt ihm ebenso eine außerordentliche Heilkraft inne als auch die Fähigkeit, uns krank zu machen (Buddha). 5

Der Tanz des Kranichs

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