Читать книгу FLUCHT AUS DER SOWJETUNION - Iga Wagnerowska - Страница 7
5. Kapitel
ОглавлениеWir kamen in eine Siedlung für die Mitarbeiter des Flugwesens, die von Omsk 30 Kilometer entfernt lag. Sie hieß Kulomzino.
Im freien Feld standen die Wohnblocks, die Hangars für die Flugzeuge und die Halle der Reparaturwerkstatt.
In den Wohnblocks gab es Dreizimmerwohnungen, und in jedem dieser Zimmer wohnte eine drei- bis fünfköpfige Familie. Für alle gab es eine Gemeinschaftsküche und ein WC. Draußen waren 50 Grad Frost, und es tobte ein sehr starker Wind, weil dort zu dieser Zeit ringsherum nur Steppe war. In den Wohnungen war es sehr warm, die Zentralheizung funktionierte zum Glück gut. Die Wände der Häuser waren mit Schilf isoliert, in dem, wie im Paradies Mäuse, Kakerlaken und Wanzen wohnten. Unser Bett stand in der Mitte des Zimmers, und seine Beine steckten in Dosen mit Benzin, damit das Ungeziefer nicht herauf krabbeln konnte. In der Nacht kroch die ganze Armee aus den Wänden. Die Wanzen waren schlau und, vielleicht vom Hunger getrieben, sehr ideenreich. Sie krochen an die Zimmerdecke und ließen sich dann auf das Bett fallen.
Leider gab es nichts gegen sie, nichts hat geholfen. Das war wirklich nicht zu beschreiben, fürchterlich!!! Wir hatten von ihren Bissen am ganzen Körper schreckliche Blasen.
In Kulomzino gab es nicht viel zu essen und das, was es gab, war widerlich. In der Kantine gab es eine Suppe aus einem sehr sauren Sauerkraut, die mit einem gemischten Fett aus Hammel und Rind „verfeinert“ war. Sie ließ sich nicht essen. Ich war damals schwanger und hatte ständig Appetit.
Oft fuhren wir nach Omsk (30 Kilometer weit mit einem offenen Lastwagen bei 50 Grad Minus) ins Theater. Dort konnte man in der Kantine Butterbrote mit Wurst oder Käse kaufen (bestimmt damit die Leute gerne ins Theater kamen). In Omsk, auf dem Markt, konnte man Milch in Form eines Klumpens, Fett vom Hammel und Rind, Butter, vermischt mit Hammelhaaren, kaufen. Man konnte hungrig sein wie ein Wolf, aber das zu essen war leider nicht möglich. Mit diesen „Waren“ handelten meistens die Kirgisen, die in Mäntel und Mützen aus Hammelfellen bekleidet waren. Angeblich haben sie sich und ihre Kleidung nie gewaschen und zogen sich nur aus, wenn die Felle schon an ihrem Leib auseinander fielen.
Zum Glück gab es dort keinen Hunger, weil es in den Geschäften Brot gab, das sehr lecker und weiß war, und „arnautka“, nach dem Weizennamen, genannt wurde. In Sibirien wuchs nur der Weizen, aber er war wirklich wunderschön.
Außer den Ausflügen nach Omsk gab es in Kulomzino keine Attraktionen. Aber einige Kilometer entfernt gab es ein Kino.
Im Winter ging man auf dem gefrorenen Fluss Irtysch dahin.
Das Eis darauf war so dick, dass die Lastwagen über ihn fuhren.
Manchmal gingen wir in das Kino. Wir waren doch beide jung und wollten uns amüsieren.
Eines Abends, es war schon sehr spät, gingen wir nach dem Film zurück nach Hause. Plötzlich, als wir auf dem Irtysch waren, zog Bernard eine Pistole aus der Tasche und fing an damit zu schießen.
-Woher hast du die?? – fragte ich ihn zu Tode erschrocken.
-Ich habe sie von einem Kollegen bekommen. – antwortete er und lachte dabei.
-Wenn wir nach Hause kommen, sollst du sie sofort los werden. Du weißt doch, dass für den illegalen Waffenbesitz eine Todesstrafe droht. – Ich flüsterte, obwohl ringsherum niemand da war.
Die Angst schnürte mir den Hals zu. Mein Mann mochte immer starke Abenteuer.
Am nächsten Tag hat er die Pistole unserem jungen Nachbarn abgegeben, der Junggeselle war und mit seiner Schwester und deren Familie zusammen lebte. Der hat die Pistole auseinander genommen und alle Teile breit auf den Schreibtisch gelegt.
Plötzlich klingelte es an der Tür. Er ging um zu öffnen.
Seine Schwester hörte, dass es der NKWD war, bewahrte kaltes Blut, schob alle Teile der Pistole zusammen und setzte sich auf dem Schreibtisch darauf. Die ganze Zeit saß sie so, wie auf heißer Kohle. Die haben die ganze Wohnung durchsucht, nichts gefunden und sind gegangen. Sie hat die Teile in eine Papiertüte geworfen, ist damit zum Fluss gegangen und versenkte sie im Wasser.
Angeblich hatte er vor einem Kumpel damit geprotzt, dass er eine Waffe hat, und der hat ihn sofort denunziert. Als das alles schon vorbei war, erzählte sie die Geschichte lachend, aber während der Durchsuchung wäre sie vor Angst beinahe gestorben.
Die ganze Familie konnte doch dafür mit dem Leben bezahlen müssen, und das wegen der Dummheit und des Leichtsinns der Männer, die das Abenteuer liebten. Diesmal endete das gut.