Читать книгу I'm a Man - Hubert Schönwetter - Страница 6
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Aus dem Blaupunkt Autoradio dröhnte dieser unverwechselbare, rhythmische Keybord-Sound der Spencer Davis Group mit I‘m a man. Damit fühlte ich mich wie der King of the Road am Steuer des BMW 2002 Automatik. Es war meine erste Fahrstunde, und das mit einem BMW! Der Fahrlehrer, Herr Scheuerer, war ein korpulenter, immer finster dreinblickender Mann, der nur dann etwas von sich gab, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ. Neben mir auf dem Beifahrersitz hatte er mich aber schon ermahnt, nicht den Blinkerhebel mit dem Licht zu verwechseln, was mir allerdings andauernd passierte, da ich vorher schon mit dem VW Käfer meines Vaters das Fahren geübt hatte – aber beim BMW der Blinker auf der anderen Seite des Lenkrads war.
Am Marktplatz hatte ich mir auch schon einen tadelnden Blick geholt, als ich mit quietschenden Reifen anfuhr. Es ist aber tatsächlich nicht einfach, auf Kopfsteinpflaster mit 100 PS anständig anzufahren. Traditionell war die erste Fahrstunde eine Überlandfahrt, so fuhr ich nun durch die kurvigen, hügeligen Landstraßen der bewaldeten Umgebung. Herr Scheuerer neben mir dachte wohl, diese Zeit zu einem entspannten Schläfchen nutzen zu können. Es war wenig Verkehr und ich genoss das Steuern dieses schönen Wagens durch die abwechslungsreiche Landschaft. Da mich dieser Sound aus dem Autoradio mit seinem Da ra dam, da ra dam immer euphorischer werden ließ, drückte ich das Gaspedal etwas mehr durch. Leider folgten gerade jetzt mehrere enge Links- und Rechtskurven kurz nacheinander. Leicht pfeifende Reifen waren schon wieder zu hören. Dann kam auch noch eine nach außen abhängende Kuppe. Das war dann auch für den BMW zu viel, so dass wir auf die linke Straßenseite gerieten und ich größte Mühe hatte, das Auto überhaupt auf der Straße zu halten. Es gelang mir gerade noch. Dieses Manöver hatte Herrn Scheuerers Schlaf abrupt beendet, sein Kopf war fast auf meinem Schoß gelandet. In dem Augenblick kam uns ein Fahrzeug entgegen. Wäre das ein paar Sekunden vorher geschehen, wären wir wohl frontal zusammengestoßen. Herr Scheuerer meinte nur: „Weißt jetzt, was du falsch gemacht hast?“ Ich schluckte, konnte nur wortlos nicken. Zitternd und kraftlos behandelte ich das Gaspedal für den Rest der Fahrt wie ein rohes Ei. Ich dachte darüber nach, wie wenige Sekunden darüber entscheiden können, ob ein Unglück passiert und man vielleicht sogar stirbt oder ein langes Leben hat. Zufall oder Schicksal?
Den Führerschein habe ich ein paar Wochen später anstandslos bekommen, obwohl ich bei der Prüfung wieder mit quietschenden Reifen angefahren bin. Ich musste nicht einmal einparken. Na ja, ich hätte damit auch keine Probleme gehabt, so wie die meisten anderen Fahrschüler. Ein paar Abbiegemanöver in der Innenstadt und eine kurze Fahrt auf der Landstraße genügten dem Prüfer offenbar. Endlich hatte auch ich den Führerschein, dann würde ich nun auch die Mädchen von der Disco heimbringen können und nicht mehr auf Freunde angewiesen sein – diese Situationen waren immer sehr umständlich gewesen. Fehlte nur noch ein Auto.