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Patrik hatte sein Wort gehalten und Sophia mit einer handlichen Pistole, einem dazugehörigen Schalldämpfer und Munition ausgestattet. Also hatten die Freundinnen beschlossen, dass erschießen doch am einfachsten wäre. Sie wollten sich vorsichtig in der Menge umschauen und nach van Hoortem Ausschau halten. Wenn sie ihn dann gefunden hätten, wollten sie sich einen geeigneten Platz suchen, um ihn aus der Ferne umzulegen. Und dann wollten die Freundinnen unauffällig verschwinden. Das klang nicht perfekt, aber einen besseren Plan hatten sie nun mal nicht. Der Revolver lag jetzt in den Tiefen ihrer Handtasche vergraben. Sophia hatte gehofft, dass die Security ihn dort nicht finden würde. Zu ihrer Überraschung wurde nur überprüft, ob sie eine Zugangskarte zum Zuschauerbereich hatten. Emma hatte sich den Revolver zeigen lassen, als sie Sophia abgeholt hatte.

"Mit dem Ding kannst du doch nicht auf die Rennbahn!", hatte sie ihre Freundin zurechtgewiesen. "Und diese Tasche!" Emma hatte Sophias Tasche mit zwei Fingern angehoben, als wäre es ein ekeliges Insekt.

Aber in Ermangelung einer Alternative blieb ihnen nichts anderes übrig, als Tasche und Revolver mitzunehmen.

Auf die Waffe blickend riet Emma ihrer Freundin: "Dann steck das Ding lieber ganz nach unten in deine Handtasche."

Da Sophia vor lauter Aufregung noch einmal auf die Toilette musste, hatte Emma die Aufgabe übernommen die Waffe in Sophias Tasche zu verstauen.

Es war voller als Sie dachte. Aber von van Hoortem keine Spur. Emma war voller Begeisterung; Sportereignisse hatten es ihr schon immer angetan.

"Jetzt beruhige dich endlich. Du bist ja schlimmer als eine Kuh bei Donner."

Emma hibbelte: "Schau dir das doch nur an! Die Atmosphäre, die Leute und alles!"

Sophia, die zugegebenermaßen auch aufgeregt war, hatte direkt beim Betreten der Anlage zwei Gläser Sekt erstanden. Als die Freundinnen an der Bar standen, bereute Sophia es, die Tasche mitgenommen zu haben. Denn wie sie feststellen musste, kam sie deutlich schneller an ihr Geld als Emma.

In Bezug auf die Waffe war Sophia dennoch froh über ihre Wahl. Der Revolver mit seinem Schalldämpfer fiel in der Tasche nicht auf. Selbst wenn jemand die Tasche in die Hand genommen hätte, wäre er von dem Gewicht der Tasche nicht überrascht gewesen. Während die Freundinnen in Richtung Zuschauertribüne wanderten, dachte Sophia dran, wie sie sich auf den heutigen Tag vorbereitet hatte.

Sie hatte fleißig mit dem Revolver geübt und konnte jetzt mit Fug und Recht behaupten, dass sie gut mit der Waffe umzugehen wusste. Natürlich waren dabei eine Menge Blechbüchsen und noch mehr Munition drauf gegangen. Eines Tages wurde Tom, Emmas Mann, auf ihre Schießübungen aufmerksam. Von da an hatte Sophia viel Zeit im Schießstand verbracht, wo sie von Tom und einigen anderen Mitgliedern wertvolle Tipps bekommen hatte.

"Hier, trink erst mal einen Sekt."

Sophia hielt Emma eines der Gläser vor die Nase.

"Oh, gib her!"

Emma stürzte das Glas mit einem Schluck die Kehle hinunter. Schnappte sich Sophias Glas und lies auch dies mit dem gleichen Trick verschwinden.

"Schon besser."

Sie atmete tief durch.

"Na toll ..." Sophia war alles andere als begeistert.

"Ich gehe dann noch mal zur Bar und hole uns zwei neue. Oder soll ich dir gleich die Flasche bringen?", flötete sie Emma mit ihrer liebsten Kleinmädchenstimme entgegen.

"Schon gut."

Emma öffnete ihre Handtasche und zog einen Schein hervor. "Hier, die gehen auf mich."

Sophia, die überrascht war, wie schnell ihre Freundin einen Geldschein aus dem Nichts von Handtasche hervorzauberte, nahm den Schein entgegen und machte sich mürrisch wieder in Richtung Bar auf den Weg. Es dauerte eine geraume Zeit, bis Sophia die ersehnten Getränke ergattert hatte und wieder zu der Stelle zurückkehrte, an der sie Emma verlassen hatte. Sie schaute sich suchend um, aber Emma war verschwunden.

"Juhuuu ... hier ... Sophiaaaaa!!!" Emmas Stimme war nahezu über die gesamte Tribüne zu hören.

Sehr dezent, dachte sich Sophia. Wie soll ich denn da jemanden erschießen und unerkannt verschwinden?

An unauffällig verschwinden oder besser gesagt an Unauffälligkeit überhaupt, war nicht zu denken.

Dass es damit schwierig werden würde, war Sophia klar, nachdem Emma sie abgeholt hatte.

Emma hatte ein schneeweißes Kostüm an, das zugegebenermaßen sehr hübsch, aber mit dem großen Hut auch so auffällig wie ein Papageienkostüm war. Und jetzt rief Emma über den ganzen Platz. Ganz toll! Also war die Chance, unerkannt zu bleiben schon mal vollends geplatzt. Außerdem gab es keine Spur von van Hoortem.

Sophia bahnte sich ihren Weg durch die Menge in Richtung Tribüne und als sie Emma endlich erreicht hatte, sagte sie: "Na, das hast du ja toll hingekriegt."

"Ja, nicht wahr?", freute sich Emma. "Von hier haben wir einen wunderbaren Blick über das ganze Geschehen und wenn er kommt, sehen wir ihn sofort. Also können wir uns ganz in Ruhe dem Vergnügen hingeben." Emma strahlte, als hätte man ihr just den Nobelpreis überreicht, und nahm Sophia ein Glas aus der Hand.

Sophia stand noch sprachlos und wie vom Donner gerührt da. Als sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte, fragte sie ihre Freundin: "Und du meinst, dass wir das heute noch durchziehen können? Wo du hier rumläufst wie eine Raffaello Reklame und rumbrüllst wie ein Marktschreier? Und dieser Hut!" Sophia schäumte vor Wut.

"Ich weiß gar nicht, was du hast?", unterbrach Emma ihre Freundin und klang betroffen. Sophia tat es schon wieder leid, so harsch mit ihrer Freundin ins Gericht gegangen zu sein.

"Ach, Emma. Es tut mir Leid. Natürlich siehst du hübsch aus, aber unter unerkannt bleiben, stelle ich mir eben etwas anderes vor."

"Oh!" Emma starrte Sophia mit großen Augen an.

"Jetzt tu nicht so, Emma!"

"Nein, nein ... Du verstehst das falsch, meine liebe Sophia."

"So, ich verstehe das falsch."

Sophia sah auf das Geschehen und beschloss, dass das Ganze heute keinen Sinn mehr haben würde.

"Wir können auch gleich wieder gehen. Das bringt doch heute nichts mehr. Am besten ich rufe Patrik an und sage ihm er soll mir einen anderen Tag geben."

Sophia drehte sich enttäuscht um und da stand er. Sie starrte ihn an und plötzlich geschah es: Er sah ihr in die Augen und zwinkerte ihr zu.

Sophia schnellte zu Emma herum. "Oh, mein Gott! Er weiß es. Emma, er weiß es! Und alle haben uns gesehen ... Ich kann das nicht!", flüsterte Sophia ihrer Freundin in einem atemberaubenden Tempo zu. Emma sah sie strahlend an.

"Ist doch praktisch. Jetzt wissen wir, wo er ist. Gefunden!", freute sich die Freundin.

"Sag mal bist du von allen guten Geistern verlassen? Der steht praktisch direkt hinter uns und hat zwei Bodyguards dabei."

"Nein, drei", flötete Emma.

Also entweder war sie betrunken oder übergeschnappt oder beides. Emma strahlte an Sophia vorbei.

"Ich kann das nicht", stammelte Sophia. "Ich kann‘s einfach nicht ...“

"Was kann eine so hübsche Frau wie sie nicht?", fragte eine tiefe und warme Stimme hinter ihr. Maic van Hoortem war inzwischen zu ihnen herüber gekommen.

Emma flötete über Sophia hinweg: "Das Rennen regt sie immer so auf."

Sie streckte van Hoortem die behandschuhte Hand entgegen. "Emma", stellte sie sich vor. "Maic van Hoortem", machte sich der Kinderschänder Emma bekannt.

"Ach ...", entfuhr es Emma.

Sie klang überrascht.

"Ja, ich weiß, was Sie sagen wollen. Aber glauben Sie mir, das, was in der Presse stand, entbehrte jeder Grundlage."

Seine warme, weiche und tiefe Stimme war wie dazu gemacht, einen einzuwickeln. Emma schmolz förmlich dahin. Dann räusperte sie sich und stellte Sophia vor.

"Darf ich vorstellen? Meine beste Freundin Sophia."

Van Hoortem nickte ihr zu während er noch Emmas behandschuhte Hand hielt.

Plötzlich änderte sich etwas in seinem Ausdruck; er wandelte sich zu einer Art ungläubigem Staunen. Sophia fragte sich schon, was er im Gesicht ihrer Freundin sah, als er auch schon in die Knie ging und dann vornüber fiel. Emma sah geschockt auf dem am Boden liegenden und dann zu Sophia.

Die Bodyguards stürzten sich auf ihren Boss, drehten ihn um und sprachen ihn an. Als Maic van Hoortem stöhnte, wurden die beiden Bodyguards hecktisch.

"Los! Bringen wir ihn hier weg."

Van Hoortem keuchte und murmelte etwas vor sich hin.

Emma packte Sophia am Arm und wollte sie bereits vom Ort des Geschehens fortziehen, als einer der Bodyguards sie auch schon einfing.

"Nein, nein! Ihr zwei kommt schön mit."

Sophia wurde blass, die Knie wurden ihr weich. Oh mein Gott, wenn jetzt jemand die Waffe in meiner Handtasche findet, dachte sie. Und dann wurde es Nacht in ihrem Kopf.

"Sophia ... Sophia ...Sooophia ... Wach auf!"

Emmas Stimme drang ganz leise zu ihr vor. Wie durch einen Nebel hörte Sie die Stimme ihrer Freundin.

"Oh, man ... Ich hatte einen wirklich üblen Traum."

Plötzlich fühlte sie das nasse Tuch auf ihrer Stirn.

"Böser Traum? Na schön wär's", echote die Freundin. "Ich glaube van Hoortem ist tot. Und wir sind es sicher auch bald, wenn mich nicht alles täuscht."

"Ich war's nicht", bebte Sophia vor Furcht. "Ich war's nicht, ehrlich." Sie starrte ihre Freundin mit großen angsterfüllten Augen an.

"Ich weiß. Wie auch? Du standst praktisch neben ihm und die Kugel traf ihn von hinten. Dazu hättest du schon Zauberkünstlerin sein müssen."

Emma grübelte. "Ich frage mich wirklich, wer das war? Ich tippe auf Patrik. Dieser Sauhund."

Sophia starrte sie an. "Ich weiß nicht. Ich weiß gar nichts."

"Himmel, Sophia! Nimm dich endlich zusammen. So hilfst du mir nicht." Emma war sichtlich erzürnt.

"Wo sind wir?", brach es aus Sophia hervor. Sie schaute sich um. Sie saß in einem bequemen Sessel und ihre Füße ruhten auf einer Fußbank.

"Sieht nach einem ziemlich alten Büro aus. Aber warum ist es denn schon dunkel?"

"Herzchen, du warst ohnmächtig und da haben uns die Jungs hier – Wie soll ich sagen? – geparkt. Ich kann dir sagen, die sind nicht gerade begeistert, dass ihr Boss sich die Radieschen von unten anschaut."

Emma war dadurch offensichtlich nicht zu beunruhigen.

"Und jetzt?", fragte Sophia.

"Woher zum Teufel soll ich das wissen?"

Sophia nahm das Tuch in die Hand und die Beine von der Fußbank. Langsam erhob sie sich. Sie war sich nicht sicher, ob sie schon stehen konnte. Dann stellte sie fest, dass es ging, und zwar besser, als sie gedacht hatte. Sie schritt, sich auf die Lehne des Sessels stützend, um diesen herum.

Langsam fühlte sie sich wieder sicherer auf ihren Beinen und mit der Beweglichkeit ihres Körpers kehrte auch die Beweglichkeit ihres Geistes zurück.

"Man hat uns benutzt! Einfach benutzt! Wir waren nur die Ablenkung! Der Eyecatcher! Nichts anderes. Es war nie geplant, dass ich den Kerl umbringen sollte. Ich fasse nicht, dass mir das nicht schon früher klar war."

"Gott, wir waren wirklich dumm", stöhnte Emma. "Was nun?"

"Nun müssen wir erst mal hier raus und vor allem herausfinden, wo wir sind."

Sophia spürte, wie sich ihre Sinne schärften und wie sie zornig wurde. Wieder hatte ein Mann sie hinters Licht geführt und benutzt. Aber das würde dem Schnösel noch leidtun.

"Also, zuerst die Ortsbestimmung. Gib mir mal meine Handtasche. Gut, dass ich mir das Smartphone zugelegt habe, da orten wir uns in Nullkommanix."

Sophia war optimistisch. Mit dem Handy könnte Sie die Polizei verständigen. Sollte die sich doch darum kümmern, wie sie hier raus kämen. Schließlich wird die dafür bezahlt.

"Bist du noch nicht ganz da? Die Handtaschen haben uns die Typen als erstes abgenommen. Nicht, dass ich nicht gekämpft hätte! Und ein Telefon gibt's hier auch nicht."

"Oh mein Gott!", entfuhr es Sophia. "Der Revolver! Emma - der Revolver in meiner Handtasche. Die bringen uns um! Wenn die den sehen, bringen die uns um." Panik sprach aus Sophias Worten.

Unverständlicherweise lächelte Emma.

"Denkst du ich hätte dich mit einem Revolver aus dem Haus gehen lassen? Dummerle ... Ich habe das vermaledeite Ding natürlich versteckt, bevor wir losgefahren sind. Aber wir müssen wirklich herausfinden wo wir sind und wie wir hier raus kommen."

Da öffnete sich die Tür.

Mord für Anfänger

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