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Ein Brombeerhaus macht sich fein

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Endlich! In einer Stunde müsste Suki ankommen, dachte Sophie sehnsüchtig. Sie heftete die letzte Karte von Sukis dreiwöchiger Deutschlandreise an ihre Pinnwand: siebzehn Karten insgesamt. Großmutter Chiyoko hatte ihre Enkelin ganz schön auf Trapp gehalten, dachte sie schmunzelnd: Schloss Neuschwanstein, Heidelberg, Rothenburg ob der Tauber, Dresden, Berlin und Hamburg. Doch wenn sie richtig zwischen den Zeilen gelesen hatte, war es für Suki und ihre Mutter anstrengender gewesen als für die alte Dame. Seufzend ließ sich Sophie wieder auf ihren Schreibtischstuhl fallen.

Gestern hatte sie Ontas Geburtstagsgeschenk bei der Post aufgegeben. Drei Tage sollten reichen für den Postweg nach Irland, schließlich war es nur ein kleines Paket. Sie vermisste ihre stets gut gelaunte irische Freundin. Ohne sie, machte es einfach keinen Spaß schwimmen zu gehen: niemand der sie antrieb oder triezte.

Auch im Zuckerstückchen war es sehr still ohne Onta. Sie schaute mit einem Seufzen auf ihren Kalender: Erst in zwei Wochen würden Suki und sie ihre Freundin wiedersehen. Dann hatten sie eine Woche noch Ferien bevor das neue Schuljahr an der Friedrich-Stein-Schule startete.

Sie ließ ihren Blick zu dem großen Umschlag schweifen. Die neuen Unterlagen für das Schuljahr: Ablauf des Schuljahrs, Vorstellung der neuen Sportmöglichkeiten und die Wahl der Schwerpunktfächer. Sie seufzte wieder. Was sollte sie nur wählen und was würden Suki und Onta wählen? Glücklicherweise mussten sie die Entscheidung erst nach einer Orientierungswoche treffen und nicht schon innerhalb der Ferien.

Sie blickte auf die Uhr. Oje, jetzt aber schnell auf den Bus, sonst würde sie Suki verpassen. Fünfundzwanzig Minuten später sprang sie aus dem Bus und rannte auf das Ankunftsgleis. „Hallo Sophie“, begrüßte sie Herr Asoko, Sukis Vater, schmunzelnd. Sophie nickte ihm atemlos zu. „Du hättest dich nicht so beeilen müssen, Sukis Zug hat eine halbe Stunde Verspätung“, sagte er mit einem leisen Glucksen in der Stimme. Mit einem erschöpften „Ah“ ließ sich Sophie auf die Bank plumpsen. Amüsiert setzte sich Sukis Vater neben sie. „Na, hast du die Ferien bis jetzt gut genutzt?“, fragte er interessiert.

Er und seine Familie hatten ihr geholfen, den Wissenschaftswettbewerb an der Schule zu gewinnen. „Ja", antwortete Sophie mit japsender Stimme. „Ich habe mit meiner kleinen Nachbarin, die jetzt auch an die Stein-Schule kommt, ein Modell unseres Sonnensystems gebaut.“ „Soso“, kommentierte Herr Asoko ihre Antwort. Plötzlich knackte es laut aus den Lautsprechern. Beide blickten zur Anzeige des Bahnsteigs, während eine Durchsage ertönte: „Die Einfahrt des Zuges Moldau verspätet sich um weitere dreißig Minuten. Reisende werden gebeten ..." Ein Telefon klingelte. „Oje“, murmelte Sukis Vater. Mit einem bekümmerten Blick zog er sein Telefon aus seiner Tasche. Mit entschuldigendem Blick wandte er sich ab, als er das Gespräch annahm. „Ja“, meldete er sich, stand auf und ging mit nickendem Kopf einige Meter auf dem Bahnsteig auf und ab. „Sophie?“, kam er fragend, mit einem zerknirschten Gesicht zurück. „Sophie, ich muss leider ins Krankenhaus. Könntest du mich bitte, bei meiner Familie entschuldigen?“ „Selbstverständlich Herr Asoko“, antwortete Sophie. Mit einem: „Wunderbar! Hier hast du Geld, für das Taxi“, verabschiedete sich Herr Asoko eilig. Tja, als Spezialist für Gefäßchirurgie war Sukis Vater immer ein gefragter Mann.

Laut quietschend kam der Zug eine Dreiviertelstunde später zum Halten. Sophie reckte ihren Kopf und versucht einen Blick hinter die vorbeifahrenden Scheiben und Türen zu erhaschen, alles in der Hoffnung Suki zu sehen.

Während die Wartende zu den Türen rief jemand vom Ende des Zuges: „Sophie, Sophie!“ Suki!, dachte Sophie erleichtert und blickte sich um. Schnellen Schrittes eilte sie zu ihrer winkenden Freundin hin. „Wie schön, dass du da bist“, begrüßte Suki sie erfreut. Noch bevor sie die Tür verließ schaute sich Suki fragend um: „Ist mein Vater nicht ...?“ Sophie schüttelte ihren Kopf und sie merkte wie ihr Sukis enttäuschtes Gesicht, Stiche in der Magengrube bereitete. „Nein, dein Vater ist leider nicht mehr hier, er wurde in die Klinik gerufen“, erklärte Sophie schnell, als sie Sukis Koffer in Empfang nahm. „Nun macht doch mal bitte Platz“, ertönte da hinter Suki, die resolute Stimme von Großmutter Chiyoko. Suki und Sophie traten zur Seite und halfen Sukis Obasan und ihrer Mutter aus dem Zug. „Wir sind wohl die Letzten“, stellte Frau Asoko nüchtern fest, als sie sich umblickte. Und tatsächlich außer ihnen, war niemand mehr auf dem Bahngleis zu sehen. Im Gegensatz zu Suki war ihre Mutter, Frau Asoko, weniger darüber überrascht, dass ihr Mann in die Klinik gerufen worden war. „Na, dann auf nach Hause“, verkündete sie und die kleine Karawane setzte sich in Bewegung.

Die Freundinnen steckten die ganze Fahrt über die Köpfe zusammen und tauschten sich über ihre Sommerferien-Erlebnisse aus. „Hast du schon das Haus gesehen?“, wollte Suki von Sophie wissen. „Ja, der Garten ist komplett gerodet worden und die Fassade ist auch schon fast fertig", erzählte Sophie mit gedämpfter Stimme. Frau Asoko drehte sich interessiert zu ihnen um. „Wisst ihr was, dann machen wir einen Umweg!“ „Ja! Und dann können wir noch bei Erika vorbeifahren“, bat Obasan Chiyoko und strahlte glückliche über beide Wangen. „Wie habe ich ihre Törtchen vermisst“, murmelte sie so leise, dass nur Sophie, die neben ihr saß, es hören konnte.

Die Bauarbeiter schauten nicht schlecht, als plötzlich ein Taxi hielt und drei Japanerinnen und eine Europäerin ausstiegen. Glücklicherweise war Herr Schneider, der Architekt, anwesend. Unter „Ahs“, und „Ohs“ besichtigten alle die Fortschritte und die Verwandlung des brombeerumrankten Hauses, das sie gekauft hatten. Sophie hatte in den Ferien immer mal wieder vorbeigeschaut und war deshalb nicht so überrascht wie Suki. „Liegt denn alles im Zeitplan?“, wollte Frau Asoko von Herrn Schneider wissen. „Ja, wenn es nicht regnet, sollten sie in zwei Wochen einziehen können", erklärte der rotgesichtige Architekt mit tiefer Stimme. Das Taxi hupte. Mit den Worten „Gut, dann kommen wir morgen wieder vorbei und schauen es uns von innen an“, verabschiedete sich Frau Asoko höflich. Als alle wieder im Taxi saßen, meinte Sukis Großmutter sichtlich vergnügt: „Und nun auf ins Zuckerstückchen.“ Suki schaute ihre Großmutter mit hochgezogener Braue an und wisperte Sophie kopfschüttelnd zu: „Man könnte meinen, dass es auf der ganzen Reise keine Süßigkeiten gegeben hat.“ Sophie grinste zurück. Sie wusste wie sehr sich Frau Hummel darauf freute, wieder mit Sukis Großmutter, ein Schwätzchen unter dem Kirschbaum zu halten.

Fünf Minuten später hielt das Taxi vor dem Zuckerstückchen. Frau Asoko begrüßte Frau Hummel nur kurz, bevor sie sich wieder in das Taxi setzte und zu ihrer Übergangswohnung fuhr.

Mit einem tiefen Seufzer ließen sich alle zehn Minuten später auf die Gartenstühle fallen und genossen den kühlen Schatten unter dem Baum. „Endlich keine Hektik mehr“, meinte Obasan Chiyoko entspannt. Worauf Suki anfing zu kichern. „Aber Obasan“, sagte sie neckisch. „Vergiss nicht in zwei Wochen ziehen wir in unser neues Haus“. Ein tiefer Seufzer folgte als Antwort. „Ach was, so schlimm wird es sicher nicht werden“, meinte Frau Hummel beschwichtigen und winkte ab. „Sagen Sie, Frau Hummel wie geht es eigentlich Onta?“, wollte Suki wissen. „Mhm, also das Letzte, das ich von Onta gehört habe, ist, dass sie euch sehr vermisst und in zwei Wochen wiederkommt", antwortete Frau Hummel mit einem Augenzwinkern.

Das Törtchen-Team in Turbulenzen

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