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Vorsicht Laster!

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Die Sonne blendete Sophie als sie aus dem Bus ausstieg. Statt sich abzuwenden, streckte sie ihr Gesicht in die Märzsonne und genoss die angenehme Wärme, die sie durchströmte. Selbst die Luft war angenehm warm – Frühlingsluft eben. Auch die anderen Menschen schienen froh zu sei, über die Sonnenstrahlen. Man sah keine Winterjacken mehr auf den Straßen, die Frau neben ihr, an der Ampel hatte sogar keine Strümpfe mehr an, sondern war barfuß in ihren Slippern. Für Mitte März, ganz schön mutig, fand Sophie und lief los, als die Ampel auf Grün umgeschaltet hatte.

Gut gelaunt machte sie sich auf den Weg zum Zuckerstückchen. Frau Allington, ihre Englischlehrerin war krank und würde es bis auf weiteres auch bleiben. Bandscheibenvorfall! Nicht, dass das Sophie besonders freute, sie war nicht schadenfreudig, doch seit Herrn Cunningham sie unterrichtete, hatte sie in Englisch einfach mehr Erfolgserlebnisse. Letzte Woche hatte sie sogar in der Klassenarbeit eine Zwei minus geschrieben. Ein weiterer Grund war, dass sie für ihr wissenschaftliches Projekt grünes Licht bekommen hatte und die Schule einen Raum zur Verfügung stellte. Diesen musste sie zwar mit Dominique teilen, doch das war nicht so schlimm: Dominiques Zebrafische waren leise und belegten auch nur drei Aquarien.

Leichtfüßig sprang sie die Treppen der Einkaufspassage hoch. Was für ein Gewusel an Menschen. Sie überquerte den Marktplatz mit seinen vielen bunten Ständen. Rechts von ihr bellte ein Hund, ein Kind schrie, weil es sein Eis fallen gelassen hatte, eine Blaskapelle spielte lautstark auf ihren Instrumenten am Brunnen. Nur noch schnell über die Straße, dann war sie schon im ruhigeren Altstadtviertel. Ein Lastkraftwagen bog um die Ecke. Vor ihr sah sie eine junge Frau am Straßenrand.

Sah sie denn den Lastkraftwagen nicht? Sophie beschleunigte ihre Schritte. Die Frau schaute nach rechts und setzte an die Straße zu überqueren. Der Laster näherte sich von links. Sophie rannte los und schrie, die Blasmusiker stimmten zum Finale an. Die Frau in ihrem blauen Rock und Mantel hörte sie nicht und machte einen Schritt vorwärts. Jetzt stand sie an der Bordsteinkante. Der Brummi war nur noch fünf Meter von ihr entfernt. Sophie winkte ihm zu, doch der Fahrer schaute nicht zu ihr und fuhr mit unverminderter Geschwindigkeit fort. Jetzt war Sophie nur noch einen Meter von ihr entfernt. Die junge Frau schien immer noch nicht zu bemerken, in welcher Gefahr sie schwebte, und setzte an die Straße zu überqueren. Endlich war Sophie da, packte sie bei den Schultern und riss sie zurück. Keine Sekunde zu früh! Der Fahrtwind des Lastwagens streifte beide, als er einen Sekundenbruchteil später an ihnen vorbeifuhr. Der Schwung ließ sie nach hinten auf den Gehweg fallen. „Auw shit!“, hörte Sophie sie fluchen. Applaus brandete auf. Doch nicht für Sophie. Die Kapelle hatte ihr Stück beendet. Die beiden rappelten sich auf. Die junge Frau war ein Mädchen stellte Sophie verblüfft fest: größer als sie, rot-braunes Haar, hellhäutig, grüne Augen mit einer roten Narbe an der Stirn.

Onta klopft sich den Dreck von ihrem Ärmel und musterte ihre Lebensretterin. „Danke schön“, sagte sie mit zittriger Stimme. „Mein Name ist Onta Namara“, stellte sie sich vor und hielt Sophie ihre leicht dreckige Hand entgegen. Komischer Akzent wunderte sich Sophie. „Ich heiße Sophie. Sophie Morgenbesser.“, antwortete sie und ergriff Ontas Hand. „Ow, das war knapp. An euren Rechtsverkehr muss ich mich erst gewöhnen.“, murmelte Onta vor sich hin und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Sie überlegte einen Augenblick. „Well, darf ich dich einladen, zu Tee und Kuchen? Ich wohne in der Nähe“, schlug sie Sophie lächelnd vor. Sophie dachte kurz nach. Naja, ein bisschen Zeit habe ich ja noch, bevor ich zu Frau Hummel muss, und nickte Onta zu.

Gemeinsam überquerten sie die Straße bogen in das Altstadtviertel ein - in Richtung Zuckerstückchen - wie Sophie verwundert feststellte. Und mit einem Mal machte es Klick. Sollte Onta etwa die Nichte von Frau Hummel sein, die von dem Bombenanschlag im Januar? „Weißt du, ich wohne bei meiner Tante, mit meiner älteren Schwester. Hier“, erzählte Onta stockend, bemüht jedes Wort auf Deutsch auszusprechen. Sie blieb genau vor dem Zuckerstückchen stehen. Jetzt war Sophie auch klar, wieso Frau Hummel, in den letzten Wochen immer vergnügter wurde und Andeutungen gemacht hatte, dass bald mehr Leben in ihrem Haus sein würde. „Oh, ihr habt euch ja schon kennen gelernt!“, begrüßte sie Frau Hummel, sichtlich enttäuscht, als sie gemeinsam in den Laden traten. Onta schaute Sophie an. „What! Du bist die Sophie, die meiner Aunt hilft?“ Sophie zuckte mit den Schultern. „Du musst mir alles von der Schule erzählen, dieser Stone-School“, begeistert sah sie Sophie an und bugsierte sie zu einem der Tischchen. Zwei Stunden später wussten Onta und Sophie so ziemlich alles von sich. Bei nicht enden wollendem Törtchen- und Teenachschub saßen die beiden Mädchen an dem Tischchen und erzählten über sich. Sophie erfuhr, dass Onta aus Irland stammte, eine deutsche Mutter hatte uns das sie auf einer deutsch-englische Schule gewesen war. Ihre Tante, Frau Hummel hatte ihr nach dem Anschlag angeboten, nach Deutschland zu kommen und dort auf die Friedrich-Stein-Schule zu gehen. Nach einigem hin und her, und nachdem ihre älteste Schwester, Amiee, eine Trainee-Stelle in der Goldblatt-Bank bekommen hatte, gaben ihre Mutter und ihr Vater grünes Licht für den Auslandsaufenthalt.

Schultechnisch gab es für einen Wechsel keine Probleme, da die Friedrich-Stein-Schule, von der ihr Frau Hummel vorgeschwärmt hatte, ihre Zeugnisse akzeptierte.

Frau Hummel beobachtet die beiden Mädchen unbemerkt. Die groß gewachsene Onta und die kleine blonde, leicht pummlige Sophie. Vielleicht werden sie ja Freundinnen, sie könnten sich so viel geben, dachte sie schmunzelnd. Onta hätte Anschluss an jemanden, der sich nicht nur für Sport interessierte und Sophie könnte jemanden brauchen, der sie aus ihrer Reserviertheit lockte. Leistung und Wissensdurst, waren schön und gut, doch wenn man in die Pubertät kommt, brauchte man auch eine Freundin, mit der man reden konnte, fand Frau Hummel und lächelte, als sie sah, wie Onta sich das dritte Schokotörtchen in den Mund schob und mit Armen und Beinen gestikulierte. Ihr Deutsch müsste sie noch verbessern, doch da konnte ihr Sophie sicher helfen. Sie wand sich ab und begrüßte Frau Goldblatt, eine ihrer treusten Kundinnen. „Zweihundert Gramm Trüffelpralinen zum Mitnehmen? Sehr gerne.“

„Weißt du was? Maybe, ich komme in deine Klasse. Wäre das nicht toll?“, sagte Onta mit leicht überschlagener Stimme und strahlte Sophie aus ihren grünen Augen an. Sophie nickte und murmelte ein: „Mhm, Mhm.“ Sie dachte nach. Hatte einer der Lehrer eine Andeutung gemacht über eine neue Schülerin? Nein, nicht in ihrer Klasse. „I miss die Mourne-girls, doch nach dem Zwischenfall liefen wir alle nur noch wie verschreckte Chicken, durch die Schule“, unterbrach Onta Sophies Gedankengang und seufzte. „Tell me, tragt ihr Schooluniform?“ Onta schaute Sophie fragend an und musterte sie von oben bis unten. Sophie wurde ein bisschen rot und schüttelte den Kopf. „Nein, bei uns kann jeder tragen, was er will.“ Ein langezogenes „Soo“, war Ontas Antwort, sie runzelte die Stirn. Die Türklingel bimmelte. „Hallo ihr beiden, sag willst du uns nicht vorstellen?“, sagte eine rothaarige Frau, die gerade durch die Tür kam. „Aimee!“, freudig begrüßte Onta ihre Schwester. „Also das ist Aimee meine große Schwester und das ist Sophie Morgenbesser, my new friend. Sie geht auch auf die Stone-School.“, stellte Onta sie vor. Sophie stand auf und reichte Aimee die Hand. Dass die beiden Schwestern waren, war nicht zu übersehen. Dieselben Grübchen und dasselbe Lachen. „Tell you what, die haben hier tatsächlich keine Schooluniform“, sagte Onta zu ihrer Schwester ungläubig. „Das heißt, we have to shop, damit ich für Montag was habe.“ Onta grinste ihre Schwester schelmisch an. „Kannst du mir helfen etwas zu finden?“, fragte sie Sophie. Einkaufen, entsetzlich schoss Sophie als Erstes durch den Kopf. Aber es war ja nicht für sie, deshalb antwortete sie höflich: „Ja, natürlich. Wenn ich morgen hier fertig bin, können wir in das Kaufhaus gehen, wo meine Mutter arbeitet.“ Frau Hummel, die soeben aus der Küche kam, schüttelte den Kopf. „Nein, nein morgen musst du nicht arbeiten. Komm, doch einfach um neun Uhr vorbei und geh mit Onta einkaufen. Es ist sowieso besser, wenn du mit ihr gehst.“, wiegelte Frau Hummel ab. Sophie hörte nach was von „Rechtsverkehr und so“, was aber in dem enthusiastischen Geschrei von Onta unterging. „Komm, lass uns nach oben gehen und aufschreiben, was ich noch brauche“, entschied Onta und zog Sophie mit sich.

Zwei Stunden später machte sich Sophie auf den Heimweg. Ihr schwirrte der Kopf und sie war froh, als sie in ihrem stillen Zimmer war und niemanden sprechen hörte. Onta war ein Wirbelwind, aber sehr nett, fand Sophie. Und obwohl Kleider einkaufen sonst ihr keinen Spaß machten, freute sie sich auf morgen.

Das Törtchen-Team

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