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August Derleth: DIE MESSE DES FÜRSTEN BORGIA

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Cesare, der Fürst Borgia und Herzog von Valentinois und der Romagna, Herr von Imola und Forli, von Rimini und Pesaro, von Faenza und Urbino, streckte die Herrscherhand aus und nahm vom Lakaien das Papier, das dieser ihm entgegenhielt. Im selben Augenblick traten zwei Gestalten aus dem Schatten hinter dem Borgia hervor und spähten ihm über die Schultern, Der jüngere der beiden, der mit dem noch jungen Schnurrbart, strich sich nervös das spitze Unterkinn; der ältere, ein alter, grauhaariger Mann in Uniform, verriet sein starkes Interesse nur durch das Verengen seiner Augen.

Cesare, der Fürst Borgia, grunzte plötzlich. »Noch drei!«, rief er mit düsterer Heftigkeit aus.

»Teufelswerk«, murmelte der Offizier.

»Noch drei«, wiederholte der junge Mann atemlos.

»Man muss etwas unternehmen, Hoheit«, sagte der Offizier mit erregter Stimme. »Diese Sache kann nicht... darf nicht so weitergehen.«

»Es ziemt sich nicht, mich solcherart zurechtzuweisen, Hauptmann«, erwiderte Fürst Borgia kurz. »Seid versichert; man hat bereits etwas unternommen. Noch diese Nacht wird das Ende der Satansumtriebe erleben.« Er wandte sich abrupt an den Lakaien, der sich unverzüglich mit der Schnelligkeit und Regelmäßigkeit eines Automaten zu verbeugen begann. »Lass nach dem Magier René schicken.«

Der Lakai schritt, sich immer noch verbeugend, rückwärts aus dem geräumigen Zelt hinaus. Der junge Mann sank in einen Sessel neben dem Fürsten Borgia.

»Was wollt Ihr mit René, Hoheit? Braucht Ihr etwa die Magie, um diesen Vandalismus zu bekämpfen?«

Cesare, der Fürst Borgia, richtete den Blick auf seinen Begleiter, »Dein Verstand ist noch zu jung, Midi, um das zu verstehen. Glaubst du vielleicht, die Leichen meiner Krieger werden von gewöhnlichen Räubern gestohlen... Leichen, von denen man bereits alle teuren und wertvollen Dinge entfernt hat? Pah!«

»Gut, wenn dem nicht so wäre, Hoheit. Wenn es aber keine Räuber sind, die so etwas tun, wer dann?«

Der Hauptmann beugte sich nach vorn. »Ihr vermutet also, Hoheit? Sollen wir sie in dieser Nacht ergreifen?«

»Sie sollen vor Einbruch des Morgens sterben!«

»Das ist gut«, sagte der Hauptmann. »Ja, das ist gut.«

Cesare nickte.

Der Zelteingang wurde zur Seite gezogen, und in das geräumige, schwach erleuchtete Innere schlurfte die gebeugte, zusammengeschrumpfte Gestalt Renes, des Magiers, und sein unförmiger, vogelähnlicher Schatten folgte ihm, über die Zeltwand kriechend. Er näherte sich dem Fürsten Borgia.

»Hoheit!«, murmelte er und neigte das Haupt.

»René, letzte Nacht sind noch drei Leichen verschwunden.« Cesare hielt einen Augenblick inne, damit die volle Bedeutung der Worte den Magier erreichen konnte. Dann fuhr er fort:

Diese meine Männer starben in der Schlacht einen ehrenvollen Tod, und es ziemt sich, dass sie ein ehrenvolles Begräbnis erhalten. Doch man hat ihre Leichen gestohlen, und ihnen wird kein Begräbnis zuteilwerden. Doch Ihr solltet sie wegen eines bestimmten Zweckes beobachten. Habt Ihr diesen Zweck erreicht, René?« Der Magier verbeugte sich tief. »Mein Auftrag ist erfüllt; es ist, wie Ihr vorausgesagt habt, Hoheit. Wenn Ihr Gefolgsleute zusammenruft, werde ich Euch zu der Stelle fuhren, wohin die Körper gebracht wurden. Dort werden Hoheit sehen und erfahren, wer die Schuldigen sind, und die passende Strafe für sie bestimmen. Insgesamt sind jetzt vierzehn Leichen verschwunden; die letzten drei können wir aber noch vor der Schändung bewahren.«

»Wohl getan, mein tüchtiger René; nun geht und trefft Eure Vorbereitungen für die Reise.« Der Fürst Borgia drehte sich Um. »Und Ihr, Hauptmann, gebt Befehl, dass ausgesuchte Männer in einer Stunde bereit sind, uns zu begleiten.«

Der Hauptmann murmelte, neigte den Kopf und verließ das Zelt, und die gekrümmte Gestalt schleppte sich hinter ihm her.

Ein halbstündiger scharfer Ritt brachte die Gruppe der Männer an den Fuß eines kleinen Hügels in einiger Entfernung vom Lager, wo René dem Fürsten Borgia bedeutete, das Zeichen zum Absitzen zu geben. Borgia gab seinem Hauptmann einen kurzen Befehl, und nach einem Augenblick erkletterten die Männer schweigend den Abhang, René mit dem Fürsten Borgia, Midi und dem Hauptmann an der Spitze. Oben angekommen, drehte René sich um und hob eine Hand, um um Stille zu heischen. Dann beugte er sich zu den dreien, die ihn umstanden.

»Erinnert Euch, Hoheit«, flüsterte er leise, »heute ist Walpurgisnacht; heute Nacht kommen alle Dämonen der Erde, der Luft, des Feuers und des Wassers zusammen, um die Schwarze Messe mit irdischen Leibern zu zelebrieren. Seht dort!« Er bückte sich ganz tief hinunter und zeigte auf etwas.

Vor ihnen, in einer kleinen Senke am Fuße des Hügels, stand eine Baumgruppe. In der Mitte des Hains konnte man undeutliche, schwarze Schatten erkennen, die sich im flackernden Licht riesiger Kerzen hin und her bewegten. Midi keuchte. Fürst Borgia gab den Männern Befehl, den Hain zu umzingeln; bei seinem Ruf sollten sie die Gestalten im Gehölz gefangen nehmen. Dann krochen die vier, wieder von dem Magier geführt, vorwärts und erreichten schließlich einen Aussichtspunkt, wo sie aufstanden, um das fürchterliche Ritual zu beobachten, das vor ihnen stattfand. Midi, der junge Begleiter von Cesare, ging weiter, um besser sehen zu können, doch Cesare zog ihn sanft zurück.

Im Hain befanden sich neun Männer, sie waren alle von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, und ihre Gesichter waren von grotesken Masken bedeckt. Die Beobachtenden konnten erkennen, dass ihre Gewänder mit Pelzwerk geschmückt waren. Midi wandte René ein erstauntes und betroffenes Gesicht zu.

»Possen, Messer«, sagte der Magier leise. »Bei diesen Ritualen trägt man immer das Kleid von Panthern, Luchsen und Katzen. Und jene Kerzen, Hoheit«, fuhr er fort, sich jetzt an Fürst Borgia wendend, »jene Kerzen werden aus Leichenfett hergestellt. Seht auch, wie sie gemacht sind, jede in der Form eines umgekehrten Kreuzes. Die Schalen sind Schädel, und ihre Flamme wird mit Zypressenzweigen und dem Holz von Galgen gespeist. Gleich werden sie eine schwarze Hostie vor dem großen, umgedrehten Kreuz weihen, das sie irgendwo gestohlen haben.«

Die Luft war erfüllt vom Gestank des Schwefels und widerlicher Pflanzensäfte. Die Beobachtenden sahen die neun Männer auf einer Fläche gehen, die mit Dreiecken, Säulen, Sternen, Fünfecken und allen möglichen kabbalistischen Zeichen übersät war. Jetzt trennte sich einer der neun von den anderen und begab sich allein nach vorn, wo er unter unglaublichen Obszönitäten eine schwarze Hostie in die Höhe hob, und sofort danach brachen die anderen acht in einen langsamen Gesang aus, eine Beschwörung Beelzebubs und Ahrimans, ein Triumphlied an den großen Satan.

Aber der Fürst Borgia war nicht geneigt, den neun Männern genug Zeit zur Beendigung ihres Rituals zu gewähren; denn plötzlich rief er einen scharfen Befehl, und sofort stürzten seine Gefolgsleute von allen Seiten heran und warfen sich erbittert auf die schwarzen Priester. »Lebend!«, rief Cesare. »Ich will, dass man sie lebend zu mir bringt!« Er drehte sich um und ging schnell auf die Stelle zu, wo man sein Pferd angebunden hatte. »Kommt«, sagte er zu den dreien, die bei ihm waren. »Ich werde sie angemessen bestrafen; sie werden eine Messe mit mir feiern, die ich selbst ersonnen habe... und es wird ihre letzte sein!«

Sie ritten schnell ins Lager zurück, wo Cesare einen kurzen Befehl gab und die schlafenden Soldaten wecken ließ. Aut seinen Befehl begannen die Männer auch, neun umgekehrte Kreuze zu machen und in die Erde zu stecken, als sie fertig waren. Dann nahm er mit Midi und dem Magier Platz, um die Ankunft seiner Leute mit den neun schwarzen Priestern zu erwarten.

Sie trafen endlich ein, die neun - eine traurige Gruppe, ihrer Gewänder beraubt und sicher gefesselt. Cesare, der Fürst Borgia, blickte sie prüfend an. Dann machte er ein Zeichen, dass man sie näher herbrachte und auf die Knie zwang; wieder studierte er ihre Gesichter. Er beugte sich vor, um zu ihnen zu sprechen. »Wusstet ihr nicht, dass dies das Lager des Fürsten Borgia ist, eh?... Und doch raubtet ihr die Leichen seiner Gefallenen!... Schweine! Wisset, dass ihr jetzt sterben müsst; macht euch bereit, vor euren schwarzen Meister zu treten.« Er zeigte auf die Männer. »Kleidet sie ganz aus und nagelt sie an die Kreuze... achtet darauf, dass ihre Köpfe nicht die Erde berühren.« Dann wandte er sich an René. »Nimm ihre schwarzen Hostien und mach sie mit deinem Zauber weiß.«

Der Magier verbeugte sich und schlurfte fort.

«Sorgt dafür, dass auf jedes Kreuz ein Stück von den Talgkerzen gestellt wird, die diese Schweine benutzt haben«, befahl der Fürst seinen Männern. »Sie müssen so hingestellt und angezündet werden, dass jeder einzelne heiße Talgtropfen das Gesicht der Männer darunter streift; es soll sie an ihre Ewigkeit erinnern.« Plötzlich erschien René wieder, in seinen Händen neun weiße Oblaten, die noch einen Augenblick zuvor schwarz gewesen waren. Diese reichte er Cesare und trat zur Seite, um die weiteren Befehle des Fürsten Borgia zu erwarten.

»Um diese Aasgeier zu bestrafen«, murmelte Cesare, »kann ich entweder Weiße oder Schwarze Magie benutzen... und ich habe das Vergnügen, die Schwarze zu nehmen. Glaubt Ihr nicht auch, dass die Schwarze passender ist, René?«

»Hoheit weiß es am besten.« Der Magier neigte den Kopf. »Schwarz ist auch gefährlicher.«

»Umso besser«, sagte Cesare und schritt nach vorn. »Kommt!« Gehorsam folgte ihm René. Der Fürst Borgia blieb vor dem ersten der neun stehen und presste eine der ungeweihten weißen Oblaten in den Mund des Mannes. Im selben Augenblick murmelte René ein kurzes lateinisches Ritual. Cesare wartete, bis der Magier fertig war; dann ging er zum zweiten, wiederholte den Vorgang, und wieder sagte der Magier das Ritual auf. So wurden alle neun abgefertigt. Dann wandte sich Cesare wieder an seine Gefolgsleute.

»Bringt mir die Schädel, die diese Aasgeier benutzt haben.« Zwei Männer brachten die Schädel, die der Magier vorsichtig in beide Hände nahm. Der Fürst Borgia ging zu ihm und tauchte seine Hände in die Flüssigkeit, die sich in den Schädeln befand; dann wandte er sich um und begann, die Körper an den Kreuzen mit der Flüssigkeit zu bespritzen. Das vollendet, schritt er zur Seite und übergab dem Magier die Leitung des Rituals.

René warf die Schädel von sich, so dass sie vor den Kreuzen niederfielen und die nassen Gesichter der neun noch mehr von Flüssigkeit benetzt wurden. Dann nahm er von einem der Gefolgsleute eines der schwarzen Gewänder entgegen, die im Hain getragen worden waren, und zog es über seine Kleidung. Nun fing er plötzlich an, zu gestikulieren und zu rufen und wiederholte schließlich mit unglaublicher Schnelligkeit das gesamte Ritual der Schwarzen Messe von hinten und verkündete danach mit lauter Stimme siebenmal den Namen Beelzebub.

Der Klang seiner Stimme war kaum erstorben, als aus den Tiefen des Himmels auch schon eine dichte schwarze Wolke hervorbrach, die stark an ein großes, stumpfschwarzes Samttuch erinnerte, das in der Luft aufgehängt war. Sie schwebte einen Augenblick über den Kreuzen; senkte sich dann plötzlich herab, und sofort wurde der Schwefelgestank, mit dem die Luft gesättigt war, unerträglich. Instinktiv drängten sich die Soldaten zusammen und entfernten sich; aber René wich keinen Schritt. Einen Augenblick umhüllte die schwarze Wolke die Kreuze, wand und krümmte sich um sie; dann entstand plötzlich ein bläulicher Schein, und unvermittelt schoss eine helle Flamme empor... und war wieder fort.

Dann sahen die betroffenen Soldaten, dass die Kreuze zwar genauso unversehrt geblieben waren, wie man sie gemacht hatte, dass die Körper der neun aber verschwunden waren, und mit ihnen die Schädel und die Talgkerzen - doch unter jedem Kreuz lag ein winziger Haufen Asche!

»Meine Messe ist vorbei«, sagte Cesare, Fürst Borgia. »Und ich bin sehr müde... und du, Midi? Komm.«

Die beiden Männer entfernten sich gemeinsam, und hinter ihnen glitt die zusammengekrümmte, erschöpfte Gestalt des Magiers durch das Schweigen.

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