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Die Episteln des Horaz

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Die griechische Literatur bot schon Vorläufer des horazischen Briefes. So gab es in der alexandrinischen Elegie die Form des Briefes, doch ist eine Sammlung poetischer Briefe in der griechischen Literatur nicht bekannt. Der belehrende Prosabrief war in Hellas seit Isokrates längst heimisch zur Behandlung philosophischer, wissenschaftlicher und grammatischer Fragen. Epikurs Briefe an seine Anhänger waren weit verbreitet.

In Rom war der Lehrbrief beliebt, so, wenn der Vater den Sohn in seine Erfahrungen einführte. Weiter hatte Spurius Mummius, der seinen Bruder, den Konsul Lucius, als Legat in den achäischen Krieg begleitete, von Korinth aus an seine Freunde Briefe in heiteren Versen geschickt, die noch Cicero las (vgl. Briefe an Atticus 13,6,4); doch waren dies keine wirklich literarischen Briefe.

Vielleicht waren die zwei Arten des horazischen Briefes, Gelegenheitsbrief und Belehrung in Briefform, bei Lucilius vorgebildet; im 5. Satirenbuch beschwert sich dieser bei einem Freund, der sich während einer Krankheit nicht um ihn gekümmert hatte, im 26. gibt er einem Historiker Ratschläge für seine Arbeit, beide Male wohl in Briefform. Weiterhin gab es bei Catull poetische Briefe, besonders den Trostbrief an Allius (carm. 68).

In Prosa kannte man die Briefe der Cornelia an ihre Söhne, die Gracchen, und Ciceros Briefe waren in mehreren Büchern veröffentlicht.

Woher Horaz die Anregung zu seinen Episteln nahm, ist schwer zu sagen; Ciceros Briefe regten ihn wohl ebenso an wie die des Epikur. Nach dem Erscheinen der Oden (Buch 1–3) im Jahre 23 kehrte Horaz zu seinen „Plaudereien“ zurück, nun in der neuen Form des Briefes. Dabei konnte er an sat. 1,6 anknüpfen, in der schon fast eine Epistel (an Maecenas) vorliegt. Auch hier aber schuf Horaz ein eigentlich neues und eigenständiges Genos, den philosophischen poetischen Brief, und wurde so zum Schöpfer einer in der europäischen Literatur vielfach weitergeführten Gattung.

Verfasst wurden die Briefe des ersten Buches in den Jahren 23–20, herausgegeben wohl im Jahre 20. Das Buch umfasst 20 poetische Briefe an zwanzig verschiedene Empfänger; die runde Zahl weist auf ein einheitlich gedachtes Buch. Epistel 13 ist wohl (nach Carl Becker) der früheste Brief; in die Jahre 22 und 21 gehören vermutlich die Briefe 10, 14, 16, 7, in das Jahr 20 wohl 20, 1, 19, 2, 8, 9, 18, 12, 17.

Einige Episteln waren wirkliche Briefe; die Mehrzahl ist fingiert. Auch die Briefe, die einem echten Briefanlass entsprungen scheinen, wenden sich nicht nur an den Empfänger, sondern an den Leser allgemein. Das persönliche Verhältnis zwischen Horaz und dem Angeredeten gibt den Anlass zu einer verallgemeinernden Sicht. Die Episteln skizzieren dramatisch eine Reihe von Situationen, in denen sich der Dichter und seine Freunde befinden, und geben taktvolle Lösungen oder Erklärungen dafür. Die Episteln sind eine neue literarische Form. Sie sind dabei tiefer und ernster als die Satiren, sind allgemeiner und philosophischer.

Ein Werk, das den Unterschied im Stil der Satiren und Episteln herausarbeitet, steht noch aus. Horaz zählt jedenfalls auch die Episteln zu den sermones (epist. 2,1,250), und sicher bieten sie auch satirische Elemente. Viel stärker tritt die horazische Ironie hervor. Drastische Züge fallen weg, es finden sich weniger Abschweifungen und weniger Einzelheiten. Horaz zeigt ein erhöhtes Bestreben, bei feinster Formung den Schein zwangloser Plauderei zu erwecken, ohne auf Einheit und strengen Zusammenhang der Gedanken zu verzichten. Bemerkungen, Episoden, Geschichten durchkreuzen den geraden Vortrag, doch bei näherem Hinsehen erkennt man, dass sie alle einem festen Ziel zustreben.

Die Sprache ist – dem Genus des Briefes entsprechend – feiner als in den Satiren; niedrige Ausdrücke fehlen. Die Komposition ist ausgefeilt, der Versbau bietet kaum Härten. Die Darstellung schmiegt sich eng an den Stoff an und schlägt bald höhere, bald schlichtere Töne an.

Satiren und Briefe

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