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SCHWUNG, GERADERICHTEN, VERSAMMLUNG
ОглавлениеIm Sinne der Gesundheit Ihres Pferdes sollten Sie im Kopf haben, es muskulär geradezurichten: mit gut gestellten und gebogenen Zirkeln, Volten und Schlangenlinien, vielleicht auch kombiniert mit Seitengängen wie Schulterherein und Travers und einem guten Training vom Boden aus, wie seitliches Übertreten und Longieren. Als Ausgleich dazu lange Strecken geradeaus im Gelände. Und das Ganze ein Pferdeleben lang begleitend.
Schwung? Eher eine aktive starke Hinterhand (der Motor des Pferdes), deren Bewegungsimpulse durch eine frei schwingende Rückenmuskulatur fließen. Tun Sie alles dafür, damit sich Ihr Pferd von Anfang an seinen entspannten Rücken bewahren darf und (Bewegungs-)Energie ungestört fließen kann.
Versammlung, ja, das ist ein Thema! – Nennen wir es lieber eine Balanceverschiebung des Pferdes auf seine Hinterhand, die dann kurzfristig oder auch für längere Reprisen vermehrt Last aufnimmt, damit die Vorhand lange gesund bleiben kann. Das Pferd wird vorn erhabener und die Hinterhand arbeitet spürbar fleißig.
Ich denke da an eine alltägliche „Gebrauchsversammlung“, die es meinem Pferd muskulär ermöglicht, mich in gesunder Balance lange im ruhigen gesammelten Trab oder Galopp durch Wald und Flur zu tragen. Man kann, aber man muss dazu nicht die Piaffe erlernen. Vielen Menschen macht die ständig angestrebte Versammlung im Hinterkopf so viel Druck, dass die Fokussierung darauf mehr Schaden anrichtet, als dass es dem Pferd nützt. Man kann die Muskulatur des Pferdes, insbesondere die der Hinterhand, sehr gut mit anderen, einfacheren Übungen als der Piaffe stärken: gutes, flüssiges Rückwärtstreten, daraus Antraben, Tempowechsel an sich, Schulter herein, Travers.
Vielleicht vermittelt Ihnen diese Beschreibung von Versammlung ein anderes Bild als das einer eng gezogenen Kopf-Hals-Haltung, die das Pferd zwar „kurz“ erscheinen lässt, es aber gänzlich aus seiner inneren und äußeren Balance bringt.
Gut, soweit habe ich Ihnen wahrscheinlich nicht viel Neues erzählt.
Aber was könnte noch zu einem besseren Verständnis, zu einer tieferen Harmonie zwischen Mensch und Pferd und damit zu „gutem Reiten“ führen?
Wie können wir zu dem lang ersehnten Ziel kommen, ein Pferd-Mensch-Paar zu werden, das „eins“ miteinander ist?
Dazu denke ich: Nutzen wir unsere emotionalen Kompetenzen und unseren Geist, damit wir bewussten Menschen von unseren geliebten Pferden ein deutliches Ja bekommen und wir unserem eigenen hohen Anspruch an Ethik gerecht werden.
Da es in der bestehenden Reiterei ganz wichtig ist, die körperliche Formgebung des Pferdes zu fokussieren, dessen Ausbildung und die schon gleich zu Anfang bewertete „Materialprüfung“ des jungen Pferdes vorzunehmen (eine abscheuliche Bezeichnung für eine Jungpferdeprüfung, die schon in der Wortwahl deutlich macht, woran es im Herzen mangelt), schlage ich mal ganz ketzerisch eine andere Skala der Ausbildung vor.