Читать книгу Mord für Anfänger - Ian McGanix - Страница 4
2
Оглавление"Sophia! Du musst den Mann loswerden. Endgültig!“ Es ist nur wenige Monate her gewesen, dass Emma dies gesagt hatte und jetzt war Sophia Witwe.
Die Beerdigung war vorbei und Sophia hatte sich gerade einen Kaffee aufgesetzt. Eben hatte sie sich in ihren Sessel fallen lassen, atmete tief durch und lies die Luft durch den Mund entweichen. "Pfffff“ Sie lächelte. Wie schön es war, dass keiner da war, der über ihre Marotten nörgeln konnte, und an Marotten mangelte es Sophia Tieffeld nicht.
Es klingelte. Sophia rollte mit den Augen. Wer konnte denn das jetzt sein? Sie hatte doch gerade alle reichlich beköstigen lassen. Zugegeben, das was der Wirt vom ortsansässigen Wirtshaus da aufgetischt hatte, war nicht besonders. Aber was half es? Etwas Besseres gab es in Hochmoor nun mal nicht. Sophia wusste, dass ihr Ehemann im Ort unbeliebt war, und daher wunderte es sie nicht, dass von ehrlicher Trauer keine Rede sein konnte. Es war schon komisch. Eines Tages kamen zwei Polizisten und teilten ihr mit, dass ihr Mann Frank als zufälliger Zeuge eines Überfalls von einer Kugel tödlich getroffen wurde. Fragen? Nein, Fragen hatte sie nicht gestellt, dafür war sie viel zu geschockt. Als der Schock nachließ, machte sich nicht Trauer breit, sondern Erleichterung. Vielleicht hätte es anders sein sollen, aber es war nun einmal, wie es war. Jetzt war er unter der Erde und da sollte er bitteschön auch bleiben. Sophia jedenfalls, hatte jetzt ihre Ruhe. Naja, sie musste sich in nächster Zeit überlegen, womit sie Geld verdienen sollte, aber dafür war noch Zeit. Das hatte ihr ein Blick auf das Bankkonto gezeigt.
Und genau diese Ruhe wurde jetzt durch irgendjemanden, der immer noch an ihrer Tür klingelte, gestört. Sophia erhob sich und musste wohl oder übel öffnen.
An der Tür sah sie sich einem Unbekannten gegenüber.
"Guten Tag. Sind Sie Frau Tieffeld?"
Der Hellste konnte er wol nicht sein. Schließlich klingelte er doch bei Tieffelds.
Ihr fiel auf, dass sie schon viel zu lange schwieg und stotterte: "Äh ... ja, ich bin Frau Tieffeld."
Schon plapperte der junge Mann los und überschüttete sie mit einem Redeschwall. Mein Gott, was konnte der Mensch reden. Die Worte wirbelten nur so umher und das in einer unglaublichen Geschwindigkeit. Ihr wurde schwindelig und sie stützte sich am Türrahmen ab.
"Oh, ich verstehe", stockte der junge Mann in seinem Redeschwall. "Vielleicht ist es doch besser, wenn Sie sich setzten."
Schon hatte er ihren Arm ergriffen und führte Sie ins Haus. Ehe sie es sich versah, saß sie wieder in ihrem Sessel. Der junge Mann, dessen Namen und Anliegen sie immer noch nicht erfasst hatte, war verschwunden.
Genauso schnell, wie das Plappermaul verschwunden war, tauchte er auch wieder im Raum auf – mit zwei Tassen dampfendem Kaffee in der Hand.
"So!", stellte der junge Mann fest und reichte ihr eine Tasse Kaffee. "Was denken Sie?"
"Wozu?", fragte Sophia, nahm die Tasse Kaffee entgegen und sah den jungen Mann an. Dieser setzte sich jetzt einfach in den Sessel ihres Mannes. Was für ein unverschämter Schnösel, schoss es Sophia durch den Kopf, während er sich setzte. Naja, eigentlich war es nicht weiter schlimm. Frank war tot und lag jetzt ordentlich begraben unter zwei Metern Erde und einem eher überschaubaren Meer aus Blumen.
"Nun, zu meinem Vorschlag ...", stieß der Schnösel hervor.
Sie merkte, dass er etwas unsicher wurde. Fein, dachte Sophia, jetzt bloß nicht nachlassen. Das ist mein Haus und hier bin ich jetzt die Chefin. Dass mir ein Mann gesagt hat wo es lang geht, hatte ich lange genug. Zu dumm nur, dass sie ihm gar nicht zugehört hatte. Sophia beschloss, in die Offensive zu gehen.
"Ich schlage vor, dass Sie mir Ihren Vorschlag noch einmal genau erklären und ich bitte um Details. Und …! Bremsen sie Ihr Tempo", mahnte Sie ihn mit erhobenem Zeigefinger.
Sie war sich zwar nicht sicher, ob sie das wirklich wollte, aber jetzt gab es kein Entrinnen mehr. Der Schnösel begann zu erzählen und nach einiger Zeit und vielen Fragen lag die nackte Wahrheit vor ihr.
Frank, ihr Frank war ein Profilkiller!
Sie konnte es nicht fassen. Aber im Nachhinein war es schon nicht mehr so merkwürdig. Wie sollte denn so ein unsympathischer Mann, der nicht einmal besonders aussah, Vertreter sein können? Dem hätte doch wohl keiner etwas abgekauft und verdient hatte er ganz gut.
"Und da Ihr Gatte uns noch einen Fall schuldet ..."
"Wie meinen Sie das – schuldet?"
Der junge Mann grinste sie an. "Nun ja, wir haben eine Zahlung auf fünf Fälle geleistet und einer fehlt noch."
"Ja und jetzt? Frank ist tot und aller Wahrscheinlichkeit nach wird er nicht von den Toten auferstehen, um für Sie noch einen Menschen umzulegen."
"Das sehe ich ähnlich." Der Schnösel nickte zustimmend.
"Gut", sagte Sophia so gefasst es ging. "Und was schlagen Sie vor, das ich tun soll?"
Pah, sollte sich doch der Schnösel überlegen, wie sie aus der Misere wieder hinaus kamen. Außerdem hatte sie keine Ahnung wie sie einen Menschen umbringen sollte – und dann gab es ja auch noch so etwas wie ethische Fragen. Man kann doch nicht so mir nichts, dir nichts einen anderen Menschen töten. Das tut man einfach nicht!
Am liebsten wäre Sie jetzt zu Franks Grab gegangen und hätte ihn eigenhändig ausgebuddelt, nur um ihm – post mortem – eine Ohrfeige zu verpassen.
"Ja, ich gebe zu, dass es eine Herausforderung wird. Sie können uns natürlich auch die 40.000 Euro für den letzten Fall zurückzahlen.", sagte der Schnösel daraufhin.
Unerhört! Jetzt wollte sie am liebsten dem jungen Mann eine Ohrfeige verpassen. Das war auch viel einfacher; er lag ja nicht unter zwei Metern Erde.
Sophia stellte ihre Kaffeetasse auf den Tisch und sah dem jungen Mann in die Augen, bevor sie sagte: "Also, ich schlage vor, dass Sie jetzt gehen. Ich werde einmal gründlich darüber nachdenken, wie ich die Angelegenheit löse und dann melde ich mich wieder bei Ihnen."
"Nun, das habe ich erwartet. Sie werden nächste Woche von mir hören und dann können wir weitersehen. Ich bin sicher, dass Sie eine Lösung finden."
Er schüttete den Rest des Kaffees in sich hinein, erhob sich und ging Richtung Tür.
Nachdem die Haustür ins Schloss gefallen war erhob Sophia sich und sah dem Schnösel durch das Wohnzimmerfenster nach. Er stieg in seinen Wagen und kurz darauf fuhr er fort. In einem Thriller, dachte Sophia, würde das Auto beim Herumdrehen des Zündschlüssels in die Luft gehen. Damit wäre so ein Problem schnell erledigt. In diesem Moment fiel Sophias Blick auf den hölzernen und jüngst gestrichenen Zaun im Vorgarten und sie beschloss, dass das doch keine so gute Lösung sei – wahrscheinlich würde er durch die Explosion Schaden nehmen. Nein, es musste etwas anderes passieren.
Sie ging zum Telefon und wählte die Nummer ihrer Freundin Emma.
"Hallo Emma, bist du's? ... Ja, ich brauche dich hier, kannst du vorbei kommen? ... Was? ... Nein, es geht nicht um Frank. Also nicht so, wie du jetzt denkst ... Komm einfach vorbei, ich kann das nicht am Telefon erzählen ..."
Emma, sah etwas verstört den Telefonhörer an. Ja, sicher war Sophia jetzt Witwe und die Beerdigung war auch nicht so toll gewesen. Aber nun war er ja tot und das war auch gut so. Warum Sophia jetzt auf trauernde Witwe mimte, war ihr schleierhaft. Da musste etwas anderes dahinter stecken. Sie legte den Hörer in die Schale und beschloss der Sache auf den Grund zu gehen. Also los! Auf zu Sophia!
10 Minuten später stand sie vor Sophias Haustür und klingelte. Es dauerte nicht lange und Sophia öffnete.
"Was ist denn nun los?", drängte Emma.
Sophia ließ die Freundin herein und nachdem sie sich in der Küche gesetzt hatten berichtete Sophia.
"Ich fasse es nicht!", entfuhr es Emma. "Was willst du tun? Weißt du schon, um wen es geht? Und dass Frank so etwas gemacht hat…"
"Ja, wem sagst du das? Frank war ja schon immer viel unterwegs. Mir war es ja auch ganz recht. Glaub mir, das war besser für alle Beteiligten. Und nach dem, was mir dieser Schnösel erzählt hat …" Sophia holte tief Luft und schüttelte den Kopf. "Ein Profikiller. Das hätte ich Frank gar nicht zugetraut."
"Na, das kann man wohl laut sagen. Aber man muss ihm schon hoch anrechnen, dass er solange damit durch gekommen ist", fasste Emma die Lage zusammen. "Und was nun? Was willst du jetzt tun?"
"Was weiß ich? Das ist ja nichts, das man mal so eben entscheidet – Hallo! Ja, ich bringe künftig Menschen um."
"Also, wenn du wolltest ... Entsprechende Mittel hast du in deinem Garten auf jeden Fall genug. Was da wächst, ist doch alles giftig." Emma kam darauf, weil sie just in diesem Moment aus dem Fenster blickte und – wie schon so oft – Sophia wegen ihrer mangelnden Begabung für das Gärtnern bedauerte.
"Ach Emma, du übertreibst mal wieder", wehrte Sophia ab.
Die Freundinnen beschlossen, sich am kommenden Tag wieder zu treffen.
Sophia nutzte die Zeit, um sich eingehender mit Franks und ihrem gemeinsamen Bankkonto zu beschäftigen, das inzwischen natürlich ihr allein gehörte.
Als sich die Freundinnen wieder trafen, berichtete Sophia ihrer Freundin von ihren Erkenntnissen: "Nicht zu fassen", kam es brüskiert von Emma. "Dass er das Geld immer bar eingezahlt hat, musst du doch gemerkt haben."
"Wie denn? Ich habe immer das Geld abgehoben, das ich gerade brauchte und da gab es keinen Grund herauszufinden, wie das Geld auf das Konto kam. Aber es wird noch schlimmer: Er hatte auch keine Lebensversicherung und praktisch keine Rentenversicherung."
"Waaas, wie willst du denn jetzt leben? Auch wenn das Haus bezahlt ist und jetzt dir gehört, brauchst du doch Geld für das tägliche Leben." Emma war das Entsetzten ins Gesicht geschrieben.
"Naja, im Moment ist das kein Problem. Es ist noch genug Geld da. Aber dafür muss ich ja jemanden um die Ecke bringen."
Sophia stand auf und ging in der Küche hin und her.
"So ein mieser Hund! wenn ich könnte, würde ich den Mistkerl eigenhändig ausgraben und ihm einen ordentlichen Tritt in seinen Du-weißt-schon-wo geben, dass es nur so kracht." Sophia bemerkte, dass sie ihren Gatten schon am zweiten Tag nach seiner Beerdigung zum zweiten Mal exhumieren wollte und beschloss gnädiger mit ihm zu sein.
"Aber das macht ja jetzt auch keinen Sinn mehr. Merkt er ja nicht mehr. Ich muss wohl oder übel einen Weg finden, um diesem Schnösel das Geld zurückzugeben." Sophia grübelte und setzte mehrfach zum Sprechen an.
"Ich könnte ... Vielleicht ginge ... Machbar wäre ... Ich müsste ..."
"Sophia, du bist 40, hast nie gearbeitet. Naja, abgesehen von deinem Haushalt und dem ..." Emma machte eine vielsagende Pause, "Garten.“ Von Arbeit, geschweige denn Kenntnissen, konnte man nicht ernsthaft sprechen. Aber sie wollte ihre älteste Freundin nicht vor den Kopf stoßen. "Wer in Gottes Namen soll dich denn einstellen?"
"Hm, da ist was dran ..." Sophia überlegte und plötzlich: "Ich werde einfach den Schnösel fragen, wie er sich das vorstellt."
"Du spinnst!!" Emma sah ihre Freundin fassungslos an.
"Warum? Ich brauche ja nur einen Menschen um die Ecke bringen. Und wenn Frank das konnte, warum soll ich das nicht auch können? Schließlich war Frank jetzt keine so große Leuchte."
"Sophia, du hast keine Ahnung von Verbrechen. Wie bitteschön?"
"Was?! Ich und keine Ahnung von Verbrechen. Himmel, wozu schaue ich denn die ganzen Krimis, Thriller und Mordgeschichten, die einem jeden Tag im Fernsehen aufgetischt werden? Schlechter als bei denen kann es im wahren Leben auch nicht sein. Mal ehrlich, die Kriminellen stellen sich immer so doof an, dass es mich jedes Mal wundert, dass man die nicht viel schneller fasst. Die machen das alles viel zu kompliziert." Sophia war inzwischen aufgestanden und hatte ihre Kaffeetasse aufgefüllt.
"Wer bist du? Und was hast du mit meiner Freundin Sophia gemacht?", kam es von Emma, die Sophia ihre leere Kaffeetasse entgegenstreckte.